Reich der Spiele

Troyes

Troyes von Reich der Spiele

Das Schöne am kleinen Mikrokosmos der Brettspiele ist, dass überraschenderweise immer wieder Spiele auf der Spiele-Messe in Essen quasi aus dem Nichts auftauchen, die im Vorfeld nicht gehypt oder mit viel Tam-Tam angekündigt wurden und welche sich anschließend durchaus als ausgesprochene Bereicherung der eigenen Spielesammlung entpuppen können. Wenn dann das Spiel zudem noch von einem neuen bzw. einem Klein-Verlag stammt, ist die Freude, gepaart mit der Vorfreude auf kommende Spiele meistens umso größer.

Liebe auf den ersten Blick gibt es mit Troyes aber mitnichten. Ein paar Karten, ein paar Holzspielsteine, ein paar Würfel und ein Spielplan mit einer handgezeichneten und etwas gewöhnungsbedürftigen Grafik. Troyes hat einen eher spröden Charme und erinnert in dieser Beziehung an den letzten Urvater der sogenannten Worker-Placement Spiele, an Caylus.

Die Spieler verkörpern im Spiel selbst reiche Familien aus dem Gebiet der Champagne, welche über Generationen hinweg mithelfen, die Stadt Troyes und ihre Kathedrale zu einem wirtschaftlichen, militärischen und religiösen Zentrum zu machen. Dazu werden Dank des Einflusses und des Geldes dieser Familien Einwohner der Stadt rekrutiert, um in den verschieden Bereichen am Aufbau der Stadt und der Abwehr widriger Umstände mitzuwirken.

Kernstück des Spiels sind die insgesamt 24 verschiedenfarbigen Würfel. Moment mal, Würfel? Was machen denn diese glückslastigen Kollegen in einem Aufbauspiel? Die Würfel symbolisieren die Arbeitskraft der maximal 18 Einwohner, welche im Rathaus (Wirtschaft), Grafenpalast (Militär) oder im Bischhofssitz (Klerus) arbeiten. Je Runde würfeln alles Spieler gleichzeitig mit den ihnen zugehörigen farbigen Würfeln. Je Aktion können sie anschließend reihum ein bis drei gleichfarbige davon nutzen. Die Benutzung eigener Würfel ist natürlich kostenfrei, will man die „Arbeitskraft“ anderer Spieler nutzen, muss man dafür zahlen. Das ist für viele Spieler aber eine schwer zu überwindende, gedankliche Barriere, dass die selbst gewürfelten Würfel, meist nur gegen ein kleines Entgeld, auch vom Gegner verwendet werden können

Ein zweites, nicht minder wichtiges Element des Spiels sind die Aktions- und Ereigniskarten. So wird in jeder der ersten drei Runden des Spiels eine Aktionskarte je Bereich zur Benutzung freigegeben. Ab der dritten Runde stehen den Spielern also neun Aktionskarten zur Verfügung. Diese Karten wurden zu Beginn des Spiels aus insgesamt 27 Karten gezogen. Dadurch ergibt sich eine unglaublich hohe Variationsvielfalt. Als kleiner Gegenpol zum ständigen Fortschritt kommen pro Runde mindestens zwei zufällig gezogene, meistens negative Ereigniskarten ins Spiel, welche solange permanent wirken, bis sie durch die Spieler beseitigt wurden.

Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Siegpunkte zu sammeln. Dazu wird Einfluss benötigt, um zusätzliche Arbeitskräfte anheuern zu können. Geld ist notwendig, damit die Arbeitskräfte die Aktionskarten nutzen, und die Würfel (Arbeitskraft) geben schließlich an, wie effizient die gewählte Aktion ausgeführt werden kann. In einer Runde können die Spieler solange Aktionen ausführen, bis alle Würfel verbraucht sind oder alle Spieler gepasst haben. Nach einer vorgegeben Anzahl von Spielrunden ist das Spiel zu Ende, und die Siegpunkte werden ausgezählt. Zusätzliche Bonuspunkte gibt es am Ende des Spiels, falls die Spieler durch Karten geforderte Bedingungen erfüllen. Die entsprechenden Persönlichkeitskarten werden den Spielern vor Spielbeginn verdeckt zugeteilt.

Obwohl Troyes recht unscheinbar und einfach daher kommt, ist es doch ein sehr komplexes Spiel, in welchem die unterschiedlichen Spielmechanismen perfekt ineinander greifen. Überall gibt es Stellschrauben und Möglichkeiten an denen gedreht und gefriemmelt werden kann, und selten ist  schon vor der Auszählung der Siegpunkte klar, wer gewonnen hat. Durch die unterschiedlichen Aktions-, Ereignis- und Persönlichkeitskarten ergeben sich in jedem neuen Spiel unterschiedliche Konstellationen und erfordern so eine andere Strategie.

Der Kehrseite dabei ist leider die mit dieser Komplexität verbundene, recht hohe Einstiegshürde. Zum einen dauert es selbst bei erfahrenen Spielern eine Weile, bis diese die Vielzahl von Aktionsmöglichkeiten überblicken, zum anderen ist es durch die Art der Aktionsausführung selbst – Würfelergebnisse werden unterschiedlich dividiert und erst mit dem entsprechenden Ergebnis wird die Aktion ausgeführt – manchmal recht schwierig, rasch den im Augenblick besten Spielzug herauszufinden. Das fordert natürlich das Grübelpotential vieler Spieler und steigert die Spieldauer. Spätestens nach der zweiten Partie hat man jedoch das Spielprinzip verinnerlicht, und selten dauert eine Partie dann länger als die vom Verlag veranschlagten 90 Minuten. Erstaunlicherweise spielt sich Troyes in jeder Besetzung nahezu perfekt, solange alle Spielpartner diese Art von Spielen mögen. Kurzes und knappes Fazit. Troyes ist ein Strategiewolf im Schafspelz. Das Spiel sollte in keiner gut sortierten Spielsammlung fehlen. Vielspieler und ambitionierte Familienspieler können hier bedenkenlos zugreifen, es lohnt sich!

 

Infos zu Troyes

  • Titel: Troyes
  • Verlag: Pearl Games
  • Autor: Xavier Georges, Sébastien Dujardin, Alain Orban
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 120
  • Jahrgang: 2010

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