Eule und Elch von Elch Dorado
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Werkstattbericht von Martin Schlegel: das Spiel Elch-Dorado

von Martin Schlegel
5 Minuten Lesedauer

Was will der Elch in Argentinien?

Das war so eine Frage, die immer wieder aufkam, als der Titel meines im Frühjahr erscheinenden Spiels feststand: Elch-Dorado! Doch dazu später in diesem Werkstattbericht mehr.

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Der Weg bis zur Veröffentlichung war wie üblich kurvig, aber diesmal mit recht wenigen Sackgassen garniert und deshalb für meine Verhältnisse ungewöhnlich kurz. Nicht zu vergleichen mit West of Afrika, das 2007 in die Testphase kam und 2016 veröffentlicht wurde.

Das Brettspiel West Of Africa - Ergebnis einer langen Spielentwicklung

Bei Elch-Dorado begann alles Ende 2023. Die Grundidee kam und sie blieb:

  • Jeder Spieler hat sechs Kärtchen mit den Zahlen 1 – 6.
  • Sechs Würfel werden gewürfelt und jeder Spieler verteilt seine sechs Kärtchen verdeckt zu den Würfeln.
  • Zu jedem Würfel 1 Kärtchen.
  • Wer die höchste Zahl hat, bekommt so viele Punkte, wie der Würfel Augen hat.
  • Wer am Patt beteiligt ist, guckt in die Röhre.

Mit Elch und Eule

Den Testern gefiel es, was mir klar machte: Dranbleiben! Mir gefiel es auch – und doch nicht. Denn aus Erfahrung ist mir klar, dass der erste Entwurf noch nichts sein kann. Recht schnell kam eine Figur mit positiver Ausstrahlung hinzu, die gleich nach dem Würfeln zur kleinsten Zahl gelegt wird. Der Spieler, der hier vorne liegt und damit Punkte erbeutet hat, bekommt zusätzlich die Figur und setzt sie auf ein anderes seiner verdeckt liegenden Kärtchen. Dieses Kärtchen wird damit wertvoller. So kann er zum Beispiel aus einer 6 eine unschlagbare 7 machen. Auch diese Tests verliefen positiv und die anonyme Figur mutierte zum Elch, einfach deswegen, weil ich in meinem Sammelsurium einen Elch fand.

Eule und Elch zum Spiel Elch Dorado von Spieleschwan

Eule und Elch zum Spiel Elch Dorado von Spieleschwan

Ähnlich erging es später der Eule, die auch einem Würfel zugeordnet wird. Wer bei diesem Würfel vorne liegt, kann den Würfel akzeptieren, darf ihn aber auch erneut werfen und muss den neuen Wert akzeptieren. Die Eule garantiert Risiko.

Elch-Dorado: Auf zum Varianten-Dschungel

Ein weiteres Kärtchen entstand, das aber keine Zahl enthält, sondern bescheiden das Wort „Danke“. Von den nun 7 Kärtchen, die jeder Spieler hat, spielt er nur 6. Wenn ich nun meine Danke-Karte zu einem Würfel lege und der Einzige mit Danke bin, bekomme ich die Hälfte des Würfelwerts – und der eigentliche Sieger die andere Hälfte. Hat aber ein anderer Spieler seine Danke-Karte zum gleichen Würfel gebracht, sind wir beide die Gelackmeierten: Wir müssen den Sieger beschenken.

Farben und Änderungen

Einem Spieleautor, der sechs farbidentische Würfel vor sich sieht, gehen unverzüglich viele Änderungen durch den Kopf, das kann er so nicht lassen. Und schon werden aus der einen Farbe gleich drei, was eine Fülle von Spielvarianten nach sich zieht. Da wird nach Farben getrennt addiert, bei der Addition ist eine bestimmte Farbreihenfolge einzuhalten, die einzelnen Farben werden im Endergebnis unterschiedlich gewichtet usw.

Schnell stellten sich weitere Ideen ein und vervollkommneten den Varianten-Dschungel, der unbeherrschbar schien. Vor allem aber: Die einfache und klare Grundstruktur wurde zerstört, überdeckt. Das aber passte mir gar nicht. Denn die Grundstruktur, das Werfen von sechs Würfeln, deutet auf ein kurzweiliges und kurzregeliges Wenigspieler-Spiel hin. Ein paar Zusatzelemente passen, doch bei mehr droht Ballast. Dann würde das Spiel, das sich gerade für Wenigspieler gut eignet, an seinen Erweiterungen ersticken.

Elch-Dorado oder: Entscheidung in Ratingen

Sandra Hübner von Spieleschwan mag Handarbeit der Spielkomponenten

Sandra Hübner von Spieleschwan mag Handarbeit der Spielkomponenten

Nach weiteren Tests ging es zu den Ratinger Spieletagen, dem seit vielen Jahren traditionell eingeplanten Wochenende. Hier ist immer Platz zum Spielen, man trifft Bekannte und Leute, die gerne Prototypen testen. Ich hatte u. a. das hier vorgestellte Spiel mit, das nur Elch und Eule als Besonderheiten besaß.

In Ratingen traf ich Sandra Hübner vom jungen Verlag Spieleschwan. Sie sah sich das Spiel kritisch aber wohlwollend an und sagte recht bald spontan: Elch-Dorado.

Quasi aus dem Nichts lag ein passender Titel mitsamt Thema in der Luft.

Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Kurz darauf hatte das Spiel seinen Verlag gefunden: Spieleschwan aus Herne, dieser Stadt im Ruhrgebiet, die eingezwängt zwischen den Bundesligastädten Dortmund, Bochum und Gelsenkirchen liegt. Dieser Stadt, die heute dank des Herner Spielwahnsinns schon eine Bedeutung für Spieler hat, früher aber auch für Spieleautoren. Denn Ende der 80er-Jahre startete hier der Autorenwettbewerb, der für einige heute bedeutende Autoren und für mich ein geeignetes Sprungbrett war. Bisher hatte der Verlag Sturz ins Vergnügen herausgebracht, ein teilweise in Handarbeit erstelltes Spiel mit kurzen Regeln.

Auch wenn nun der Verlag feststand, standen immer noch ein paar Probleme im Raum. Das eine: Wie sieht das Spiel genau aus? Welche Teile gehören dazu? Elch und Eule standen für das Grundspiel fest, doch den Spielern sollten gleich Erweiterungen an die Hand gegeben werden. Und hier stand eine Vielzahl von Zusatzmöglichkeiten bereit. Die Entscheidung fiel zugunsten vom Malus-Würfel und dem netten Nachbarn.

Spieleschwan: Sturz ins Vergnüegen, ein handgemachtes Spiel von Spieleschwan

Schwarzer Malus-Würfel

Ein schwarzer Würfel wird eingeführt, der einen anderen ersetzt. Er ist völlig anders: Wer beim normalen Würfel die höchste Zahl gelegt hat, bekommt Punkte, die ihm den Sieg näher bringen. Beim schwarzen Würfel hingegen werden diejenigen Spieler mit Punkten bedacht, die ein Patt erzeugen, also immer mindestens 2 Spieler. Vor allem aber: Dieser Würfel bringt Minuspunkte.

Netter Nachbar

Ein Weißer Würfel kommt dazu, der zu einem anderen gelegt wird. Bei der Abrechnung dieses Würfelduos erhält der Spieler, der die höchste Zahlenkarte gelegt hat, den Wert des höheren Würfels. Der Zweite schaut nicht in die Röhre, sondern erhält den Wert des anderen Würfels.

Die Hilfe der Finnischen Botschaft

Damit war das eine Problem gelöst. Das andere war: Wie kriegen wir den griffigen Titel Elch-Dorado begründet? Doch das kann man nicht als Problem bezeichnen, sondern als angenehme Aufgabe.

Es ist doch weltbekannt, dass jedes Jahr eine Elch-Delegation nach Argentinien, genauer nach San Martin de los Andes reist, dieser Stadt 1600 km von Buenos Aires und nicht weit von Chile entfernt. Dort nimmt die Gruppe an einem Elch-Turnier teil, auf dem das hier vorgestellte Spiel im Zentrum steht. In Anlehnung an das sagenumwobene Goldland El Dorado wurde dieses Turnier Elch-Dorado getauft. Leiter der Delegation ist der Elch, der von der Eule assistiert wird.

Ein Volksheld für Elch-Dorado

Den Elch verbindet man sofort mit Finnland, einige denken vielleicht an den spektakulären Elch-Test. Damit kam die Finnische Botschaft bei der Namenssuche für Elch wie Eule ins Spiel. Ich fragte sie nach passenden Namen und die Antwort war ungemein positiv. Sie baten um genauere Angaben zu den Aufgaben, die beide Tiere im Spiel zu übernehmen haben, damit sie geeignete Namen heraussuchen könnten. Mit ihrer Hilfe erhielt der Elch den Namen Urho und erinnert so an Urho Kekkonen, den in Finnland immer noch überaus beliebten Politiker, der über Finnland hinaus eine Rolle spielte, trat er doch aktiv für die Versöhnung zwischen Ost und West ein.

Ich finde es bemerkenswert, fast schon überaus großzügig, dass die Finnen den Namen ihres Volkshelden einer Figur in einem Spiel schenken. Zur Eule empfahl die Botschaft den Namen Usva, was auf Deutsch „Nebel“ heißt. Eine treffende Empfehlung, schließlich gibt die Eule im Spiel nichts vor. Der Spieler würfelt, Nebel liegt über dem Ergebnis.

Der Verlag Spieleschwan

Sandra Hübner von Spieleschwan fertigt eine Spielefigur

 Bislang unerwähnt ist die Arbeit im Verlag, über die viele Autoren gerne großzügig hinwegsehen. Auch für mich bleibt sie ein Rätsel mit sieben Siegeln, wobei ich aber weiß, dass diese Rätsel in jedem Verlag anders gelöst werden, dass die Abläufe überall unterschiedlich sind. Wieder anders bei Spieleschwan.

Spieleschwan ist kein Großverlag, bei dem vieles auf Knopfdruck nach eingefahrenen Riten abläuft. Hier gibt es keine Standardschachteln, kein Standardspielmaterial. Hier ist jedes Spiel ein neues Erlebnis. Zudem will Spieleschwan keine Spiele produzieren, die komplett in irgendeiner Druckerei gefertigt werden, sondern Teile sollen individuell gestaltet werden. So ist es bei „Sturz ins Vergnügen“, bei dem die Schachtel, die im Spielgeschehen eine wichtige Rolle spielt, gemäß dem Käuferwunsch gestaltet wird.

Elch und Eule aus dem Home-Office

Bei Elch-Dorado werden Elch und Eule in Heimarbeit – heute: Home-Office – hergestellt. Dazu braucht man  Förmchen, Plastik, Ofen, Farbe verbunden mit viel Geschick und Begeisterung. Schon die Förmchen brachten Probleme, denn der Elch sollte größer sein, schließlich ist er wichtiger als die Eule und trägt zudem den Namen eines finnischen Nationalhelden. Spieleschwan hat nicht etwa aufgegeben und vorgefertigte Tiere im Großhandel geordert. Mit viel Engagement und Geschick sind Urho und Usva in die Realität zurückgekehrt.

Im Frühjahr 2025 ist es soweit: Elch-Dorado kommt in den Handel

Logo Spieleschwan

Mehrere solcher Probleme hatte der Verlag zu lösen. Wo gibt es Schachteln in geeigneter Größe? Wer sorgt für das Cover? KI oder ein guter Bekannter? Soll eine Promo-Karte vorbereitet werden? Viele Fragen, die neben dem Beruf zu beantworten waren.

Auch diese Probleme hat der Verlag gelöst und so ist es im Frühjahr soweit, dann wird Elch-Dorado, dieses Spiel für 2 – 6 Personen, vorgestellt. Dann wird auch geklärt sein, ob es eine Promo-Karte gibt und welche Sonderfunktion sie hat.

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