Der Familie gehört die Zukunft, jedenfalls bei den Brettspielen. Diesen Eindruck habe ich mehr und mehr. Statt Onkel, Oma, Nichte gibt es dann X – das Brettspiel, X – das Kartenspiel, X – das Würfelspiel, X – das Glücksspiel, X – das Strategiespiel, X – das Familienspiel … Und wie bei realen Familien haben die Mitglieder manchmal mehr, manchmal weniger miteinander zu tun. Auch die erfolgreiche Literatur-Verspielung zum Roman "Die Säulen der Erde" kann sich dem Nachwuchs nicht entziehen; der Babyklappe entwachsen, erscheint Die Säulen der Erde – das Kartenspiel.
Der Vetrieb freut sich über die schon bekannte Marke, dass der Sprössling mit dem Mutterspiel nur die wiederverwendeten Grafiken gemein hat, ist dabei nachrangig. Verantwortlich für das Spiel zeichnen zwei Michaele: Michael Rieneck als Autor und Michael Menzel für die künstlerische Gestaltung. Thematisch wird nun endgültig die Kathedrale fallen gelassen, und auch die Schachtelgröße würde nur mehr für maximal eine Kapelle reichen. Im Karton befinden sich ein erweitertes Stichspiel für drei bis vier Personen. Das heißt, je fünf Handwerkerkarten und fünf Lager- und Übersichtskarten in den Spielerfarben, 15 neutrale Karten mit Rohstoffen, Minuspunkten oder Sonderregeln und fünf Vorteilskarten. Nachdem das alles auseinandersortiert ist, legt jeder Spieler sein Rohstofflager mit je einem Sand, einem Holz, einem Stein und keinem Metall vor sich aus. Die Übersichtskarte deckt die Hälfte der letzten Lagerkarte ab. Die Handwerkerkarten, 15/14 neutrale Karten bei 4/3 Spielern und eine Vorteilskarte werden zusammengemischt und vollständig ausgeteilt. Bei drei Spielern werden bei Die Säulen der Erde – das Kartenspiel zehn Stiche, bei vier Spielern neun Stiche gespielt.
Wer nun in seiner buntgemischten Hand die „Aliena“-Karte hat, beginnt Die Säulen der Erde – das Kartenspiel. Jeder spielt reihum eine Karte in den Stich, danach wird er vergeben. Liegt der König im Stich, kommt der Stich in den Skat. Ist die höchste Karte neutral, erhält der Spieler, der diese Karte gespielt hat den Stich. Ist die höchste Karte farbig, geht der Stich an den Spieler mit dieser Farbe. Gleichstände werden zugunsten der Hinterhand aufgelöst. Sind alle Karten bei Die Säulen der Erde – das Kartenspiel gespielt, erhält der Spieler, der keinen Stich gemacht hat, den Königsstich aus dem Skat.
Dann geht es ans Sortieren und Punkteverteilen. Die Vorteilskarte kommt zum Rohstofflager und gibt dem Spieler bis zum Spielende den angegebenen Vorteil. Die fehlfarbigen Karten sind ohne Belang und kommen gleich wieder in die Mitte. Die eigenen Handwerker bringen erst einmal jeweils einen Punkt. Dann können die erworbenen und gelagerten Rohstoffe mit Hilfe der eigenen Handwerker in Siegpunkte gewandelt werden. Davon werden ggf. Minuspunkte der neutralen Karten abgezogen. Dieser Punktestand wird auf einem Block festgehalten. Dann wird noch das Lager entsprechend der erworbenen, vorhandenen und verbrauchten Rohstoffe angepasst und ggf. auf drei Rohstoffe reduziert. Alle Handwerker und neutralen Karten werden mit einer neuen Vorteilskarte gemischt und die nächste Runde beginnt. Nach üblicherweise fünf Runden, ca. 30 – 45 Minuten, kommt es zur Endabrechnung bei Die Säulen der Erde – das Kartenspiel. Wer nun die meisten Siegpunkte vorzuweisen hat, hat gewonnen.
In diesem Kartenspiele finden sich genug Elemente vom Brettspiel Die Säulen der Erde wieder, dass der Name nicht allzuweit hergeholt erscheint. Wiederverwendung führt zur Wiedererkennung. Leider hört die Verwandtschaft danach auf. Bei uns kam niemals das Gefühl auf, ein Bauwerk zu errichten; zu keiner Zeit trat der Mechanismus in den Hintergrund. Das Thema reicht gerade zur Namensgebung. Dazu kommt der für ein Stichspiel sehr fremdartige Ablauf bezüglich der Stiche, keiner meiner Mitspieler, mich eingeschlossen, hat sich auch nach einiger Erfahrung damit anfreunden können. Man fühlte sich nicht Herr der Lage, überwiegend war es jedesmal wieder die Abwägung des geringeren Übels, solange bis man bei den großen Übeln war. Einzelne punkteträchtige Runden, die oft genug zum Gesamtsieg führten, waren gefühlt mehr dem Zufall geschuldet als eigenem Zutun. Im Rückblick bewegten sich die Rundenergebnisse bei Die Säulen der Erde – das Kartenspiel im niedrigen einstelligen Bereich, vereinzelte Spitzen lagen dafür auch schon mal bei über 20 Punkten. Das befriedigende Gefühl, am eigenen Sieg beteiligt gewesen zu sein oder wenigstens aus dem mangelnden Glück das Beste gemacht zu haben, wollte sich leider nicht einstellen. Zum fehlenden Spannungsbogen von Die Säulen der Erde – das Kartenspiel trägt auch die meist triviale Entscheidung bei, welche Handwerker welche Rohstoffe verwandeln oder nicht. Besonders anfällig ist Die Säulen der Erde – das Kartenspiel für die Unsitte des Pärchen-Potlach, bei dem sich einzelne Spieler aus Zuneigung gegenseitig immer wieder Punkte zuschustern. Für mich ein Spiel, das ich baldmöglichst zur Adoption freigeben werde, um mich weiter am Brettspiele Die Säulen der Erde plus Erweiterung zu erfreuen.
Infos zu Die Säulen der Erde – Das Kartenspiel
- Titel: Die Säulen der Erde - Das Kartenspiel
- Verlag: Kosmos
- Autor: Michael Rieneck
- Spieleranzahl (von bis): 3 - 4
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
- Jahrgang: 2010
Werbung
Nach neuen Spielen schauen bei:
Amazon
Spiele-Offensive