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De Vulgari Eloquentia

De Vulgari Eloquentia von Lookout Games

De Vulgari Eloquentia ist ein Brettspiel von Mario Papini und in der deutschen Ausgabe bei Lookout Games erschienen. Ich halte es für eine besondere Perle, die letzten Herbst erschienen ist. Das Material ist eine Augenweide! Der Kartondeckel ist im Stil der mittelalterlichen Miniaturenmalerei gestaltet, die die Spielerfunktionen wunderbar darstellen, als Händler oder Kleriker, auf Reisen oder sich des Lernens widmend. Der Spielplan zeigt die italienische Halbinsel unterteilt in fünf verschiedene Sprachregionen. Diese zerfallen in weitere Untergebiete. Die andere Spielplanhälfte zeigt verschiedene Ablagefelder, Skalen und die zukünftigen Ereignisse. Auch hier ist mit sehr viel Liebe zum Detail gezeichnet worden, es bereitet ein Vergnügen, sich alles genau anzuschauen. Ich gehe davon aus, dass Spiele und besonders ihre Graphik bei Tageslicht oder zumindest sehr guten Lichtverhältnissen entworfen werden. Nur leider werden sie dann überwiegend am Abend bei schwachem Kunstlicht gespielt und das führt auch bei Vulgari zu leichten Irritationen was die Erkennbarkeit von Farbgrenzen Italiens, die Aktionsfelder und die Unterscheidung von Kärtchen angeht. Trotzdem ziehe ich die etwas längere Gewöhnungsphase dem augenblicklich sehr quietschbuntem Stil anderer Titel vor.

Thematischer Hintergrund ist der Beginn der Entwicklung einer allgemeinen Hochsprache im Italien des Mittelalters. Ein sehr ungewöhnliches Thema! Ich begrüße den Mut der beteiligten Verlage! In meiner ersten Partie gab es rasche Blicke meiner Mitspieler an den Nachbartisch, ob dort noch Platz wäre, nachdem ich das Thema nannte … Die Vollendung dieser Sprachentwicklung ist nicht das Ziel des Spiels, jeder trägt dazu bei und will durch seine Schritte etwas ganz anderes: Den gemeinen Siegpunkt einsammeln.

Dafür gibt es eine Fülle an Möglichkeiten, dieser Aspekt und der Wettlauf um einen Teil dessen lässt sich den Hasen im Pfeffer wälzen! Einen Löwenanteil der Siegpunkte kann durch die Übersetzung von Manuskripten gewonnen werden. Diese liegen zufällig und nach Werten sortiert am Rand. Um z. B. ein blaues 2er zu ergattern, muss man sich in der nördlichsten Dialektzone aufhalten und den Wissenstand der Stufe zwei besitzen. Alle starten natürlich dumm wie die Hupen auf eins und müssen Wissen ansammeln. Für Stufe zwei sind 16 Wissenspunkte nötig, für die weiteren muss noch deutlich mehr gesammelt werden. Einen wesentlichen Teil des Spiels reisen die Spieler umher, um sich in den örtlichen Bibliotheken einmalig das dortige Wissen anzueignen. Diese stehen aber allen Mitspielern offen. Das Reisen über weite Strecken kostet Geld und so sind alle bemüht, dieses durch Geschäfte wieder zu gewinnen, auch das steht allen gleichermaßen zu. Wettlauf gibt es um die Manuskripte und die Gunst von Persöhnlichkeiten wie Adligen, Äbtissinnen, Politikern und Sekretären.

Wer am Zug ist, hat fünf Aktionen und kann aus 18 Möglichkeiten wählen, die ich jetzt aber nicht in allen Einzelheiten vertiefen will. Geschickte Zeitplanung ist von Nöten, da bestimmte Aktionen nur in bestimmten Runden möglich sind. Dessen an Komplexität nicht genug, gibt es die Möglichkeit, vom Kaufmannsstand, mit welchem alle beginnen, in den geistlichen zu wechseln. Als Ordensbruder gibt es eine Vergünstigung, allerdings den Ausschluss von allen weiteren größeren Geldgeschäften. Dafür liegen alle Brüder dem reichsten Kaufmann mit ihren Almosenforderungen ständig auf der Tasche, eine interessante Verzahnung. Ein weiterer Wechsel zum Kardinal steht den Ordensbrüdern offen, auch diese mit Vorteilen versehen. Bei Spielende, dass nach 13 – 16 Runden der Fall ist, kann jeder die gesammelten Persöhnlichkeiten nutzen, um einen letzten siegpunktträchtigen Sprung auf der Karriereleiter zu machen.

Durch Bank weg herrschte in allen Partien eine reizvolle Spannung, selbst im Spiel zu zweit. Rasch hat jeder seine Pläne, will in allen Töpfen mitrühren und den anderen ein Filet-Manuskript vor der Nase wegschnappen. Die Interaktion zwischen den Spielern beschränkt sich auf die verschiedenen Wettläufe, was aber niemand bemängelte in meinen Runden. Vulgari Eloquentia ist sehr eingängig, die Regeln sitzen schnell, einzig, das sich die Bewegung nicht für Aktionen unterbrechen lässt, das will keiner rasch akzeptieren. Niemand frickelt auf einem eigenen Display vor sich hin, von daher herrscht viel Übersicht. Was jeder im Laufe des Spiels an Punkten hinter seinem Wandschirm gesammelt hat, ist dagegen nicht leicht überschaubar und macht somit natürlich auch viel Spannung aus.

Ich will nicht verhehlen, dass es bei einem derart komplexen Spiel auch einige Unwuchten gibt: So ist die Skala des Orienthandels etwas wirkungsschwach im Verhältnis ihrer Bewältigung und die der päpstlichen Bibliothek in ihrer Länge kaum sinnvoll, da ohnehin ständig Entscheidungsnotstände herrschen. Der Spieler, der die Rolle des Kaufmanns bis zum Spielende behält, hat es schwer zu gewinnen. Meistens bestimmte der Kardinal, welcher das Rennen um die Papstnachfolge für sich entschied, auch das Spiel für sich.

Spiele, die viel Offenheit für Entscheidungen und dabei auch unterschiedliche Wege zum Punkte sammeln bieten, Spiele, die mich am Ende der Partie daran denken lassen, was ich beim nächsten Mal anders machen würde, solche mag und empfehle ich, De Vulgari Eloquentia gehört dazu!

 

Infos zu De Vulgari Eloquentia

  • Titel: De Vulgari Eloquentia
  • Verlag: Lookout Spiele
  • Autor: Mario Papini
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 14
  • Dauer in Minuten: 120
  • Jahrgang: 2010

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