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Die Säulen der Erde

Die Säulen der Erde von Reich der Spiele

Infos zu Die Säulen der Erde

  • Verlag: Kosmos
  • Autor: Michael Rieneck, Stefan Stadler
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 120
  • Jahrgang: 2006

Der Romanerfolg "Die Säulen der Erde" von Ken Follett weckt auch Begehrlichkeiten der Spieleverlage. Natürlich muss ein Spiel zum Buch her. Gesagt getan. Doch ist es ein gutes Spiel oder versuchen Autoren und Hersteller nur auf der Erfolgswelle zu schwimmen?

Natürlich steht im Mittelpunkt des Spiels der Bau der Kathedrale. Eigentlich. Nah am Thema ist Die Säulen der Erde, doch hat der Bau als solches mit dem Spielverlauf kaum etwas zu tun. Lediglich zum Ende der Runden wird ein Baustein der Kathedrale hinzugefügt. Für den Spielverlauf ist dies jedoch völlig unerheblich. Vielmehr entpuppt sich beim genaueren Hinsehen Die Säulen der Erde als Optimierungsspiel, bei dem es darum geht, die meisten Siegpunkte zu sammeln. Diese erhält man zum Beispiel, wenn die eigenen Handwerker die Baustoffe Stein, Holz und Sand sowie Metall weiterverarbeiten. Vor dem Preis liegt aber der Fleiß, denn diese Baustoffe müssen zunächst "abgebaut" oder zu recht hohen Preisen gekauft werden. Klar, dass deshalb auch ein prall gefüllter Geldbeutel nützlich ist. Nicht zuletzt, weil auch die Steuern anfallen und das Anwerben der Handwerker nicht gerade günstig ist.

Der Spielverlauf ist sehr statisch. Nachdem die Arbeiter zum Abbau der Baustoffe geschickt wurden, wobei der Startspieler die erste Wahl hat, wird die Reihenfolge der Aktionen durch Ziehen der Baumeister ermittelt. Davon besitzt jeder Spieler drei. Anschließend werden diese der Reihenfolge entsprechend auf Aktionsfelder eingesetzt, die danach in einer vorgegebenen Abfolge ausgewertet werden. Sehr interessant ist der Mechanismus der Ermittlung der Aktionen durch Ziehen der Baumeister. Der aktuelle Startspieler zieht "blind" einen der Baumeister. Der Besitzer der gezogenen Spielfigur darf nun passen oder Geld bezahlen, um die Aktion auszuführen. Passt ein Spieler, kann er diesen Baumeister erst am Ende dieser Phase Runde einsetzen. Anschließend passende Spieler, deren Baumeister gezogen werden, sind jeweils davor an der Reihe. Je eher gepasst wird, desto später ist man also am Zug. Und je später man die Aktion wählt, desto günstiger ist es (am Ende sogar kostenlos). Das Warten hat jedoch den Preis, dass bestimmte Aktionen nicht mehr gewählt werden können, da die meisten der Möglichkeiten nur von einen oder zwei Baumeistern in der gleichen Runde ausgeführt werden können. Der Zufallsfaktor des Ziehens muss mitunter also durch das Zahlen der geforderten Summe für das Einsetzen abgemildert werden.

Die meisten Aktionen führen zu Geld, Handwerkern, Baustoffen oder zusätzlichen Siegpunkten. Die Auswahl ist relativ groß, doch einige Aktionen wie das kostenlose Anwerben von Handwerken sind hart umkämpft. Da lohnt es sich, gegen etwas Geld den früh gezogenen Baumeister sofort einzusetzen. Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass Die Säulen der Erde mit den vielen Aktionen einen Entscheidungsspielraum vorgaukelt, der im Grunde gar nicht vorhanden ist. Meist gibt es für jeden einzelnen Spieler nur wenige optimale Aktionen pro Runde, von denen ein Teil durch Mitspieler absichtlich oder unabsichtlich blockiert wird. Statt taktischer Komponenten bietet das Spiel lediglich die Notwendigkeit, jeden einzelnen Zug zu optimieren. Anders ausgedrückt: Hier entscheidet eher der Spielstand, weniger der Spieler. Dennoch sind die Spieler gefordert, das eigentliche Spielziel, die Siegpunkte, nicht aus den Augen zu verlieren. Schnell ist man geneigt, einen auf den ersten Blick starken Handwerker zu engagieren, der sich aber mangels Baustoffe im Spielverlauf zur "Fehlinvestition" wird. Andererseits sind die teuren Handwerker eben auch die, die tendenziell mehr Siegpunkte erschaffen – wenn die nötigen Baustoffe gesammelt wird.

Die Säulen der Erde ist ein schön aufgemachtes Spiel, dessen Illustration meiner Ansicht nach jedoch etwas dunkel und für die Augen zu unruhig ist. Die auf den ersten Blick vielfältigen Entscheidungsmöglichkeiten bieten im Spielverlauf nur wenig taktische Möglichkeiten, lediglich Optimierungszwänge. Das ist vor dem Hintergrund des zudem statischen Spielverlaufs zu wenig, um Die Säulen der Erde zu einem herausragenden Spiel zu machen. Der Zufall greift ebenfalls an mehreren Stellen in das Spielgeschehen ein. Das reduziert zwar die Spielatmosphäre nicht, wertet den Mechanismus aber etwas ab. Und genau das ist auch die Krux bei Die Säulen der Erde. Das Spiel wirkt so stimmig und ist mit einem so beliebten Thema versehen, dass man den Spielspaß geradezu spüren können will. Leider ist es bei einem etwas distanzierten Blick auf das Brett weit weniger spannend und anspruchsvoll. Der Spielspaß jedenfalls bleibt von Partie zu Partie immer ein Stückchen mehr auf der Strecke. So lange, bis die anfängliche Atmosphäre und Freude der Erkenntnis Platz macht, dass ein beliebtes Thema, ein interessanter Aktionsreihenfolgemechanismus und ein ausbalanciertes Regelwerk eben keine Langzeitmotivation bedeuten. Trotzdem ein gutes Spiel? Ja, schon, aber ganz sicher kein packendes.

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