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Heinrich Glumpler und Matthias Schmitt über ihr Spiel Schachen

Schachen von Mücke Spiele

Schach kloppen ohne Eröffnungswissenschaft

Heinrich und Matthias, bei Mücke Spiele erscheint zur Spielemesse in Essen euer Schachen. Das klingt nach einer Variante von Schach. Wie kam es zu diesem Spiel?
Matthias: „Auf der Rückfahrt von Spielautorentreffen Göttingen hatten wir die spontane Idee, dass es neben Siedler von Catan – das Kartenspiel und Carcassonne – das Kartenspiel doch auch ein Schach – das Kartenspiel  oder Backgammon – das Kartenspiel geben müsste. Nach ein paar Fehlversuchen mit Backgammon, haben sich die ersten Versuche mit Schach sehr schnell als überraschend gut herausgestellt. Wir haben da noch getrennt an unterschiedlichen Varianten gearbeitet und diese dann in einer Version zusammengeführt und beschlossen, das gemeinsam anzugehen.“
Heinrich: „Wir wollten Schach ’spielen‘ – das war die Grundidee. Und wir wollten es gut spielen. Beim klassischen Schach muss man allerdings, wenn man gegen einen guten Spieler bestehen will, einiges an Theorie lernen. Wir wollten aber das spielen, was Schach unserer Meinung nach ausmacht – das Mittelspiel, das vielfältige Optionen für Angriff und Verteidigung bietet. Wir wollten: Die Klopperei in der Mitte :). Und so haben wir Schachen dann auch gestaltet. Man kommt ruck-zuck mit dem Gegner in Kontakt und konzentriert sich auf das, was Schach ausmacht.“

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Wie wird Schachen gespielt? Gibt es ein Schachbrett und wie eng ist es an den Originalregeln?
Heinrich: „Nein, es gibt kein Schachbrett. Wir haben allen Ballast rausgeworfen, um es dem Spieler so leicht wie möglich zu machen, Schach zu spielen. Es gibt nur die Figuren selbst in Form von Memory-ähnlichen Kärtchen, die in einem ‚virtuellen‘ Raster ausgelegt werden. Die Spieler starten immer mit dem König und vier Bauern und halten drei weitere Kärtchen in der Hand. Alle anderen eigenen Figuren liegen in einem persönlichen Nachziehstapel. Es gibt ein paar zusätzliche Regeln für das Einsetzen der Figuren. Dafür sind einige klassische Schachregeln wie die Rochade oder der erste Doppelschritt der Bauern weggefallen, weil sie unnötig geworden sind.“
Matthias: „Während der Entwicklung haben wir immer wieder überprüft, ob wir noch noch nah genug an den Originalregeln dran sind. Ziel war es, auf das Brett zu verzichten und neben der üblichen Figurenbewegung als zweite Aktion das Einsetzen neuer Figuren mit bestimmten Einschränkungen zu erlauben. Darüber hinaus sollten die Originalregeln von Schach möglichst erhalten bleiben.“

Wie wirken sich diese Änderungen aus? Verliert das Spiel an seiner taktischen Tiefe?
Matthias: „Es sind meistens nur die Hälfte der Figuren gleichzeitig auf dem ‚Brett‘. Das macht die Anzahl der möglichen Züge übersichtlicher. Durch das Einsetzen neuer Figuren als zweite optionale Aktion kommt aber eine zusätzliche taktische Ebene ins Spiel. Im Gegensatz zu Schach ist es einfacher und sinnvoller, Figuren zu opfern, um sich strategische Vorteile zu erarbeiten. Das Spiel endet meistens im  Mittelteil mit einem Matt. Es kommt praktisch nie zu langwierigen Endspielen.“
Heinrich: „Wir haben das System so gestaltet, dass vor allem und gerade die taktische Tiefe von Schach nicht nur bewahrt, sondern sogar betont wird. Da ein Teil der Kärtchen von einem Stapel gezogen und auf der Hand gehalten wird, fallen alle Eröffnungstheorien unter den Tisch. Wir wollen Schach spielen, keine Eröffnungsbücher auswendig lernen. Die Partien variieren sehr stark, da man nie genau weiß, in welcher Reihenfolge man die Figuren auf die Hand bekommt – man muss sich jedes Mal neu auf das Spiel einstellen – aber das typische Schachgefühl ist immer da.“

Was hat für euch den besonderen Reiz ausgemacht, einen Ur-Klassiker der Brettspiele zu variieren?
Heinrich: „Schach hat einen unglaublichen Reiz, der aber hinter einer kaum zu überwindenden Hürde verborgen liegt, vor der viele Spieler zurückschrecken – der Eröffnungs- und Endspieltheorie. Dieser Reiz liegt darin, sich auf eine Situation einzustellen und alle taktischen Möglichkeiten auszuloten, um den Gegner in die Zange zu nehmen, unter Druck zu setzen und schließlich zu besiegen. Schach ist die spielerische Umsetzung des Begriffes ‚Konflikt‘ schlechthin. Ich denke, diesen Reiz haben wir mit Schachen herausgearbeitet. Jemand, der Schachen spielen will, muss nur Schach kennen – er muss es nicht auswendig lernen.“
Matthias: „Ich bedauere es sehr, keine Zeit und Geduld mehr für echte Schachpartien zu haben. Schachen ist eine prima Ersatzdroge, für den kleinen Kick zwischendurch. Ich kann endlich auch mal wieder gegen echte Schachprofis gewinnen, wenigstens solange diese die Unterschiede bei Schachen noch nicht vollständig durchschauen.“

Ihr habt Schachen sicher ausgiebig probegespielt. Wie kommt es bei normalen Spielern an und wie bei Schachspielern? Ist die die Resonanz bei beiden Spielergruppen ähnlich?
Matthias: „Wir haben das Spiel fast zwei Jahre Zeit zum Ausreifen gegeben und waren damit bei Gelegenheitsspielern und Schachvereinen. Das Feedback war sehr positiv, bis auf die echten Hardcore-Schachspieler, die sich niemals auf Varianten einlassen. Es ist immer wieder toll, echten Schachspielern bei den ersten Partien Schachen zuzuschauen und mitzubekommen, wie sie sich in Schachen reindenken und dann auch Spaß daran haben. Spieler mit einfachen Schachkenntnissen sind meistens froh, das alte Schachgefühl in einer 30 Minuten Variante wiederzuentdecken.“
Heinrich: „Die Resonanz war sehr unterschiedlich – von völliger Ablehnung, wie sie wohl vielen Schachvarianten widerfährt – bis zu ungläubiger Begeisterung. Aber auch eingefleischte Schachspieler erkennen sehr schnell, wo die Stärken unseres Spieles liegen – nicht zuletzt in dem Umstand, dass es möglich ist, einen erfahrenen Schachspieler gegen einen interessierten Amateur spielen zu lassen, ohne dass hierzu ein ‚Vorgabe‘ notwendig ist, die den eigentlichen Kern des Schachspiels zerstört. Auf diese Weise kann Schachen – so hoffen wir auch – mehr und mehr Leute begeistern, sich mit Schach zu beschäftigen – mit SCHACH, nicht mit Schach-Büchern.“

Das Spiel erscheint bei Mücke Spiele. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Heinrich: „Der Kontakt zu Harald Mücke mit seinem dem Onlineportal spielmaterial.de angeschlossenen Verlag Mücke Spiele kam durch mehrere Treffen bei dem regelmäßigen Kölner Spieleautorentreff und bei den Veranstaltungen in Weilburg und Göttingen zustande. Harald hatte direkt ein gutes Gefühl beim Schachen und war daher gerne bereit, das Spiel umzusetzen.“
Matthias: „Wir waren nach einem Jahr Entwicklung mit dem Prototyp wieder auf dem Spielautorentreffen in Göttingen. Uns war klar, dass die großen Spielverlage kein Interesse an Schachvarianten haben. Über den normalen Vertriebsweg verkaufen sich Schachvarianten nur sehr schlecht. Wir setzen daher auch mehr auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Harald spielt selbst Schach im Verein und hat den Prototyp zuerst dort getestet und viel gutes Feedback bekommen. Er hat uns dann angeboten, das Spiel zu veröffentlichen.“

Sollten interessierte Messebesucher Schachen vorbestellen oder werden ausreichend Exemplare vorrätig sein?
Heinrich: „Schachen ist in einer Auflage von zunächst 1.500 Exemplaren an den Start gegangen. Wir hoffen natürlich, dass eine Vorbestellung notwendig wird und dass das Spiel bei den Besuchern hohen Anklang findet. Der Verlag arbeitet übrigens an einer hochwertigeren Verpackung in Form eines (Schach-)Turmes mit Magnetverschluß und der Möglichkeit von Werbeflächen, die das Spiel für die Werbemittelbranche interessant machen soll.“
Matthias: „Wir haben das Spiel bereits in einer kleinen Vorabauflage auf einem Kölner Designmarkt verkauft. Viele Käufer hatten wenig Ahnung von Brettspielen und fanden alleine die Idee einer Schachvariante auf Kärtchen sehr reizvoll. Das Spiel weckt sicherlich schon beim Anschauen Interesse. Wie gut uns das in Essen gelingt, wird man sehen.“

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