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Tabletopia – das nächste große Ding

Tabletopia - Terra Mystica im Angebot

Erfahrungsbericht: Gesellschaftsspiele online spielen

blankIch gebe es zu, ich bin nicht gerade der passionierte Online-Spieler. Also, ich meine nicht Browserspiele, sondern Gesellschaftsspiele. Solche Angebote, wie sie die Brettspielwelt oder Yucata bietet. Nun läuft in der Spieleschmiede ein Crowdfunding für Tabletopia. Hinter vorgehaltener Hand (und manchmal auch davor) spricht „man“ vom nächsten großen Ding. Ich bin neugierig und schaue es mir näher an.

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Das Konzept von Tabletopia

Vorweg: Tabletopia ist völlig anders. Dazu muss ich aber erst ganz kurz die beiden anderen Plattformen beschreiben.

Brettspiele online: Brettspielwelt und Yucata

In der Brettspielwelt und auf Yucata finden die Spieler komplett fertige Online-Versionen. Sie geben im Prinzip über Mausklicks nur die Züge an. Fehler lässt das System gar nicht erst zu. Wer mag, findet in der Community der Spieler mit Online-Status, die sich in eine Partie einklinken, sodass es sofort losgehen kann. Chats sind während des Spiels möglich und wer mag, kann zum Beispiel auf Yucata auch einige Spiele gleichzeitig starten oder/und täglich einen einzigen Zug spielen. Grafisch ist das alles okay, neue Spieler müssen sich aber erst einmal zurechtfinden. Viele Optionen während des Spiels gibt es aber nicht. Dafür haben beide einen großen Vorteil: Die Community ist groß (und manchmal etwas ruppig) und es das Angebot ist kostenlos. Hinter den Programmierern stehen teilweise Verlage, die die Umsetzung bezahlen.

Tabletopia zäumt das Pferd von hinten auf

Bei Tabletopia finden die Spieler ebenfalls eine schöne Umsetzung. Allerdings nicht des Spiels, sondern des Materials. Die Plattform bietet sozusagen den virtuellen Spieltisch samt Inhalt des Spiels. Wer sich dann an den Tisch setzt, muss ganz allein mit sich oder anderen Mitspielern das Material auf dem Tisch hin- und herschieben. Eben wie am echten Spieltisch. Das hat einen gewissen Reiz, erfordert aber Regelkenntnisse. Denn das System unterbindet eben keine falschen Züge. Es wertet auch keinen Spielstand aus. All das müssen die Spieler selbst machen. Ein für mich riesiger Unterschied mit Chancen und Risiken. Chancen, weil die Plattform so jedes beliebige Spiel recht schnell umsetzen kann. Es ist eben keine Regellogik zu implementieren. Risiken, weil die Spieler sich mit dem Spiel wirklich auskennen und aufeinander achten müssen. So könnten unbekanntere Spiele versanden, weil sich keiner dransetzt. An dieser Stelle ein dicker Punktabzug: In der aktuellen Betaversion sind keine Spielanleitungen im Online-Spiel hinterlegt. Nachschlagen also nur parallel in pdf-Dateien aus dem Irgendwo des Internets oder in der Spielanleitung aus dem eigenen Spielekarton möglich.

Tabletopia: Kameraführung, Zooms, Handling

Zooloretto: Plättchen per Mausklick bewegen

Die Bedienung von Tabletopia hingegen ist genial. Die Maustastenbefehle sind innovativ und erinnern an bekannte Logiken verschiedener Computerspiele. Wer mag, kann mit der Kamera spielen: Zoomen, drehen, kippen … Alles inklusive. Die Maustaste ist während des Spiels Handersatz. Hält man beispielsweise eine Spielfigur durch Festhalten der Maustaste fest, kann man diese mit der Maus einfach zum gewünschten neuen Platz führen und dort loslassen. Oder ein Plättchen per Mausklicks drehen. Das ist fast schon echte Brettspielatmosphäre. Ich probiere Zooloretto und schaue mal in Terra Mystica und Cuba rein. Wirklich hübsch! Übrigens: Wer an einen Spieltisch kommt, klickt einfach auf die freie Lieblingsfarbe (dickes Pluszeichen) und ist dabei (S. Abbildung Cuba).

Um diesen Vorteil mit dem innovativen und tollen Handling mit dem Nachteil der fehlenden Regellogik zu erklären, habe ich ein anschauliches Beispiel. Bei Schach (ja, auch umgesetzt!) konnte ich problemlos den Springer ein Feld geradeaus ziehen und loslassen. Das ist falsch. Ebenso ungewohnt ist es, wenn eine Figur eine andere schlägt, die Programmierung diese aber stehen lässt. Wie gesagt: Die Spieler sind selbst verantwortlich. Also müssen geschlagene Figuren selbst vom Brett geräumt werden.

Schöne Grafik bei Zooloretto

Die optische Umsetzung ist sehr gut. Mir hat gefallen, dass die Grafiken sehr nah an den tatsächlichen Illustrationen des Spielmaterials sind und die Spielsteine selbst meistens auch ganz gut gelungen sind. Alles ist optisch aufpoliert und überaus ansprechend. Etwas irritiert war ich nur bei Samurai. Dort gab es neben den Einflussplättchen keine Spielfiguren, sondern es gab diese ebenfalls nur als Plättchen. Aber kleinere Abstriche sind vielleicht bei dem einen oder anderen Spiel erforderlich und in dem Fall möglicherweise der Übersicht geschuldet.

Tabletopia hat Potenzial

Unbestritten ist das Potenzial von Tabletopia. Da die Entwicklung sich auf die grafische Oberfläche und das Material sowie die Steuerung der Aktionen beschränkt, sind deutlich schnelle Umsetzungen von Gesellschaftsspielen denkbar. Schon jetzt sind 67 Spiele veröffentlicht und dazu 523 Objekte gestaltet. Wenn die Entwickler dieses Tempo beibehalten, könnten noch einige hinzukommen. Genau das ist das Potenzial von Tabletopia: Die Plattform könnte zu so etwas wie einem Streamingdienst für Brettspiele werden. Ein faszinierender Gedanke.

Tabeltopia wird übrigens kostenlos sein. Allerdings wird es auch einen Premiumbereich geben, der als monatliches Abo bezahlt werden muss. Das gilt übrigens auch für Verlage und Spieleautoren, die auf der Plattform ihre Spiele vorstellen möchten. Die entscheidende Frage wird vermutlich sein, welche Angebote der kostenlose und der Premiumbereich enthalten werden.

Startaufstellung von Cuba - bitte einen Sitz einnehmen

Grundsätzlich hat mich Tabeltopia aber überzeugt. Handhabung und Grafik sind wirklich hervorragend gelungen und zum Beispiel deutlich besser als bei Vassal, das ein ähnliches Konzept verfolgt. An den Materialbeuteln habe ich mir zunächst zwar die Zähne ausgebissen, aber mit viel Probieren, bekommt man das auch ohne die Online-Hilfe hin. Unter den Spieleangeboten sind Klassiker und aktuelle Titel, sodass jeder etwas finden sollte. Wenn jetzt noch die Spielanleitungen (besser) eingebunden werden, ist das schon was. Dennoch würde mir tatsächlich eine Regelüberwachung fehlen. Einen Test ist die Plattform aber auch so alle mal wert!

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2 Kommentare

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Hannes 14. September 2015 at 08:20

Ich hab auf Tabeltopia auch schon ein "Spiel" gespielt. War sehr lustig, allerdings haben wir nach 10 Minuten angefangen einen grossen Spielmaterialsstapel in der Mitte aufzubauen und so eine Menge Spass gehabt zu sehen wie das Zeug dort hinunterrollt, oder ob es darauf stehen bleibt. 

Der Ansatz sehr aufwendig und schick .. spieltechnisch total daran vorbei. Im Internet auf die Zuege der anderen achten? Hallo McFly?

 

Aber vielen Dank fuer Deinen Artikel, der das ja auch deutlich klarstellt, wo die Probleme sind. Wundert mich allerdings das es Dich ueberzeugen konnte. Hast Du denn versucht ein Spiel mit Partnern ueber das Internet zu spielen? 

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Michael Weber 14. September 2015 at 09:52

Ich denke, dass die Problematik der Regelüberwachung so etwas wie der Knackpunkt werden kann. Denn anders als am Spieltisch fällt der Blick auf die Aktionen der Mitspieler am Bildschirm natürlich schwerer. Aber bis dato soll und will Tabeltopia nur ein solcher virtueller Spieltisch sein. Das hat Vorteile, aber eben auch die genannten Nachteile. Wir müssen es wohl tatsächlich als eine Art Streamingdienst verstehen.
Bisher habe ich es nur allein getestet. Es ging vorrst nur um Grafik und Bedienung.

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