Lauern, taktieren, einschlafen
Wer kennt ihn nicht, den Zermürbungstaktiker. Eine lustige fidele Spielrunde ist so lange lustig und fidel, bis er am Zug ist. Dann, wenn er dran ist und überlegt und scheinbar etwas macht. Oder besser gesagt: Wenn er eigentlich nichts macht. Dann, irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit. Dann, wenn alle langsam die Übersicht verlieren, wer am Zug ist. Dann hat man selber das Gefühlt, man sei längst am Zug. Oder nicht? Keiner sagt mehr etwas, jeder scheint zu warten und zu sinnieren. Dann unterbricht die erlösende kurze Nachfrage „Wer ist dran?“ das Schweigen.
Die Blicke von allen anderen Spieler werden wieder klarer und es ergibt sich: In der letzten gefühlten Viertelstunde hat sich nichts getan. Gar nichts. Der Zermürbungstaktiker hat seinen Zug immer noch nicht gemacht. Freundliche Aufforderungen werden mit der Begründung abgebügelt, man wäre jetzt in einer spielentscheidenen Phase und man müsste doch die Zeit bekommen, alle Eventualitäten zu berücksichtigen. Schließlich liege man weit zurück. Der Hinweis, man befinde sich doch erst in der ersten Runde, wird mit einem wissenden Blick und unendlich vielen klugen Kommentaren zurückgewiesen.
Blankes Entsetzen am Spieltisch
Ein Gefühl beschleicht jeden der anwesenden Spieler: Das Gefühl sagt: Man ist scheinbar zu doof, um mit so einem elitären Spieler an einem Tisch sitzen zu dürfen. Nun wird die Spielrunde doch unruhig und der Zermürbungstaktiker sagt ein wenig ungehalten: „Mist, jetzt habt ihr mich raus gebracht und ich muss wieder von vorne anfangen.“ Blankes Entsetzen am Spieltisch! Der Ruf nach einer Sanduhr wird laut. Doch plötzlich, wenn man schon nicht mehr mit rechnet, greift die Hand über das Spielbrett, nur um wieder zurückgezogen zu werden. Der Blick von dem Zermürbungstaktiker schweift klug über das Spielbrett und den Spielvorrat der Mitspieler, um dann einen beindruckenen kongenialen Zug zu machen. Unzufrieden lehnt er sich danach zurück um zu sagen: „Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, wäre mein Zug optimaler gelaufen.“ Die Blicke der Mitspieler sagen dann nur eines: Danke, Arschloch!
Die Wandlung des Zermürbungstaktikers
Aber was soll es. Endlich geht es weiter. Lustige Kommentare zum Spielgeschehen und über das lange Nachdenken unseres Zermürbungsterroristen gehen zwischen den Spielern hin und her. Fast hat man ihm verziehen. Aber genau in dieser Hochphase des Spiels passiert es. Er ist wieder dran. Nur diesmal will man sich nicht runterreißen lassen und drückt auf das Tempo. Genau an diesem Punkt wird der Zermürbungstaktiker dann zum Jammertaktiker.
Auch ein Weg: Die Jammerstrategie zum Sieg
Wer kennt ihn nicht, den Jammertaktiker. Eine lustige fidele Spielrunde ist so lange lustig und fidel, bis er am Zug ist. Er verhält sich zwar so wie ein Zermürbungstaktiker, treibt aber zusätzlich seine Mitspieler in den spielerischen Selbstmord. Die Kommentare von einem Jammertaktiker lauten dann zum Beispiel so: „Das Spiel ist auf meiner Position völlig unaustariert. Genau deswegen habe ich keine Lust auf dieses Spiel.“ Oder: „Ich habe einfach keine Chance zu gewinnen.“ Oder: „Der Führende führt nur deswegen, weil er trotz seines Unvermögens Glück hat. Das ist völlig klar.“
Und wieso gewinnt der Jammertaktiker dann trotzdem!? Weil die anderen Spieler mittlerweile innerlich völlig entnervt und ausgebrannt sind. Sie sehnen sich einfach nur das Spielende herbei und verzichten auf den Sieg. Tja, sagt sich der Zermürbungsjammertaktiker, damit wäre meine Taktik dann wohl aufgegangen.
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