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Spiel ’24: die Messe der Koop- und Stichspiele

SPIEL 2024 in Essen: So weit das Auge reicht waren die Spieltische wie hier bei Kosmos besetzt; Foto Dirk Janßen

Fünf wundervolle, verspielte Tage

Wie beginnt man einen Artikel über ein Event, das dieses Jahr polarisiert(e) wie einst der Dosenpfand, Unisex-Toiletten oder Jar Jar Bings. Vermutlich mit einem Satz, der mit absurden Vergleichen sanft einleitet, dass die Spiel in Essen dieses Jahr vor, während und nach der tatsächlichen Veranstaltung für einige Diskussionen gesorgt hat und weiterhin sorgt. Also: Same procedure as ever year, James!blank

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Diskussionsbedarf für Kritiker, Betroffene und Nörgler

Vor der Messe waren der Auslöser vor allem der diesjährige Termin an einem Feiertag, die schwammige Kommunikation hinsichtlich der Parkplatzsituation und der Ausverkauf der Dauertickets. Während der Messe waren es die ausverkauften Tagestickets und nach der Messe kamen dann noch die langen Schlangen bei einigen Verlagen hinzu sowie die endlichen Kapazitäten der Messehallen selbst. Themen waren natürlich auch wieder die Preise für Getränke und Speisen auf der Messe sowie der rücksichtslose Einsatz von Transportmitteln.

Unbeteiligte Beobachter, die selbst an dem Event nicht teilgenommen haben, könnten dadurch den Eindruck bekommen, dass alles an der diesjährigen Spiel in Essen ganz schrecklich war und man gut daran getan hat, sich zuhause in den Schutz der Sofaritze zu begeben. Was ungefähr die wirkliche Situation so trifft wie das Gerücht, dass man an deutschen Bahnhöfen und in Vehikeln des öffentlichen Nahverkehrs ständig Opfer von Gewalt wird. Dass Züge häufig ausfallen oder zu spät kommen entspricht hingegen der Wahrheit.

Wer sich für die Diskussion interessiert, kann diese an anderer Stelle (soziale Medien und Internetforen) verfolgen. Daher an dieser Stelle nur mein Teetässchen dazu – soweit ich überhaupt aus eigener Erfahrung referieren kann und eine Meinung zu den Kritikpunkten habe. Der Messebericht folgt im Anschluss. Also, durchhalten.

Parkplatzsituation

Auch ich fand die Kommunikation ungenau. Es wurde nicht klar kommuniziert, ob die Parkhäuser direkt an der Messe für Besucher gesperrt waren oder ob lediglich empfohlen wurde, diese nicht anzufahren, um Stau auf der Norbertstraße zu vermeiden.

Tatsache war, dass zumindest Donnerstag gegen 9 Uhr der Verkehr um die Messe zäh wie alter Blütenhonig war. Ein paar frühe Vögel hatten das Glück vor Sonnenaufgang noch einen der wenigen Plätze in den umliegenden Parkhäusern zu ergattern, alle anderen mussten dann doch auf die annoncierten Parkplätze P2 und P10 ausweichen.

Wobei ich gehört habe, dass die Shuttlebusse zumindest am Donnerstag aufgrund der Situation auf der Norbertstraße ebenfalls lange bis zu den Hallen gebraucht haben. Was verständlicherweise bei den Hörigen für Frust gesorgt hat. Allerdings schien die Situation an allen anderen Tagen recht entspannt und auch der Shuttlebus Service wurde gelobt.

Ausverkauf der Tickets

Da ich persönlich Wochen vor der Messe Foren und soziale Medien studiere wie einst als kleiner Bub vor Weihnachten den Spielzeugkatalog von Vedes, habe ich früh mitbekommen, dass dieses Jahr zum ersten Mal ein Ausverkauf möglich schien und entsprechende Tickets für meine Begleitung rechtzeitig erworben. Seitens des Veranstalters empfand ich die Kommunikation kurz vor und während der Messe als angemessen und begrüße, dass die Kapazitäten gerade wegen der Sicherheit endlich sind und entsprechend gehandelt wird. Da dies aber seit Beginn der Messe und selbst in den besten Messezeiten vor Corona nie ein Thema war, kann ich die Verärgerung der Leute verstehen, die damit nicht gerechnet haben, sich auf die Tageskassen verlassen haben und dann plötzlich ohne Ticket dastanden.

Kapazitäten des Standorts

Während es sich an zahlreichen Punkten vor allem in Halle 3 knubbelte, gab es auch viel Freiraum durch die breiten Gänge.
Während es sich an zahlreichen Punkten vor allem in Halle 3 knubbelte, gab es auch viel Freiraum durch die breiten Gänge.

Und damit wären wir beim nächsten Thema. Die Messehallen in Essen sind noch nicht vollkommen ausgeschöpft. Neben den zwei Hallen 7 und 8 gäbe es auch noch Säle, die vermutlich eine Erweiterung möglich machen würden. Allerdings mit dem Nachteil, dass die Besucher nicht vor Öffnung der Messe Schutz vor schlechtem Wetter in den Hallen 7 und 8 finden und die Säle während der Messe für andere Aktivitäten (Meet & Play, Educators Day) genutzt werden könnten. Man kann gespannt sein, wie die Veranstalter dies auch mit Blick auf mögliches Wachstum in den nächsten Jahren lösen werden. Der Wechsel des Standorts ist zumindest weiterhin kein Thema, da die Spiel nun einmal (auch im Ausland) fest mit der Stadt Essen verbunden ist.

Lange Schlangen an den Ständen

Lange Schlangen an den Ständen hat es in den letzten Jahren immer gegeben und wird es vermutlich auch immer geben. Der Grund hierfür ist aus meiner Sicht FOMO (red. Anm.: fear of missing out). Und das liegt nicht in der Hand des Veranstalters. Wer meint, alles immer direkt zur Veröffentlichung haben zu müssen, der muss sich zähneknirschend anstellen. Und wenn die Verlage dann nicht mit dem Ansturm gerechnet haben oder es aus anderen Gründen (z. B. Krankheit) an emsigen Händen für eine schnelle Abwicklung mangelt, dann muss man das halt in Kauf nehmen. Ärgerlich mag es dann sein, wenn die Schlangen die Gänge voll pfropfen und man nach dem Stau auf den Straßen nun auch noch in einen Stau auf der Messe gerät. Aber dieses Phänomen habe ich nur in Halle 3 erlebt. Und wie andere Mütter auch schöne Töchter haben, so haben auch andere Hallen tolle Verlage mit coolen Spielen.

Das Nadelöhr der Messe: Halle 3

Die Neustrukturierung der Hallen hat mir persönlich im letzten Jahr schon nicht wirklich gefallen. Dass vor allem Verlage mit Kenner- und Expertenspielen in Halle 3 gesteckt werden, die einen beträchtlichen Teil der Besucher interessieren, sorgt dafür, dass man sich zumindest an den ersten Tagen und vor allem morgens in Halle 3 wie die oft zitierte Sardine in der Büchse vorkam. Hinzu kamen die bereits erwähnten Schlangen an diversen Ständen, sodass es für den einen oder anderen mühsam war, vollgepackt und ggf. noch mit einem rollenden Gefährt versehen voranzukommen. Allerdings bringt es auch den Vorteil der kurzen Wege, wenn man alles, was einen interessiert, in dieser Halle findet.

Der liebe Rucksack und sein Vieh

Die Messe hat vor Jahren gut daran getan, Cajon-Rucksäcke auf der Messe zu verbieten. Dass die Leute auf Rollkoffer, Bollerwagen und Sackkarren (!!) umgestiegen sind, um die Masse an Einkäufen durch die Hallen zu transportieren, hat mich persönlich dieses Jahr nicht gestört.

Mir ist weder einer mit einem rollenden Warenlager über die Füße gefahren, noch bin ich über ein solches gestolpert. Ich habe allgemein auch weniger Leute gesehen, die voll geladen waren wie ein Kipplaster. Vielleicht war ich zur falschen Zeit am falschen Ort? Vielleicht habe ich einen Filter, der mich vor solchen Eindrücken schützt? Vielleicht ist aber auch der Konsum zurückgegangen?

Die berühmten Loot-Bilder nach der Messe lassen allerdings anderes vermuten. Wobei ich mich jedes Jahr frage, was erwachsene Menschen dazu bewegt, ihr Hab und Gut mit der ganzen Welt in sozialen Medien zu teilen? Hat für mich immer was von P***svergleich.

Das gastronomische Angebot

Das gastronomische Angebot auf der Messe war sicherlich noch nie so groß wie in diesem Jahr. Neben den bekannten Ständen in der Galeria und in den Messehallen gab es zahlreiche Foodtrucks, die für eine große Auswahl an Speisen gesorgt haben.

Dass Speis‘ und Trank auf einer Messe (deutlich) teurer als “in der freien Wildbahn” sind, sollte den meisten bekannt sein. Wer nicht bereit ist, dies zu bezahlen, bringt seine eigenen Sachen mit. Wer die Cola eiskalt will, muss dann halt ein paar Taler springen lassen. So eine Messe ist halt kein Spaziergang, Freud und Leid liegen hier eng beieinander.

Die von mir am späten Samstagnachmittag verzehrte Krakauer war allerdings so durch, dass sie sich vermutlich seit Donnerstagmorgen auf dem Grill erwärmt hat. Davon mal abgesehen war es wie immer toll, dass man dieses Jahr bei Sonnenschein die Gelegenheit hatte, für kurze Zeit dem Hallenlärm zu entfliehen und die Lungen mit frischer Luft zu betanken. Und Sitzgelegenheiten gab es dieses Jahr mehr als in den Jahren zuvor.

Sold Out

Sold out Schilder - des Ausstellers Freund, des willigen Konsumenten Feind.
Sold out Schilder – des Ausstellers Freund, des willigen Konsumenten Feind.

Kommen wir zu einem letzten Kritikpunkt, den ich häufig während und nach der Messe gelesen habe: ausverkaufte Spiele. Ja, die gab es. Und zwar im Verlauf der vier Tage immer mehr. Die “Sold out” und “Ausverkauft”-Marker konnte man spätestens Sonntag an vielen Ständen bewundern. Ich selbst habe bspw. am letzten Tag auf der gesamten Messe die Alpin-Erweiterung zu Mischwald nicht mehr bekommen, obwohl das Ding schon seit Monaten im lokalen Handel verfügbar ist.

Find ich das schlimm? Nein, eher im Gegenteil. Die Messe muss sich für die Aussteller lohnen, damit sie auch in den nächsten Jahren die Mühen und Strapazen auf sich nehmen, den Besuchern das Erlebnis zu bieten, das uns jedes Jahr um diese Zeit in den Ruhrpott lockt.

Erstaunt war ich in diesem Zusammenhang über einen Beitrag auf Facebook, in dem jemand sich betrogen fühlte, weil er nicht mehr alles kaufen konnte, und deswegen forderte, dass die Preise für Tickets pro Tag fallen. Dank der sozialen Medien braucht es in diesem Land bald keine Komiker mehr.

Und jetzt endlich … der Messebericht

Day Zero: Pressekonferenz und Neuheitenschau

Viele bunte Bilder und Zahlen auf der Pressekonferenz am Mittwoch. Bei 200.000 erwarteten Besuchern übertrifft man die Besucherzahlen vom letzten Jahr, kommt aber nicht an das Rekordjahr 2019 ran, als 209.000 Menschen die Spielemesse in Essen besuchten.
Viele bunte Bilder und Zahlen auf der Pressekonferenz am Mittwoch. Bei 200.000 erwarteten Besuchern übertrifft man die Besucherzahl vom letzten Jahr, kommt aber nicht an das Rekordjahr 2019 ran, als 209.000 Menschen die Spielemesse in Essen besuchten.

Wie jedes Jahr wird einen Tag vor offiziellem Messebeginn zur Pressekonferenz und Neuheitenschau geladen. Im Gegensatz zum letzten Jahr wird 2024 direkt auf der Pressekonferenz der Deutsche Spielepreis verliehen und geht zumindest für mich wenig überraschend an Mischwald. Spieleautor Kosch gibt sich bei Empfang des Preises äußerst bescheiden, beinahe schon etwas wortkarg und schüchtern. Dem Mann nimmt man ab, dass er das Interesse an der Natur spielerisch wecken wollte, aber nicht im Sinn hatte, einen Bestseller zu schaffen, der innerhalb kürzester Zeit zwei Erweiterungen verpasst bekam, die sich ebenfalls sehr gut verkaufen. Mischwald wird sicherlich ähnlich wie Carcassonne, Catan und Dominion weitergetrieben, bis auch der letzte Käfer auf einer Karte verewigt wurde. Das Spielprinzip lässt sich außerdem wunderbar für andere Themen verwenden, z. B. … Drachen?! Die Verlagsvertreter geben sich zu recht hocherfreut.

Interessant sind auch die Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung des Spielemarkts. Während der Verkauf von Puzzeln rückläufig ist, können Gesellschaftsspiele noch einen minimalen Aufschwung verzeichnen. Es dürfte aber jedem auf der Veranstaltung klar sein, dass der Zenit nun erreicht ist. Es setzt zunehmend Übersättigung ein. Es würde mich stark wundern, wenn im nächsten Jahr die Kurve nicht nach unten zeigt.

Verwundert bin ich über den von den Veranstaltern ausgerufenen Trend zur diesjährigen Spiel, nämlich “Musik”. Den kann ich nicht erkennen. Hitster liegt schon zwei Jahre zurück und hat sich als Marke inzwischen etabliert. Daneben gibt es mit Rock Hard 1977 ein Worker Placement Spiel, bei dem wir den Werdegang eines Musikers nachspielen. Außerdem das Finsterwacht-Projekt, welches auch groß auf der Pressekonferenz thematisiert wurde. Und zu guter Letzt das Spiel von Blind Guardian From the other side, welches nichts mit Musik zu tun hat, aber irgendwie mit dem Konzept und Songs der Band verbunden ist.

Aus meiner Sicht gibt es hingegen zwei andere Strömungen, die mechanisch bestimmend sind: Stichspiele und Kooperative Spiele.

Wobei kooperative Spiele kein neuer Trend sind, sondern seit Jahren hoch im Kurs liegen. Gefühlt gibt es dieses Jahr aber noch mehr als in den Jahren zuvor. Außerdem ist das Naturthema weiterhin hoch im Trend – sowohl bei Autoren als auch bei Besuchern.

In Essen gab es nur den Prototyp der Storage Box zu Die verlorenen Ruinen von Arnak zu bestaunen. Nächstes Jahr kann man das Ding dann wohl in Händen halten.
In Essen gab es nur den Prototyp der Storage Box zu Die verlorenen Ruinen von Arnak zu bestaunen. Nächstes Jahr kann man das Ding dann wohl in Händen halten.

Die anschließende Neuheitenschau gibt mit ungefähr 750 von knapp 1.500 Neuheiten einen guten Vorgeschmack auf das, was die Besucher in den nächsten Tagen erwarten dürfen. An jedem Stand bekommt man von hochmotivierten Mitarbeitenden einen knappen Pitch zu den neuen Verlagstiteln, wobei besonders die beiden Kollegen von Pegasus herausstechen, die knapp, präzise und begeistert zu jedem Spiel etwas zu sagen wissen. Das führt dazu, dass u. a. zwei Spiele aus dem von mir eher verhassten Koop-Lager doch noch auf meine Interessenliste wandern: Bomb Busters und Synchro. Und das im Vorfeld belächelte Ich habe fertig.

Auch eine Dame von Buró Games kann mein Interesse wecken. Nicht mit blöden Partyspielchen wie Beschissene Freunde, sondern mit dem Spiel Rock Gone Wild, das ähnlich zu funktionieren scheint wie die Anno Domini Reihe, nur dass wir hier mit Fakten aus dem Rock Genre konfrontiert werden.

Harmonies in der Reiseedition. Man braucht nur einen großen Kofferaum.
Harmonies in der Reiseedition. Man braucht nur einen großen Kofferaum.

Mancher Pitch oder manche Optik führen hingegen dazu, dass ein Spiel von der Liste fliegt oder erst gar nicht drauf wandert. Besonders Babylon, Treos und Endangered kommen optisch nicht aus dem Quark – finden somit aber immerhin doch noch Erwähnung.

Anspielen ist für gewöhnlich auf der Neuheitenschau nicht. Eine Ausnahme bildet aber Duck and Cover von Captain Games, deren Stand aufgrund eines jungen Mannes in einer Wanne voll Plastikbällen visuell ins Auge sticht. Auch die Jungs von Perdix Games teasern kurz ihren neusten Streich Medium an, indem sie uns den Mechanismus anhand einiger Karten ausprobieren lassen. Hierbei zeigt sich, dass meine Begleitung und ich in der Telepathie komplett ungeeignet sind.

Bei Czech Games kann man nicht nur die Neuheit SETI bewundern, sondern auch einen Prototyp der Storage Box von Die Verlorenen Ruinen von Arnak. Es gibt zudem einen der zwei neuen Spielpläne zu sehen sowie schwarze Steintafeln als neue Ressource. Wie teuer der Spaß sein wird, ist allerdings noch nicht bekannt.

Ähnlich imposant ist der Legotempel zu Monkeypalace von Asmodee, wobei man mit den Klemmbausteinen im Spiel selbst niemals diese Opulenz erreichen wird. Klassischer Blender.

Imposanter Anblick: Der Monkey Palace von Lego.
Imposanter Anblick: Der Monkey Palace von Lego.

Letztendlich sehe ich auf der Neuheitenschau meinen Eindruck bestätigt, dass es bisher in diesem Spielejahr noch kein wirklich hervorstechendes Produkt gibt. Viele gute und interessante Titel, aber nichts, was bislang DER Titel dieses Jahrgangs werden kann.

Tag der deutschen Einheit auf der Spiel 2024

Eine der zahlreichen Neuheiten in Essen: Shackleton Base.
Eine der zahlreichen Neuheiten in Essen: Shackleton Base.

Einheit herrscht jeden Tag auf der Spiel. Hier begegnen sich Menschen aus allen Ländern friedlich und vorurteilsfrei, sodass man für einige Tage vergisst, dass sich aktuell draußen Hinz und Kunz übel auf die Mütze geben.

Ein bisschen Krieg herrscht aber vor der Messe an diesem Donnerstag zumindest auf der Norbertstraße. Kommt man bei der Ausfahrt Essen-Haarzopf noch ungebremst auf die Norbertstraße herunter, so beginnt der Stau spätestens 500 Meter vor der ersten Messehalle. Während wir uns Zentimeter für Zentimeter an diesem Morgen zum Parkplatz kämpfen, kommen über verschiedene Kanäle die Nachrichten, dass auch die Shuttlebusse an P10 schwer vorwärts kommen. Aber damit ist an diesem Morgen zu rechnen gewesen.

Den Donnerstagmorgen habe ich für einige Blindkäufe und Abholungen reserviert. Da Arcs kurzfristig aufgrund eines wachsenden Errata bei Board Game Geek doch noch von meiner Liste gefallen ist, kann ich mir entspannt Flatiron, Atoll, Tea Garden, Medium und Robotrick in die Taschen packen, während sich an zahlreichen Ständen mit populären Titeln Schlangen bilden.

Ja, es ist voll an diesem Donnerstag. Solche Schlangen wie bei Frosted Games und Kosmos habe ich bis dato noch nicht in Essen wahrgenommen. Es mag sie auch in der Vergangenheit schon gegeben haben, aber dann habe ich sie schlicht übersehen. Und warum die Leute stundenlang bei Kosmos anstehen, ist mir ein Rätsel. Wegen Faraway? Wegen der Sky-TeamErweiterung?

Beim Flanieren an den Ständen entdeckt man alles, was das Spielerherz begehrt. An diesem Stand gibt es Würfel in allen Farben und Größen.
Beim Flanieren an den Ständen entdeckt man alles, was das Spielerherz begehrt. An diesem Stand gibt es Würfel in allen Farben und Größen.

Da ich an diesem Donnerstag eh früher los muss, ist der restliche Tag fürs Bummeln reserviert. Bummeln wie Großmutter auf dem Wochenmarkt: Hier mal einen Würfel in die Hand nehmen, da mal ein Schwätzchen halten und bei jeder Gelegenheit wird sich ein Schokokeks in den Rachen geschoben. Gelungene Balance zwischen Kalorien verbrennen und Kalorien aufnehmen. Weil das mit Gewichten besser klappt, ich die frühen Käufe aber bereits zum Auto gebracht habe, muss neuer Ballast nachgelegt werden. Durch die Gene väterlich zum Jäger, Sammler und Schnäppchenjäger verdammt, gibt es eine Runde Brettspiellager und Heidelbär Schnäppchenschlauch. Letzterer entpuppt sich dieses Jahr als ebenso spannend wie die schönsten Bahnstrecken Deutschlands im Nachtprogramm, aber beim Brettspiellager gibt es immerhin Marvel Zombies: X-Men Resistance für 25 €. Nicht, dass ich es wirklich brauchen würde, aber an diesem Morgen bietet der Karton am meisten Gewicht pro Euro. Vermutlich hat der Praktikant schlichtweg die falsche Palette rausgeschoben.

If it fits versprüht leichte Carcassone Vibes, ist aber weder optisch noch spielerisch wirklich ein Hingucker und Hängenbleiber.
If it fits versprüht leichte Carcassone Vibes, ist aber weder optisch noch spielerisch wirklich ein Hingucker und Hängenbleiber.

Gespielt wird an diesem Tag lediglich beim Vorbeigehen If it fits von Jolly Dutch Productions, ein kleines harmloses Kartenlegespiel mit Katzen, bei dem wir die Karten so anlegen müssen, dass unsere Katzen reichlich Spielzeug und die Katzen der anderen Spieler möglichst nichts oder nur Wassersprüher erhalten. Fühlt sich wie die kleine Schwester von Carcassonne an und würde sicherlich mehr Reiz entwickeln, wenn man Carcassonne nicht kennen würde. Würde ich nur Toast kennen, würden mir sicherlich auch eingelegte Nierchen oder gebratene Leber schmecken.

Der spielwütige Freitag

Da mich abends in Köln nach einem grandiosen Konzert im Club Volta ebenfalls ein Stau im Parkhaus erwischt hat und mein Bett mich spät schluckte und wieder früh ausspuckte, geht es ziemlich gerädert zum zweiten Messetag. Erfreulicherweise ist vom zähen Verkehr des Vortages an diesem Freitag nichts mehr zu spüren, sodass es zielstrebig zum Parkplatz und im Anschluss direkt aufs Messegelände geht. An diesem Tag ist “Zackig Zocken” angesagt. Es gilt alles zu zocken, was sich zocken lässt.

Bei Bomb Busters müssen wir gemeinsam Bomben entschärfen. Der neue Deduktionshit von Pegasus ist überraschend gut.
Bei Bomb Busters müssen wir gemeinsam Bomben entschärfen. Der neue Deduktionshit von Pegasus ist überraschend gut.

Die erste Station an diesem Morgen ist Pegasus. Das Probelevel bei Bomb Busters will gemeistert werden. Bomb Busters ist ein kooperatives Deduktionsspiel für 2-5 Spieler, in dem wir eine Bombe durch das Trennen der richtigen Drähte entschärfen wollen. Dabei sollte man sich nicht vom Artwork der Schachtel abschrecken lassen, denn das Spielmaterial selbst unterstützt das Thema sehr gut. Mechanisch ist es aber ein klassisches Deduktionsspiel, bei dem wir die Werte verdeckter Zahlenplättchen unserer Mitspieler erraten müssen. Gelingt dies nicht, steigt die Gefahr, dass die Bombe hoch geht. Schneiden wir den roten Draht durch, geht die Bombe direkt hoch.

Das Probelevel stellt an diesem Morgen keine Hürde dar, sodass wir den Messestand nicht hochgehen lassen. Bomb Busters bietet insgesamt 66 Level, in denen man sich neuen Herausforderungen stellen kann. Auch wenn ich kein Freund von kooperativen Spielen bin, gefällt mir Bomb Busters beim Anspielen so gut, dass ich gerne weitere Level ausprobieren würde. Eventuell ein Titel, der bei der Wahl des kommenden Spiel des Jahres zumindest Erwähnung findet. Für mich eine der ersten positiven Messe Überraschungen.

Während man sich noch den vor Lachen schmerzenden Bauch hält, steht auf einmal Lea Rothgänger, einer der Illustratorinnen der Spielkarten für Ich habe fertig für einen kurzen Schnappschuss am Platz. Gerne doch!
Während man sich noch den vom Lachen schmerzenden Bauch hält, steht auf einmal Lea Rothgänger, eine der Illustratorinnen der Spielkarten für Ich habe fertig für einen kurzen Schnappschuss am Platz. Gerne doch!

Ebenfalls frisch aus der Druckpresse kommt das Kartenspiel Ich habe fertig, das lange nicht nur unter meinem Radar flog. Bei dem ungefähr 72 Karten starken Spiel gibt es ein wahrlich überschaubares Regelwerk: Ist man dran, zieht man entweder eine Karte oder man spielt eine Karte. Ist die gezogene Karte eine Sofort-Karte, spielt man sie direkt nach dem Ziehen. Jederzeit-Karten können, wie der Name schon sagt, jederzeit gespielt werden. Man gewinnt das Spiel, wenn man mit drei Karten in seiner Auslage den Satz “Ich habe fertig” gebildet hat.

Ich habe fertig ist ein chaotisches, unberechenbares und überraschendes kleines Kartenspiel, was gerade bei Freunden von schrägen Humor für ausgelassene Stimmung sorgen dürfte. Die von 30 Künstlern illustrierten Karten sorgen für Abwechslung und befriedigen den Entdeckungsdrang. Auch bei uns wechseln sich Staunen, Erschrecken und Lachen an diesem Morgen hektisch ab. Ob Ich habe fertig nur wenige Runden trägt oder auch bei häufiger Nutzung noch für ausgelassene Stimmung sorgt, werden viele Messegänger erst einmal nicht erfahren. Das Ding ist ratz-fatz ausverkauft. Da habe ich es aber bereits eingepackt und schon früh meine zweite positive Messe Überraschung.

Synchro, ein weiteres kooperatives Kartenspiel von Pegasus, bei dem wir gemeinsam Monster besiegen müssen.
Synchro, ein weiteres kooperatives Kartenspiel von Pegasus, bei dem wir gemeinsam Monster besiegen müssen.

Noch nicht ganz ausgeschlafen und regelfest zeigt sich unsere Erklärbärin beim folgenden Spiel Synchro, einem kooperativen Kartenspiel, bei dem wir gemeinsam Monster in einer 7 Wonders Duel ähnlichen Auslage besiegen müssen. Dabei dürfen wir uns nicht über unsere eigene Kartenhand unterhalten, sondern nur mittels Handzeichen mitteilen, wie stark wir unsere Karten einschätzen. Verdeckt werden anschließend Karten auf Monster gelegt, um mittels der summierten Kartenwerte den Wert des Monsters zu erreichen oder zu überbieten. Nachdem die Regeln noch einmal korrigiert und richtig erklärt wurden, gelingt uns ein ungefährdeter Sieg auf niedrigstem Level. Weitere, schwerere Level sollen dauerhaften Spielreiz garantieren. Nach Bomb Busters und Ich habe fertig macht Synchro zwar einen besseren Eindruck als erwartet, aber auch nicht genug Fetz, um mitgenommen zu werden.

Sieht interessant aus, spielt sich aber wie zu lang gekochter Reis schmeckt: Sebastian Fitzek Underground.
Sieht interessant aus, spielt sich aber wie zu lang gekochter Reis schmeckt: Sebastian Fitzek Underground.

Am Stand von Moses soll es dann weitergehen mit dem kooperativen Spaß. Hatte ich eigentlich schon gesagt, dass ich kooperative Spiele nicht wirklich gerne spiele?! Da mir allerdings Safe House von Marco Teubner nach einer Idee von Bestsellerautor Sebastian Fitzek damals überraschend gut gefallen hat, bin ich bereit, auch dem neuen Streich der beiden Herren, nämlich Sebastian Fitzek Underground, eine Chance zu geben.

Optisch sieht das Spiel, bei dem wir gemeinsam aus einem verlassenen U-Bahnhof sowohl vor Wasser als auch einem Killer fliehen, interessant aus, aber beim Gameplay schlafen uns die Füße ein. Mühsam versuchen wir in geistiger Zeitlupe, Puzzleteile so zu platzieren, dass wir zum einen Schlüssel und Hinweise auf den Code für die Ausgangstür erlangen, zum anderen aber auch schnell in die Höhe bauen, um die erwähnte Tür zu erreichen. Das ganze ist aber so langatmig, dass wir schon recht früh abbrechen. Ohne zu viel spoilern zu wollen: Sebastian Fitzek Underground ist für mich der diesjährige Messe-Flop.

Schwarzhumoriges und äußerst konfrontativ holt es uns bei Leidgeprüftes Mittelalter am Spieltisch ab.
Schwarzhumoriges und äußerst konfrontativ holt es uns bei Leidgeprüftes Mittelalter am Spieltisch ab.

Dem kooperativen Treiben ein jähes Ende setzt das Spiel Leidgeprüftes Mittelalter am Stand von Young Newton. Hin- oder Weggucker am Stand ist sicherlich ein Pappaufsteller, der einen Mönch zeigt, der seine Glocken frei baumeln lässt. Das macht ebenso wie der Name des Spiels neugierig, wobei klar ist, dass es uns thematisch in düstere Zeiten zurückversetzt, wo Pest, Krieg und Inquisition sich die Klinke in die Hand gaben – und wo Mönche anscheinend ihre Glocken ohne Scham am hellichten Tag läuteten.

Mechanisch gibt sich das Spiel recht einfach, da wir in unserem Zug entweder punktebringende Personen in Form von Karten in unsere Auslage oder miese Karten in die Auslagen der anderen Spieler legen wollen. Pestkarten bringen hierbei verschiedene Krankheiten in die Städte und raffen zahlreiche Bewohner (und somit Punkte) hinweg. Ruft man einen Kreuzzug aus, verlassen Personen mit Kreuzfahrersymbol die Auslage – was immerhin noch Punkte bringt.

Finger im Po, Mexiko. möchte man wirklich wissen, was diese Erweiterung bringt?
Finger im Po, Mexiko. Möchte man wirklich wissen, was diese Erweiterung bringt?

Da Leidgeprüftes Mittelalter äußerst interaktiv, konfrontativ und mit schwarzem Humor versehen ist, sorgt das bereits 2020 in Russland veröffentlichte und nun auf Deutsch erhältliche Spiel für kurzweilige Schadenfreude, lässt uns aber auch etwas ratlos zurück. Kann man eine Taktik entwickeln, um dieses Spiel zu gewinnen? Oder ist es schlicht ein munteres Austeilen und Einstecken, bei dem irgendwann irgendwer eher zufällig gewinnt? Und was erwartet einen bei Abscheuliches Mittelalter, der ersten Erweiterung, die mit dem Slogan “Verdorben. Schmutzig. Authentisch” wirbt und auf deren Cover ein nackter Mann den Micky Krause Hit “Finger im Po, Mexiko” etwas zu wörtlich nimmt? Und wollen wir das wirklich herausfinden?

Passend zum Herbst schmückt Bombyx die Karten seines Spiels Pixies mit Naturmaterialien. Man bekommt gleich Lust, Kastanien zu sammeln und schrumpeligen Männchen zusammenzustecken.
Passend zum Herbst schmückt Bombyx die Karten seines Spiels Pixies mit Naturmaterialien. Man bekommt gleich Lust, Kastanien zu sammeln und zu schrumpeligen Männchen zusammenzustecken.

Zum Runterkommen und zur Albtraumbehandlung nach unserem Ausflug ins Mittelalter spielen wir in Vollbesetzung eine Partie Pixies. Hier legen wir Zahlenkarten in eine 3 x 3 Auslage und versuchen dabei gleiche Zahlenkarten übereinanderzulegen, eine möglichst große Fläche einer Farbe zu bilden und Spiralen auf den Karten zu sammeln. Nach drei Runde ist der Spuk vorbei und es gewinnt wie immer der, der in den drei Runden die meisten Punkte gemacht hat.

Autor Johannes Goupy war an Faraway beteiligt, der Verlag Bombyx hatte im letzten Jahr mit Sea, Salt & Paper einen kleinen Hit und optisch sind auch die Karten von Pixies wieder ein Hingucker. Dennoch kann das Spiel die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Bei fünf Spielenden wird es auch unübersichtlich und zufällig. Kann man mitspielen, muss man aber nicht haben.

Very bad lands - survive the chaos. Irgendwas mit Dinosauriern und Karten.
Very bad lands – survive the chaos. Irgendwas mit Dinosauriern und Karten.

Very bad lands: Survive the chaos stellt uns vor andere Herausforderungen. Jeder von uns spielt einen Dinosaurier und kämpft in den damalig turbulenten Zeiten um sein Überleben. Dabei ist das Spielprinzip sehr einfach: Man muss sich überlegen, ob man seine Handkarte behält, gegen eine Karte vom Nachziehstapel oder gegen die ausliegende Karte in der Mitte tauscht. Vermeiden will man, dass man am Ende der Runde die niedrigste Karte auf der Hand hat. Weil man dann meistens ein Leben verliert. Da aber die Karten neben ihren Zahlen auch noch Effekte haben und auch die Dinosaurier über Fähigkeiten verfügen, kann man sich bei Very bad lands auf nichts verlassen. Very bad lands ist ein cooles kleines Kartenspiel, das Vibes von Love Letter und Schnitzeljagd rüberbringt. Leider nur auf Englisch, was für manche Mitspieler eine Hürde darstellt.

Bei Amigo bleiben wir den Karten treu. Zuerst kommt die Neuheit 3 Chapters auf den Tisch. Ebenfalls ein Stichspiel und wie das zuvor erworbene Rebel Princess mit einem Märchenthema versehen. Der Clou bei 3 Chapters ist, dass wir in der ersten Runde unser aus sieben Karten bestehendes Blatt erst einmal zusammen draften. Dabei gilt es aber nicht nur auf hohe Kartenwerte zu achten, sondern auch auf das Zusammenspiel der Karten auf der Hand. Diese interagieren ähnlich wie bei Fantastische Reiche miteinander und geben später Sterne (2 Punkte), Herzen (1 Punkt) und Kristalle (2 Kristalle = 1 Punkt). Natürlich wird hierbei das Thema beachtet, d. h. Hänsel punktet mit Gretel, Zwerge mit anderen Zwergen, usw. Im Gegensatz zu Fantastische Reiche ist hier die Wertung äußerst trivial und familienfreundlich.

In der zweiten Runde wird dann gestochen. Es gewinnt immer die Karte mit dem höchsten Zahlenwert. Außerdem wird geschaut, ob die ausliegenden Karten sich gegenseitig triggern, d. h. auch hier kann Hänsel schon punkten, wenn Gretel in den Stich gespielt wurde. Für jeden gewonnenen Stich gibt es zudem einen Stern. In der letzten Runde wertet man dann die eigene Hand, d. h., nun schaut man, ob die Karten auf der Hand gegenseitig Punkte bringen.

Das klingt in der Beschreibung komplizierter als es ist. 3 Chapters geht aber in der ersten Runde schon leicht und locker von der Hand und weiß alle am Tisch sitzenden gut zu unterhalten. Und ist natürlich bereits am zweiten Tag ausverkauft. Der Schreiberling hatte vorausschauend schon am ersten Tag zugeschlagen.

Burger Slam. Nichts für Leute, denen als Kind eingebläut wurde, dass man nicht mit Essen spielt.
Burger Slam. Nichts für Leute, denen als Kind eingebläut wurde, dass man nicht mit Essen spielt.

Anschließend wird heiß und fettig Burger Slam serviert, eine Mischung aus Halli Galli und Mamma Mia. Dabei hat jeder Spieler einen Stapel verdeckter Karten vor sich liegen. Ist ein Spieler am Zug, legt er eine seiner Karten offen auf den Ablagestapel in der Mitte. Die eigenen Karten enthalten hierbei Zutaten in unterschiedlicher Anzahl für einen Burger: Käse, Salat, Patty und Tomate. Ist ein Spieler der Meinung, dass im Stapel von jeder Zutat zwei Stück (Standard Burger) oder sieben Stück einer Zutat (Big Burger) enthalten sind, schnappt er sich den Holzburger und legt ihn auf die Karten. Außerdem muss er ansagen, ob es sich um einen Standard oder einen Big Burger handelt. Wenn niemand anzweifelt, erhält der Spieler alle Karten aus der Mitte. Zweifelt dies jemand an, aber der Stapel enthält die Zutaten für den Burgertyp, dann erhält der Spieler zusätzlich zu den Karten in der Mitte zwei Karten des Zweiflers. Hat der Zweifler recht, erhält dieser die Karte plus zwei Karten des Spielers. Die Karten kommen unter das Deck der Person, die die Karten erhält. Das Spiel endet, wenn ein Spieler keine Karten mehr hat. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Karten.

So einfach, so schlimm. Eigentlich mag ich Reaktionsspiele, z. B. Dobble, aber Burger Slam holt mich zumindest an diesem Morgen gar nicht ab. Zumal es inzwischen genug Spiele dieser Art gibt. Ein Ausprobieren der Profi-Variante lehne ich dankend ab.

Bei Habas Point of View gewinnt man nur, wenn man nicht auf den Mund gefallen ist und ein Auge für Details hat. Beim Demofall merkt man davon allerdings wenig.
Bei Habas Point of View gewinnt man nur, wenn man nicht auf den Mund gefallen ist und ein Auge für Details hat. Beim Demofall merkt man davon allerdings wenig.

Haba ist bekannt für seine hochwertigen Kinderspiele. Keine Kindheit ohne Obstgarten. Wer schleppt heutzutage nicht ein Rabentrauma mich sich rum?! Und in welchem Kinderzimmer stapeln sich nicht die gelben Kartons mit dem roten Logo?! Umso überraschender kam die Nachricht, dass Haba insolvent ist und der folgende massive Stellenabbau. Aber inzwischen hat Haba sich wieder gefangen, verschenkt auf der Spiel in Essen große Einkaufstaschen gegen Newsletter Abo und versucht, mit Point of View auch einen Fuß in den Markt der storygetriebenen Rätsel- und Wimmelspiele zu bekommen.

Wir spielen Point of View in der Bestbesetzung von vier Personen, wobei jede Person in einer Himmelsrichtung vor einem Sichtschirm Platz nimmt und somit einen anderen Blick auf das Geschehen hat. Die Demogeschichte (Ausschnitt aus dem ersten Abenteuer “Lost Places”) spielt auf einer einsamen Pazifikinsel, auf welcher wir als Expeditionsteam gelandet sind und versuchen, gemeinsam das Geheimnis der Insel zu lüften.

Ganz ehrlich: Die Demo ist recht lahm und lässt sich ohne Verbiegen bewältigen. Ein Kaufreiz ergibt sich zumindest bei mir an dieser Stelle nicht. Angeblich sind die tatsächlichen Spielpläne und Abenteuer aber deutlich abwechslungsreicher und taugen somit für Freunde von kooperativen Rätselspielen wie Micro Macro.

Oh, Quietsche-Entchen, nur mit dir, plansche ich so gerne hier. Quietsche-Entchen, ich hab dich so furchtbar lieb.... Mit dem alten Ernie Hit im Ohr spielt sich Duck and Cover gleich noch leichter.
Oh, Quietsche-Entchen, nur mit dir, plansche ich so gerne hier. Quietsche-Entchen, ich hab dich so furchtbar lieb…. Mit dem alten Ernie Hit im Ohr spielt sich Duck and Cover gleich noch leichter.

Gottlob nicht kooperativ ist das seichte Kartenspiel Duck and Cover, welches präsentiert wird von aufgedrehten Menschen in grellen Klamotten mit – wie sollte es auch anders sein – Entchen drauf. Laut Erklärbar hat man am ersten Tag sogar in einer Badehose agiert, was aber aufgrund von Zugluft zu kalt war. Nichts gegen den netten Menschen, aber wir verzichten gerne auf “unten ohne”.

Bei Duck and Cover versuchen wir ebenfalls knallig bunte Zahlenkarten mit Entchen so zu verschieben, dass wir bestenfalls am Ende der Runde nur noch eine Karte vor uns liegen haben. Oder zumindest möglichst wenig Karten mit Punkten in der Auslage. Wer nach 3 Runden die wenigsten Punkte hat, gewinnt Duck and Cover.

Da alle simultan spielen, dauert unsere Partie Duck and Cover selbst mit Erklärung nur ungefähr 20 Minuten. Erfolg und Misserfolg fühlen sich zwar sehr zufällig an, aber ebenso wie L.A.M.A. oder Cabanga macht das hier dennoch Spaß. Denn Duck and Cover ist wunderbar sinnfrei und kurzweilig, um zwischendurch mal die Rübe freizuschaufeln. Aber irgendwie auch zu wenig, um bei 18 € Messepreis blöd-blind zuzuschlagen.

Nach Jahren der Fauna- und Floraspiele zieht uns weiterhin alles mit Fell, Federn und Schuppen magisch an, so dass wir gar nicht anders können, als auch bei Spectacular erneut der Tiewelt auf unserem Spielbrett ein zuhause zu geben.
Nach Jahren der Fauna- und Floraspiele zieht uns weiterhin alles mit Fell, Federn und Schuppen magisch an, sodass wir gar nicht anders können, als auch bei Spectacular erneut der Tiewelt auf unserem Spielbrett ein zuhause zu geben.

Spectacular war von meiner Neuheitenliste abwechselnd immer wieder rauf und runter gewandert. Wieder ein Spiel mit Naturthema. Wieder ein Spiel mit Plättchen. Wieder puzzeln wir uns ein Tier Refugium zusammen. Diesmal, um besonders bedrohte Tierarten dort anzusiedeln. Klingt schon ein wenig nach “Gähn”.

Dennoch lassen wir uns hoffnungsfroh nach kurzer Wartezeit an einem Spieltisch nieder und sind Dank präziser Erklärung schnell im Spiel drin. Was auch daran liegt, dass Spectacular einiges mit anderen Genre Vertretern gemeinsam hat. Schön ist hierbei, dass man zum einen noch Würfel auf die Plättchen legen muss, um sie werten zu können. Zum anderen spielen alle simultan und schieben nach jedem Zug ein Tableau weiter, auf dem sowohl Würfel als auch Plättchen zum Verbauen sind. Das schafft ein Minimum an Interaktion, weil man somit schon schaut, was die anderen Spieler verbauen (könnten) und für einen selbst übrig bleibt. Gewiefte Spieler könnten sogar absichtlich Plättchen oder Würfel nehmen, die einem anderen Spieler Vorteile bringen. Faktisch ist aber eigentlich jeder mit seinem eigenen Elend beschäftigt. Ansprechend ist weiterhin die kurze Spielzeit von 30-45 Minuten und der belohnende Punkteregen am Ende des Spiels.

Spectacular würde ich als gehobenes Familienspiel bezeichnen, das mit 35 € einen angemessenen Preis für seine Ausstattung aufruft. Für einen Spontankauf reicht es aber nicht, da Cascadia und Calico bereits im Spieleregal sind. Dass ich es am nächsten Tag nach unruhiger Nacht doch noch mitnehmen werde, weiß ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Während Du noch schreist "Nein, nein, es geht nicht mehr!!", kommt doch noch von irgendwo ein weiteres Wortassoziationsspiel daher. Wir krakeln-orakeln uns mit tränenden Augen in den verdienten Messefeierabend.
Während Du noch schreist „Nein, nein, es geht nicht mehr!!“, kommt doch noch von irgendwo ein weiteres Wortassoziationsspiel daher. Wir krakeln-orakeln uns mit tränenden Augen in den verdienten Messefeierabend.

Während an einigen Ständen schon Essen für die Belegschaft aufgefahren wird, nutzen wir die letzten Minuten noch für eine schnelle Partie Krakel Orakel beim Frech Verlag. Natürlich auch ein kooperatives Spiel, bei dem jeder eine Zeichentafel mit wild durcheinander laufenden Linien und einen Begriff erhält. Die Spieler müssen nun gleichzeitig ihre Begriffe auf ihrer Zeichentafel zeichnen, wobei man aber immer auf den Linien bleiben muss. Dies machen alle simultan. Anschließend werden die Begriffe mit einigen zusätzlichen Begriffen gemischt und in die Mitte gelegt. Schließlich müssen die Spieler die Begriffe entfernen, die nicht gezeichnet wurden.
Ich bin immer wieder erstaunt, dass man dem schon verwesenden Genre der Zeichenspiele doch noch Leben einhauchen kann. Auch wenn mich Krakel Orakel nicht aus den Schluppen haut, ist es dennoch irgendwie neu, es funktioniert und macht zumindest einen Ticken Spaß. Zielgruppe ist aber ganz klar der Wenigspieler, der dank der einfachen Regeln schnell losspielen kann.

Der entspannte Samstag

Wahre Fanboys lassen sich ihr Snatch It auch von der Illustratorin Gathuldis selbst signieren. Ging ausnahmsweise auch ohne lange anzustehen.
Wahre Fanboys lassen sich ihr Snatch It auch von der Illustratorin Gathuldis selbst signieren. Ging ausnahmsweise auch ohne lange anzustehen.

Auch so ein Widerspruch: Ein entspannter Samstag auf der Spiel. Aber wie schon am Freitag geht es mühelos und ohne Stau oder zähfließenden Verkehr zum Parkplatz. Auch in den Hallen scheint heute etwas weniger los zu sein als an den vorherigen Tagen. Normalerweise ist Samstag immer der vollste Tag, weil dann zu den Messegängern mit Dauerkarte auch noch die stoßen, die in der Woche noch arbeiten mussten. Feier- und Brückentag sowie die begrenzten Karten haben auch etwas Gutes.

Wer stellt sich nicht häufig abends die Frage "Frisst Du noch oder platzt Du schon?" Snatch It spielt sich nicht nur fluffig, sondern sprüht nur so vor Lebensweisheit.
Wer stellt sich nicht häufig abends die Frage „Frisst Du noch oder platzt Du schon?“ Snatch It spielt sich nicht nur fluffig, sondern sprüht nur so vor Lebensweisheit.

Die heutige Begleitung steht trotz großer Hände eher auf die kleinen Dinger. Und ist HeidelBÄR-Games-Fanboy. Somit ist die erste Station fix. Snatch It soll gespielt werden, ein Kartenspiel in der typisch opulenten HeidelBÄR-Optik, die einem wie ein Facehugger ins Gesicht springt. Bei Snatch It spielen wir alle Frösche, die fröhlich Karten schnappen, mopsen, mampfen oder als Köder auslegen. Entscheidend ist hierbei, seine Gier zu bremsen und rechtzeitig den eigenen Stapel zu sichern, damit er nicht von anderen Spielern gemopst wird oder irgendwann dem Storch zum Opfer fällt. Unterm Strich ein nettes kleines Take That-Game.

Bist Du ein Nimm? Oder doch eher Gib? Für mich siehst Du eher nach einem Verlier aus! Was wir tun, wenn wir sind, was wir sind, ist mir bei Obscurians eher klar, als warum wir tun, was wir tun, wenn wir wissen, was wir sind.
Bist Du ein Nimm? Oder doch eher Gib? Für mich siehst Du eher nach einem Verlier aus! Was wir tun, wenn wir sind, was wir sind, ist mir bei Obscurians eher klar, als warum wir tun, was wir tun, wenn wir wissen, was wir sind. Aber das Spielmaterial ist hübsch.

Über Obscurians hatte ich morgens nach dem Aufstehen noch irgendwas im Halbschlaf gelesen und mir dabei gemerkt, dass der Autor mit Vornamen Rocky heißt. Was mich zuerst an den Film Schöne Bescherung und dann erst an Sylvester Stallone denken ließ. Besagten Rocky erkenne ich instant am Stand von Funtails wieder, wo er wie auf einem Familienpack Duracell um die Tische schwirrt und begeistert über sein Erstlingswerk Obscurians Auskunft gibt. Ja, das Indianerthema wollten sie nicht. Daher jetzt SciFi-Thema. Und ja, die Idee hat er schon seit Jahren in der Schublade liegen. Und ja, bald sind auch alle Deluxe Exemplare ausverkauft. Und so weiter und so fort.

Smarter Typ. Aber worum es bei Obscurians nun tatsächlich geht, habe ich nicht verstanden. Ist aber nicht wichtig. Beim Spiel zu sechst bekommt jeder eine verdeckte Rolle, welche die Bedingungen für den Sieg am Ende des Spiels definiert. Meistens geht es darum, mehr oder weniger Waren einer bestimmten Warenart zu besitzen. In den folgenden Runden nehmen, schieben oder vertauschen wir diese Waren und versuchen dabei, unsere wahre Absicht zu verschleiern. Ähnlich wie bei Camel Up können wir in den Runden bereits Spieler verdächtigen, indem wir Rollenchips bei ihnen ablegen. Punkte gibt es dann zum Schluss nicht nur für das Erfüllen der Siegbedingungen, sondern auch für das Deduzieren der Rollen, wobei die meisten Punkte natürlich der bekommt, der eine Rolle zuerst rät.

Das Spiel selbst ist optisch schon ein Hingucker mit seinem Acryl Spielmaterial und den Pokerchips. Das Deduzieren der Rollen über die Handlungen der Spieler macht auch Laune und fühlt sich originell an. Das Thema bleibt aber verwirrend und wird auch durch das Spiel nicht verständlich. Mit über 70 € Ocken ist es für ein im Kern doch recht triviales Social-Deduction-Spiel dann auch zu hochpreisig. Gerne irgendwann noch einmal in der normalen Version.

Während meine Begleitung ihrem Shoppingwahn verfällt, folge ich einer Einladung zum Meet & Play im Saal Europa. Hier laden die Medienschaffenden ihre Communitys zum Schwatz und Spielen ein, dem aber bei über 70 verschiedenen mehr oder weniger bekannten Kanälen recht wenig folgen. So schwatzt man in der Bubble der Inhaltschaffenden halt untereinander, was von außen betrachtet etwas von einem Klassentreffen ohne Alkohol, ohne Kippen, ohne unsittliche Geschichten und auch ohne neu aufflammender Liebschaften hat.

Egal. Ich lasse mich von meinen Gastgebern zu einer Partie The Gang hinreißen, einer kooperativen Version von Texas Hold’em. Innerhalb von 4 Runden müssen wir dabei über Pokerchips andeuten, wie gut wir unser eigenes Blatt einschätzen. Zu Rundenbeginn wählt jeder Spieler einen Pokerchip mit 1-X Sternen, wobei X die Anzahl der Spieler ist. Über die Anzahl der Sterne teilen wir den anderen Spielern mit, wie stark unsere Kartenhand ist. In jeder Runde kommen dann Karten in der Mitte des Tisches dazu, welche die Wertigkeit der eigenen Hand verändern können.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich kein Freund von kooperativen Spielen bin?! Diese Partie The Gang wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Zum einen, weil einige Personen am Tisch überraschend überfordert von den wirklich trivialen Regeln sind. Dann, weil einige von uns noch nie zuvor oder schon lange kein Poker mehr gespielt haben. Auch meine letzte Partie liegt gefühlt 40 Jahre zurück, als ich als pickliger Jugendlicher am C64 alles gegeben habe, um einer pixeligen Samantha Fox gentlemanlike aus den Klamotten zu helfen. Und zu guter Letzt, weil einige am Tisch ein merkwürdiges Verständnis von kooperativen Spielen haben. Da werden Pokerchips ohne Wenn und Aber und mit Klauen und Zähnen verteidigt, sodass der Eigentümer des Spiels zähneknirschend miterleben muss, wie wir Runde für Runde gnadenlos scheitern. Ein Trauerspiel. Ein Dilemma. Eine Blamage, die – dem Herren sei Dank – niemand um uns herum wahrnimmt und in Ton und Bild dokumentiert. Kurzum: Ich bin schockverliebt in dieses Spiel, vergesse ein Bild von dem ganzen Panoptikum zu machen und investiere anschließend gerne 12 € in dieses Kleinod des noch jungen Spieljahres.

Das sind so die kleinen besonderen Momente auf der Spiel, wenn man bei einem trivialen Spiel über Katzen die scheinbar nettesten Menschen kennenlernt. Stay healthy, Gareth Edwards, and enjoy us with more Days-Games next year.
Das sind so die kleinen besonderen Momente auf der Spiel, wenn man bei einem trivialen Spiel über Katzen die scheinbar nettesten Menschen kennenlernt. Stay healthy, Gareth Edwards, and enjoy us with more Days-Games next year.

Zurück in der Realität bleiben wir am Stand von Farplace Animal Rescue hängen. Autor Gareth Edwards bietet hier kleine, kurzweilige Kartenspiele mit Titeln wie Cat Days, Woof Days, Dino Days und Space Days an. Mechanisch ähneln sich alle Spiele: Jeder Spieler hat zu Beginn vier Handkarten und eine Auslage, die aus den sieben Tagen der Woche besteht. In seinem Zug kann ein Spieler eine Karte ziehen oder eine Karte ausspielen. Das Spiel endet, wenn ein Spieler seine Auslage komplett voll hat. Jeder Spieler summiert nun die Kartenwerte in seiner Auslage. Es gewinnt wie immer der Spieler mit den meisten Punkten.

Wir entscheiden uns für Cat Days, d.h., wir spielen Katzenkarten in unsere Auslagen. Hierbei gibt es Katzen, die nur auf bestimmte Wochentage gelegt werden dürfen. Und es gibt Katzen, die andere Katzen vertreiben. Außerdem gibt es Aktionskarten, die die eigene oder die fremde Auslage betreffen, z. B. den Laserpointer, der Katzen aus einer Auslage weglockt.

Vollkommen triviales Spielprinzip, aber aufgrund seines konfrontativen Charakters und der thematischen Einbettung sympathisch. Da auch das Ehepaar, welches die Spielserie vertreibt, sympathisch ist und die Hälfte der Einnahmen für Tierheime gespendet werden, wandern diverse Sets für einen schmalen Taler in unsere Taschen.

Kittin flinke Kätzchen. Lasst uns Katzen stapeln. Warum auch nicht?! Wir haben heute schon sinnlosere Dinge getan.
Kittin flinke Kätzchen. Lasst uns Katzen stapeln. Warum auch nicht?! Wir haben heute schon sinnlosere Dinge getan.

Und wo wir schon einmal bei Katzen sind, hängen wir bei The Game Builders eine Partie Kittin Flinke Kätzen dran, einem Geschicklichkeitsspiel, bei dem wir auf Geschwindigkeit und nach Vorgabe Katzen Meeple hochstapeln. Vom Spielprinzip wie ein Meeple Circus light und verpackt in einer kleinen Blechdose für die Hosentasche. Nett, aber auch nicht zwingend.

Tinderblox, ein Lagerfeuer für in die Hose. Wem tät das nicht gefallen.
Tinderblox, ein Lagerfeuer für in die Hose. Wem tät das nicht gefallen.

Ein bisschen besser gefällt mir Tinderblox vom gleichen Verlag. Ebenfalls ein Geschicklichkeitsspiel, ebenfalls in einer Blechdose. Und hier stapeln wir gemeinsam nach Anweisung kleine Holzteile zu einem Lagerfeuer auf. Schwierig wird die Geschichte dadurch, dass wir die Teile mit Pinzetten packen müssen, die Teile wirklich klein sind und wir hin und wieder auch die schwächere Hand nehmen müssen. Sicherlich ist auch das nicht wirklich neu, aber das Hosentaschenformat und die Aussicht, in einer langweiligen Situation die Box mal eben aus der Tasche ziehen zu können, führt doch zu einem Kauf.

Das Schachtelcover von The Vibe verspricht ein wenig mehr, als das Spiel dann hält.
Das Schachtelcover von The Vibe verspricht ein wenig mehr, als das Spiel dann hält.

Eine Halle weiter frönen wir der kooperativen Deduktion dann bei The Vibe, einem Spiel, das mit Dixit, Detective Club & Co. kuschelt. Mittels fünf Postkarten, die ein Spieler von “zutreffend” hin zu “weniger zutreffend” anordnet, versucht er den anderen Spielern einen Hinweis zu geben, welcher von fünf ausliegenden Begriffen gesucht ist. Die Postkarten setzen sich hierbei aus Werken klassischer und skurriler Kunst aus der ganzen Welt zusammen und verleihen dem Spiel somit doch noch einen Hauch von Eigenständigkeit. Ich kann mir vorstellen, dass das Spiel in der richtigen Gruppe, in der richtigen Stimmung und mit dem richtigen Getränk zu interessanten Gesprächen führt. Am Messesamstag ist es dann doch etwas zäh.

Eine Schnur und eine Handvoll Magnete. Mehr braucht es nicht, um Midlife-Männer bei Kluster Duo in kleine Kinder zu verwandeln.
Eine Schnur und eine Handvoll Magnete. Mehr braucht es nicht, um Midlife-Männer bei Kluster Duo in kleine Kinder zu verwandeln.

Irgendwie zäh ist auch das gar nicht mehr soooo neue Kluster, was es aber seit letztem Jahr auch in der zwei 2-Personen Variante gibt. Am Spielprinzip geändert hat sich allerdings nichts: Wir platzieren abwechselnd Magnete in eine Fläche und müssen hierbei verhindern, dass die Magnete sich zu einem “Kluster” zusammenziehen. Passiert einem Spieler dies, erhält er alle Magnete. Der Spieler, der zuerst keine Magnete mehr hat, gewinnt das Spiel. Kluster Duo ist wie Kluster nichts besonderes. Aber viele Menschen lieben Magnete. Und viele Menschen sind von Magneten fasziniert. Das gilt dann auch für Kluster und Kluster Duo.

Pina Coladice. Wein in alten Schläuchen kann halt auch ganz schön ordentlich ballern.
Pina Coladice. Wein in alten Schläuchen kann halt auch ganz schön ordentlich ballern.

Da bei iello keine Tische für King of Tokyo: Duel frei sind, schieben wir eine Partie Pina Coladice ein. So bleiben wir den Würfeln wenigstens treu. Pina Coladice ist eine Mischung aus Kniffel und 4 Gewinnt. Auf einem 4 x 4 Raster aus Bierdeckeln versuchen wir, die passenden Würfelkombination zur Erfüllung der Aufträge auf den Bierdeckeln nach dem bekannten Kniffel Mechanismus zu würfeln. Jeder erfüllte Bierdeckel bringt Punkte, lässt einen aber gleichzeitig auch einen Marker auf dem Bierdeckel platzieren. Man gewinnt das Spiel, wenn man

  • zuerst eine gewisse Anzahl an Punkten hat,
  • die meisten Punkte hat, wenn alle Marker aufgebraucht sind,
  • zuerst vier Marker horizontal, vertikal oder diagonal in einer Reihe platziert.

Das klingt altbacken, aber altbacken kann auch Spaß machen. Und das macht Pina Coladice tatsächlich. Was wiederum auch viele andere gemerkt haben, denn auch dieses Spiel ist Samstag schon ausverkauft.

King of Tokyo: Duel. Fühlt sich ein wenig an, wie das Tauziehen gegen die betrunkene Dorfjugend beim jährlichen Ziegenfest. Nüchtern halt eher määäääh.
King of Tokyo: Duel. Fühlt sich ein wenig an, wie das Tauziehen gegen die betrunkene Dorfjugend beim jährlichen Ziegenfest. Nüchtern halt eher määäääh.

Inzwischen ist auch ein Tisch bei King of Tokyo: Duel frei, sodass wir ausgestattet mit Monstern und Würfeln Tokyo in Schutt und Asche legen können. King of Tokyo zieht für meinen Geschmack den Spaß aus der Konfrontation und der Gruppendynamik. Es ist schwer vorstellbar, dass man dieses Spielgefühl auch in ein 2-Personenspiel gepackt bekommt.

Mit King of Tokyo:Duel hat iello es versucht, aber meiner Meinung nach nicht geschafft. Zwar sind viele der beliebten Elemente von King of Tokyo geblieben, aber King of Tokyo: Duel ist eher ein zähes Ringen, statt ein schadenfrohes Würfeln. In unserer Partie ist das Tauziehen um Fame und Destruction Marker bestimmend. Und wie im wahren Leben ist es schwer, das Blatt zu wenden, wenn man einmal hinten liegt. Nur ein erster Eindruck, aber in der ersten Partie enttäuscht King of Tokyo: Duel.

Spotlight. Wieder irgendein Wimmelbildsuchspiel. Irgendwie horrible...
Spotlight. Wieder irgendein Wimmelbildsuchspiel. Irgendwie horrible…

Anschließend bleiben wir bei Horrible Guild hängen, weil an mehreren Tischen Leute mit Taschenlampen aus Pappe munter an einem Spielbrett hantieren. Zwei begeisterte Damen winken uns an ihren Tisch heran, damit wir sie bei der kooperativen Neuheit (!!) Spotlight unterstützen. Es ist dieses Jahr ein Fluch mit den kooperativen Spielen. Dafür ist Spotlight schnell erzählt: Jeder Spieler hat ein Wimmelbild vor sich liegen, das mit einer schwarzen Folie abgedeckt ist.

Jede Runde startet damit, dass eine Karte aufgedeckt wird, die anzeigt, welche Figur wir in dieser Runde mit unseren Taschenlampen suchen. Diese schieben wir unter die schwarze Folie, sodass ein Ausschnitt des Wimmelbildes darunter zu erkennen ist. Jede Figur ist dabei mehrmals vertreten, sodass wir die Anzahl bestimmen müssen. Wofür wir aber nur wenig Zeit haben.

Anschließend gibt es mehr oder weniger Punkte für die Benennung der richtigen Anzahl. Die Punkte werden auf einer Leiste abgezählt, während wir auf dieser Leiste von einem Mond verfolgt werden. Dahinter steckt sicher auch eine Geschichte, welche die Damen uns allerdings nicht erzählen. Wir gewinnen nach fünf Runden, da der Mond uns nicht eingeholt hat.

Die Idee ist nett, die Umsetzung hübsch, aber eine Partie reicht dann auch. Kinder sehen das sicherlich anders.

Sandbag. Ein weiteres der zahlreichen Stichspiele, das aber so teuer war, dass es auch beim Bild nur für die Schachtel gereicht hat.
Sandbag. Ein weiteres der zahlreichen Stichspiele, das aber so teuer war, dass es auch beim Bild nur für die Schachtel gereicht hat.

Letzte Station an diesem Tag ist bei Bezier Games, die mit Sandbag ebenfalls ein Stichspiel am Start haben. Ziel ist es hier, möglichst keine Stiche zu machen, weil jede Karte, die man mit einem Stich erhält, am Ende einen Punkt wert ist. Und man gewinnt, wenn man am Ende die wenigsten Punkte hat.

Die Trumpffarbe wird durch zwei Karten, die vor jedem Spieler ausliegen, bestimmt. Die Mehrheit ist hierbei entscheidend. Herrscht Gleichstand, entscheidet die Summe der Kartenwerte. Gleichzeitig kann man in bestimmten Situationen eine verdeckte Handkarte gegen eine ausliegende Karte eines Mitspielers tauschen. Die genommene Karte muss aber sofort ausgespielt werden. Ein solcher Tausch wiederum ist auch nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Außerdem kann ein Tausch die Trumpffarbe ändern.
Klingt verwirrend, ist verwirrend, macht aber einen interessanten Eindruck. Allerdings sind 20 € für ein einfaches Kartenspiel ohne besonderes Design definitiv zu viel. Besonders in einem Jahr, wo man mit Stichspielen überschüttet wird.

Finale am Sonntag

Trotz sonntäglicher Gemütlichkeit sind auch am letzten tag die Stände immer noch gut besucht. Bei Arschmallows lässt sich immer jemand die Karten um die Birne pusten.
Trotz sonntäglicher Gemütlichkeit sind auch am letzten Tag die Stände immer noch gut besucht. Bei Arschmallows lässt sich immer jemand die Karten um die Birne pusten.

Der Sonntag beginnt in allen Belangen so locker, wie der Samstag geendet hat. Freie Straßen, entspannte Parkplatzsituation und auch in den Hallen gefühlt weniger Menschen und weniger Trubel. Aber es gibt auch nach vier Tagen immer noch genug an allen Ecken und Enden zu entdecken.

Castle Combo, das neue Ding aus dem Faraway Stall.
Castle Combo, das neue Ding aus dem Faraway Stall.

Unsere erste Partie absolvieren wir diesen Sonntag bei Catch Up Games, die im letzten Jahr mit Faraway einen Überraschungshit gelandet haben. Einen Hit würden sie auch gerne mit Castle Combo schaffen. Und die Zeichen stehen gut dafür, weil das Interesse groß ist und Castle Combo nettes kurzweiliges Spielvergnügen ist. Jeder puzzelt neun Runden lang ein Tableau aus 3 x 3 Karten und versucht hierbei, möglichst starke Effekte direkt nach dem Anlegen als auch bei der Schlusswertung zu erzeugen. Denn auch hier gilt: Wer am Ende die meisten Punkte gemacht hat, gewinnt das Spiel. Das Thema ist dabei vollkommen irrelevant. Selbstverständlich war Castle Combo Sonntagmorgen ebenfalls “sold out”.

Ich sag mal so: Das Spielmaterial bei Umbrella ist schon hochwertig. Das Spielgefühl ... man schiebt halt so vor sich hin.
Ich sag mal so: Das Spielmaterial bei Umbrella ist schon hochwertig. Das Spielgefühl … man schiebt halt so vor sich hin.

Ein paar Tische weiter versuchen wir bei Umbrella von Lumberjacks Studio, farbige Regenschirme in einem 4 x 4 Raster vor uns so zu arrangieren, dass wir Auftragskarten erfüllen. Die erfüllten, doppelseitigen Aufträge dürfen wir dann unseren Gegenspielern zuschustern. Dabei schaut man natürlich, dass es für den Gegner möglich schwer ist, den Auftrag schnell zu erfüllen. Die Regenschirme schieben wir dabei von vier Seiten in unser Tablau, um vorhandene Regenschirme hinauszuschieben. Hat etwas von diesen Schiebepuzzles, mit denen man uns in unserer Kindheit terrorisiert hat. Das Material ist komplett aus Holz, im Spiel ist aber der Borkenkäfer drin. Gottlob hat es sich nach einer halben Stunde ausgeschoben.

Spielmaterial von Australis ohne Fettfinger und Pommesgeruch. Findet Nemo lässt augenscheinlich grüßen.
Spielmaterial von Australis ohne Fettfinger und Pommesgeruch. Findet Nemo lässt augenscheinlich grüßen.

Bei Kosmos herrscht nicht nur wegen Sky Team, Faraway, Catan (immer noch!!!) und der Erweiterung zu Die weiße Burg reges Treiben, sondern auch, weil sie recht unbemerkt mit Australis ein großes Familienspiel mit hübscher Tischpräsenz nach Essen gebracht haben. Wir teilen uns den Tisch an diesem Morgen mit zwei Niederländerinnen, von denen eine schon um kurz nach 11 Uhr Pommes mit Chicken McNuggets futtert und anschließend das Spielmaterial mit ihren fettigen Fingern frittiert. Das hat Australis nicht verdient. Denn nach einer auf den Punkt gebrachten Erklärung – Chapeau, Herr Erklärbar! – beginnt unser Schildkrötenrennen in dem warmen Ostaustralstrom vor der Ostküste Australiens. Punkten können wir in dem Spiel aber nicht nur, indem wir unsere Schildkröten vorantreiben, sondern auch, indem wir Korallen an Korallenriffs ansiedeln und Fischschwärme bilden. Und zum Schluss jeder Runde gibt es dann noch einen Würfelkampf, den man über zuvor erworbene Karten für sich beeinflussen kann. Australis ist dabei locker luftig in ungefähr einer Stunde gespielt und erinnert mich vom Spielgefühl und Spielniveau an Living Forest. Positive Überraschung.

Wer auch immer vor uns Mafia Minze Molch gespielt habe, ich wünsche ihm von Herzen gute Besserung.
Wer auch immer vor uns Mafia Minze Molch gespielt hat, ich wünsche ihm von Herzen gute Besserung.

“Das ist doch keine Neuheit, sondern ein Spiel vom Grabbeltisch” urteilt meine Begleitung recht schnell über Mafia Minze Molch, einem weiteres Wort-Assoziations-Partyspiel, bei dem wir unter Zeitdruck möglichst 10 Wörter mit gleichem Anfangsbuchstaben zu verschiedenen Sätzen schreiben sollen. Anschließend werden wie immer Punkte verteilt, was vermutlich aber gar nicht so wichtig an dem Spiel ist. Die abwaschbaren Tableaus wollen sich an diesem Sonntag auf jeden Fall so gar nicht mehr abwischen lassen, sodass ich mir eine Flasche Muttis Spucke mit Papas kariertem Taschentuch herbei wünsche.

Die Quizspiel-Neuheit Kwiz hat tatsächlich das Potential bei den Großen des Genres mitzureden.
Die Quizspiel-Neuheit Kwiz hat tatsächlich das Potenzial, bei den Großen des Genres mitzureden.

 

Bei der ersten Gelegenheit wechseln wir schnell zu Kwiz, einem in einer hübschen Klappbox daher kommenden  Quizspiel, bei dem wir gegen Vater und Sohn antreten, leider den ersten Matchball versemmeln und somit schließlich vom dynamischen Gegnerduo in den staubigen Boden der Halle 6 gestampft werden.

Besonders bei Kwiz ist, dass man eine Kategorie genannt bekommt und anschließend von 1-10 bestimmt, wie schwer die Frage sein soll. Beantwortet man die Frage richtig, geht man entsprechend viele Felder auf einer Leiste Richtung Ziel weiter. Einmal am Ziel angekommen, muss man nur noch eine finale Multipel Choice Frage aus dem Genre unnützes Wissen beantworten, um Kwiz-Champion zu werden. Wenn Kwiz gut ankommt, hat Asmodee damit die Lizenz zum Gelddrucken, da das Spiel durch neue Kartensätze beliebig erweiterbar ist. Gutes Ding!

Martin Wallace, der Autor von Brass, Anno 1800 und AuZtralia mit einem kleinen Stichspiel, das sowohl von Material, Spielspaß und Preis überzeugt. Ach ja, ...SOLD OUT!
Martin Wallace, der Autor von Brass, Anno 1800 und AuZtralia mit einem kleinen Stichspiel, das sowohl von Material, Spielspaß und Preis überzeugt. Ach ja, …SOLD OUT!

Ein weiteres richtig gutes Ding erwartet uns in Halle 4 bei Wallace Design und von Autor Martin Wallace. Lebende Legende, weil Martin Wallace mit Brass: Birmingham aktuell ganz oben von der Liste der besten Spiele auf Board Game Geek winkt. In Essen geht er allerdings mit einem kleinen Stichspiel (!!) an den Start, das den Titel Zero to Hero trägt und von einer Dame vorgetragen wird, die vorher sicherlich jahrelang bei irgendeinem Shoppingsender gearbeitet hat. Die Spielerklärung hat auf jeden Fall Vibes von überteuerten Ohrringen, Toilettenpapier aus Algen und anderen Dingen, die man definitiv nicht braucht, aber umgehend kaufen will. Und vielleicht ist Zero to Hero gar nicht so gut, wie ich es nach unserer Testpartie einschätze, aber ich will, nein, ich muss es haben.

Die Besonderheit des Stichspiels besteht zum einen darin, dass wir nicht mit Karten, sondern mit farbigen Wertplättchen aus Holz spielen und dass man für einen Stich entweder Punkte gewinnen oder verlieren kann. Sowohl als Sieger als auch Zweiter. Dabei wird die Trumpffarbe über die ausgespielten Steine ermittelt. Und wer dann den Stein mit dem höchsten Wert hat, erhält oder verliert Punkte. Ein zusätzlicher Twist ist, dass man auch gewinnen kann, wenn man in einer Runde keine Punkte mehr hat und in der nächsten Runde dafür 5 oder mehr Punkte macht.

Mein brennendes Verlangen nach diesem Holzspielzeug kann allerdings nicht gestillt werden, da Zero to Hero ebenfalls das Prädikat “sold out” erhalten hat. Dafür will unsere Mitspielerin, eine sehr höfliche Asiatin, noch schnell ein Foto mit uns machen. Warum auch immer. Wir willigen ein und werden nun sicherlich für ewig einen Platz in einem fernen Familienalbum haben.

Droppen oder Floppen. Das reicht als Bildunterschrift.
Droppen oder Floppen. Das reicht als Bildunterschrift.

Einen Platz im Familienalbum wird sicherlich Droppen oder Floppen nicht bekommen. Die Zeiten, in denen wir stumpfsinnig Tonfolgen auf einem Senso gedrückt haben, ist vorbei. Wacklige Plastikspiele mit Batteriebetrieb sind out. Es sei denn, sie sind so cool, dass man drüber hinwegsehen kann. Droppen oder Floppen ist es nicht.

Das Spielprinzip ist einfach erklärt, denn es geht nur darum, dass man Antworten auf eine Frage in die richtige Reihenfolge bringt. Dazu wirft man bunte Scheiben, die den Antworten zugeordnet sind, in einen wackligen Plastikturm, der leise Geräusche von sich gibt und damit signalisiert, ob eine Scheibe  richtig oder falsch eingeworfen wurde.

Zu Zeiten, als es noch keine PCs, Smartphones und Tablets gab, war das sicherlich en vogue. Heute ist das mehr retro als man vertragen kann. Und wirkt, als wäre Hasbro gerade aus einem 30 Jahre währenden Tiefschlaf erwacht. 100 % Flop, kein Drop! Vielleicht macht irgendwer aber ein Trinkspiel draus und das Ding startet durch wie Looping Louie.

Chandigarh von Strohmann Games sieht irgendwie noch nach Prototyp aus.
Chandigarh von Strohmann Games sieht irgendwie noch nach Prototyp aus.

Leicht geknickt versuche ich mich bei Chandigarh, einer Neuheit von Strohmann Games, wieder aufzurichten. Darüber habe ich im Vorfeld Gutes gelesen, zweifel aber anschließend daran, dass Lesen bildet. Vielleicht liegt es an meiner nicht gestillten Kauflust, vielleicht liegt es an der etwas drögen Erklärung oder vielleicht liegt es an der wirklich mauen Optik, dass das Ding hier nicht zündet.

Aber worum geht es? In Chandigarh sind wir Stadtplaner und bauen gemeinsam in der Mitte des 20. Jahrhunderts im indischen Bundesstaat Punjab die Hauptstadt wieder auf. Der Clou dabei ist, dass die Karten uns Gebäude geben, uns Schritte auf dem Stadtplan machen lassen und letztendlich auch die Bedingungen zum Punkten vorgeben. All dies muss man beim Nehmen von Karten beachten. Und vielleicht wäre es gut für das Spiel gewesen, wenn man es komplett abstrakt gehalten hätte. Ohne das Thema, was aufgrund der bescheidenen Optik eher stört als förderlich ist. Chandigarh ist nach Mafia Minze Molch das zweite Spiel, das wir vorzeitig abbrechen.

Bei Skyrockets darf ordentlich geknallt werden, ohne dass sich irgendwer über Lärm, Feinstaub und Müll beschwert. Stressig ist es dennoch.
Bei Skyrockets darf ordentlich geknallt werden, ohne dass sich irgendwer über Lärm, Feinstaub und Müll beschwert. Stressig ist es dennoch.

Bei Pegasus wollen wir anschließend noch einmal richtig durchstarten. Es darf an diesem späten Sonntagnachmittag nicht mehr zu verkopft sein. Also wählen wir Skyrockets aus. Wobei sonst auch nirgendwo ein Tisch frei ist. Und eigentlich habe ich es nicht so mit kooperativen Spielen. Hatte ich das schon geschrieben?

Skyrockets ist zudem auch noch ein Spiel mit Sanduhren, was meine Vorfreude nach Kites und Quicksand nicht wirklich entfacht. Allerdings macht das hektische Sanduhrendrehen nach dem lauen Chandigarh richtig Laune und bringt den Kreislauf wieder in Fahrt. Die Sanduhren sind hierbei unsere Feuerwerkskörper und zu zweit versuchen wir, unserem Publikum das Feuerwerk des Jahrtausends zu bieten. Wir drehen gnadenlos die Sanduhren so, wie es uns die Karten vorgeben und versuchen dabei, eine dieser Sanduhren über einen kurzen Parcour zu bewegen. Die Sanduhren dürfen dabei bloß nicht auslaufen. Während wir Level 1 noch beinahe mühelos bewältigen, scheitern wir an Level 2 gnadenlos. An Level 2 von 30 Leveln!! Was kommt denn da noch?! Egal. Ich bin tatsächlich überzeugt, dass Sanduhrenspiele auch richtig Spaß machen können. Noch so eine Überraschung.

Der Mann mit den grünen Haaren hat es wieder getan: Friesemann Friese hat noch lange nicht genug von F-Spielen. Diesmal darf gestochen werden.
Der Mann mit den grünen Haaren hat es wieder getan: Friedemann Friese hat noch lange nicht genug von F-Spielen. Diesmal darf gestochen werden.

Unser F wie Finale beschließen wir bei 2F-Spiele, da uns zwei Damen eifrig an ihren Tisch zerren, weil sie noch Mitspieler für Fischen suchen, dem neuesten Kartenspiel von Kultautor Friedemann Friese. Der Mann mit den grünen Haaren selbst ist angeblich auf finale Shoppingtour gegangen, aber das anwesende Standpersonal hat auch noch in der letzten halben Stunde Bock aufs Erklären. Fischen ist dabei natürlich ein Stichspiel (!!!!) und hat natürlich auch wieder einen besonderen Twist. Man betreibt nämlich ein wenig Deckbuilding, d. h., die Karten, die man über seine Stiche bekommt, bilden zum Teil die Kartenhand, mit der man in der nächsten Runde wieder auf Jagd nach Stichen geht. Auf der einen Seite will man in jeder Runde möglichst viele Punkte machen, auf der anderen Seite will man dabei aber keine schwachen Karten bekommen. Besser kann es sogar sein, weniger Stiche zu machen, um anschließend stärkere Karten mit Sondereffekten vom Nachziehstapel zu ziehen.

Das Potenzial von Fischen lässt die erste Testpartie schon erkennen, aber ich muss zugeben, dass mein Sieg eher zufällig als gesteuert erfolgt. Hätte ich vielleicht mitgenommen, aber zum einen bin ich nach vier Tagen Messe schon mit zahlreichen Stichspielen versorgt, zum anderen ist Fischen ebenfalls “sold out”.

Mein Schlusswort zur Spiel ’24 in Essen

Und damit endet schließlich auch die diesjährige Spiel ’24 in Essen. Persönlich hatte ich 5 wunderbare, verspielte Tage im Ruhrpott, bei denen die positiven Aspekte klar überwogen haben. Daran ändert auch der Stau auf der Rückfahrt am Sonntagabend nichts.

Die Messe hat sich in den letzten Jahren geändert und sie wird sich in den kommenden Jahren noch ändern. Nicht jede Neuerung scheint nötig und auf den ersten Blick nützlich. Auch das Flair früherer Jahre wird nicht mehr erreicht. Aber es ist jedes Jahr immer wieder eine große Freude und eine willkommene Auszeit vom Alltag, durch die Messehallen zu flanieren, das bunte Treiben an den Tischen und auf den Gängen zu beobachten und mit Leuten aus aller Welt die Würfel zu rollen, die Karten zu dreschen und kleine Figürchen irgendwo auf den Spielbrettern dieser Welt zu platzieren. Kurz und schmerzlos: Gerne im nächsten Jahr wieder!

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2 Kommentare

Axel Bungart
Axel Bungart 25. Oktober 2024 at 12:21

Du hast meine Tagesspielquote offenbar bei weitem ausgestochen und das nicht nur mit Stichspielen. Dein Fazit trage ich mit. Was sollte ich auch an vier Tagen im Oktober 2025 sonst tun?

Antwort
Riemi
Riemi 27. Oktober 2024 at 15:55

Ich habe eine neue Schicht Hornhaut auf dem Zeigefinger vom weiter scrollen bekommen. 😁
Die Spiel’25 kann kommen!

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