Rule the Road
Heute schon gehupt? Und auch schon die Zähne gefletscht? „Verkehrsrowdy!“ ist das, was man so manch‘ anderem Verkehrsteilnehmer verbal hinterherwerfen möchte. (In Wahrheit sind das natürlich noch viel schlimmere Sachen, aber hier lesen ja auch Kinder mit …) Auf Amerikanisch heißt das jedenfalls so viel wie Road Hog, was dem kleinen Spiel von Autor Randall Hoyt (Jolly Roger Games/Ultra PRO) den Namen gab.
So funktioniert Road Hog
Es ist ganz einfach: Wir stehen mit unserem kleinen farbigen Auto im Stau mit den Mitspielern und neutralen weißen Autos und müssen uns zur Arbeit durchquälen (oder von der Arbeit nach Hause, was den Stressfaktor mental erhöht). Auf vier Fahrspuren geht es manchmal vorwärts, manchmal rück- oder seitwärts, aber oft auch gar nichts von all’ dem, weil die Straße total verstopft ist. Man wirft zwei Würfel, der eine bewegt das eigene Auto, der andere eines der neutralen. Außerdem hat man im besten Fall fünf Karten auf der Hand, die man in einem Zug auch alle ausspielen darf und mit denen man sowohl eigene als auch neutrale und sogar die Autos der Mitspieler beeinflussen kann.
So quetscht man sich durch so gut es geht, und wer es trotz aller Quertreibereien als Erster ins Ziel schafft, hat gewonnen.
Road Dog: Wieder alles dicht
Anfangs geht es noch ganz schnell. Die ersten Felder bringt man mit einem geglückten Würfelwurf gut hinter sich. Aber spätestens, wenn die Mitspieler befürchten, dass einer zu enteilen droht, spielen sie Karten aus, mit denen weiße Autos plötzlich unvorteilhaft die Spur wechseln, alle vier Spuren blockieren, bis hin, dass plötzlich neue Autos quasi aus dem Nichts auftauchen. Und schon steckt der Eilige wieder im Pulk. Dumm nur, dass man, um den Vordermann zu stoppen, sich selber den Weg verbauen muss. Dann hofft man auf neue Karten, die aus dem vermeintlichen Nachteil einen Vorteil werden lassen.
Das Material von Road Hog ist sehr gut. Die Karten sind einfach designt, tragen für die verschiedenen Wirkungsbereiche (eigenes, neutrales oder Mitspielerauto) drei verschiedene Farben und lassen so sofort erkennen, welche Möglichkeiten man hat. Auf den Karten sind markige Sprüche, die man leibhaftig Autofahrern zuordnen möchte, und die Auswirkung der Karte als Symbol und Text. Der Einsatz der Karten im Zusammenspiel mit den Würfeln offenbart auch eine geradezu fächerartige Einsatzmöglichkeit, wenn man die Reihenfolge, in der man die Aktionen ausführt, richtig überdenkt. Dazu macht es einem die (englische) Spielregel sehr einfach, denn sie sagt nahezu: Mach‘ was Du willst. Spiele Karte, setze einen Teil der Würfelpunkte ein, spiele wieder Karte, verbrauche die restlichen Würfelpunkte usw.. Grenzen sind eigentlich nur die Zugrichtung (nur orthogonal) und der Straßenrand. Das lässt viel Platz für Kreativität, auch wenn dadurch der eigene Zug, kurz bevor man dran ist, wieder komplett über den Haufen geworfen sein kann. Witzig in diesem Zusammenhang ist auch, dass man gegen ausgespielte Karten eine andere Karte ausspielen kann, die die erste verhindert. Doch auch die Verhinderung kann man wieder verhindern, und so geht das manchmal hin und her. Obendrein kann man anderen Spielern Karten klauen, was dazu beiträgt, dass Road Hog auch ein bisschen ein Ärgerspiel ist. Es ist dynamisch und interaktiv und genau das macht einen großen Teil des Spielspaßes aus.
Übrigens lassen die quadratischen Spielplanteile, aus denen man den Straßenverlauf zusammenstellt, zum einen ein bisschen Variabilität zu und zum anderen liegen sie durch eine solide Gummierung an der Unterseite auch auf glatten Tischoberflächen bombenfest. Das habe ich so noch bei keinem anderen Spiel gesehen – ausgezeichnet! Für die englische Spielregel sollte man schon ein bisschen Schulenglisch parat haben. Nur wenige Ausdrücke muss man evt. per Wörterbuch oder Suchmaschine übersetzen, aber es fügt sich dann alles zusammen.
Auf einen kleinen Fehler hatte uns der Autor bereits auf der Messe hingewiesen: Eines der Kurventeile hat leider ein falsches Design, sodass, bei richtiger Ausrichtung, Richtungspfeile auf der Straße an der falschen Stelle liegen. Das ist bedauerlich und man sollte es wissen, weil sonst die Fahrregeln für Kurven nicht verständlich werden. Auch hätte man grafisch die Übergänge von einem Spielplanteil zum nächsten deutlicher abgrenzen können. Aber das sind Kleinigkeiten.
Wie gut ist Road Hog?
Road Hog ist so ein Gesellschaftsspiel, an dem auch ich auf der Messe sicher vorbeigegangen wäre, wenn sich uns der Autor nicht quasi in den Weg geworfen hätte. Doch nachdem wir uns etwas zögerlich gesetzt hatten, waren wegen der einfachen und kurzen Regeln der Sinn und auch der Spielwitz schnell erkannt. Road Hog macht auch nach einigen Partien noch Spaß, weil jedes Spiel anders verläuft. Kein Stau ist wie der andere (wogegen ich allerdings in der Realität widersprechen wollte). Zu dritt sollte man schon sein, zu fünft kommt der Traffic Jam so richtig zum Tragen. Es braucht ein bisschen Glück beim Kartenziehen und Würfeln, doch dass sich das gesamte Glück einzig bei einem Spieler entlädt, ist bisher noch nicht vorgekommen. Und ob Würfelglück und Verkehrslage zusammenpassen, ist sowieso noch was anderes.
Die Spielidee ist glänzend umgesetzt und sowieso frisch wie kaum ein anderes Spielthema. Vielleicht gibt es ja sogar noch die ein oder andere Erweiterung, denn das Spiel gäbe das her. Aber auch so ist Road Hog absolut empfehlenswert.
Infos zu Road Hog
- Titel: Road Hog
- Verlag: Jolly Roger Games, Ultra PRO
- Autor: Randall Hoyt
- Spieleranzahl (von bis): 2-5
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
- Dauer in Minuten: 45
- Jahrgang: 2017
Werbung
Nach neuen Spielen schauen bei:
Amazon
Spiele-Offensive