Cluedo (Neuauflage 2023)

Das Ehepaar Anthony Ernest Pratt und Elva Pratt hatte es vermutlich nie gedacht, dass sie mit seiner Spielidee zu Cluedo Weltruhm erlangen würden. Seit Ende der 1940er-Jahre begeben sich Deduktionsfans auf Jagd nach Tatverdächtigen im Mordfall Schwarz, wie der Tote heute heißt. Die Neuauflage – das Refresh – von 2023 rückt einige Veränderungen aus der Vergangenheit wieder gerade. Die größte Schwäche des Ermittlungsspiels beseitigt sie jedoch leider nicht.

Cluedo: Was hat sich in der Neuauflage von 2023 geändert?

Hasbro Gaming hat 2023 eine Neuauflage veröffentlicht. Diese wirkt auf den ersten Blick wie die vorherigen Ausgaben. Aber es gibt dennoch kleine Änderungen.

Die ursprünglich mal eingeführten und aus meiner Sicht überflüssigen Zusatzregeln wie Winkelzüge, Uhrkarten und Komplotte sind weiterhin aus dem Spiel entfernt. Allerdings sind die mir ebenso unliebsamen Beweiskarten weiterhin vorhanden. Dazu später mehr, da wir auf Reich der Spiele darüber noch gar nicht berichtet haben.

Vorweg: Gelungen sind neben den Figuren die Aufmachungen des Spielbretts und des Schachtel-Inlays. Dieses soll den Schreibtisch vom Mordopfer simulieren, was ein schöner Bonus ist. Weniger schön: Einige wichtige Hinweise wie die zu den Geheimgängen sind in Minischrift auf das Brett gedruckt. Auch die modellierte Figuren und Waffen sind ansehnlich, wenn auch in alten Versionen so ähnlich schon enthalten gewesen. Nicht zuletzt ist das überwiegend klare, schlichte Design der Karten positiv gegenüber einigen vorherigen Ausgaben hervorzuheben.

Der Plan orientiert sich an der klassischen Aufteilung

Ach ja, der Spielplan. Der orientiert sich an der klassischen Aufteilung. Allerdings wirken die Felder noch etwas kleiner. Die modellierten Figuren der beteiligten Personen passen mit ihrem Standfuß nicht ganz darauf. Zu einem Stau bei vielen nebeneinanderstehenden Personen kommt es dennoch gerade so nicht. Etwas mehr Luft in den Gängen der Villa Neubrunn wäre aber schöner gewesen. Geheimgänge gibt es wie immer über die Ecken.

Tatwaffen und Verdächtige

Die Tatwaffen sind die Klassiker: Dolch, Pistole, Seil, Rohrzange, Ofenrohr und Leuchter. Die Personen hingegen haben einmal mehr neue Namen. Unter anderem heißen Sie jetzt Bürgermeister Grün, Anwältin Porz (ohne „von“) und Köchin Weiß. Fräulein Ming oder Miss Scarlett heißt nun Lady Gloria. Nur Oberst von Gatow und Professor Bloom scheinen ein Dauerabo auf ihren Namen und Ihren Beruf zu haben.

So läuft bei Cluedo die Ermittlung

Der Name des Toten wechselte in der Vergangenheit auch immer wieder. Es ist diesmal wieder „Blacky“ Schwarz. Wie bei der Filmklamotte zum Spiel erpresst er alle Anwesenden. Irgendwer lässt das aber nicht auf sich sitzen und so kommt es zum Mord. Aufgabe der Spielrunde ist es nun, den Tathergang aufzuklären:

Wer hat mit welcher Waffe in welchem Zimmer Herrn Schwarz ermordet?

Dabei spielen alle gegeneinander. Alle führen die eigene Figur durch die Villa, sprechen einen Verdacht aus, sammeln dabei Indizien und können irgendwann den Fall lösen und Anklage erheben.

Geschicktes Fragen für das Ausschlussverfahren

Der wesentliche Teil ist dabei die Deduktion. Alle Räume, Waffen und Personen gibt es als Karten, die zufällig und geheim unter den Spielenden verteilt werden. Nur die drei verdeckt aussortierten Tatkarten fehlen und warten in der geheimen Fallakte. Spricht jemand einen Verdacht aus, muss die nächste Person eine der Karten zeigen, wenn sie Waffe, Person oder Raum auf der Hand hat. Sonst folgen die anderen reihum. Es wird immer ein Indiz gezeigt, danach ist der Zug beendet.

So kommt es zum schlauen Schlussfolgern: Die fragende Person kann sich ein Detail abstreichen oder weiß, dass niemand eine Entlastung auf der Hand hat. Die anderen rätseln, was wohl auf der vielleicht gezeigten Karte zu sehen ist oder welche Informationen die fragende Person sonst noch hat. Denn der klassische Trick lautet: Zwei Details abfragen, die man selbst auf der Hand hat, so kann man das dritte sicher verifizieren oder ausschließen. Das dauert halt nur …

Die Beweiskarten ändern die Ermittlung

Doch es gibt noch die oben bereits angesprochenen Beweiskarten. In einer der vorherigen Neuauflagen sind diese mit in das Spiel gekommen. Es wird immer dann eine gezogen, wenn jemand eine Lupe wirft. Diese ersetzt auf den beiden Würfeln die Eins.

Durch die Beweiskarten wird einerseits der Ablauf beschleunigt. Denn sie fordern vor allem das Offenlegen oder Zeigen einer Karte (oder schaffen zusätzliche Geheimgänge). Zum anderen torpedieren sie auf diese Weise den eigenen, mühsam erarbeiteten Fortschritt. Es ist deutlich weniger wichtig, geschickt zu fragen. Wenn viele Lupen fallen, ergeben sich automatisch neue Erkenntnisse. Mir gefällt das überhaupt nicht.

Anklage bei klarer Beweislage

Klar, ein Verdacht muss noch immer im richtigen Raum ausgesprochen werden und zitiert die verdächtige Figur ebenfalls dorthin. So haben vor allem besonders häufig verdächtige Figuren das Problem, ständig hin- und hergeschoben zu werden.

Wird auf diese Art die Beweislage jedoch klarer, erhebt irgendwann jemand Anklage. Dann wird geprüft, ob die anfangs aussortierten drei Karten wirklich in der Fallakte befinden. Wer das richtig ermittelt, gewinnt bei Cluedo auch bei der Neuauflage von 2023.

Living Game-Design in Richtung Klassik

Cluedo ist ein Brettspiel, dass der Verlag immer wieder angepasst und minimal verändert hat. Die Beweiskarten sind in der aktuellen Version eine der wichtigsten Abwandlungen zur klassischen Ausgabe. Die anderen Details sind moderat verändert und bei aller Modernisierung in Richtung Klassiker-Ausgabe verändert.

Dass die Baronin von Porz nun Anwältin ist, Miss Scarlett eine schwarze Lady im roten Kleid und Professor Bloom eine dunkle Hautfarbe hat, sind gelungene Anpassungen für ie weltweiten Fans. Warum aber eine Person ostasiatischer Herkunft nun anders als zuvor fehlt, erschließt sich mir nicht.

Dennoch: Die sich an den alten Ausgaben orientierende Neuauflage ist gelungen. Nur auf die Beweiskarten könnte ich gut verzichten. Aber: Man kann sie weglassen. Wer lieber die gute alte Ermittlungsarbeit ohne Zufall mag, erkennt die Lupe als ein Würfelauge und zieht einfach keine Karte.

Cluedo: Der größte Kritikpunkt bleibt leider erhalten

So bleibt am Ende ein Punkt, der mich wirklich stört: die Würfel. Die Figuren müssen zum Aussprechen eines Verdachts in den passenden Raum gehen. Diese Bewegung lässt sich mit Würfeln möglicherweise am besten simulieren. Aber genau dieser Laufmechanismus ist und bleibt die größte Schwäche bei Cluedo. Bei Cluedo kann ein guter Wurf über Sieg und Niederlage bestimmen und über das Vorankommen der Ermittlung.

Ich wünsche mir eine Ausgabe, die ohne Würfel auskommt. Warum? Weil Cluedo auch 2023 abseits des Würfelns für mich in seiner klaren Ermittlungsarbeit durch Ausschlussverfahren noch immer zeitgemäß und einfach ein gutes Deduktionsspiel ist. Eben ein gut gealterter und immer wieder modernisierter Klassiker.