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Richard Sivél über sein Spiel Maria

Maria von Histogame

Erbfolgekrieg ganz historisch

Richard, mit Maria veröffentlichst du zur Spiel in Essen erneut ein Spiel mit historischem Hintergrund. Was reizt dich an solchen Themen?
„Grundsätzlich finde ich Geschichte faszinierend: Der Aufstieg und Fall von Mächten, historische Entwicklungslinien. Mich interessieren die Gründe hierfür. Es ist spannend darüber nachzudenken, was hätte anders kommen können, also über eine Was-Wäre-Wenn-Historie. Ich will, daß meine Spiele ein bißchen über diese Zusammenhänge ‚erzählen‘, damit für den Spieler die Vergangenheit lebendig wird. Wenn man die Historie im Spiel fühlend erlebt, kann man manches besser verstehen, als wenn man ein Buch liest. Es ist ein emotionaler Zugang, während ein Buch ein rationaler Zugang ist. Und ich glaube, daß das Verständnis von historischen Zusammenhängen wichtig ist, um die eigene Gegenwart besser zu verorten.
Daraus folgt, daß meiner Ansicht nach ein Spiel sein historisches Thema ernst nehmen soll. Oft wird einem Spiel – vor allem bei den sogenannten Eurogames – einfach nur ein Thema historisierend aufgepfropft. Meine Art von Spielen ist das nicht.“

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Maria von HistogameSind die bekannten Verlage solchen Spielen gegenüber zu wenig aufgeschlossen oder aus welchem Grund hast du vor einigen Jahren einen eigenen Verlag gegründet, um diese Spiele zu veröffentlichen?
„Die Verlagsgründung von Histogame erfolgte 2004, um Friedrich veröffentlichen zu können. Friedrich hatte ich zirka 1987 entwickelt, dann viele Jahre daran herumgefeilt. Anno 2000 hatte ich es mit viel Energie verschiedenen deutschsprachigen Verlagen angeboten. Mit einer einzigen Ausnahme scheiterte das bereits immer bei der telefonischen Kontaktaufnahme. Der Grund war die Spielzeit. ‚Was? drei bis fünf Stunden? Vergessen Sie es.‘ Aber auch der Verlag, der dann die Spielregeln haben wollte und danach sogar den Prototypen, lehnte letztendlich ab.
Meiner Erfahrung nach haben es Spiele wie Friedrich oder Maria im deutschsprachigen Raum schwer, einen Verlag zu finden. In den USA sieht das anders aus, aber ich wollte schon einen Spielplan auf Pappe. Deswegen also die Gründung von Histogame, und es ist sehr schön seine eigenen Vorstellungen 1:1 umsetzen zu können. Auch wenn es sehr viel Arbeit macht.“

Du veröffentlichst deine Spiele unter einem Pseudonym. Welche Gründe hat das und woher stammt dieser Name?
„Das Pseudonym Sivél entstand in der Phase als ich literarische Texte schrieb (Kurzposa, rhythmische Prosa). Der Name fiel mir eines Nachts einfach ein. Nicht lachen, ist wirklich so. Auf die Schachtel von Friedrich kam er dann auf Initiative von Andreas Töpfer, dem Grafiker, der mich nur unter diesem Namen kannte. Ich war erst dagegen, aber dann dachte ich mir: Autor ist Autor.
Noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Seit diesem Jahr bin ich verheiratet und heiße nun Richard Shako, bisher kannte man mich Richard Stubenvoll.“

Maria von HistogameIn der Szene bekannt wurdest du mit dem Spiel Friedrich. Bei dem Namen Maria (Theresia) stellt sich die Frage, ob beide Spiele inhaltlich miteinander in Verbindung stehen?
„Ja, das tun sie unbedingt. Friedrich behandelt den Siebenjährigen Krieg (1756-1763). Das Thema von Maria ist die Vorgeschichte hierzu, nämlich der Österreichische Erbfolgekrieg (1740-1748). Beide Spiele zusammen bilden somit die Epoche ab, in der sich Preußen mit dem Raub Schlesiens in den Reigen der europäischen Großmächte katapultierte und seinen Platz dort dann behauptete. Das ist ein interresanter Wendepunkt der europäischen Geschichte.
Noch ein Satz zum Titel des Spiels. Ursprünglich sollte es Maria Theresia heißen. Dummerweise ist vor zirka neun Monaten ein Spiel namens Maria Theresa erschienen, wenn auch nur als Download-Version zum Selberbasteln. Zwar wäre die deutsche Namensversion Maria Theresia noch frei gewesen, aber die Verwechslungsgefahr war mir einfach zu hoch, vor allem im englischsprachigen Raum.“

Welche Mechanismen aus Friedrich tauchen bei Maria auf und welche sind neu?
„Beiden Spielen gemeinsam ist der grundlegende Zugmechanismus, das Kampfsystem (bei dem im Prinzip herkömmliche Spielkarten zum Einsatz kommen) sowie die Regeln für Versorgung. Neue Mechanismen bei Maria sind, neben der völlig unterschiedlichen historischen Ausgangslage, folgende Regelpunkte: Gewaltmärsche; Husaren (welche die Versorgung erschweren); es gibt keine Schicksalskarten; jeder spielt gegen Jeden (obwohl es dennoch feste Bündnisse gibt); mit den Taktischen Karten wird nicht nur gekämpft, sondern auch Politik betrieben (hierfür gibt es einen kleinen separaten Spielplan, das Politik-Tableau); es gibt Verhandlungen.
Das Entscheidende aber ist, das sich Maria ganz anders spielt; es entsteht ein völlig neues Spielgefühl. Wer mehr über Maria wissen will, kann sich übrigens auf meiner Webseite informieren.“

Maria von HistogameKannst du bitte das besondere Kampfsystem in zwei, drei Sätzen allen Lesern erklären, die Friedrich oder auch schon Maria nicht kennen?
„Gekämpft wird mit im Prinzip herkömmlichen Canasta-Karten, von denen jeder Spieler jede Runde eine gewisse Anzahl erhält und sammelt. Das Spielbrett ist unterteilt in Sektoren, in denen immer ein Symbol (Herz, Kreuz, Pik, Karo) Trumpf ist, das heißt, wenn sich eine Spielfigur in Herz befindet, können nur Herz beim Kampf eingesetzt werden. Gewinner des Kampfes ist derjenige, der mehr Kartenpunkte legt (zuzüglich seiner Armeenstärke). Der Trick ist nun, dass man bereits vor dem Kampf seine Siegchancen sehr gut abschätzen kann und dass man durch geschicktes Manövrieren sich entscheidende Vorteile herausarbeiten kann.“

Bei dem Thema und solchen Mechanismen sind sicher viel Strategie und Taktik gefragt. Gibt es etwas, worauf besonders in der ersten Partie unbedingt geachtet werden sollte, also typische Anfängerfehler oder einen heißen Tipp des Autors?
„Ein typischer Anfängerfehler ist, dass man nicht erkennt, wann man einen Kampf mit geringen Verlusten abbrechen sollte. Stattdessen versuchen Anfänger oft auf Biegen und Brechen einen Kampf zu gewinnen und kämpfen bis zu ihrer letzten Karte – und bekommen dann oft eine dicke Klatsche.“

Wirst du in Essen ausreichend Exemplare des Spiels dabei haben oder sollten interessierte Messebesucher Maria bei dir vorbestellen?
„Je nachdem, wie viele ich ins Auto bringe, werde ich 400 oder 500 dabei haben. Ob das ausreichend ist? Keine Ahnung. Momentan sind schon 50 vorbestellt (bis vorgestern konnte man verbillligt vorbestellen). Ich denke, dass ich nächste Woche wieder eine Vorbestell-Seite einrichten werde, dann aber nur noch zum normalen Messepreis.“

Wie sieht dein Verlagsfahrplan für die kommenden Jahre aus? Hast du schon Ideen für weitere Spiele mit historischem Hintergrund?
„Ideen habe ich viele, aber leider noch keinen fertigen Prototypen. Ich bin aber auch offen für Spiele von anderen Autoren. Vor zwei Jahren erschien ja König von Siam von Peer Sylvester, der zur Zeit auch an einem sehr interessantem Prototypen sitzt. Wenn alles gut geht, wird das wohl das nächste Spiel werden.“

Webseite des Verlages mit weiteren Informationen zum Spiel

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