Reich der Spiele

Carnegie

Brettspiel Carnegie - Ausschnitt - Foto von Pegasus Spiele

Philanthropen, also Menschen, die Menschen lieben und etwas Gutes tun wollen, gibt es gerade in den Kreisen der oberen Zehntausend einige. Nicht immer geht es dabei um pure Philanthropie, es geht natürlich auch um das Sparen von Steuern, zumindest in der aktuellen Zeit. Früher ging es natürlich auch nicht nur um reine Wohltätigkeit, natürlich erhoffte man sich einen guten Ruf und andere Vorteile dadurch.
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Andrew Carnegie war dabei tatsächlich anders. Reich geworden ist der geborene Engländer durch Stahl und war zu seiner Zeit der drittreichste Mensch der Welt und gleichzeitig der, der das meiste Geld spendete. Nach heutigem Wert spendete er 10,3 Milliarden US-Dollar seines Vermögens, besaß danach aber immer noch mehrere 100 Milliarden. Ein unvorstellbarer Reichtum und genug Geld, um tatsächlich ein Philanthrop sein zu können.

Das Spiel Carnegie über den Unternehmer

Carnegie ist natürlich nach diesem Multimilliardär benannt und nach seinem Lebenswerk aufgebaut. Es kombiniert also Stahlindustrie und Philanthropie. Entstanden ist dabei ein Expertenspiel mit verschiedenen Mechanismen für 1-4 Spielende ab 12 Jahren und mit einer Spieldauer von 90-120 Minuten. Wobei diese Zeitangabe für die ersten Spiele eher untertrieben, nach mehreren Partien aber durchaus realistisch ist. Erschienen ist das Spiel von Xavier Georges 2022 in der deutschen Übersetzung bei Pegasus Spiele.

Der Blick in die Box

Wie fast immer, wenn man es mit Expertenspielen zu tun hat, hat das Spiel durchaus einiges an Gewicht, hier etwas mehr als zwei Kilogramm. Der Blick in die Box zeigt dann auch direkt, wo das Gewicht herkommt. Wir finden darin neben zwei Anleitungen, eine in Deutsch und eine in Englisch, mehr als 200 Holzfiguren in sechs verschiedenen Farben. Davon sind jeweils 45 in vier Farben für die Spielenden vorhanden und aufgeteilt in Angestelltenfiguren in Menschenform und Plättchen. Dazu kommen noch Güter in groß und klein, ein Zug als Startspielmarker und ein Zahnrad als Zeitlinienmarker.

Aus dem Karton herauszulösen sind noch Banknoten, in den Werten 1, 5 und 10, vier Aktionswahlmarker für die Spielenden, Zeitlinienmarker, Abteilungsplättchen, Start- und Endteile für die Zeitlinienmarker, Projektkarten und Aktionsmarker mit Aufklebern. Damit sind wir fast durch, denn es gibt noch den Spielplan, eine große Karte von Amerika mit Städten, Fortbewegungsmittel und Regionen sowie Spendenleisten gesondert gefärbt, es gibt vier Firmenkarten für die unterschiedlichen Abteilungen, fünf sind bereits aufgedruckt, die anderen können durch die Marker nachgelegt werden. Außerdem gibt es noch vier Spielhilfen und 45 Karten für das Solospiel.

Ja, das ist einiges an Material und das erklärt durchaus auch den eher stolzen Preis. Schlussendlich hat das aber nicht viel zu sagen, wenn das Spiel keinen Spaß liefert und deshalb schauen wir uns natürlich auch den Ablauf an.

Der Aufbau von Carnegie

Bei der Menge an Material erwartet man einen langwierigen Aufbau, man wird aber direkt positiv überrascht, denn so viel muss gar nicht getan werden. Jeder Spielende erhält seine Holzfiguren, einen Aktionswahlmarker (nur bei vier Spielenden) oder nur der dritte Spielende (bei drei Spielenden), eine Firmenkarte inklusive vier Projektkarten und eine Spielhilfe.

Zusätzlich erhält jeder Spieler vier Güterkisten und 12 Dollar. Zehn der Angestelltenfiguren werden auf die Firmenkarte verteilt, jeweils eine auf die fünf aufgedruckten Abteilungen und fünf im Eingangsbereich zur späteren Verteilung. Der Spielplan wird in die Mitte gelegt, daneben werden vier zufällig ausgewählte Zeitlinienmarker zwischen die Start- und Endteile gelegt. Das sorgt für viele Spielvarianten.

Dazu werden dann zufällig eine bestimmte Anzahl von Abteilungsmarkern und die Güterkisten neben das Spielbrett gelegt. Zum Abschluss legen die Spielenden Plättchen in ihrer Farbe auf die 0 der Wertungsleiste, jeweils eins auf die vier Fortbewegungsleisten und jeweils eins auf die drei untersten Projektkarten (Wohnen, Handel und Industrie). Bei weniger als vier Spielenden werden noch ungenutzte Plättchen verwendet.

Damit kann Carnegie starten. Erst einmal dürfen alle Spielenden aber das Plättchen von Wohnen auf einem Wohnenfeld einer Stadt platzieren und ein Abteilungsplättchen auswählen. Der Startspieler erhält den Startspielmarker und das Spiel beginnt im Uhrzeigersinn. Alle Spieler dürfen ihre Angestellten pro Runde sechs Abteilungen weit bewegen, also zum Beispiel aus dem Eingangsbereich in eine Abteilung oder aus einer Abteilung in eine andere Abteilung. Die bewegten Angestellten werden hingelegt und nicht gestellt und können erst nachdem alle Spielenden ihre Bewegungen durchgeführt haben aktiviert werden. Diese Aktivierung ist das eigentliche Spiel.

 

Carnegie - Spielsituation während der Partie - Foto von Pegasus Spiele
Carnegie – Spielsituation während der Partie – Foto von Pegasus Spiele

Spielen: Sei wie Carnegie

Prinzipiell befinden wir uns ja bereits im Spiel, trotzdem gilt es nun, das Spielen für die 20 Spielrunden des Spiels zu erläutern. Wichtig ist vor allem das Verständnis für die Unternehmensstruktur und die Einstellungs- und Einsatzmöglichkeiten der Mitarbeitenden.

Die Unternehmensstruktur ist in vier Abteilungen aufgeteilt:

  1. Personal (zur Umverteilung der Mitarbeitenden),
  2. Verwaltung (zur Beschaffung von Waren und Geld),
  3. Konstruktion (Projektumsetzungen) und
  4. Forschung & Entwicklung (Projektentwicklung und Ausbau der Transportnetze).

Als zweite Besonderheit ist der Mitarbeitendeneinsatz in den Abteilungen zu nennen, der sich aus der Abteilung selbst ergibt, und der Einsatz im Außendienst. Letzterer kann nur durch erfüllte Bedingungen in den Abteilungen durchgeführt werden und der Außeneinsatz generiert immer Einkommen. Das Aktivieren der Mitarbeitenden erfolgt über Bezahlung, sind Mitarbeitende einmal aktiviert, bleiben diese es auch, bis sie die Abteilung wechseln oder auf einen Außeneinsatz gehen.

20 Runden Wirtschaftssimulation

Die oben erwähnten 20 Runden, länger dauert eine Partie nicht, werden jeweils in vier Phasen unterteilt. Die erste Phase ist das Wählen einer Aktion für eine der vier Abteilungen vom Zeitplanmarker für diese Runde. Das Wählen der Aktion löst entweder ein Ereignis für alle in der gewählten Abteilung aus, wenn die Spielenden dort aktuell Mitarbeitende haben, oder ermöglicht eine Spende an eine von vier Projekten (Bildung, Menschenrechte, Gemeinwohl und Gesundheit). Für jeden Mitarbeitenden, der aus der Abteilung zurückgeholt wird, wird sowohl Transporteinkommen generiert, also auch Einkommen aus realisierten Projekten. Spenden, die zweite Möglichkeit, bringen am Ende Siegpunkte und kosten, wenig überraschend, Geld.

Die letzten vier Aktionen des Zeitplanmarkers lösen ein Ereignis aus und ermöglichen zusätzlich das Spenden. Die dritte Phase lässt die Spielenden die Abteilungen nutzen, also die Mitarbeitenden ihre Arbeit in den vier Abteilungen Personal, Verwaltung, Konstruktion und F&E machen. Die Abteilungen werden nacheinander abgehandelt, eine Rückkehr in eine vorherige Abteilung ist nicht möglich, selbst wenn dort eine ungenutzte Spielfigur vorhanden wäre.

Die Personalabteilung ermöglicht das Ausbilden von Mitarbeitenden zur Versetzung in andere Abteilungen. Im Spiel selbst ermöglicht diese Abteilung, dass die Mitarbeitenden Schritte bis zur passenden Abteilung machen können – bis zu drei Schritte pro Mitarbeitendem in der Abteilung. Am Zielort beginnt die Ausbildung und die Figur wird gelegt. Nach Aktivierung, dem Ende der Ausbildung, gilt die Figur als Mitarbeitende der Abteilung.

Die erste Verwaltungsabteilung ermöglicht vier Funktionen, von denen jeder Mitarbeitende der Abteilung eine auswählen kann. Die vier Funktionen sind: Geld oder Warenwürfel erhalten, entweder durch Einsatz im Haus oder im Außeneinsatz. Die zweite Verwaltungsabteilung ermöglicht den Bau neuer Abteilungen durch Ausgabe von Warenwürfeln.

Die Konstruktionsabteilung widmet sich den Projekten Wohnen, Handel, Industrie und Öffentlichkeit und realisiert diese in den Städten auf dem Spielfeld durch das Markieren mit einer eigenen Scheibe.

Forschung & Entwicklung ermöglicht eine Verbesserung der Transportmöglichkeiten und neue Projekte für die Konstruktionsabteilung. Nach Bezahlung der Forschungskosten mittels Forschungspunkten kann man a) die Projektstreifen verschieben und dadurch die neuen Projekte erforschen und entwickeln und b) die Transportleiste entwickeln.

Am Ende der Runde können Mitarbeitende aktiviert werden und der nächste Spielende beginnt die zweite Runde. So geht es dann bis zu Runde 20.

Das Spielende, also die Auswertung, zeigt dann, wieso Projekte so wichtig sind, denn wer Projekte abgeschlossen hat, die Großstädte miteinander verbinden, erhält mehr Punkte. Andere Punkte gibt es durch Abteilungen, Projektstreifen, realisierte Projekte, aktive Mitarbeitende, Spenden und ungenutzte Aktionsjoker. Die bisher erarbeiteten Siegpunkte bleiben natürlich auch bestehen.

Bewertung: Wie gut ist Carnegie als Spiel?

Carnegie: Brettspiel rund um Wirtschaft und Industrie - Foto von Pegasus Spiele
Carnegie: Brettspiel rund um Wirtschaft und Industrie – Foto von Pegasus Spiele

Carnegie ist definitiv ein Expertenspiel, das zeigt schon diese lange Rezension mit den beiden längeren Abschnitten zum Aufbau und zum Spiel an sich. Dieses Brettspiel wird man nicht beim ersten Spiel komplett verstanden haben, zumindest nicht in allen Feinheiten. Der grobe Überblick klappt natürlich und der Spielspaß ist sofort vorhanden, die Details sind aber herausfordernd. Gerade deshalb sollte man die letzte Seite des Regelhefts mit allen Symbolen und auch die Seiten mit den Abteilungen immer griffbereit halten. Denn es gibt doch viele Symbole und eine detaillierte Erklärung ist absolut hilfreich. Die vielen Elemente passen dabei absolut zum Spiel, wobei das Spenden, für das der Namensgeber bekannt war, wirklich nur einen Teil des Mannes widerspiegelt. Das passt natürlich auch und zwar sogar proportional zum echten Leben. Insgesamt passend, gut ausgestattet und mit dem nötigen Spielspaß versehen, also ein gutes Spiel für Experten.

Ein kurzer Exkurs zum Solospiel: auch das funktioniert mit den leicht angepassten Regeln der Spielspaß ist aber mit anderen Spielenden deutlich größer und nicht umsonst heißt es Gesellschaftsspiel.

Fazit

Carnegie ist ein gelungenes Expertenspiel, welches den bekannten Philanthropen Carnegie und sein Leben gekonnt spielerisch umsetzt und die Spielenden zu eigenen Carnegies werden lässt.

Dabei dreht sich nicht alles ums Spenden, sondern primär um den Ausbau der Firma, um überhaupt Spenden zu können. Flott ist das Spiel am Anfang nicht, aber nach einigen Runden wird es deutlich flotter und spannender. Bis dahin heißt es durchbeißen und immer wieder in den Regeln nach Symbolen und Erklärungen suchen. Es lohnt sich aber.

Infos zu Carnegie

  • Titel: Carnegie
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor: Xavier Georges
  • Spieleranzahl (von bis): 1-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 90-120
  • Jahrgang: 2022

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