Infos zum Spiel Die Werft
- Titel: Die Werft
- Verlag: Czech Games Edition
- Autor: Vladimir Suchy
- Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
- Dauer in Minuten: 120
- Jahrgang: 2009
Das im 19. Jahrhundert aufkommende Dampfschiff, komplett aus Stahl gebaut, war damals eine Revolution in der weltweiten Schifffahrt und veränderte das überseeische Transportwesen, ähnlich wie es die Eisenbahn auf dem Lande tat. Da meine Heimatstadt eine der letzten großen Werftenstandorte in Deutschland ist, finde ich es natürlich besonders Reizvoll mich diesem Aspekt, genauso wie der damaligen Ära der Dampfschiffe im Allgemeinen, auch mal spielerisch zu nähern.
In dem Spiel mit dem recht schlichten Namen Die Werft sind die Spieler Besitzer einer Schiffswerft mit dem Ziel, die größten, schönsten und schnellsten Dampfschiffe zu bauen. Nach dem Stapellauf werden die Schiffe ausgerüstet und mit einer Crew versehen, ehe sie zur Jungfernfahrt aufbrechen. Hier werden sie von Inspektoren auf ihre Seetauglichkeit untersucht und entsprechend mit Siegpunkten versehen. Wer am Ende die meisten Siegpunkte besitzt hat schließlich gewonnen.
Doch bevor das Spiel beginnen kann, muss das sehr umfangreiche Spielmaterial aufgebaut werden. Die Tischmitte nehmen die beiden Spielplanteilen ein, auf denen unter anderem Spielfiguren, Crewplättchen, Ausrüstungsplättchen, Schiffsplättchen, Kanalplättchen, Rohstoffplättchen und noch eine ganze Menge mehr platziert werden. Jeder Spieler erhält außerdem einen Werftplan, auf dem er seine Schiffsneubauten platziert und von dem ausgehend er ein Kanalsystem baut, auf dem seine fertigen Schiffe auf Jungfernfahrt gehen. Es nimmt schon eine ganze Zeit in Anspruch, die vielen Spielmarker aufzubauen, aber dann kann es endlich losgehen.
Das Spiel wird reihum in Runden gespielt. Welche Handlungsmöglichkeiten man hat, hängt von der sehr innovativen Aktionsleiste ab. Auf dieser liegen acht verschiedene Plättchen, jedes steht für eine Aktion. Ist man an der Reihe, so nimmt man seine Spielfigur vom Aktionsplättchen und legt dieses nach ganz vorne auf das erste freie Feld auf der Aktionsleiste. Dadurch wandern die Plättchen auf der Aktionsleiste langsam entlang und das Spiel endet, wenn ein Plättchen nach einer vollen Umrundung das Startfeld wieder erreicht. Man stellt nun seine Figur auf ein frei wählbares Aktionsplättchen und führt die dazugehörige Aktion aus. Zusätzlich bekommt man Geld in Form von Gulden. Je weiter hinten das Aktionsplättchen liegt, sprich je länger die Aktion von keinem Spieler ausgeführt wurde, desto mehr Gulden gibt es. Die einzige Einschränkung bei der Wahl des Aktionsplättchens ist nur, dass keine andere Figur auf ihr steht und es sich nicht um das Plättchen handelt, auf dem man gerade eben schon gestanden hat. Man ist also in der Auswahl nur leicht eingeschränkt.
Da es acht Aktionsplättchen gibt, kann man also auch acht verschiedene Aktionen ausführen. Diese sind der Kauf von Rumpfteilen für Schiffe, der Kauf von Ausrüstungsgegenständen (Kran, Segel, Schornsteine, Kanonen), das Anheuern von Besatzungsmitgliedern (Kapitäne, Händler, Soldaten), der Kauf von Rohstoffen, der Handel mit Rohstoffen, die Erhöhung der Produktivität (in Form von Bonusplättchen, die es einem ermöglichen beispielsweise höhere Preise für Rohstoffe zu erzielen oder zusätzliche Ausrüstungsgegenstände zu bekommen) und schließlich die Erweiterung des Kanalsystems um Jungfernfahrten erfolgreich durchführen zu können. Der aufmerksame Leser hat bis jetzt sieben Aktionen gezählt. Eine achte Aktion, und damit ein achtes Plättchen, wird nur bei vier Spielern genutzt. Diese besteht passenderweise aus dem Einstreichen von Subventionsgeldern.
Bei der Ausführung der Aktionen kommen nun die vielen Plättchen und Figuren auf den beiden Spielplanteilen ins Spiel. Schiffsteile, Kanalteile und Rohstoffe sind in Form eines Pools vorhanden, man sucht also einfach aus dem vorhandenen Angebot aus und füllt hinterher den Pool wieder auf. Beim Kauf von Ausrüstungsgegenständen, dem Anheuern von Crewmitgliedern oder der Steigerung der Produktivität wird eine Spielfigur auf einem entsprechenden Rundkurs auf dem Spielplan um ein Feld vor bewegt. Das Feld, auf dem die Figur landet, gibt dann das entsprechende Teil an, das gekauft werden kann. Sagt einem dieses nicht zu, kann man für jeweils einen Gulden die Figur je ein Feld weiter vorsetzen, um so an spezielle Ausrüstungsgegenstände zu gelangen oder dringend benötigte Crewmitglieder anheuern zu können. Hier ist also eine umsichtige Planung notwendig, um den Baupreis des Schiffes nicht unnötig in die Höhe zu treiben. Das aktionsbedingte Vorsetzen der Spielfiguren auf ihren Rundkursen ist ebenfalls ein schöner, nicht unbedingt alltäglicher Spielmechanismus von Die Werft.
Hat ein Spieler ein Schiff fertig gestellt (hierzu muss es aus einer Bugsektion, einer Hecksektion und mindestens einer Mittelsektion bestehen), wird es am Ausrüstungskai mit entsprechenden Ausrüstungsgegenständen versehen, und die Kajüten werden mit Crewmitgliedern bestückt. Ist ein Kapitän an Bord, kann das Schiff nun zur Jungfernfahrt aufbrechen, andernfalls wird es ohne Wertung abgewrackt. Für die Jungfernfahrt wird zunächst die Geschwindigkeit des Schiffes ermittelt. Diese hängt von der verbauten Anzahl an Segeln, Schornsteinen und Schiffsschrauben ab. Je schneller das Schiff, desto mehr Felder im werfteigenen Kanalsystem kann es passieren, und desto länger muss der Kanal sein, damit auch immer eine handbreit Wasser unterm Kiel ist. Auf der Jungfernfahrt durch das Kanalsystem kommt das Schiff an verschiedenen, auf den Kanalplättchen abgebildeten Symbolen vorbei, die zusätzliche Siegpunkte für am Schiff angebrachte Ladekräne, Rettungsboote oder Kanonen bringen beziehungsweise für auf dem Schiff befindliche Soldaten oder Kaufleute. Die so erzielten Siegpunkte werden auf einer Siegpunkteleiste vermerkt und das Schiff wird zur Seite gelegt.
Wie schon beschrieben endet das Spiel, wenn das erste Aktionsplättchen auf der Aktionsleiste einmal um den Spielplan gewandert ist. Nun darf jeder Spieler noch eine Abschlussaktion durchführen und es geht an die Schlussabrechnung. Jetzt werden alle bisher gebauten Schiffe noch einmal angeschaut, denn zu Beginn des Spiels wurden an die Spieler Regierungsaufträge verdeckt ausgegeben, von denen jeder zwei behalten hat. Diese Regierungsaufträge können noch zusätzliche Siegpunkte für die bereits fertig gestellten Schiffe bedeuten. Erst jetzt kommt man zum Endergebnis und der Sieger kann gekürt werden.
Trotz des schlichten Namens Die Werft handelt es sich hier um ein äußerst komplexes Spiel mit einem ausgeklügelten Spielprinzip. Nicht zuletzt durch die Fülle an Spielmaterial ist man im ersten Moment allerdings von diesem Spiel erschlagen. Eine etwas holprige Spielanleitung, die nicht gerade klar strukturiert ist, unterstützt diesen ersten Eindruck. Aber nach einer kurzen Eingewöhnungsphase sind einem die Spielmechanismen klar und unterstützt durch die vielen Aktionsleisten und –felder bleiben sie geläufig. So kann sich auch ein Anfänger relativ schnell im Spiel zurechtfinden und sich einen tollen Schlagabtausch mit alten Hasen liefern. Wie gesagt sind die Spielmechanismen sehr ausgeklügelt und greifen toll ineinander, trotzdem gelingt es jedem Spieler schnell Punkte für seine Schiffsneubauten zu bekommen. Selbst mit einiger Erfahrung wird es dann aber eine echte Herausforderung, die Punkteausbeute zu optimieren, um sich vorentscheidend von den Mitspielern absetzen zu können. Es sind unheimlich viele Aspekte, die bei Die Werft im Auge behalten und aufeinander abgestimmt werden müssen, um besonders erfolgreich zu sein.
Die Werft ist ein tolles Strategiespiel mit einem absolut funktionierenden Spielprinzip, das langanhaltenden Spielspaß garantiert. Es richtet sich aber definitiv an Vielspieler, die gerne an taktischen Elementen tüfteln und eine ausgeklügelte Strategie dem Faktor Glück vorziehen. Trotzdem kann Die Werft auch bei einem Neuling überzeugen, da die Punktabstände zu einem erfahrenen Spieler trotzdem nie zu groß werden und jederzeit Überraschungssiege möglich bleiben.
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