Dorfromantik ist ursprünglich ein PC-Spiel. Es gewann 2021 den Deutschen Computerspielpreis in der Rubrik „Bestes Game Design“. Es geht darum, Landschaftsplättchen so zusammenzulegen, dass diese dabei möglichst viele Punkte einbringen. Zu diesem prämierten Titel haben Michael Palm und Lukas Zach bei Pegasus Spiele ein Brettspiel in Form eines Legespiels veröffentlicht. Dieses richtet sich an bis zu sechs Personen ab 8 Jahre und dauert zwischen 30 und 60 Minuten.
Dorfromantik – das perfekte Legespiel?
Wer auf der Suche nach dem perfekten Spiel ist, sollte sich Dorfromantik näher ansehen.
Die Autoren bleiben nahe an der Vorlage für den Bildschirm. Sie schaffen es, mit einfachen Regeln und einem ausgeklügelten Belohnungssystem Interessierte erst an den Tisch zu locken und dann bei der Stange zu halten. Das ist über weite Strecken grandios. Aber: Es hat einen Solospielcharakter.
Das Brettspiel: Friedliches „Siedeln“ sorgt für Wohlfühlatmosphäre
Im Mittelpunkt stehen bei Dorfromantik die Legeplättchen. Nach und nach entsteht eine Dorflandschaft. Häuser bieten Wohnraum und fügen sich zu kleinen Stadtvierteln zusammen. Eisenbahnschienen verbinden die Dorfteile und durchtrennen die Landschaften. Flüsse schlängeln sich friedlich durch die Ebenen. Dort bieten strahlend gelbe Felder die Grundlage für eine reiche Ernte. Nicht zuletzt liefern Wälder eine Landschaft für die wichtige Naherholung. Alles wirkt so friedlich. Alles ist überschaubar. Alles wirkt einladend. Und doch ist Dorfromantik so viel mehr.
Dorfromantik – Das Brettspiel hat so einfache Regeln
Stück für Stück legen alle ein Landschaftsplättchen an das andere. Auf den Sechseckplättchen können mehrere Landschaftstypen vertreten sein. Das erinnert unter anderem an Carcassonne, Isle Of Skye und Kingdomino. Es gibt nur zwei Regeln beim Platzieren: Jedes neue Plättchen muss an ein anderes angrenzen. Flüsse und Schienen dürfen nicht an „falschen“ Kanten versanden, müssen also fortgesetzt werden können.
Das ist alles. Es ist also erlaubt, Wald neben Feldern oder Wissen neben Häuser zu platzieren. Nur dürfen keine Schiene und kein Fluss an einer anderen Landschaftsplättchenkante enden.
Bis hierhin ist Dorfromantik ein absolutes Wohlfühlspiel.
Einfach legen, nicht viel nachdenken und sich an den wunderschönen Landschaften erfreuen. Doch es gibt noch die Wertung und das Belohnungssystem.
Von wegen einfach: Die Punktejagd ist eine Herausforderung
Dorfromantik bietet gegenüber den anderen Legespielen eine sehr eigene Wertung. Diese ist auf der einen Seite total einfach. Auf der anderen Seite fordert sie zum stetigen Optimieren der Züge.
Anfangs starte die Landschaft mit drei Auftragsplättchen. Ist ein Auftrag abgearbeitet, kommt ein neues Auftragsplättchen dazu. Die Plättchen fungieren als normale Landschaften. Aber mit ihnen kommt ein Auftragsmarker ins Spiel. Während der Partie liegen also stets drei aktuelle Auftragsplättchen mit Markern in der entstehenden Landschaft.
Die Auftragsmarker kanalisieren die Punktejagd
Dier Marker geben vor, wie viele Plättchen der jeweiligen Landschaftsart genau – und zwar wirklich genau! – miteinander verbunden sein müssen. Ein 5er-Wald-Auftrag bedeutet, dass der Wald von genau fünf Plättchen am Marker miteinander verbunden sein muss.
So bitter es ist: Bei zu vielen Plättchen gehen die Punkte verloren. Allerdings lassen sich größere Gebiete vorbereiten, indem Lücken zwischen zusammenhängenden Gebieten gelassen werden. Die Hoffnung heißt bei dieser Taktik: Später das passende Plättchen finden.
Andererseits sollten Aufträge so schnell wie möglich erfüllt werden. Denn nur dann gibt es Punkte und neue Aufträge. Am Ende kommt es auf eine möglichst große Gesamtpunktzahl an. „Tote“ Aufträge stören da nur.
Kooperativ angenehm schön, als Solospiel genial
An dieser Stelle der Hinweis: Alle spielen kooperativ. Die Gruppe sammelt alle Punkte gemeinsam. Das Spiel funktioniert besonders allein extrem gut.
Ich habe wirklich viele Partien hinter mir und muss sagen:
Als Solospiel ist Dorfromantik unfassbar gut. In der Gruppe sinkt der Spaß aus meiner Sicht deutlich.
Das ist so ein bisschen, als ob zu viele Leute die beste Lösung finden wollen. Am Ende muss sich einer durchsetzen. Das birgt in manchen Runden möglicherweise sogar Konfliktpotenzial.
Abgesehen davon gibt es fast immer das typische Problem kooperativer Spiele, dass ein Alphatierchen den anderen sagen will, welche Züge perfekt sind. Es wird sicher aber auch Runden geben, die zu zweit, dritt oder viert ganz hervorragend zurechtkommen und Dorfromantik lieben werden. Selbst zu sechst funktioniert es, verliert aber meiner Ansicht nach mit steigender Gruppengröße deutlich an Reiz.
Das Belohnungssystem: Ist Dorfromantik schon Legacy?
Es gibt noch ein Belohnungssystem. Dieses greift erst nach mehreren Partien richtig. Daher mein Tipp: Wie auch immer die Gruppengröße ist – es lohnt sich, die Aufgabe möglichst in der gleichen Besetzung anzugehen.
Das liegt an dem Freispielen von weiteren Komponenten. Das hat fast schon Legacy-Charakter, ohne dass es wirklich einer ist. Am Ende der Partie gibt es Punkte für erfüllte Aufträge, für manche Landschaftsgrößen und für die weitesten Abschnitte der Eisenbahn und Flüsse. Diese Punkte werden addiert und auf einen Kampagnenbogen übertragen.
Genau an der Stelle wird Dorfromantik erst richtig gut. Je nach Punktzahl sind nun mehrere Wegpunkte auf einem Pfad abzustreichen. Dabei erreicht der Weg besondere Felder, die zusätzliches Spielmaterial freischalten. Das kommt in der folgenden Partie dazu und erlaubt neue Wertungsoptionen. So steigen idealerweise die Punkteausbeute, aber auch der Anspruch nach und nach beträchtlich.
Dorfromantik: neue Komponenten für das Brettspiel
Es gibt fünf ganze Schachteln mit neuen Plättchen, Auftragsarten und Zusatzmaterial. Alles peppt eine Partie kräftig auf. Zum Beispiel kommen Herzen ins Spiel. Liegt eins auf einem Plättchen, gibt es für jede passend angrenzende Landschaft Punkte. Andere Sonderplättchen erlauben Punkteverdopplungen oder einfach mehr taktische Legeoptionen.
Belohnungen und Wohlfühlatmosphäre animieren zu Wiederholungen
Dass die Komponenten erst freizuspielen sind, ist ein satter Pluspunkt bei Dorfromantik. Denn so animiert das System immer wieder, noch eine Partie und noch eine und dann noch eine zu wagen.
Dieser Motivationsschub ist unfassbar gelungen, passt perfekt zum einfachen Spieldesign und eröffnet so für spätere Partien immer neue Optionen. Nebenbei kann die Gruppe Jagd auf den eigenen Highscore machen.
Nur 100 Punkte? Erst einmal schaffen!
Der Kampagnenbogen ist übrigens besonders „gemein“. Bis zu einer Ausbeute von 100 Punkten bleibt es bei der untersten Stufe. Erst danach gibt es wirklich viele Schritte auf dem Pfad. Diese 100 Punkte sind aber anfangs gar nicht einfach zu übertreffen. So werden viele Gruppen zunächst mehrere Partien mit dem Grundmaterial spielen müssen. Einigen wird das sogar reichen, denn auch so ist Dorfromantik bereits ein gutes Legespiel.
Richtig gut wird es jedoch erst mit allen Bonusplättchen. Dann ist Dorfromantik ein perfektes Legespiel in der Soloversion und ein äußerst gelungenes Gesellschaftsspiel für mehr als zwei Personen. Wenn es so etwas wie ein perfektes Spiel gibt, ist Dorfromantik nahe dran. Einfach weil es so angenehm ist, keine großen Zicken macht und dennoch – auf Wunsch – eine sehr fordernde Punkteoptimierung erlaubt.
Punkteoptimierung für Brettspiel-Profis und Wohlfühlatmosphäre für den Rest
Persönlich reichen mir die Grundmaterialien und ein paar Bonusplättchen. Das volle Programm macht die Auslage dann doch etwas unübersichtlich, weil kleine Details wichtig sind, die schnell untergehen. Ohne alle Materialien sinkt jedoch die mögliche Punkteausbeute. Aber in jeder Form finde ich Dorfromantik gelungen.
Aber: Es ist bei nüchterner Betrachtung ein reines Punkteoptimierungssystem.
Kleine Fehler kosten bei diesem Brettspiel (das in Wahrheit wegen des fehlenden Bretts gar kein richtiges ist) viele Punkte. Wer die eigene Ausbeute perfektionieren will, benötigt etwas Frusttoleranz und einen geschulten Blick.
Frusttoleranz ist für Ungeübte auch bei der Anleitung erforderlich. Die ist zwar gut, beschreibt auch alles ausreichend. Aber sie ist sprachlich nicht immer so klar, wie ich es mir wünschen würde. Einige Details sind unzureichend oder umständlich erklärt und so schleichen sich potenziell nicht unbedingt Fehler, aber doch Unsicherheit ein. Das ginge besser, wenn das auch Motzen auf hohem Niveau ist.
Wer es lockerer angeht, erhält ein unglaublich schönes und geradezu sanftes Gesellschaftsspiel. Die Dorfromantik lockt eben an, gibt perfekte Harmonie vor und zeigt sich eingeweihten Fans dann doch als spannendes Punkteoptimierungswerk. Es ist für alle etwas dabei und animiert durch das Belohnungssystem der Kampagne zu Wiederholungen. Ist es perfekt? Zumindest kommt es an dieses Prädikat sehr nahe heran.
Infos zu Dorfromantik – Das Brettspiel
- Titel: Dorfromantik - Das Brettspiel
- Verlag: Pegasus Spiele
- Autor: Michael Palm, Lukas Zach
- Spieleranzahl (von bis): 1-6
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
- Dauer in Minuten: 30-60
- Jahrgang: 2022
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6 Kommentare
Dorfromantik ist ein ganz großartiges Spiel. Für mich ist es schöner als Carcassonne, obwohl es sich ähnlich spielt. Der Kampagnenpfad ist aber nicht meins. Ich habe lieber gleich alles zur Verfügung. Aber das motiviert natürlich. Wenn die Jury das nicht prämiert, verstehe ich die Welt nicht mehr…
Das ist ein tolles Spiel. Ich verstehe aber die Kritik an vielen Spielern nicht. Mir macht es allein keinen Spaß. Wir spielen am liebsten zu viert.
Das Problem des „Alphatierchens“ ist überpräsent. Ich teile die Ansicht des Rezensenten und ziehe eine Solopartie vor. Die gefällt mir besser als das Game.
Am anfang wen noch alles erklärt wird ist es gut danach versteht man einfach gar nichts mehr und man verzweifelt wie man weiter spielen sollen, für mich ist das spiel dadurch nichts weil wen ich was spiele dan richtig und nicht so das ich weiter spielen kann mit schummeln so das es einigermaßen pass. Klar spielt jeder nur die ersten runden ab erfolg 3 kann man das spiel in die tonne werfen da man nichts mehr versteht und keine Erklärung bekommt
Ich kann die Begeisterung für dieses Spiel nicht verstehen. Hatte es gekauft, weil es zum Spiel des Jahres gewählt wurde.
Wir haben es zu 5 gespielt. Es wurde sehr schnell langweilig.
Wenn man Spiele spielt wie Andor, ist dieses Spiel nichts für einem.
Hallo Ulf,
das Spiel hat seine Stärken, wenn es
a) allein oder zu zweit auf den Tisch kommt
b) durch die Erweiterungen mehr Komponenten enthält.
Als Solospiel finde ich es wirklich perfekt und großartig designt. In größeren Gruppen würde ich es aber wirklich auch nicht spielen wollen. Vielleicht probierst du es mal in einer Minigruppe. Wenn nicht oder danach, kannst du immer noch andere „Verwertunsgwege“ in Betracht ziehen.