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Redakteur Reinhard Staupe über das Kartenspiel Habe fertig

Habe fertig von Nürnberger Spieleverlag

Einfach in die Lücke spielen

blankReinhard, nach dem Erfolg mit Qwixx von Steffen Benndorf im letzten Jahr legt der Nürnberger Spielkartenverlag mit einem neuen Autorenspiel nach. Das Kartenspiel Habe fertig stammt ebenfalls von Steffen Benndorf. Um was geht es in diesem Spiel?
„Ganz grundsätzlich geht es darum, alle Karten loszuwerden. Wer das als erster schafft, bekommt Pluspunkte (für seine beiden vor Spielbeginn gedrückten Karten), die anderen bekommen Miese (für ihre verbliebenen Handkarten). Und wie gelingt das am besten? Indem man Extrazüge generiert! Extrazug, und Extrazug, und zack und zack – und habe fertig! Total einfach. :-)“

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Kannst du uns kurz skizzieren, wie der Spielablauf bei Habe fertig ist?
„Es gibt die Werte von 1-11 in sechs verschiedenen Farben. Jeder hat zehn Karten auf der Hand. In der Tischmitte liegen zwei offene Stapel, z. B. eine rote 5 und eine gelbe 9. Wer dran ist, spielt eine Karte auf einen der beiden Stapel. Entweder gleiche Farbe oder gleiche Zahl (ganz simpel). Damit ist der Zug allerdings beendet. Oder man spielt (viel besser!) eine Karte ‚in die Lücke‘ und bekommt dafür sofort einen Extrazug. In die Lücke heißt: Die gespielte Farbe muss anders sein als die der beiden Stapel und die Zahl muss sich zwischen diesen beiden Werten befinden.
Hinzu kommen zwei wichtige Details. Erstens: Auf den Karten sind Sterne abgebildet. Auf jeder 6 sind vier Sterne drauf. Auf jeder 5 und jeder 7 drei Sterne. Die Randkarten (1 und 11) haben gar keine Sterne mehr. Für die verbliebenen Handkarten gibt es gemäß der Sterne Minuspunkte. Zweitens: In der Spielvorbereitung erhält jeder zwölf Karten und drückt zwei beliebige davon weg. Wenn man die Spielrunde siegreich beendet, bekommt man für die gedrückten Sterne Pluspunkte.
Die große Frage lautet: Welche beiden Karten drückt man weg? Eigentlich ja eher die Randkarten (1, 2, 10, 11), denn die wird man am schwierigsten wieder los. Andererseits sind auf den mittleren Karten viele Sterne abgebildet. Also doch lieber die drücken? Aber mit diesen Karten kann man am besten Extrazüge generieren. Tja, genau hier beginnt das Dilemma …“

Worin unterscheidet sich das Kartenspiel besonders stark von anderen Spielen, bei denen Karten abgelegt werden müssen? Was macht für dich als Redakteur den besonderen Reiz aus?
„Der Knaller aus Redakteurssicht war für mich von Anfang die extreme Einfachheit: in die Lücke spielen oder eben nicht. That’s it. Wobei diese Lücke ein schönes Element ist. Die Herausforderung bestand dann darin, diesen sehr klaren Grundmechanismus so aufzubereiten, dass er total einfach bleibt, aber trotzdem einige kleine schöne Elemente bietet – verständlich und spielbar  für wirklich jedermann, gleichzeitig interessant genug auch für den erfahrenen Spieler.
Wenn man das fertige Spiel sieht, mag man es vielleicht kaum glauben, aber noch nie habe ich mehr Testspiele in einen Prototypen investiert als in Habe fertig, mehr noch als seinerzeit in Die 7 Siegel, und das war schon heftig. Wir haben beinahe jede Woche getestet, etwas verändert, etwas Neues ausprobiert, über nahezu ein Jahr hinweg. Es war immer vielversprechend, immer fast gut, wollte sich aber nie so ganz fügen, bis dann schließlich ein klitzekleines Detail auftauchte – und das war es dann. Konkret: Der aktive Spieler muss für den folgenden Spieler eine Lücke hinterlassen, andernfalls hat dieser einen Vorteil. Bis dahin hatte man stets so gespielt, dass für den folgenden Spieler möglichst KEINE Lücke bleibt. Nun war das fortan nicht mehr sinnvoll, bestenfalls lässt man eine kleine Lücke, ein Lückchen sotzusagen …
Wieder mal ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, ein Spiel auf den Punkt zu bringen, so lange zu suchen, bis man rundum zufrieden damit ist.“

Soweit die Theorie. In der Praxis sind besonders erste Partien immer wieder eine Stolperfalle. Worauf sollten deiner Meinung nach die Spieler bei Habe fertig besonders achten, um Spaß am Spiel zu haben und die Karten nicht nach einer Runde wieder wegzulegen?
„Wirkliche Stolperfallen gibt es nicht, allerdings sollte man darauf achten, dass man, wenn man in die Lücke spielt, KEINE der beiden ausliegenden Farben legen darf. Liegen z. B. eine grüne 4 und eine blaue 8 aus, dann heißt ‚in die Lücke‘: Die Farbe darf weder Grün noch Blau und die Zahl muss eine 5, 6 oder 7 sein. Ist total simpel und eigentlich klar, kann aber natürlich mal passieren. Vielleicht ein wenig so, wie man bei Kingdom Builder darauf achten muss, dass man, wenn möglich, angrenzend bauen muss und es nirgends übersieht.
Das Spiel selber bietet zwar Raum für einige kleine taktische Überlegungen und Entscheidungen, aber man kann es natürlich auch einfach so runterspielen, auf etwas Glück vertrauen und dann trotzdem gewinnen. Eben ärgern, freuen, mischen, nächste Runde.“

Welche Zielgruppe steuert Habe fertig an? Wer wird das Kartenspiel besonders mögen?
„Ich persönlich hoffe insbesondere, dasse Strunz und Mehmet da Spiela gefällt. Diese Spiela mussen da Spiela alleine gewinnt. (Nebenbei: Vielen Dank an Trap für den schönen Titel.)
Davon abgesehen kann jeder damit Spaß haben, der grundsätzlich mit sehr einfachen Spielen etwas anfangen kann. Dass das sehr viele Leute sein können, hat Qwixx eindrucksvoll bewiesen: einfache Regeln, flotter Ablauf, ein bisschen taktische Überlegung, ein Portion Glück. Schauen wir mal.“

Du bist beim Nürnberger Spielkartenverlag für die Entwicklung des Programms zuständig. Der Verlag ist ja nicht neu oder gar unbekannt, wurde aber von vielen Spielern nur am Rade wahrgenommen. Welches Fazit ziehst du für die Zeit seit Anfang 2012? Wo gibt es Erfolge, wo siehst du noch Verbesserungsbedarf?
„Das Fazit ist in jeder Hinsicht überaus positiv. Unser primäres Ziel war und ist es ja, inhaltlich hochwertige aber trotzdem sehr einfache Spiele zu schaffen, mit ansprechendem Design und guten, verständlichen Spielregeln. Nur so geht es. Betrachtet man alle bisherigen Titel, Sticheln, Land unter, Qwixx, Dicht dran, Gauner und nun Habe fertig (dazu noch Fusion und Lokus), dann ist das nicht ganz so schlecht gelungen. Dass Qwixx enormes, ja fast einzigartiges Massenpotential hat, wussten wir schon sehr früh, dass es jedoch auf Anhieb ein solcher Knaller wird und sogar eine SpdJ-Nominierung einheimst, ist kaum zu glauben, ein Traum. Dazu noch das rege Interesse von ausländischen Verlagen. Fantastisch.
Für mich als redaktionell Verantwortlichen kommt hinzu, dass die interne Zusammenarbeit perfekt ist. Herr Jurthe lässt mir völlig freie Hand und unterstützt konstruktiv, wo immer es geht und nötig ist. Das könnte wirklich nicht besser sein. In diesem Zusammenhang muss dann auch noch Oliver Freudenreich erwähnt werden, ein genialer Illustrator, mit dem ich schon seit vielen Jahren sehr eng und oft zusammenarbeite und der für vieles genau den richtigen Blick hat. Alles ergänzt sich. Außerdem noch unsere beiden nimmermüden Messeerklärer Mic und Anke, die permanent unterwegs sind, um die Spiele zu den Leuten zu bringen. Ein wichtiger Baustein. Das direkte Feedback ist großartig, bestärkt uns und treibt uns an.
Luft nach oben gibt es natürlich noch bei der Präsenz in den Ladenregalen. Alles andere wäre aber auch ein Wunder, denn hierbei darf man sich nichts vormachen. Wenn man wirklich flächendeckend in den Läden vertreten sein will, so wie die Großen der Branche, Ravensburger, Schmidt Spiele, Amigo und Kosmos, dann muss man sehr lange in der Championsleague mitspielen. Das ist für uns und für alle anderen Kleinen enorm schwer. Qwixx öffnet hier gerade viele Türen, und wir geben unser Bestes, dass wir mit weiteren schönen Sachen in die Lücke bzw. das Lückchen nachstoßen. 🙂
Übrigens wird Habe fertig nicht der letzte (oder gar vorletzte) Titel von Steffen Benndorf in unserem Programm sein, so viel sei schon mal vorweggenommen. Toller Autor mit tollen Ideen. Super Zusammenarbeit. Was soll ich noch sagen? Vielleicht das Allerwichtigste: Es macht großen Spaß!“

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