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Spiel ’18: Was vom Tage übrig bleibt

Spiel 18 - Discover als Spiel und Aufgabe - Foto Alex Sch.

Wie man sich durch 1400 Neuheiten kämpft

Diese Zahl jagt erst mal Angst ein: 1.400. Das ist die Zahl der angekündigten Brettspielneuheiten, die auf der SPIEL 2018 angekündigt waren. Die Zahl ist schwer fassbar. Deshalb eine kleine Hilfe für die Vorstellungskraft: Nehmen wir an die Größe der Hälfte aller Boxen entspräche der Schachtel von Quacksalber von Quedlingburg und die andere Hälfte der Neuheiten wäre so groß wie die Schachtel von The Mind. Hochkant aufeinandergestapelt hätte dieser Neuheitenturm (bei Windstille) eine Höhe von ca. 299,60 Meter. Das überträfe den Olympiaturm von München um einige Meter und wäre fast genauso hoch wie der Eifelturm!

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Pandemic Jubiläumsausgabe auf der Spiel'18 - Foto Alex Sch.Um diesen Berg zu meistern benötigt man also eine Strategie. Einen Schlachtplan. Und dieser kann im Vorfeld zur SPIEL auf verschiedene Arten heran reifen. Zum Beispiel kann man sich bei Bloggern der Spieleszene eine Vielzahl an Listen ansehen. Hier werden im Grunde nur Namen vorgelesen und erste Aussagen zum Anschein eines Spiels gemacht und dessen Design. Mehr ist oftmals nicht bekannt. In manchen Fällen präsentieren die Verlage schon kurz zuvor ihre Neuheiten wie z. B. auf der Presseschau von Kosmos oder Pegasus. Hier werden natürlich von Rezensenten auch schon im Vorfeld die Spiele wirklich getestet und man kann einen tieferen Einblick in die Spielmechanismen erhalten. Zumindest wenn sie gut aufbereitet sind. Interviews auf reich-der-Spiele.de vermitteln ebenfalls schon einmal die Intention so mancher Autoren über ihre diesjährigen Kopfgeburten. Eine weitere Quelle sind Listen im Internet wie die Neuheitenliste des Friedhelm-Merz-Verlages selbst. Oder aber man durchforstet einschlägige Apps, wie z.B. den Event Badger oder das Tabletop Together Tool, worin die meisten aller Neuheiten geladen werden. Die Apps haben den Vorteil, dass sie die Standnummern der Verlage in der Messehalle mit angeben oder sogar direkt anzeigen. Hierbei handelt es sich schon um Profiwerkzeug, ohne das ich persönlich nicht mehr nach Essen fahren würde.

Frei nach Carl von Clausewitz: Kein Plan übersteht die erste Begegnung mit der Messe!

Der Herr der Träume auf der Spiel'18 - Foto Alex Sch.Die Zahl der etwa 190.000 Besucher, die scheinbar alle pünktlich um 10 Uhr zur gleichen Zeit wie ich in die Halle strömen, ist ebenfalls erschlagend. Würde man alle Besucher hochkant aufeinanderstapeln … Ach, lassen wir das. Es sind wirklich viele Menschen in insgesamt sechs Hallen. Und alle wollen scheinbar auch immer an das gleiche Spiel wie ich heran. Mein festes Ziel war es auf jeden Fall Spirit Island mitzunehmen, nachdem ich über ein Jahr lang schon so viel darüber gelesen hatte (zumindest über die englische Version). Endlich ist es auf Deutsch draußen und … Vergriffen! Unfassbar, welch Wechselbad der Gefühle man erleidet, wenn Euphorie auf Betrübtheit folgt. Denn dank eines Tipps von einem anderen Besucher wurde ich vom Pegasus Stand zu einem freien Händler geschickt. Und da gab es zum Glück noch Exemplare. Sogar mit Promo (einem kostenlosen Geschenk, passend zum Spiel). Es kam mir vor wie eine philosophische Lektion: Wahres Glück kannst du nur begreifen, wenn du auch das Leid kennen gelernt hast.Massen auf der Spiel'18 - Foto Alex Sch.

Und was habe ich gelitten:  Mein Fitnesstracker zeigte am Freitagabend 14.577 Schritte. Ein gutes Workout. Und das zwischenzeitliche Stehen macht es nicht besser. Umso wichtiger ist es, ab und an einen Spieltisch zu ergattern und sich klammheimlich auszuruhen, während von einem „Erklärbären“ eine der vielen Neuheiten präsentiert wird. Das ist sozusagen eine Win-win-Situation für Geist und Körper.

Ein wiederkehrendes Phänomen: Stapelspiele

Men At Work auf der Spiel'18 - Foto Alex Sch.Mit Menara hatte ich mir erst unlängst ein wunderschönes, kooperatives Geschicklichkeitsspiel gekauft. Mit meiner Tochter spiele ich seit letztem Jahr mit großer Begeisterung Rhino Hero Super Battle. Dennoch ziehen mich solche Stapelspiele oder „Dexterity-Spiele“ immer wieder magisch an. Und es gab eine schöne Auswahl dieses Jahr, die mich in ihren Bann zog. Bei Men at Work müssen Bauarbeiter-Meeple, Eisenträger, Ziegelsteine viel mehr aufgetürmt werden (nicht zwangsläufig hochkant). Dabei kann man sich Sicherheitsorden verdienen. Wer drei hat, gewinnt. Wie auch schon Flick’em Up hat der Verlag hier tolles Material zusammengestellt. Leider ist es mit 50 Euro UVP auch unheimlich teuer. Zu teuer für mich auf der Messe. Aber ich habe es auf meine zweite Liste des Tages geschrieben. Die Liste der Spiele, die ich vielleicht 2019 kaufen werde.

 

Meeple Circus auf der Spiel'18 - Foto Alex Sch.Nicht weit entfernt fand ich gefallen an Meeple Circus. Der Name ist Programm. Akrobatisch werden Holzmeepel aufeinander gestapelt nach der Vorgabe von Karten, um Punkte zu verdienen. In mehreren Durchgängen werden die Anforderungen immer schwieriger und man bekommt eine größere Auswahl der zur Verfügung stehenden Holzfigürchen. Im letzten Akt darf man den anderen sein Können präsentieren. Das war letztes Jahr schon auf Englisch da und hatte auch knapp 50 Euro gekostet. Pegasus hat das Spiel jetzt auf Deutsch heraus gebracht für knappe 38 Euro. Einäugig und einhändig wird so manch akrobatische Hochstapelei zu wahren Zirkusnummern.

Bei gleich zwei Ständen sah ich Tokyo Highway. Ein Spiel bei dem man sozusagen die verqueren Autobahnen in einer Großstadt nachbaut. Auch hier mit solidem Material, das sich toll anfasst. Je nach Schwierigkeit der verbauten Komponente werden hier Punkte erreicht. Auch hier lag der aufgerufene Preis bei 38 Euro.

Tokyo Highway auf der Spiel'18 - Foto Alex Sch.Einmal Detektiv sein

Dieser Wunsch wurde von mehreren Verlagen und auf verschiedenste Weisen erfüllt. Es schien mir fast so, als sei das die Weiterentwicklung der Escape Spiele in diesem Jahr. Bei Asmodee/iDVenture konnte man den Unvollendeten Fall von Holmes lösen oder den Fall Adlerstein. Pegasus und Portal Games luden ein Detective zu werden. In diesem Fall mittels einer zusätzlichen App über welche man auf eine gesonderte Datenbank zurück greifen kann. Einer Handyapp bedient sich auch das Spiel Chronicles of Crime. Neben der Befragung von Personen kann man hier sogar mittels einer VR-Brille einen Tatort in 3D begutachten. Allerdings hat mich die Brille selbst nicht überzeugt. Das Spielkonzept selbst jedoch schon. Hier musste ich zuschlagen um zu Hause eine Vielzahl vorhandener Fälle zu lösen. Und für das nächste Jahr sind auch schon zwei Erweiterungen angekündigt, welche die Spielerfahrung sowie die -möglichkeiten noch weiter ausreizen.

Lovecrafts Mythos auf der Spiel'18 - Foto Alex Sch.Ganz analog darf man bei Mythos Tales ermitteln. Und das in der Welt von Lovecrafts Cthulhu-Mythos. Das Spiel selbst bedienst sich hier der Systematik des Spiel des Jahres von 1985: Sherlock Holmes Criminal-Cabinet. Gänzlich frei kann man Orte aufsuchen, Archive durchstöbern und im eigenen Tempo dem Mythos auf die Spur kommen. Das hier wird früher oder später ebenfalls in meinem Regal landen. Zur Zeit habe ich aber noch genug und Watson & Holmes will schließlich auch irgendwann gespielt werden.

Von vom Tage übrig blieb …

… habe ich mit interessanten Gesprächen an vielen Ständen verbracht. Ein wenig konnte ich mich auch treiben lassen und einfach mal schauen, was ich gar nicht auf der Liste hatte. Alles konnte ich allerdings auch gar nicht von ihr abhaken, da es sonst in Arbeit ausgeartet wäre. Schließlich soll die Messe Spaß machen und Eindrücke vermitteln und keine reine Einkaufsliste befriedigen, zumindest für mich nicht. Dennoch leistet die SPIEL hervorragende Dienst, wenn man sich augenscheinlich tolle Spiele auf die ominöse Liste setzt. Viele Titel flogen schon nach dem ersten oder zweiten Blick auf das aufgebaute Spiel von der selbigen. Und das obwohl die Messe durchgängig gute und qualitativ hochwertige Spiele präsentierte. Allerdings ist in diesem Rahmen und bei dieser Anzahl an Konkurrenten die Latte sehr hoch angesetzt. Da können schon kleinste Kleinigkeiten über Kauf und Nichtkauf entscheiden. Das wird im Jahresverlauf auch nicht besser werden, wenn die Rezensionen zunehmen und noch mehr Informationen bekannt sind. Und noch mehr Spiele auf den Markt fluten. Der Branche scheint es also ganz gut zu gehen, was mir die SPIEL mal wieder gezeigt hat.

Bad Bones auf der Spiel'18 - Foto Alex Sch.Ich war wieder begeistert von der Atmosphäre und kann jedem nur raten mal dort hin zu pilgern. Man muss keine LKW-Ladungen an Spielen mit nach Hause bringen, um etwas mitzunehmen: Den Geist des Gesellschaftsspiels und vielleicht auch ein Stückchen Kulturgut. Auch wenn diese Diskussion noch nicht zu einem finalen Schluss gekommen ist. Mir hat es geholfen zu entscheiden, dass ich einige Spiele NICHT kaufen muss. Und zudem habe ich viele Prototypen sehen können, die in 2019 auf Crowdfunding-Plattformen angeboten werden. Auch hier konnte ich mir ein Bild machen, was ich vielleicht haben möchte. Der Markt ist noch breiter geworden und nach noch viel mehr Facetten. So schillernd, dass mir ein Tag in Essen normalerweise ausreicht, um nicht geblendet zu werden. Meinen Füssen reicht ein Tag alle Mal.blank

Informationen zur Spiel ’18

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