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Mac Gerdts über das Brettspiel Navegador

Navegador von PD Verlag

Entdeckerfahrt nach den Gesetzen des Marktes

Mac, ein neues Spiel von dir erscheint in Kürze. Navegador. Was bedeutet der Titel? Er klingt nach Seefahrt?
„Das Spiel ist nach dem portugiesischem Prinzen Heinrich dem Seefahrer benannt, auf Portugiesisch Henrique o Navegador. Dieser trieb rund 50 Jahe vor Kolumbus und Vasco da Gama die Erforschung der afrikanischen Küste voran, um neue Handelswege nach Schwarzafrika und Asien zu erschließen. In seiner Zeit wurde als neuer Schiffstyp die Karavelle entwickelt und Afrikas Küste mehr als 2.000 Seemeilen bis etwa zum heutigen Sierra Leone erkundet. Letztlich leiteten Heinrichs Unternehmungen das Zeitalter der Entdeckungen ein. So wurde die spätere Weltmachtstellung Portugals begründet, dessen Kolonialreich sich von Brasilien bis nach Japan erstrecken sollte.“

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Was fasziniert dich an diesem Thema?
„Das Zeitalter der Entdeckungen hat mich eigentlich schon als Jugendlicher immer sehr interessiert, und in meinen Bücherregalen stapeln sich etliche Bücher, Bildbände und Kartenwerke zu diesem Thema. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurde das althergebrachte mittelalterliche Weltbild erschüttert. Es war eine reizvolle Aufgabe, das Entdeckerthema in ein Strategiespiel umzusetzen, bei dem ein gewisser Glücksfaktor zwar vorhanden, aber nicht übermächtig sein sollte. Die historische Recherche macht mir immer besonderen Spaß und dabei ist wieder ein Heftchen entstanden, in dem das Leben von historischen Persönlichkeiten beschrieben wird, die bei Navegador eine besondere Rolle spielen.

Heißt das, dass die Spieler als Seefahrer im Spiel erforschen? Was ist ihre Aufgabe dabei?
„Die Spieler repräsentieren wohlhabende Handelsdynastien, die gemeinsam am Aufbau des weltumspannenden Portugiesischen Kolonialreiches mitwirken. Navegador ist in erster Linie ein friedliches Handels- und Aufbauspiel, bei dem die Konkurrenz mit wirtschaftlichen Mitteln ausgetragen wird. Der Wettstreit um Entdeckungen, Kolonien, Faktoreien, Werften und Kirchen ist jedoch hart, und nur wer im entscheidenden Augenblick die richtigen Schwerpunkte setzt, kann das Spiel für sich entscheiden. Natürlich kommt beim Entdecken auch eine gewisse Portion Glück ins Spiel, denn niemand weiß genau, was ihn an einer fremden Küste erwartet. Doch entscheidend bleibt die eigene Strategie, und die Notwendigkeit die Aktionen der anderen Mitspieler genau zu beobachten.“

Mit welchen Mechanismen setzt du das Thema um, was bringt den Spielspaß? Es soll auch wieder ein Rondell geben?
„Als Aktionsmechanismus sorgt das Rondell für flotte Spielzüge mit individuell ausgestalteten Strategien.
Ein besonderes Element ist die Spielkarte ‚Navegador‘, die außer der Reihe zu einer extra Segelaktion berechtigt. Die Karte steht als erstes dem letzten Spieler zur Verfügung und wird nach jeder Benutzung entgegen der Spielerreihenfolge weitergereicht. Damit sorgt sie nicht nur für manchmal überraschende Segelvorstöße, sondern wirkt als doppelte Aktion auch dem Startspielervorteil entgegen. Wer den ‚Navegador‘ neu erhält, kann ihn jedoch nicht dauerhaft blockieren, denn er muss ihn spätestens nach einer Umrundung des Rondells eingesetzt haben, damit er nicht ersatzlos verfällt.
Zentrale Einnahmequelle der Spieler ist der Markt für Zucker, Gold und Gewürze. Hier treten die Spieler sowohl mit ihren Kolonien als Anbieter, als auch mit ihren spezialisierten Faktoreien als Nachfrager der Waren auf. Während Koloniebesitzer hohe Preise wünschen, sind Faktoreibesitzer eher an niedrigen Preisen interessiert. Welche neuen Kolonien und Faktoreien kommen hinzu, wem gehören sie, und wie wird ihr Besitzer seine Marktmacht zu welchem Zeitpunkt nutzen? Das ist nicht so einfach abzuschätzen, und es gibt Spiele, wo der Zuckerpreis dauerhaft im Keller ist, während es im nächsten Spiel den Goldpreis erwischt. Der Preismechanismus kommt zwar ohne Zufallseinfluss aus, kann jedoch so manchen Mitspieler auf dem falschen Fuß erwischen. Angebot und Nachfrage bestimmen letztlich aber auch, welche Baukosten für neue Kolonien, Faktoreien, Werften und Kirchen bezahlt werden müssen. Während die erste Faktorei noch 50 kostet, müssen für die letzte Faktorei im Spiel schmerzhafte 250 Cruzados bezahlt werden.
Weiterhin werben die Spieler Arbeiter an, deren Arbeitskraft notwendig ist, Kolonien zu gründen und bestimmte Gebäude überhaupt bauen zu dürfen. Wer eine Kolonie gründen möchte, braucht beispielsweise zwei Arbeiter, wer gleichzeitig zwei Kolonien gründen möchte, vier Arbeiter usw. Am aufwendigsten ist der Bau einer Kirche, die das Vorhandensein von fünf Arbeitern erfordert. Da das Maximum für jeden Spieler neun Arbeiter beträgt, ist jedoch niemand in der Lage, gleichzeitig zwei Kirchen zu bauen.
Die einzige Möglichkeit seine Arbeiter wieder zu verlieren ist der Erwerb von Privilegien, für die jeweils ein Arbeiter an den Königshof abgegeben werden muss. Privilegien sind die Hauptquelle für die am Ende des Spieles ermittelten Siegpunkte. Es gibt sie in fünf verschiedenen Arten: Siegpunkte für eigene Kolonien, Faktoreien, Entdeckungen, Werften und Kirchen. Natürlich ist die Anzahl jeweils begrenzt, und neue Privilegien kommen nur phasenweise hinzu, so dass der Zeitpunkt und die Wahl des Privilegs genau bedacht sein müssen. Frühe Privilegien behindern den wirtschaftlichen Aufbau, sie könnten jedoch später bereits vergriffen sein. Da sich die Privilegien ungleichmäßig auf die Spieler verteilen, entsteht automatisch der Anreiz, jeweils unterschiedliche Strategien zu verfolgen. Während ein Spieler seinen Schwerpunkt bei den Kolonien setzt, wird ein anderer beispielsweise versuchen, möglichst viele Entdeckungen zu machen. Es ist sehr spannend zu erleben, wie diese unterschiedliche Strategien in einen Wettstreit treten, und es gibt keine Strategie, die den anderen Strategien grundsätzlich überlegen wäre.
Die Privilegien führen die Spieler aber auch in ein Dilemma: Während es für den wirtschaftlichen Aufbau meist besser ist, sich auf verschiedenen Feldern gleichmäßig zu entwickeln, ist es für die Siegpunkte besser, sich auf wenige Felder stark zu konzentrieren. Hier die richtige Balance zu finden ist nicht ganz einfach!“

Hast du einen Tipp für Spieler, die Navegador zum ersten Mal spielen? Was können sie machen, um erfolgreich zu sein, was um Frust zu vermeiden?
Navegador kann in den ersten Partien durchaus aus dem Bauch heraus gespielt werden. Was thematisch stimmig ist, wie z. B. neue Seeregionen zu entdecken und dort Kolonien zu gründen, macht auch für das Spielziel Sinn. Da gibt es keine bösen Fallen, in die ein Spieler laufen könnte. Anfänger sollten jedoch nicht versuchen, ganz ohne zuverlässige Geldquellen auskommen zu wollen. Jeder Spieler startet zwar mit einer Faktorei, sollte aber schon einige zusätzliche Faktoreien und/oder Kolonien erwerben, um nicht langfristig in finanzielle Probleme zu geraten. Und wer nicht in Werften und Kirchen investiert, für den werden zusätzliche Schiffe und Arbeiter im Laufe des Spiels empfindlich teurer. Mit zunehmender Erfahrung wird es dann später leichter fallen, die Marktmechanismen bestmöglich zum eigenen Vorteil zu nutzen und die Privilegien optimal einzusetzen.“

Deine Spiele waren bisher zwar nicht kompliziert, aber recht komplex. An wen richtet sich Navegador?
„Jeder Spieleautor behauptet natürlich gern, dass seine Spielregeln nicht kompliziert sind, aber im Vergleich zu Spielen wie Imperial und Machu Picchu kommt Navegador mit einer wesentlich kürzeren Spielregel aus und ist etwas leichter zugänglich. Auch die Spieldauer von 60 bis 90 Minuten ist ein wenig kürzer als bei meinen anderen Spielen. Insofern richtet sich Navegador an einen etwas breiteren Kreis als seine Vorgänger. Die vielfältig ineinander greifenden Spielmechanismen bilden jedoch auch für Strategiespieler immer noch eine spannende Herausforderung, und es gibt reichlich Möglichkeiten, die Kombination verschiedener Strategien gegeneinander antreten zu lassen. Auch der Marktmechanismus ist zwar in der Grundstruktur einfach, hält jedoch mit seiner Dynamik auch für Vielspieler so manche Überraschung bereit.“

Es gibt bereits Bilder vom Spiel. Die Grafik scheint sehr auf dem Thema angemessene Art umgesetzt zu sein. Wie wichtig ist dir die Grafik bei diesem Spiel und wer ist für sie verantwortlich?
„Diesmal habe ich die Grafik selbst mitgestaltet und mich dabei von historischen Karten und Illustrationen sehr inspirieren lassen. Da habe ich zwar nächtelang an einzelnen Küstenabschnitten feilen müssen, aber mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Ohne die professionelle Umsetzung von Marina Fahrenbach wäre ich allerdings verloren gewesen. Wie ich dann erfuhr, heißt Marinas Vater nicht nur Heinrich, sondern ist auch Seefahrer (Kapitän im Ruhestand) und hat ihre Mutter, die Portugiesin ist, in Portugal kennen gelernt. Es war eine tolle Zusammenarbeit!“

In welcher Auflage wird das Spiel erscheinen? Besteht die Möglichkeit für Messe-Besucher, das Spiel vorzubestellen?
„Vorbestellungen kriegen wir leider organisatorisch nicht geregelt. Unsere Startauflage ist vorsichtig gewählt und beträgt 1.500 Spiele. Zusätzlich wird es noch eine englische Ausgabe bei RioGrande geben. Ich bin wie jedes Jahr in Halle 9 (9-34, PD-Verlag) zu finden und freue mich über jeden Besuch, auch wenn die Zeit für einen Klönschnack in Essen natürlich ziemlich knapp bemessen ist …“

Webseite des Verlages

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