"Ich bin Pedro, holt mich hier raus!" So ruft es aus der Spieleschachtel. Langsam lupfe ich den Deckel und erschrecke. Da ist doch tatsächlich eine ganze kleine Insel in der Schachtel und mitten darauf steht eine Figur und winkt mir zu. Erschrocken schließe ich schnell wieder den Deckel. Noch ganz verwirrt rufe ich schnell ein paar Leute an und berichte von diesem sonderbaren Ereignis. Diese kommen schnell vorbei, um ebenfalls einen Blick in die Schachtel zu werfen. Tatsächlich. Wieder ruft Pedro, ich soll ihn da rausholen. Irritiert versuchen wir an die Spielanleitung zu kommen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Beim ersten Versuch beißt mir etwas ganz heftig in den Finger. Also lasse ich lieber einem Mitspieler den Vortritt. Der hat mehr Glück und zieht schnell die Anleitung heraus und mag sie ´gar nicht mehr aus der Hand geben. Im seltenen Comicstil wird dort genau erklärt, wie man Pedro retten kann. Jeder hat nämlich vier (echte!) Steine, mit denen er einen Weg von der Insel durchs Wasser bauen kann. Das ist bitter nötig, denn das Wasser ist gefährlich. Viele Piranhas warten auf eine kleine Zwischenmahlzeit. Etwas bleich hole ich tief Luft und betrachte meinen schmerzenden, aber immerhin vollständigen Finger.
Um Pedro über das Spielbrett zu dirigieren, legen alle Spieler zeitgleich eine Wegekarte aus. Diese gibt eine der vier Richtungen vor und zugleich die Zugweite Pedros an. Ein bis drei Schritte muss Pedro nun laufen. Erreicht er Wasser, hilft ihm der Spieler mit einen seiner Steine aus. Tritt er auf einen Piranha, läuft er über den Spielplanrand hinaus oder fällt er ins Wasser, weil Steine fehlen, muss der dirigierende Spieler einen Piranha nehmen. Danach gibt es zusätzliche Steine für alle. Je nachdem, welche Karten sie noch auf der Hand halten, unterschiedlich viele. Das ist eine gute Sache, denn Pedro ist noch immer nicht gerettet und hat sich inzwischen Dank der Mithilfe der Spieler weit ins Wasser vorgewagt. Problematisch ist es nun, wenn ein Mitspieler Pedro erneut patzen lässt. Denn wer den zweiten Piranha nehmen muss, verliert das Spiel.
Genau, verliert das Spiel. Es gibt viele Sieger. Ist es also ein kommunikatives Gemeinschaftserlebnis? Nur bedingt. Eher versuchen sich alle gegenseitig darüber im Unklaren zu lassen, wohin Pedro wohl laufen wird. In einer großen Runde beißen den letzten Spieler schon mal die Fische oder ein Spieler führt Pedro absichtlich an gefährliche Stellen, nur um seine Mitspieler zu ärgern. Das Wasser ist nicht so tief, dass das Spiel mit seinem geringen Tiefgang darin gefährdet wäre. Aber seicht ist die Welt von Piranha Pedro nun auch nicht. Eher ist es Urlaubsstimmung, die Pedro gerecht wird. Locker leicht, etwas bluffend, etwas taktierend versuchen die Spieler, den guten alten Pedro von seiner Insel zu helfen. Dabei haben eigentlich alle Spaß.
Eigentlich. Denn Pedro tut mir Leid. Nicht nur, dass er ständig von den messerscharfen Zähnen der Piranhas gezwickt wird, nein, der arme Kerl hat am Ende genauso verloren wie der eine Spieler. Denn er wird ja nicht gerettet. Das finde ich sehr schade, ist er mir doch inzwischen ans Herz gewachsen. Andererseits könnte er dann nicht weiter um Hilfe rufen und dieses Spiel wäre ein für alle Mal vorbei. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Das will ich einfach nicht. Also lege ich am Ende des Spiels wieder alles vorsichtig in die Schachtel zurück und lausche, bis wieder einer ruft: "Ich bin Pedro, holt mich hier raus!"
Infos zu Piranha Pedro
- Verlag: Goldsieber
- Autor: Jens-Peter Schliemann
- Spieleranzahl (von bis): 2 - 6
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
- Dauer in Minuten: 30
- Jahrgang: 2004
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