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Korsaren der Karibik

Korsaren der Karibik von Reich der Spiele

Infos zu Korsaren der Karibik

  • Titel: Korsaren der Karibik
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor: Kasper Aagaard, Christian Marcussen
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 13
  • Dauer in Minuten: 180
  • Jahrgang: 2011

Manchmal ist die Entstehungsgeschichte eines Brettspieles fast spannender als das eigentliche Spiel, Korsaren der Karibik ist so ein Fall. Ursprünglich im eigenen Kleinverlag der beiden Schöpfer bereits für Anfang 2007 als Merchants and Marauders angekündigt durchlebte es eine wahre Odyssee. Pro Ludo „übernahm” das Spiel, taufte es in Age of Piracy um und die Autoren waren froh, dass sich ein erfahrener Verlag ihrem Spiel annahm. Lange wurde an dem Spiel von Verlagsseite gearbeitet, aber weder Essen 2007, noch Nürnberg 2008 erschien es, bis es dann im Zuge der Verlagsumstrukturierung Pro Ludos im Mai 2008 gänzlich auf Eis gelegt wurde. Gute Nachrichten für die eventuelle Veröffentlichung gab es erst zu Beginn des folgenden Jahres mit der Bekanntgabe einer erneuten Vertragsunterzeichnung. Es sollte dann aber noch ein gutes Jahr dauern bis es  im Programm von Z-Man Games erschien um dann Ende 2010 tatsächlich in See stechen zu können.

Dank Pegasus Spiele segeln die Piraten als Korsaren der Karibik auch in heimischen Gewässern und das ist gut so, denn noch nie zuvor wurde das Piratenleben auf dem Spielbrett so schön umgesetzt wie bei Korsaren der Karibik. Den angehenden Kapitänen wird so einiges geboten: eine schöne Landkarte als Spielfläche, viele Schiffsminiaturen und sogar eine kleine Schatztruhe um die gewonnenen Reichtümer stilvoll unterzubringen. Das Spiel greift quasi alle Facetten des Piratendaseins auf, wie epische Schiffskämpfe, sagenumwobene Schätze oder das Retten holder Maiden aus den Händen finsterer Gesellen. Friedliebenden Kapitänen steht auch der Weg als Kauffahrer offen.
 
Anfangs müssen sich die Spieler bei Korsaren der Karibik anhand eines zufällig ausgelosten Kapitäns entscheiden, ob sie ein Leben als Schrecken der sieben Weltmeere anstreben oder doch lieber den weniger risikobehafteten Weg eines Händlers einschlagen. Jeder Kapitän verfügt neben einer individuellen Spezialfähigkeit über verschiedene Werte (Seemannskunst, Suchen, Führungskraft und Einfluss), die diese Wahl beeinflussen. Wie von (Brett-) Rollenspielen bekannt, steigern höhere Werte die Chancen bei späteren Würfelproben. Passend zum gewählten Berufsweg entscheiden sich die Spieler nun noch für ein Schiff: Piraten wählen kleine, wendige Schaluppen, Kauffahrer schwören auf den größeren Frachtraum der Fleuten. Mit einem kleinen Startkapital geht es dann vom Heimathafen aus auf die Jagd nach Ruhm und Reichtümern.
 
Zu Beginn jeder Runde kommt es zu einem Ereignis. Dies können schwierige Wetterbedingungen sein, Kriegserklärungen zweier Kolonialstaaten oder spielgesteuerte Piraten oder Marineschiffe ins Spiel bringen oder bewegen lassen. Pro Runde hat ein Spieler bei Korsaren der Karibik drei Aktionen zur Verfügung. Die einfachste Option ist das Bewegen des Schiffes. Pro Bewegungspunkt wird das Schiff um eine Meereszone versetzt oder fährt in einen Hafen ein oder hinaus. Das Spielbrett ist in 17 dieser Zonen unterteilt, die fast immer gewisse Vor- oder Nachteile bringen und einen Hafen besitzen, der einer der vier Kolonialmächte zugeordnet ist.
 
Im Hafen gibt es einiges zu tun. Händler können ihre Waren feil bieten, dabei bringt jede verkaufte Ware drei Golddublonen, Waren für die im Hafen gesonderte Nachfrage besteht, erzielen gar das doppelte. Um Einzukaufen werden sechs Warenkarten gezogen, die das Angebot des Hafens darstellen. Dabei ist der Preis umso günstiger, wenn mehrere gleiche Waren ausliegen. In der Hafenspelunke finden sich sich nicht nur potentielle Mannschaftsmitglieder, die man aufgrund seiner Führungsqualität oder nötigenfalls mit barer Münze für seine Sache überzeugen kann, sondern es kann auch das eine oder andere Gerücht aufgeschnappt oder potentielle Auftraggeber gefunden werden. Zu guter Letzt steht eine Werft für Schiffsverbesserungen und Reparaturen zur Verfügung oder das alte Schiff kann in Zahlung gegeben und auf eine Galeone oder Fregatte aufgerüstet werden.
 
Kein wirkliches Piratenspiel kann ernsthaft auf Schiffskämpfe verzichten und deshalb spielen diese natürlich auch bei Korsaren der Karibik eine zentrale Rolle. Vor dem Kampf muss das potentielle Opfer aber erst einmal gefunden werden. Einen erfolgreichen Suchenwurf später kommt es dann zum Kampf. Die vereinfachte Form ist das Aufbringen eines Kauffahrers, die sich in jeder Meereszone tummeln, der rein über gezogene Warenkarten gesteuert wird. Interessanter, aber auch aufwendiger und regellastiger, wird es bei Korsaren der Karibik im Kampf zwischen Spielern untereinander oder gegen eines der Nichtspieler-Schiffe. Diese Gefechte laufen meist in mehreren Runden ab, in denen zunächst beide beteiligten Spieler ankündigen ob sie schießen, entern oder sich doch lieber dünne machen wollen, gefolgt von einem beidseitigem Wurf auf Seemannskunst. Der Sieger führt die Aktion aus und die Schiffe nehmen meist Schaden, der einzelne Schiffsbereiche zerstören kann. Im Falle eines Totalschadens am Schiffsrumpf hieße dies „Baden gehen und Neustart in der nächsten Runde“, aber auch andere Trefferbereiche lassen Ladung oder Mannschaft verlieren oder das Schiff schwieriger manövrierbar machen. Bei erfolgreicher Enterung kommt es zum Mannschaftskampf, in dessen Anschluss der Gewinner das gegnerische Schiff plündern darf. Nur Angriffe auf Piraten bleiben folgenlos, ansonsten zeigt sich die Nation des Angegriffenen als „not amused“ und setzt prompt ein Kopfgeld auf den Aggressor aus. Kopfgelder sind bei Korsaren der Karibik in doppelter Hinsicht ungünstig, zum einen darf verschließen die Häfen der betreffenden Nation ihre Tore, zum anderen werden Piraten mit hohem Kopfgeldaufkommen zur lohnenden Beute.
 
Fast schon sekundär: Auch bei Korsaren der Karibik geht es eigentlich „nur“ um Siegpunkte. Zehn Ruhmpunkte versuchen die Spieler zu erlangen. Diese Punkte gibt es beispielsweise für jeden gewonnenen Kampf gegen einen Mitspieler oder Nichtspieler-Kapitän, besonders ertragreiche Überfälle auf Kauffahrer, bestandenen Aufträgen oder Geld in der eigenen Schatztruhe, das aber nur die Hälfte der Punkte ausmachen darf. Zehn Punkte hören sich nach nicht besonders viel an, aber jeder Punkt ist hart erarbeitet und entsprechend zeitintensiv ist das Spiel: Eine gute Stunde pro Spieler sollte auf jeden Fall einkalkuliert werden.
 
Trotz im Grunde einfacher Spielregeln und überschaubaren Aktionsmöglichkeiten fällt der Einstieg nicht wirklich leicht. Zu Beginn ist man von den vielen verschiedenen Werten, Symbolen, Schiffsmodifikationen, Sonderfunktionen und Würfelproben etwas überfordert. Das bessert sich zwar bald, aber auch nach mehreren Partien gibt es zwangsläufig Griffe zum Regelheft oder der Spielhilfe. Dass Letztere circa das anderthalbfache DIN A4 Format aufweist und beidseitig (bei kleiner Schriftgröße) bedruckt ist, spricht Bände. Diese Detailverliebtheit, wie zum Beispiel bei den umfangreichen Kämpfen, machen aber den großen Reiz des Brettspiels aus und unterstützen das Thema.
 
Korsaren der Karibik lebt von der Atmosphäre und nicht von der Mechanik die dahinter steckt. Man schmeckt förmlich das Salz in der Luft, hört die Planken knarren und riecht den Duft des Schwarzpulvers der Kanonen. Es werden viele kleine Geschichten erzählt und man kann mit seinem Kapitän und dem kleinen Schiff mitfiebern. Spätestens wenn das erste gegnerische Schiff auf den Grund des Meeres geschickt wurde, ist man von dem Spiel endgültig eingenommen. Es gibt viele verschiedene Wege auf die geforderten Siegpunkte zu kommen, der Weg als Händler erscheint zunächst als einfacher, aber mit zunehmender Spielerfahrung erkennt man auch den Reiz des riskanteren Piratenlebens. Planung und Strategie werden dabei vom Spiel belohnt, aber Spaß und Spannung stehen klar im Vordergrund.
 
Korsaren der Karibik ist aufgrund der Länge und des dank Würfel und Karten naturgemäß glücksbetonteren Spieles sicherlich nichts für jedermann, aber wer sich auf das Spiel und die Geschichte, die es erzählt wirklich einlässt, bekommt ein tolles, abendfüllendes Piratenspiel. Die „gefühlte“ Spielzeit ist deutlich kürzer, es bleibt immer spannend. Dabei spielt es sich in allen Besetzungen sehr gut, lediglich sollte in Zweier-Partien dafür gesorgt werden, dass schnell einige Nichtspielerschiffe auftauchen um das Spielbrett etwas zu füllen. Also bei „Land in Sicht“ schnell den nächsten Spieleladen ansteuern.

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