Kreuzzug für mehr Möglichkeiten
Michael, Die Säulen der Erde hat den Deutschen Spielepreis 2007 gewonnen? Was bedeutet dir diese Auszeichnung? Hättest du damit bei Veröffentlichung gerechnet?
„Wir sind sehr glücklich und auch ein bisschen stolz, dass wir mit unserem Spiel den Deutschen Spielepreis gewonnen haben.
Die Auszeichnung ist eine tolle Anerkennung für unsere Arbeit. Als Autor entwickelt man seine Spiele nicht für sich selbst, sondern für ein breiteres Publikum. Wenn das eigene Spiel dann ausgezeichnet wird, ist einem das wohl ganz gut gelungen. Darüber hinaus ist es ein schönes Gefühl, wenn man etwas geschaffen hat, dass offenbar so vielen Menschen Freude macht.
Stefan Stadler und ich waren bei der Veröffentlichung von Die Säulen der Erde bereits davon überzeugt, dass wir ein gutes Spiel hinbekommen haben. Zweifellos haben die akribische Redaktionsarbeit von TM (Kosmos) und die tollen Illustrationen von Michael Menzel entscheidend zu diesem Erfolg beigetragen. Rechnen kann man mit dem Deutschen Spielpreis natürlich trotzdem nicht, schließlich gibt es ja noch eine Vielzahl anderer guter Spiele. Und was meinen persönlichen Geschmack angeht, halte ich den Spieljahrgang 2007 für einen sehr guten.“
Das Spiel hat auch in vielen Kritiken gut abgeschnitten. Wir bemängeln unter anderem einen zu statischen Spielverlauf und durch die Handlungszwänge ein „Gespieltwerden“. Kannst du diese Kritik nachvollziehen?
„Spielekritik basiert auf den am Spieltisch gemachten Erfahrungen und erlebten Empfindungen. Insofern kann es dabei aus meiner Sicht kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ geben. Meine Erfahrungen sehen allerdings anders aus. Das Gefühl des ‚Gespieltwerdens‘ stellt sich bei mir bei Spielen ein, bei denen ich nichts selbst zu entscheiden habe, weil ich nicht über gleichwertigen Handlungsmöglichkeiten verfüge. Dies trifft gerade auf Die Säulen der Erde aus meiner Sicht nicht zu. Die Entscheidung, welche Handwerker beziehungsweise Rohstoffkarten ich in der ersten Phase jeder Runde nehme, halte ich für keineswegs trivial. Allein schon deswegen nicht, weil das eigene Geldmanagement in die Überlegungen einbezogen werden muss. Und gerade beim Setzen der Baumeister in der zweiten Phase hat man meistens die Qual der Wahl, Passen inklusive. Ich habe schon oft erlebt, wie Spieler hin und her gerissen waren, als ihre Figur aus dem Beutel gezogen wurde. Und da hatten sie dann doch im wahrsten Sinne des Wortes ihr eigenes Spielerschicksal selbst in der Hand.
Was den Spielverlauf betrifft, so wirken alle Spiele auf Rundenbasis – und das sind ja wahrlich nicht wenige – etwas statisch. Jede Runde hat mechanisch betrachtet den gleichen Ablauf. Bei Säulen der Erde wird diese ‚Starrheit‘ meiner Meinung nach sogar noch etwas aufgebrochen. Da die Reihenfolge in der die Spieler ihre Baumeister platzieren dürfen zufällig – mitunter sogar chaotisch – ist, entsteht eine ganz eigene Dynamik.
Tatsächlich kann man Säulen der Erde nicht mit einer vorher festgelegten Strategie spielen, die man durchzieht, koste es, was es wolle. Zumindest nicht erfolgreich. Dazu gibt es im Spiel zu viele Unwägbarkeiten, auf die man flexibel reagieren muss. Raum für gute und schlechte Entscheidungen bietet sich im Spielverlauf aber genügend, finde ich.“
Nun erscheint eine Erweiterung, die mehr Handlungsoptionen eröffnen soll. Was genau wird diese enthalten?
„Wir wollten eine Erweiterung machen, die sowohl in die Breite (größere Spielerzahl) als auch in die Tiefe (mehr Optionen) geht. Die Erweiterung ermöglicht es, das Spiel zukünftig auch zu fünft oder zu sechst zu spielen. Deshalb enthält sie zunächst das benötigte Spielmaterial für zwei weitere Spielerfarben, also Baumeister, Arbeiter, Starthandwerker und Markierungssteine.
Wenn mehr Spieler dazu kommen, reichen die Einsetzfelder auf dem Spielplan nicht mehr aus. Deshalb gibt es in der Erweiterung einen zusätzlichen Spielplan, der an den Plan des Grundspiels angelegt wird. Der neue Plan bietet vier neue Einsetzfelder für die Baumeister sowie mit den Kreuzzügen die Option, auch mit den Arbeitern direkt Siegpunkte zu sammeln. Außerdem reguliert er bei mehr als vier Spielern über die ‚Baumeisterleiste‘ die Reihenfolge, in der die Spieler ihre dritte Baumeisterfigur auf den Spielplan einsetzen dürfen.
Interessant dabei ist, dass auch bei ’normaler‘ Spielerzahl (bis zu vier) mit dem neuen Spielplan gespielt werden kann. Die neuen Möglichkeiten sind also nicht an die Erhöhung der Spielerzahl gekoppelt.
Darüber enthält die Erweiterung sechs neue Handwerker, für jede Runde einen. Bei weniger als sechs Spielern wird dann zu Beginn ein Handwerker zufällig aussortiert. Man kann sich also nicht mehr sicher sein, welcher Handwerker überhaupt im Spiel auftaucht. Außerdem gibt es noch vier neue Ereigniskarten und eine Reihe neuer Vorteilskarten, die weitere Figuren aus dem Roman ins Spiel bringen.“
Welche dieser Bestandteile der Erweiterung sind deiner Meinung nach am interessantesten, am spielstärksten?
„Ich finde die Kreuzzüge sehr reizvoll, da sie neben den Baustofffeldern und der Wollmanufaktur eine weitere Nutzungsmöglichkeit für die eigenen Arbeiter bieten. Dadurch gilt es in Phase 1 jeder Spielrunde einen weiteren Aspekt in die eigene Entscheidung mit einzubeziehen, zumal die Kreuzzüge auch keine ‚unbegrenzte Aufnahmekapazität‘ bieten. Gerade bei größerer Spielerzahl sorgen die Kreuzzüge dafür, dass alle Spieler ihre Arbeiter auch sinnvoll einsetzen können.
Die neuen Vorteilskarten bieten einige interessante Optionen. Zumindest für die dauerhaften Karten gilt wie im Grundspiel auch: Je eher sie auftauchen, desto stärker sind sie.
Was die neuen Handwerker betrifft, so halte ich sie für ausgewogen, dies gilt auch für einen neuen Steinmetz, der analog zu dem speziellen Schreiner aus dem Grundspiel Stein in Gold verwandelt. Dem Goldschreiner, wie er des öfteren genannt wird, wird ja hin und wieder nachgesagt, dass er zu stark sei, eine Meinung die ich übrigens nicht teile. Wer gerne Rohstoffe in Gold verwandelt, erhält nun jedenfalls eine weitere Gelegenheit.
Bei den Einsetzfeldern auf dem neuen Spielplan hat sich die Sonderkarte ‚Inspiration in St. Denis‘ besonders in der zweiten Spielhälfte in meinen Partien als besonders attraktiv herausgestellt. Aber das sollte doch lieber jeder für sich selbst ausprobieren.“
Bei anhaltendem Erfolg wäre eventuell eine weitere Erweiterung des Spiels denkbar. Haben dein Mitautor Stefan Stadler und du noch Ideen in der Hinterhand?
„Nein, ich denke das Spiel ist mit dieser einen großen Erweiterung abgeschlossen. Allerdings wird es für die Freunde des Spiels noch eine paar interessante Karten in der Dezemberausgabe des Fachmagazins ‚Spielbox‘ geben. Worum es sich dabei handelt, will ich aber jetzt noch nicht verraten.“
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