Der Verein möchte die Freude am Spiel vermitteln
Die Spielemesse in Essen kennt fast jeder. Regional gibt es aber jede Menge weiterer Spiele-Events. Im Raum Süd-Ostniedersachsen ist der Verein Norddeutsche Spielekultur einer der Motoren. Gleich acht Events und weitere Termine sowie Spieletreffs gehen auf das Konto dieser Macher. Da Reich der Spiele in diesem Jahr unter anderem als Werbepartner Hildesheim spielt! und Braunschweig spielt! unterstützt, haben wir bei David Kaufholdt (1. Vorsitzender) und Stefan Malz (2. Vorsitzender) mehr über die Motivation des Vereins und die Hürden bei der Organisation der Events wissen wollen.
Was macht der Verein Norddeutsche Spielkultur?
David und Stefan, als die beiden Vorsitzenden des Norddeutsche Spielekultur e. V. seid ihr die Köpfe hinter mehreren Events. Wie lange gibt es den Verein bereits und welche Veranstaltungen organisiert ihr?
David: „Die Idee einen Verein zu gründen ging von einer Gruppe begeisterter Spielefans in Salzgitter aus, die sich regelmäßig in einem kleinen Brettspielladen getroffen haben. Diese Gruppe beschloss im Jahr 2003, den Verein Norddeutsche Spielekultur e. V. zu gründen, um für die größer werdende Gruppe Spieletreffs besser organisieren zu können. Anfangs war der Verein vor allem in Salzgitter und Wolfsburg aktiv.“
Stefan: „Ab 2010 kamen dann zunächst Veranstaltungen in Braunschweig wie Braunschweig spielt“ und Spiel mit den Löwen hinzu, angeregt durch einen engagierten Spielerkreis vor Ort, welcher den Verein sehr bereichert hat. Nach und nach kamen dann unter anderem Hannover und Hildesheim als Orte dazu. Unsere Mitglieder kommen größtenteils aus diesen Regionen.
Alle Veranstaltungen aufzuzählen, würde dieses Format sprengen, da möchte ich auf unsere Website verweisen. Unter www.spielekultur.de/event.htm gibt es immer eine Liste unserer kommenden Veranstaltungen. Und im Online-Kalender unter kalender.spielekultur.de/month.php sind alle Termine verfügbar, auch die von regelmäßigen Spieletreffen und von Veranstaltungen anderer Spielebegeisterter in der Region.“
In lockerer Runde einfach nur gerne spielen
Welche Motivation treibt euch persönlich und wie ist das mit dem Vereinszweck kombinierbar?
Stefan: „Zuerst einmal – ich spiele gerne. Schon immer. Und ich finde, dass mehr Menschen erkennen sollten, dass Spielen nicht nur für etwas Kinder ist, sondern ein unterhaltsamer, entspannender, sinnvoller Zeitvertreib auch für Erwachsene ist. Man macht etwas gemeinsam mit anderen Menschen. Meist ohne digitale Technik und ganz ‚in echt‘. Man lernt ganz nebenbei, mit Erfolgen und Misserfolgen umzugehen, Geduld zu haben, Regeln zu erfassen und anderen Menschen zu ‚lesen‘. Außerdem kann man, wenn man es denn möchte, viele neue nette Leute kennenlernen.“
David: „Als ich einst zu dem Verein dazugestoßen bin, war ich genau auf der Suche nach diesem von Stefan beschrieben Art Menschen, welche in lockerer Runde einfach nur gerne spielen wollen und dabei Spaß und Freude verbreiten. Dies ist das Besondere am Gesellschaftsspiel, man lernt viele tolle Menschen auf eine entspannte Art und Weise kennen, freut und ärgert sich zusammen. Diese Art von Erfahrung weiterzugeben, hat mich motiviert, dass ich mich sehr schnell im Verein engagiert habe, dessen Zweck es ja eben ist, diese Freude am Spiel zu vermitteln. Viele unserer Besucher sind sehr dankbar, wenn sie sich nicht selbst mit den Regeln rumschlagen müssen und somit den Zugang zum Spielen barrierefreier erhalten.“
Regelmäßigkeit statt Ortswahl ist bei den Spiele-Events entscheidend

Braunschweig spielt! 2024 konnten alle ausgiebig spielen – Foto Norddeutsche Spielekultur
Euer Programm ist über die Jahre gewachsen. Offensichtlich ist der regionale Bezug der Events zu eurem Standort. Welchen Vorteil hat es, die eher „kleinen Mittelstädte“ wie Braunschweig, Hildesheim oder Salzgitter aus eurer Umgebung als Orte für die Events zu wählen? Warum keine größere Messe in einer Metropole wie das nahe Hannover?
Stefan: „Das hat vor allem praktische Gründe. Da ein Großteil unserer Mitglieder aus Braunschweig und Salzgitter kommen, sind so die Wege kurz und wir haben Ortskenntnis. Wir können beurteilen, welche Orte geeignet sind. Außerdem bevorzugen wir Veranstaltungen, die für alle Teilnehmenden noch überschaubar sind. Es geht uns ja vor allem darum, in direkten Kontakt mit Menschen zu kommen. Das würde bei einer zu großen Messe komplett untergehen.“
David: „Unsere Erfahrung zeigt außerdem, dass die Größe für viele Besucher gar nicht das Entscheidende ist. Viele freuen sich über die Regelmäßigkeit, mit der die Events in kleinerer oder größerer Form stattfinden. So müssen sie nicht ein ganzes Jahr auf ein Großevent hinfiebern, sondern können die Begeisterung fürs Brettspiel durchgehend ausleben. In Hannover sind wir übrigens bereits seit längerer Zeit einmal pro Jahr vor Ort im Kulturbüro Südstadt zu einem Spieletag. Eine Veranstaltung, zu der regelmäßig rund 200 Besucher kommen.“
Das Programm vor Ort bei den Spiele-Events
Ihr profitiert natürlich von den Erfahrungen aus der Vergangenheit, wenn ihr neue Events plant. Wie muss sich ein Spielefan das aber genau vorstellen: Wie wählt ihr Stadt und Ort sowie das Programm aus? Was ist euch dabei wichtig?
David: „Fairerweise muss ich sagen, dass wir uns selten neue Stätten aussuchen – die Stätten suchen uns aus! Wie oben beschrieben, begann dieser Prozess schon recht früh, als die ursprüngliche Gruppe Spielefans aus Braunschweiger mit konkreten Vorschlägen an den Verein herangetreten ist. Dadurch, dass wir dann spätestens mit Braunschweig spielt! in der Öffentlichkeit deutlich wahrgenommen wurden, kommen immer wieder Menschen auf uns zu mit der Frage, ob wir nicht hier oder dort ein weiteres Projekt angehen wollen. Es gibt viele Spielebegeisterte, die sich mit unserer Unterstützung und Erfahrung trauen, eigene Ideen umzusetzen. Auch Institutionen wie die Stadtbibliothek Braunschweig sind so dazugestoßen.“
Stefan: „So war es auch bei Hildesheim spielt!, so war es beim kleinen Spielefest in Rüningen. Mittlerweile gibt es fast jeden Monat eine größere Veranstaltung, so dass wir langsam unsere Kapazitätsgrenze für eigene Veranstaltungen erreicht haben. Dennoch unterstützen wir weitere Interessenten gerne mit unserem Wissen und Ausleihmöglichkeit unseres Spielebestands.“
Zugang zu aktuellen Gesellschaftsspielen schaffen

Braunschweig spielt! 2024 gab es Informationen über einen Monitor – Foto Norddeutsche Spielekultur
Was bedeutet das am Ende für das Event: Was können die Spielefans erwarten, wenn sie zu euren Events kommen? Gibt es am Ende dennoch Unterschiede je nach Stadt? Wer ist eure Zielgruppe?
Stefan: „Unser Ziel ist es, Menschen den Zugang zu aktuellen Gesellschaftsspielen zu schaffen. Ihnen zu zeigen, was es alles abseits der wenigen Klassiker wie Monopoly, Mensch ärgere Dich nicht und Uno gibt. Dafür legen wir vor allem Wert darauf, dass immer zahlreiche Erklärerinnen und Erklärer vor Ort sind, die mit viel Erfahrung passende Spiele empfehlen und bei Bedarf gleich erklären können. So können Interessierte in kurzer Zeit viele neue Spiele kennenlernen und eine persönliche Auswahl treffen.
Eine Zielgruppe haben wir uns aktiv nie gesetzt – es hat sich einfach so entwickelt, dass alle Altersgruppen vorbeikommen. Eltern mit ihren Kindern, Jugendliche, Erwachsenen bis ins Seniorenalter. Und alle haben die Chance, neue passende Spiele zu finden und lieben zu lernen.“
David: „Ich würde hierbei gar keine großen Unterschiede zwischen den Städten sehen. Es ist ja gerade das Schöne, dass Spielen die verschiedenen Menschen zusammenbringt. Begeisterte Spielefans und solche, die einfach nur gerne etwas in der Gruppe mit anderen unternehmen, gibt es in jeder Stadt. Dennoch ist jede Veranstaltung etwas anders. Dies liegt vor allem an der Veranstaltungsgröße, an der Art der Räumlichkeiten oder wie wir sie aufziehen und bewerben. Einige, wie das Spielefest in Salzgitter, finden schon seit mehr als 30 Jahren statt. Hildesheim spielt! ist mit der gerade anstehenden zweiten Ausgabe noch ganz frisch. Was jedoch gleich ist, ist die wiederkehrende Begeisterung in familiärer Umgebung für das Brettspiel sowohl bei uns Erklärern als auch bei den vielen Besuchern.“
Unterstützung und Finanzierung der Spiele-Veranstaltungen
Das alles ist nur möglich, weil euch die Verlage durch eine gewisse Spieleauswahl unterstützen. Die Liste der unterstützenden Marken ist recht groß. Wie schwer ist es, diese Unterstützung einzufordern? Und an Stefan die Frage: Fällt es euch leichter, die passenden Ansprechpartner zu überzeigen, weil du als Spieleautor einen gewissen Bekanntheitsgrad hast?
Stefan: „Anfangs war es sehr mühsam, die Unterstützung der Verlage zu erhalten. Da hat mir natürlich auch geholfen, dass ich durch meine Autorenschaft bereits einige Kontakte hatte. Nach vielen Jahren bestehen jetzt natürlich viel mehr Kontakte und unsere Veranstaltungen sind hinreichend bekannt, um so jedes Jahr mit 100 und 150 Spielen freundlicherweise unterstützt zu werden. Dafür sind wir sehr dankbar.
Für das kommende Braunschweig spielt! haben mehr als 20 Verlage bereits jetzt Spiele zur Verfügung gestellt und weitere werden als Aussteller selbst vor Ort sein, um ihre Neuheiten vorzustellen. Dabei ist uns egal, wie groß ein Verlag ist. Einige stellen nur 1 oder 2 Spiele zur Verfügung, andere 30 oder mehr. Alle sind herzlich willkommen und diese Vielfalt ist uns sehr wichtig!“
Niedrige Eintrittspreise und viele Helfende

Braunschweig spielt! 2024 war das Publikum bunt gemischt – Foto Norddeutsche Spielekultur
Ein wichtiger Punkt ist die Finanzierung: Könnt ihr uns verraten, mit welche Kosten ihr pro Veranstaltung rechnet und wie ihr das finanziert?
David: „Das variiert stark von Veranstaltung zu Veranstaltung. Die meisten kleineren Veranstaltungen können ganz ohne oder mit sehr geringen Mietkosten ablaufen und tragen sich über Spenden vor Ort und einige wenige lokale Werbepartner. Dort ist der Eintritt frei.“
Stefan: „Lediglich Braunschweig spielt! erzeugt aufgrund der großen Örtlichkeit leider Miet- und Personalkosten von mehreren Tausend Euro, die wir durch Eintrittsgelder, Gebühren für Aussteller und mehrere Sponsoren versuchen müssen, wieder einzunehmen. Da wir aber die Eintrittspreise aus Prinzip möglichst niedrig halten wollen, um gerade Familien und jungen Menschen, die alle wenig Geld verfügbar haben, die Teilnahme zu ermöglichen, bleibt meist ein kleiner Verlust, den wir mit Vereinskapital aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden decken.“
David: „An dieser Stelle möchte ich unseren vielen engagierten Helfern und Unterstützern danken. Wir müssen dank der Unterstützung der Verlage nur einen geringen Teil der Spiele aus Eigenmitteln zukaufen und die mietfreie Nutzung mehrerer öffentlicher Institutionen ist hier ebenfalls von großer Bedeutung für uns. Nicht zuletzt lebt der Verein aber auch nur dank seiner Mitglieder und Helfer, die durch viele ehrenamtliche Arbeitsstunden bei Vorbereitung und Durchführung die Veranstaltungen mit Leben füllen.“
Spenden willkommen, aber noch mehr sind tatkräftige Leute gesucht

Braunschweig spielt! Wie immer waren auch 2024 ausreichend Erklärmenschen vor Ort – Foto Norddeutsche Spielekultur
Ist die Struktur als gemeinnütziger Verein dabei vorteilhaft? Haben Interessierte sogar die Möglichkeit euch durch Spenden zu unterstützen oder selbst Mitglied zu werden?
David: „Die Struktur als Verein ermöglicht es uns geschlossener aufzutreten und ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen, dass es bei loser Zusammenarbeit häufig nicht so gibt. Wir werden so auch besser in der Öffentlichkeit wahrgenommen und sind für Unterstützer und Institutionen attraktiver. Außerdem gehören die rund 2.000 Spiele auf diese Weise der Gemeinschaft statt Einzelpersonen, so dass jedes Vereinsmitglied Zugriff darauf hat.“
Stefan: „Leider sind wir seit einigen Jahren kein gemeinnütziger Verein mehr. Nachdem sich einige Vorschriften geändert hatten, wurde unsere Gemeinnützigkeit nicht mehr anerkannt. Das Brettspiel ist laut Gesetz aktuell kein Kulturgut. Dies ist aber nicht nur nachteilig für uns, da wir im Gegenzug viel freier agieren können. Und da wir weiterhin nicht darauf aus sind, Geld zu scheffeln, sondern alle verfügbaren Mittel in die Durchführung von schönen Veranstaltungen und die Pflege des Spielebestands stecken, gibt es auch keinen nennenswerten Gewinn, der versteuert werden müsste.
Natürlich kann man uns jederzeit durch eine Spende unterstützen oder Mitglied werden. Wir benötigen aber letztlich viel dringender engagierte Mitstreiter als Geld. Alle Spielebegeisterte sind herzlich eingeladen, uns zu unterstützen und natürlich auch mit uns zu spielen!“
2 Kommentare
Hildesheim, Braunschweig, Salzgitter, Hannover, Wolfsburg….das hat doch alles mit Norddeutschland nichts zu tun. Ab Celle vielleicht gerade mal so.
Für die einen so, für andere so. Der Norden soll je nach Sichtweise ja schon jenseits des Mains anfangen …