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Stefan Stadler über Grand Hotel Austria und Spielemessen

Grand Austria Hotel - Foto von Lookout Spiele

Gen Con bald wichtiger als die Spiel in Essen?

Stefan Stadler ist Redakteur bei Lookout Spiele und betreut als solcher die Entwicklung der Spiele des Verlags. Er ist seit zehn Jahren Redakteur, über die Stationen Kosmos und Queen Games kam er 2014 zu Lookout.  Wir sprachen mit ihm über die Bedeutung der Messen SPIEL und Gen Con sowie über das neue große Lookout-Spiel Grand Austria Hotel.

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Hallo Stefan, in diesem Jahr habt ihr mit Isle of Skye und Trambahn bereits im August zwei Spiele veröffentlicht, über die dann auch massiv berichtet worden ist, auch auf Reich der Spiele. Der PR-Coup ist gelungen, oder?
„Sommerveröffentlichungen sind weniger ein Coup, sondern eher der Bedeutung der Gen Con (Anmerkung der Redaktion: die größte Spielemesse der USA) geschuldet. Für mich schon jetzt die wichtigste Messe des Jahres, auch wenn ich noch nicht dort war. In Zukunft werden immer mehr Verlage bereits im August Neuheiten liefern, zumindest, wenn sie auch in den USA verkaufen wollen. Das ist zumindest meine These. Mal in den nächsten Jahren schauen, ob das auch stimmt. Aber schon jetzt kann man dort auch die Herbstneuheiten großer deutscher Verlage zumindest sehen und spielen.“

Ist der nordamerikanische Markt mittlerweile wichtiger als der deutschsprachige bzw. der gesamteuropäische?
„Er ist vor allem größer. Natürlich ist für Lookout der deutsche Markt entscheidend. Ein Spiel, das sich hier nicht durchsetzt, wird auch in den USA Schwierigkeiten haben. Aber von den Verkaufszahlen her ist der nordamerikanische Markt auf jeden Fall wichtiger.“

Heißt das, dass die Gen Con die SPIEL als Leitmesse ablösen wird?
Ich glaube schon, dass dies für viele Verlage schon jetzt gilt. Besonders natürlich für die nordamerikanischen. Aber die Gen Con hat auch Probleme in den jetzigen Räumlichkeiten zu wachsen. Schon jetzt ist es quasi unmöglich, dort erstmals einen Stand zu mieten. Daher können viele Verlage, die auf den Markt drängen, dort einfach nicht präsent sein. Solange dieses Problem nicht gelöst wird, kann die SPIEL da mithalten. Hier findet sich immer ein Plätzchen für neue Verlage und viele Spieler kommen aus aller Welt, um gerade die kleinen und unbekannteren Spiele und Verlage hier zu entdecken.

Hat das noch weitere Implikationen für einen international aufgestellten Verlag wie Lookout? Ändern sich die Spiele, die ihr produziert?
Jain. Bei Lookout konzentrieren wir uns naturgemäß erst einmal auf den deutschen Markt. Den kennen wir, da wissen wir, was ankommt. Aber mit unserem Partner Mayfair arbeiten wir schon jetzt sehr eng zusammen. Im Idealfall entwickeln wir Spiele, die in beiden Märkten erfolgreich sind wie z. B. Patchwork. Allerdings gibt es auch Spiele bei uns, die in den USA keine großen Stückzahlen verkaufen könnten. Schuss & Tor ist mit dem Fußball-Thema so ein Beispiel.
Daher ändert sich auf jeden Fall die Auswahl des Themas eines Spiels. Bei Isle of Skye war Mayfair bei der Auswahl des Themas voll involviert. Schottland liegt ihnen einfach näher als Städte in Südeuropa, die in den USA nur den wenigsten ein Begriff sind.
Aber grundsätzlich bleiben wir unserer Linie treu, schließlich sind ja gerade die typischen Lookout-Spiele wie Caverna auch in Nordamerika sehr gefragt.“

Es hieß ja mal, dass Caverna erschienen sei, weil eure US-Partner ein Agricola mit „besserem“ Thema wollten?
„Besseres Thema“ würde ich nicht sagen, ‚anderes Thema‘ trifft es vielleicht besser. Uwe Rosenberg wurde durch die Aussage inspiriert, dass ein Spiel in einem Fantasy-Setting in den USA erfolgreich sein könnte. Dadurch hat er sich an die Entwicklung von Caverna gemacht.
Erschienen ist Caverna aber, weil es ein sehr gutes Spiel ist und viele neue Elemente beinhaltet. Einfach nur ein „Fantasy-Agricola“ zu veröffentlichen hätte sicherlich nicht funktioniert, dafür ist Agricola  thematisch zu sehr verwurzelt in seinen Elementen.“

Das bedeutet dann wohl, dass der Markt sich endgültig internationalisiert hat?
„Ja, ganz klar. Jeder Verlag versucht inzwischen, seine Spiele weltweit zu verkaufen. Entweder mit lokalisierten Ausgaben, die bei Partnerverlagen veröffentlicht werden, oder mit internationalen und mehrsprachigen Ausgaben.
Der deutsche Markt ist für die Menge an Spielen einfach zu klein. Gerade als kleiner Verlag kann man sich nicht sicher sein, die benötigte Anzahl an Spielen nur auf dem deutschen Markt zu verkaufen.
Auch was die Themenauswahl angeht, merkt man dies. Alle jammern über ’noch ein Piratenspiel‘, aber das Thema ist eben universell und weltweit beliebt. Egal ob Asien, Amerika oder Europa, jeder hat sofort einen Bezug zu diesem Thema. Da ist es einfacher, das Spiel weltweit zu verkaufen, als wenn das Thema ‚Taschendiebstahl im Hauptbahnhof Stuttgart‘ wäre. Dies würde außerhalb Stuttgarts wirklich niemanden interessieren.“

Was bedeutet das alles für die SPIEL?
„Die Besucherzahlen zeigen ja, dass die Messe für viele Menschen sehr attraktiv ist. Einerseits die Spiele-Enthusiasten, die aus aller Welt anreisen und vier Tage auf der Messe sind. Andererseits aber auch die Familien aus der Umgebung, die einmal im Jahr für einen Tag in die Welt der Spiele eintauchen. Daher habe ich keine Angst um die SPIEL.
Aber der Spagat zwischen diesen beiden Extremen wird immer schwieriger. Die Vielspieler wollen die Exklusivität, Neuheiten, die erstmals in Essen zu haben sind, und bestenfalls Spieleflächen, auf denen sie die Neuheiten gleich spielen können. Am besten die ganze Nacht durch. Also eher eine Convention als eine Messe. Hier schneidet die Gen Con natürlich besser ab. Erst recht, wenn viele Verlage schon dort ihre Neuheiten präsentieren.“

Kommen wir mal zu euren neuen Spielen. Was kannst du mir zu Grand Austria Hotel, eurem großen Spiel für dieses Jahr, erzählen?
„In diesem Spiel bauen die Spieler ihr kleines Kaffeehaus in Wien zu einem Hotel aus. Dafür müssen sie Zimmer vorbereiten, Personal einstellen, aber vor allem ihre Kunden zufrieden stellen. Wenn die Bestellungen eines Kunden erfüllt wurden, zieht er in ein vorbereiteets Zimmer ein. Dafür gibt es Siegpunkte und eine weitere Belohnung. Entweder Geld oder andere Vorteile. Hat ein Spieler bestimmte Bereiche seines Hotelplans voll belegt, bekommt er auch dafür einen Bonus.
Das Kundenmanagement ist das ‚A und O‘ des Spiels. Aber nicht vergessen darf man, dem Kaiser zu huldigen. Dreimal im Spiel gibt es eine Wertung, bei der der Kaiser Siegpunkte und weitere Belohnungen (oder Bestrafungen) vergibt. Gesteuert wird das Spiel über den Aktionsplan. Darauf liegen Würfel, die nicht nur die möglichen Aktionen vorgeben, sondern auch den Ertrag der Aktion. In seinem Zug nimmt ein Spieler einen Würfel und führt die entsprechende Aktion aus. Also ein klein wenig wie bei Auf den Spuren von Marco Polo, was auch nicht verwundert, wenn man weiß, dass Simone Luciani Co-Autor beider Spiele ist. Bei Grand Austria Hotel ist sein Mitautor Virginio Gigli, der uns schon solche Perlen wie Egizia gebracht hat.
Besonderes Augenmerk haben wir wieder darauf gelegt, dass keine Partie wie die andere ist: Von den zahlreichen Kunden-, Personal- und Politikkarten kommen in jeder Partie andere ins Spiel. Auch von den Kaiserplättchen der Wertungen gibt es 12 obwohl nur drei davon in einer Partie benötigt werden.“

Das klingt spannend. Das Spiel liegt dann wohl auch wie Marco Polo etwas über „Kennerspiel“-Niveau?
„Wahrscheinlich schon. Aber das entscheidet immer die Jury Spiel des Jahres …“

Wie kann man als Verlag eigentlich sicher stellen, dass so ein Spiel auch die verdiente Beachtung findet?
„Sicher stellen kann man dies gar nicht. Als kleiner Verlag haben wir kein Marketing-Budget, um das Spiel durch Anzeigen oder Kampagnen bekannt zu machen. Außerdem werden jedes Jahr so viele Spiele in diesem Bereich veröffentlicht, dass man auch ein wenig Glück benötigt, um genug Beachtung zu finden. Natürlich muss die Qualität der Spielmaterialien stimmen und die Gestaltung ansprechen. Da haben wir mit Klemens Franz als Illustrator immer ein Ass im Ärmel, sein unverkennbarer Stil lädt immer zum Hinschauen ein.
Am wichtigsten ist, dass das Spiel auf dem Spieltisch überzeugt, dann wird es häufiger gespielt und darüber geredet. Bei dieser Art von Spiel lassen sich selten alle Elemente gleich in einer Partie erfassen. Wenn ein Spiel einen langanhaltenden Wiederspielreiz entwickelt und über Mund-zu-Mund-Propaganda bekannt wird, setzen sich sehr gute Spiele auch auf Dauer durch. Aber bei Hunderten von Neuheiten allein in Essen kann vorab keiner wissen, was jetzt der große Hit der SPIEL wird. Da hilft ein positiver Eindruck und eine sehr gute Erklärung beim Anspielen auf der Messe immens weiter. Mit unseren erfahrenen Erklärern und unseren tollen Helfern am Stand, sind wir ganz optimistisch dass Grand Austria Hotel genug Beachtung findet.“

Grand Austria Hotel, Spielregel

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