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Interview mit Thorsten Löpmann und Andy Wetter

Thorsten Löpmann (Jahrgang 1970, gelernter Erzieher und freiberuflicher Dozent, studiert Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung in Köln, Mitglied im Netzwerk Spielpädagogik an der Akademie Remscheid) von Thorsten Löpmann/Andreas Wetter

Die Geschichte der wilden Fußballkerle

Thorsten Löpmann und Andreas Wetter haben dem Fußball spielerisches Leben eingehaucht. Zur Jugendbuchserie und dem Kinofilm „Die wilden Fußballkerle“ veröffentlichten Sie nach langer Odyssee des Prototyps ein Spiel unter dem gleichen Titel. Wir haben das Autorenteam zum Spiel befragt.

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Die wilden Fußballkerle ist ein Spiel zum gleichnamigen Buch und Film. Wie kam es zu der Veröffentlichung als „Merchandiseprodukt“ und zum Kontakt zu den Lizenzgebern?
„Uwe Mölter von Amigo rief uns eines Tages an. Er kannte unseren Prototypen bereits seit einigen Jahren. Match, so der damalige Arbeitstitel des Spiels, hatte bereits eine lange und intensive Verlagsreise mit den unterschiedlichsten Umsetzungsversuchen hinter sich! Nun offerierte Uwe uns, dass er eine interessante Möglichkeit zur Umsetzung des Spiels im Hinblick auf die gleichnamige Jugendbuchreihe ‚Die Wilden Fußballkerle‘ sehen würde! Amigo hatte ja bereits schon erfolgreich bei Lauras Sternenspiel mit dem Baumhaus-Verlag zusammengearbeitet!

Anfänglich waren wir durchaus skeptisch, schließlich bestand unserer Hauptinteresse immer in einer möglichst realistischen Umsetzung des Spiels. Aber nach dem Studium der ersten fünf Bücher der Jugendbuchreihe war uns schnell klar: Wir machen es, eine Umsetzung auf das spezielle Thema hin ist problemlos möglich! Und wir fügen gerne hinzu: Die Jugendbuchreihe gefiel uns bestens, sie ist richtig gut! Von einem möglichen Kinofilm war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht die Rede.“

Andreas Wetter (Jahrgang 1964, hauptberuflich Sozialpädagoge und im Moment tätig als Lehrer an zwei Berufskollegs sowie als Projektentwickler beim Soziokulturellen Zentrum Kraftstation in Remscheid, außerdem ist er nebenberuflich für den Spielzeit Verlag u von Thorsten Löpmann/Andreas WetterIhr sagt, das Spiel hatte bereits eine lange Reise hinter sich. Könnt ihr das bitte etwas erläutern?
„Nun ja, der erste Entwurf des Prototyps dürfte mittlerweile so zirka acht bis zehn Jahre alt sein! So genau wissen wir das selber gar nicht mehr. Uns war natürlich bewusst, dass es gerade Sportspiele extrem schwer auf dem Spielemarkt haben, aber wir waren von unserem Spielsystem derart überzeugt, dass wir es unbedingt in Angriff nehmen wollten.

Als potenzielles Bundesliga-Merchandiseprodukt ergab sich sehr schnell ein Kontakt zur damaligen Spieleagentur in München, Albrecht Wehrstein (heute Zoch Verlag) nahm sich der Idee und des Spielkonzeptes Match an. Es entstanden erste Grafikentwürfe, aber letztlich scheiterte eine Umsetzung schon im Grundgerüst an den finanziell begrenzten Mitteln der Spieleagentur. Die Spieleagentur reichte ihre ‚Match-Lizenz‘ an den Hans-im-Glück-Verlag in München weiter, welcher zuvor den Preis Spiel des Jahres für El Grande erhalten hatte und von nun an kümmerte sich Bernd Brunnhofer um die Möglichkeit einer realistischen Umsetzung der Spielidee. Ziel: ein Sammelkartenspiel mit original Spielernamen und –fotos, bestehend aus allen 18 Vereinen der Fußball Bundesliga und in Zusammenarbeit mit ihr. Es entstand ein neuer, zweiter Grafikentwurf.

Bernd Brunnhofer reiste durch halb Deutschland und wurde bei unzähligen Marketingmanagern der Vereine vorstellig. Von München über Stuttgart bis Köln oder Hamburg, er widmete sich akribisch dem Projekt Match.

Aber auch das unermüdliche Engagement von Bernd Brunnhofer sollte sich letztlich nicht auszahlen. Mal war es die Höhe der Lizenzgebühr, welche ein Verein verlangte, mal die Problematik um die Rechte an den Spielernamen und -bildern, mal dies und mal jenes. Allein die Logistik erwies sich auch für Hans im Glück als zu umfassend.

Zu diesem Zeitpunkt war der Frust bei uns natürlich erst einmal riesengroß! Der Traum vom Projekt Match drohte zu platzen und tatsächlich herrschte eine ganze Zeit lang Stillstand um das Spiel.

Nach einer Weile jedoch nahmen wir einen erneuten Anlauf und boten das Spiel Amigo an, welche es ebenfalls schon aus den ersten Anfängen kannten. Der Prototyp hatte mittlerweile gut und gerne 400 bis 500 Probespiele hinter sich. Ob Männlein oder Weiblein, jung oder alt, deutscher, türkischer, kroatischer oder italienischer Jugendlicher, Fußballfan oder Nichtfußballfan, das Spiel hatte sich seine ganz eigene Fangemeinde erarbeitet, vor allem und gerade auch im Erwachsenenbereich! Und dies bestärkte uns immer wieder in dem Willen, nicht aufzugeben.

Über Amigo ergab sich dann ein Kontakt zu Wizards Of The Coast. Wir stellten Richard Garfield das Spielprinzip auf der Messe in Essen vor und über knapp ein Jahr hinweg fand ein reger Austausch mit den Jungs aus Amiland statt. Ergebnis: Fehlanzeige!

Abermals verging Monat um Monat, bevor uns dann oben erwähnter Anruf von Uwe Mölter erreichte …“

Als Fußballspiel funktioniert Die wilden Fußballkerle ganz gut. Dennoch hat man das Gefühl, es ist noch nicht ausgereizt. Habt ihr selbst noch Ideen, wie man das Spiel verbessern könnte?
„Die aktuelle Fassung und Umsetzung des Spiels ist eine völlig abgespeckte Version unseres Prototypen und dem dahinter steckenden Spielsystem. Allerdings durchaus eine Version, mit der wir sehr gut leben können.“

Also ein Kompromiss für die aktuelle Zielgruppe? Welche Details hättet ihr am liebsten anders umgesetzt?
„Ja, man kann es absolut als Kompromiss bezeichnen. Ein Kompromiss, welcher sowohl im Bezug auf die Zielgruppe als auch im Bezug auf das Handling des Spiels zu sehen ist. Und dennoch ist es ein Start in eine hoffentlich noch weitergehende Entwicklung des Spiels.

Dem aktuellen Spiel mussten so langjährig erprobte Komponenten wie ‚Ein- und Auswechslung‘, ‚Ersatzspieler‘, ‚individuelle Zusammenstellung eines Teams‘ oder ‚Taktikkarten‘ entnommen werden. Gerade jene zusätzlichen Dinge, welche einen weiteren und ganz besonderen Fußballflair ausmachen, Atmosphäre begünstigen. Es ist für uns selber völlig ungewohnt, ohne all diese Optionen zu spielen. Aber um es deutlich zu sagen: Es passt dennoch und es passt gut! Letztlich liegen alle weiteren Optionen startklar in unserer Schublade, Amigo muss sie nur rufen …

Und dann, so behaupten wir jetzt einmal, dann geht das Spiel erst richtig los! Dann, wenn jeder Trainer über mehr als nur elf Spieler in seinem Kader verfügt, wenn zudem für jeden Feldspieler mehr als nur drei verschiedene Karten zur Verfügung stehen, wenn ein Trainer nicht weiß, ob sich zum Beispiel das Kopfballungheuer oder der Allroundspieler überhaupt im Kader des Gegners befinden, wenn es darum geht, zur Halbzeitpause je nach Spielstand und Spielsituation auszuwechseln, zu Spielbeginn sein Team individuell zusammenzustellen, Schwalben im Strafraum zu provozieren und so weiter …

Dann lebt der „reale“ Fußball und das spielende Trainerherz noch mehr auf!“

Habt ihr als Macher eines Fußballspiels eigentlich auch privat eine Vorliebe für Fußball? Entstand das Spiel als Nebenprodukt eurer Fußballleidenschaft oder seht ihr euch eher als Spieleautoren, die auch Fußball mögen?
„Ganz klar letzteres! Fußball ist in diesem Fall für uns genauso ein Thema wie Ritter oder Piraten auch. Natürlich sind wir auch stark mit der Leidenschaft Fußball verbunden, ohne dies wäre uns die Entwicklung auch sicherlich nicht so authentisch und locker von der Hand gegangen. Aber als Autoren interessieren uns neben dem Thema Fußball eben auch noch viele andere Dinge mehr. Dennoch: Andys Herz schlägt für Bayer 04 Leverkusen und Schalke 04, meines für den MSV Duisburg.“

Umsetzung von Fußball als Spiel sind trotz der großen Beliebtheit des Sports eher selten. Spiele wie das Brettspiel einer privaten Fernsehanstalt sind spielerisch praktisch untauglich. Liegt das eurer Meinung nach daran, dass es verdammt schwer ist, Fußball als Spiel umzusetzen? Habt ihr einen anderen Ansatz verfolgt?
„Unser Ansatz war von Anfang an ganz klar: Kartenspiel – zügig spiel- und erlernbar – kurzweiliger Charakter – Spaßfaktor – Atmosphäre – realitätsnah – ausbaufähig. Die Simulation eines Einzelspiels sollte Gegenstand des Spiels sein, nicht ein etwaiger Saisonverlauf, Transfermarkt und so weiter. Wir wollten ein Spiel kreieren, welches im direkten Duell Fan gegen Fan gespielt werden kann. Eines, wo am Spieltisch mitgefiebert werden kann, wo man sich ärgert, hofft, bangt, aber auch viel zu lachen hat. Ein Spiel mit Revanchecharakter!

Natürlich blieb auch uns nicht verborgen, dass sich bis dato alle Fußballumsetzungen sehr schwer taten. Vielleicht, weil es oftmals zu viel Merchandise und zu wenig ‚echter‘ Fußball war, vielleicht aber auch, weil sie ganz einfach zu wenig Spieltiefe und fußballerischen Flair besaßen.

Für uns galt seinerzeit vor allem eines: Wenn man den kurzweiligen Charakter und vor allem den ureigenen sportlichen Flair im direkten Duell Mann gegen Mann auf den Tisch bringen will, dann darf man vor einer gesunden Portion Glück im Spiel nicht zurückschrecken. Und wir standen dieser von vielen Spielefreaks eher skeptisch gesehenen Komponente noch nie verschlossen gegenüber, sofern du die Möglichkeit besitzt, ganz bewusst ‚mit‘ dem Glück zu spielen! Darüber hinaus galt es, sich auf wesentliche Spielelemente und -abläufe zu konzentrieren. Alle thematischen Aspekte einzubauen geht halt nur schwerlich, da kam uns die Möglichkeit der Kartentexte auf den Spielerkarten sehr entgegen. Diese begünstigen eine atmosphärische Vielfalt bei spielmechanischer Gradlinigkeit und Einfachheit.

Letztlich hatten wir natürlich auch das Glück, dass unser Spiel in den letzten knapp 10 Jahren schlicht und einfach stetig gewachsen ist! Und wir hoffen natürlich sehr, dass es auch zukünftig weiter wachsen darf und wachsen wird …“

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