Organische Weltraumzeit
Tobias, mit Space Dealer veröffentlichst du zur Spiel ’06 bei Eggert Spiele ein Weltraumspiel. Wie bist du zu diesem Thema gekommen, um das Verlage sonst eher einen Bogen machen?
„Da gibt es mehrere Gründe. Zunächst gibt es im Bereich Handelsspiele eine Menge sehr abgedroschener Themen: Seefahrt, Mittelalter, Bohnen 😉 Der Weltraum erschien uns da aktuell (!) eher unterbesetzt. Im Zuge der immer weiter zunehmenden Spielevielfalt ist vielleicht gerade das Verwenden von Themen sinnvoll, um die andere einen Bogen machen. Damit kann man sich zumindest über diesen Weg gegenüber anderen Spielen absetzen. Desweiteren haben wir einen Illustrator gefunden, der einen sehr auffälligen Stil zum Thema Weltraum entwickeln konnte, der eine tolle Spielatmosphäre gewährleisten kann. Schließlich lässt sich Weltraumatmosphäre recht gut durch Musik herstellen und die spielt in SpaceDealer eine besondere Rolle, denn dem Spiel wird eine CD beiliegen, auch wenn das Spiel ohne CD trotzdem spielbar bleibt.“
Was ist für dich der Hauptmechanismus des Spiels?
„Alle Spieler spielen gleichzeitig, doch ohne in Hektik verfallen zu müssen. Dies wird dadurch gewährleistet, dass alle Aktionen durch Sanduhren gestartet werden. Sobald eine Sanduhr durchgelaufen ist, ist die Aktion vollendet und der Effekt kann genutzt werden. So verhält es sich mit dem Bauen von Gebäuden, dem Bewegen von Raumschiffen, dem Produzieren von Waren, dem Schaffen neuer Nachfragen … Im Computerspielbereich hat sich hierfür der Begriff Echtzeitspiel eingebürgert.“
Gibt es ein Strategietipp für die erste Partie? Worauf wird es spielerisch besonders ankommen?
„Für die erste Partie sind die gesondert beschriebenen Grundregeln sinnvoll. Diese reduzieren das Spiel auf die nötigsten Mechanismen, um ein Gefühl für die ungewöhnliche Spielweise zu bekommen. Hier empfiehlt es sich, zunächst einmal zu erfahren, was alles möglich ist. Spielerisch kommt es dabei wesentlich NICHT auf flinke Hände, sondern auf guten Überblick, taktisches Geschick und Multitaskingfähigkeiten an. Da alle Aktionen erst nach einer Minute (Sanduhrlaufzeit) abschlossen sind, hat man stets Zeit zum Nachdenken, doch darüber hinaus denken Grübler auf eigene Kosten nach, denn jede abgelaufene Sanduhr ist verlorenes Kapital und nach exakt 30 Minuten ist das Spiel vorbei. Die vollständigen Regeln bieten dann auf dieser Grundlage deutlich erhöhte Interaktion, da zusätzliche Aktions- und Handelsmöglichkeiten etwas Spielerfahrung benötigen. Darunter finden sich auch Aktionen, die den Mitspielern direkt Schaden können, die allerdings je nach Spielgeschmack verwendet werden dürfen.“
Bei deinem Erstlingswerk Neuland hast du mit einem eigenwilligen Aktionspunktemechanismus aufgewartet. Wodurch zeichnet sich Space Dealer deiner Meinung nach besonders aus?
„Ich habe mir zum Ziel gesetzt, Spiele zu erfinden, die stets eine wirklich neue Komponente haben. Mit Space Dealer habe ich mich folgendem Konflikt gewidmet: Alle spielen gleichzeitig, doch jeder hat Zeit zum Überlegen, ohne ständig in Hektik verfallen zu müssen. Ich konnte durch den Sanduhr-Mechanismus ein komplexes taktisches Aufbauspiel konstruieren, das in einer halben Stunde gespielt ist, dessen Resultat allerdings (bei vier Mitspielern) dem eines zweistündigen Spiels entspricht, weil alle gleichzeitig agieren dürfen. Das Spielziel ist nur über das Beliefern der Mitspieler mit Waren erreichbar, was ohnehin eine große Interaktion darstellt. Dadurch das Angebot und Nachfrage allerdings stets im Fluss sind, entsteht eine sehr dynamische und flüssige Spielsituation.“
Unser Eindruck vom in Göttingen gezeigten Prototypen war, dass die Raumschiffmodelle nicht ganz günstig herzustellen sein könnten. Wie habt ihr dieses Problem gelöst? Wird das Spiel dennoch im üblichen Preisrahmen eines Kleinverlages bleiben?
„Dank eines genialen Einfalls unserer Layouterin kommen wir jetzt ausschließlich mit Stanzteilen aus. Bisher war ich Spielmaterial immer etwas skeptisch gegenüber, das aus gefalteten und gesteckten Pappteilen besteht, doch durch einen stark verstrebten Stecksatz bleibt alles sehr stabil. Zunächst hatten wir vor, zwei verschiedene Farbversionen des Spiels anzubieten, um ein Spiel für bis zu acht Personen zu ermöglichen. Durch beidseitiges Bedrucken und die Wahl der Raumschiffmodelle sind jetzt allerdings alle acht Farben in jedem Spiel vorhanden, sodass zwei beliebige Spielkartons das Spiel auf fünf bis acht Spieler erweitern. Die normale Spieleranzahl ist drei bis vier.
Der endgültige Preis ist noch nicht kalkuliert, da wir sehr unterschiedliche Spielmaterialien benötigen: Zehn Sanduhren, Holzwürfel, Holzzylinder, Spielkarten im Sonderformat, Vier Stanzbögen (Raumschiffe, puzzelbarer Spielplan, individuelle Spielerablagen), eine CD mit 30 Minuten Musik und höchstwahrscheinlich einem Einführungsvideo, in dem ich persönlich die wichtigsten Regeln des Spiels erklären werde. Trotz des umfangreichen Materials streben wir allerdings einen Preis unter 35 Euro an. Als besonderes Schmankerl planen wir für Essen als optionalen Zeitmesser große Metallsanduhren (25 Zentimeter Standhöhe) separat anzubieten. Das hängt allerdings davon ab, ob wir die Uhren zu realistischen Preisen anbieten können.“
Du hast die Grafik gelobt. Auf was können sich in dieser HInsicht die Spieler freuen?
„Die Beispiele geben bereits einen guten Eindruck von der beabsichtigten Atmosphäre des Spiels. Der Illustrator hat sich viel Mühe mit einer Weltrauminterpretation gegeben, die nicht dem normalen Klischee von Metallwelten und blitzender Technologie entspricht. Vielmehr haben organische Strukturen und bewegte oder lebendige Motive den Vorrang. Wir haben dabei lange gerungen, einen Mittelweg zwischen hoher Atmosphäre und hoher Funktionalität zu finden, da das Spiel selbst ein sehr übersichtliches Material erfordert. Durch die zusätzliche Gliederung des Spielerbereichs durch separate Pappablagen haben wir uns letztendlich für einen relativ hohen Anteil an Atmosphäre entschieden.“
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