Eiskaltes Aufbauspiel
Lässt es mich kalt oder macht es mich heiß? Diese Frage habe ich mir gestellt, als ich mir die Spielanleitung von Antarctica vornahm. Und ich muss sagen, wäre der Spieleabend nicht geplant gewesen, ich hätte sie weggeworfen. Ich bin Regellesen ja durchaus geübt, wenn auch etwas aus dem Training, was die ganz harten Brocken angeht. Aber das hier? Das hat sich erst nach dem zweiten Lesen halbwegs erschlossen. Ich mag es nicht auf mich allein schieben, denn die Anleitung ist didaktisch „suboptimal“ aufbereitet. Aber letztlich geht es ja um das Brettspiel …
Antarctica – Forschung am Südpol
Es geht um den Aufbau von Forschungsstationen in der Antarktis. Ein herrlich unverbrauchtes Thema, das eigentlich nur punkten kann. So ist es dann auch zunächst. Forschungsstationen, Basen, Kräne, Fördertürme, Windräder, Laboratorien und, und, und. Aber: Das alles gaukelt das Thema eher vor. Denn letztlich sind alle Einzelteile ersetzbar oder sogar unsinnig. Dennoch macht das Spiel Spaß.
Mit Schiffen schippern die Spieler von einem Sektor zum anderen, um dort zu einer Aufbausimulation am Südpol passende Aktionen zu starten. Der Witz ist, dass die Schiffe den Einfluss auf Sektoren ausmachen und damit die Aktionen wesentlich mitbestimmen. Doch viele Schiffe bringen nicht nur viele Möglichkeiten, sondern müssen erst einmal gebaut und gut platziert werden. Alles nicht so einfach, zumal auch das Verschrotten wichtige Punkte bringen kann. Das ganze Spiel zieht sich dann etwas hin, bis am Ende die dicke Wertung kommt, bei dem der Sieger in Teilgebieten satte Punkte abräumt, während alle anderen sehen müssen, dass die vor ihnen Platzierten wenigstens ein bisschen was gerissen haben. Alles schön ineinander verzahnt, ganz eigenwillig, aber irgendwie nicht zwingend Südpol.
Spielgefühl: Macht denn Antarctica Spaß?
Am Ende stellt sich die Frage nach dem Spielgefühl: Ja, Antarctica macht Spaß! Und zwar großen Spaß. Allerdings bedarf es etwas Übung, um optimale Aktionen zu finden. Zugleich werden die Möglichkeiten immer wieder unübersichtlich. Das erfordert erfahrene Strategen, wobei sicher auch angelernte Wissenschaftler eine Expedition erfolgreich starten können. Spannend fand ich den zunächst unschönen Wertungsmechanismus. Mit dem kommt das Salz in die Suppe. Vor dem Spiel dachte ich: Okay, das wird ein bisschen Teufel-dickster-Haufen. Aber dann kam es anders. Die Wertung ist es, auf die – klar – es hinausläuft. Spannend, durchaus planbar, zugleich fordernd und spielbestimmend. Wichtig ist, überall dort vorn zu sein, wo viel erreicht oder gebaut wird. Das bringt satt Punkte. Bauchspieler haben daher geringere Siegchancen, ohne dass aber alles zu verkopft ist. Antarctica von Charles Chevallier (Argentum Verlag) sollten Leute antesten, die in etwa mit dem Kennerspiel-Niveau der Jury zurechtkommen. Unerfahrenen Spielern wird es zu kompliziert sein, Hardcore-Freaks zu wenig komplex. Das Thema kann übrigens tatsächlich punkten. Ob ich jetzt Fabriken, Fördertürme und Werften am Südpol verorten würde, ist dann aber wieder eine andere Frage. Aber ich bin eben auch kein kühler Naturwissenschaftler. Daher werde ich mich beim nächsten Mal auf die Mechanismen und nicht das Thema konzentrieren, denn ich bin heiß auf eine Revanche …
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1 Kommentar
Ja, die erste Partie verlief auch bei uns trickreich und gut. Und die Mechanismen und Spielprinzipien sind wirklich rasch verstanden und interessant. Einzig der Schluss der Partie zog sich etwas hin, aber da haben wir vielleicht irgend eine Kleinigkeit falsch verstanden und gespielt. Ein gelegentlicher nächster Anlauf wird zeigen müssen, was es damit auf sich hat.