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Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - Ausschnitt Titelillustration - Foto von Kosmos

Der Herr der Ringe ist ein episches Thema. Wenn ein Verlag wie Kosmos mit einer Lizenz ein Brettspiel dazu veröffentlicht, wird es fast immer interessant. Diesmal hat Michael Rieneck das Abenteuer der Ringgemeinschaft neu in Szene gesetzt. Herausgekommen ist ein gutes Familienspiel: Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg für 1 – 4 Personen ab 10 Jahre.blank

Der Zugang zum Spiel

Bei einem Familienspiel ist die Anleitung besonders wichtig. Das ist auch in dieser Rezension ein Aspekt. Die Struktur empfinde ich an ein, zwei Stellen nicht sinnvoll, aber letztlich sind die Abläufe sehr gut beschrieben und verständlich dargelegt.

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - Ausschnitt Ringgemeinschaft auf Reise - Foto von Kosmos

Ich hätte mir gewünscht, dass es ein ausführliches Beispiel zu einer Begegnung gibt. Leider wird nur in einem Satz erläutert, dass Begegnungskarten liegen bleiben und welchen Effekt das hat.

Ebenso ist der Zugang zur letzten Etappe mäßig erklärt. Was passiert zum Beispiel mit Gefährten, die vor der Ringgemeinschaft ins Ziel kommen? Denn das ist durchaus sinnvoll. Ob diese aber noch einen Effekt auf den Kampf haben und was mit ihren Würfeln geschieht, bleibt sehr, sehr ungenau in einer Grauzone der Interpretationsfähigkeit.

Aber: Es ist eine gute Anleitung! Das erleichtert den Zugang.

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - Figuren - Foto von Michael Weber

Die Story: das Abenteuer der Ringgemeinschaft

Inhaltlich geht es um die Reise der Ringgemeinschaft zum Schicksalsberg. Dabei führen alle Beteiligten jederzeit alle Figuren auf dem Brett. Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg ist ein kooperatives Abenteuer.

Der Ablauf ist in mehrere Etappen aufgeteilt. Es geht von Bruchtal aus über Lothlorien, Rohan, Helms Klamm, Gondor nach Minas Morgul. Dabei sind neben Frodo/Sam auch die Figuren von Merry/Pippin, Aragorn, Legolas und Gimli. Im Hintergrund wirkt auch Gandalf mit. Die letzte Etappe zum Schicksalsberg muss die Doppelfigur Frodo/Sam allein bewältigen.

Begegnungen bringen die Romanatmosphäre aufs Brett

 

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - Ausschnitt Ringgemeinschaft auf Reise - Foto von Michael Weber

Den Bezug zum Roman von J. R. R. Tolkien bieten aber nicht nur die Figuren und Etappenziele. Denn viele Wesen, Freunde und Gegner aus den Büchern finden sich in Begegnungskarten. Dass der Plan dabei nicht der bekannten Karte von Mittelerde entspricht, ist mehr als verschmerzbar.

In den Begegnungen tauchen Namen wie Arwen, König Theoden, Eowyn auf, ebenso Baumbart, die Armee der Toten oder Saruman mit seinen Uruk-Hai-Horden. Allerdings sind es Saurons Mund, Kankra, Gollum und das Auge selbst, die den Gefährten richtig viele Probleme bereiten. Und das liegt am eigentlichen Ablauf.

Würfelreservoir und Begegnungsleiste

Zu jeder Etappe gibt es sechs Begegnungsfelder, die jeweils einem Würfelwert entsprechen. Dabei kommen zwei Karten verdeckt und vier offen auf die Felder. Insgesamt gibt es pro Etappe sieben Karten, sodass bei zwei verdeckten und einer aussortierten Karte eine Unsicherheit bleibt, welche Begegnungen anstehen.

An dieser Stelle ein Kritikpunkt: Durch nur sieben Karten sind die Begegnungen nicht variabel genug. Es wäre problemlos möglich gewesen, hier mehr Karten und damit mehr Abwechslung und neue Optionen zu bieten.

Wer an der Reihe ist, wirft zweimal ausgewählte Würfel. Dabei sind anfangs beide schwarze Würfel und zwei beliebige farbige Würfel zu rollen. Davon sind ein schwarzer und ein farbiger Würfel auf ein Tableau zu legen. Die beiden anderen plus ein zusätzlicher farbiger Würfel folgen nun. Am Ende bleiben zwei schwarze Begegnungswürfel liegen und zwei farbige Gefährtenwürfel auf dem Tableau.

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - die Würfelauslage - Foto von Michael Weber

Danach werden nacheinander jeweils zuerst der Begegnungswürfel und dann der ermittelte farbige Wert ausgewertet. Der schwarze Wert gibt die Begegnung vor, der farbige lässt die dazu passende Figur auf der Etappe nach vorn eilen.

Ansprechende Schwachstelle im Ablauf

Der Mechanismus ist ansprechend. Denn einerseits hat die Gruppe so die Möglichkeit, die Gefährten taktisch klug zu positionieren – bei allem Würfelglück. Zum anderen gibt es eine Unbekannte, welche Begegnung nun ansteht. Anders gesagt: Der Einsatz der Würfel lässt sich durchaus taktisch untermauern, allerdings bleibt eine deutlich spürbare Abhängigkeit vom Zufallsfaktor.

Wenn die Würfel mies fallen, ist die Partie schnell vorbei. Die Gegner sind nämlich an jeder Ecke präsent und durchaus mächtig. Für Experten ist dieser Ablauf nichts, auch wenn Fans der Romane mit Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg eine atmosphärisch sehr gelungene Veröffentlichung genießen können.

Die Freunde und Gegner

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - die Etappenarten im Spiel - Foto von Michael Weber

Die Begegnungen sind das Salz in der Suppe. Denn hier verlieren die Ringträger Zuversicht, es kommt zu packenden Kämpfen und unerwarteten Hilfen. Die Begegnungswürfel zeigen die Spalte an, dessen Karte auszuwerten sind.

Freunde kommen in den eigenen Vorrat und bieten exakt eine Unterstützung. Häufig lassen sich Würfel manipulieren, manchmal auch die Horden des Bösen deutlich schwächen. Unangenehmer sind die zahlenmäßig deutlich häufiger anzutreffenden Gegner. Denn diese Karten bleiben zum einen liegen und können die Gruppe mehrfach treffen. Zum anderen kommen so Horden von Uruk-Hai und Ringgeistern ins Spiel. Und immer wieder verlieren die Ringträger Zuversicht.

Sollte eine Begegnungsspalte leer sein, darf eine dort abgebildete Figur null bis zwei Felder vorrücken. Das ist hilfreich, denn erreicht ein Gefährte passgenau das nächste Etappenziel, gibt es eine Gandalfkarte als Belohnung. Die kann wie Freunde hilfreich sein und bei Kämpfen helfen.

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - hilfreiche Freunde - Foto von Michael Weber

Das einfache Kampfsystem mit taktischer Komponente

Der wichtigste Aspekt bei Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg ist die Bewegung. Zum einen sollen die Ringträger möglichst schnell das Ziel erreichen. Zum anderen steht das Kampfsystem dem Ansatz entgegen. Denn bei Kämpfen ist es vorteilhaft, dass alle anderen Figuren mindestens auf gleicher Höhe oder näher zum Ziel stehen.

Kommt es zum Kampf, fließen nämlich nur die Symbole der Gefährten auf dem Spezialwürfel in die Bewertung ein, die auf dem Weg zum Ziel nicht hinter der Ringträgerfigur stehen. Anders gesagt: Preschen Frodo und Sam ungestüm vor, kann nur Gandalf ihnen helfen – durch Abgabe der wichtigen und raren Karten. Je mehr Gefährten vor den Ringträgern stehen, desto eher gewinnen sie den Kampf.

Das Kampfsystem ist sehr einfach und ungemein effektiv. Ein Wert für das Böse ist nur auf dem Würfel abgebildet, die sofort zur Niederlage führt. Alle anderen Symbole sind positiv, sofern die Gruppe die Figuren gut bewegt und sie Gandalfkarten hat. Und dennoch gehen massig Partien verloren.

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - Ausschnitt Begegnungskarten - Foto von Kosmos

Auswirkung von Kämpfen, mangelnde Zuversicht und die Nazgul

Verlorene Kämpfe bedeuten verlorene Zuversicht. Diese wird auf einer „Herzleiste“ abgebildet. Ist die Zuversicht ganz verloren, wird die Ringgemeinschaft korrumpiert. Die Partie ist verloren. Leider gibt es auch Wegfelder, bei denen das automatisch passiert. Umso wichtiger ist das taktische Bewegen der Figuren. Ein Leckerbissen für Optimierer, ohne jedoch einen allzu großen Anspruch zu bieten.

Besonders hart sind die Kämpfe gegen die Uruk-Hai und die Nazgul. Denn es sind gleich mehrere Gegner zu besiegen oder Herzen zu verlieren. Leider bleiben die meisten Figuren auch noch auf dem Brett stehen und können später noch einmal übel zuschlagen.

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - Karten im Spiel - Foto von Michael Weber

Die Nazgul kommen per Karte oder bestimmte Felder in die Partie. Wichtig dabei: Sind alle Neun auf dem Brett, verliert die Gemeinschaft ebenfalls. Daher sind speziell die Nazgul wie die Pest zu umgehen. Durch Karten und Aktionen ist es einfacher, Zuversicht zurückzugewinnen. Die Ringgeister dagegen sind ein Grundübel, gegen das nur wenige Optionen vorhanden sind.

Die letzte Etappe ist anders

Die Partie ändert ihren Ablauf auf der letzten Etappe. Nun kommt nur noch ein Würfel zum Einsatz und bei jeder Begegnung rückt die Ringgemeinschaft ein Feld vor. Aber: Es droht ein massiver Verlust an Zuversicht. Spätestens jetzt entscheidet sich, ob Frodo und Sam den Weg zum Schicksalsberg schaffen oder doch nicht.

Tolle Geschichte, schöne Abläufe, aber wenig Entscheidungsspielraum

Die Umsetzung ist großartig. Michael Rieneck hat es geschafft, die Details komprimiert auf das Brett zu bekommen. Der Bezug zum Roman ist an jeder Ecke spürbar. Auch wenn es keine Illustrationen von John Howe oder einem anderen bekannten Tolkien-Zeichner sind, passen die Karten zur Geschichte. Alexander Karcz hat die Illustrationen ansprechend gestaltet. Das Spielbrett wirkt etwas bieder und eher wie ein Kinderspiel, was aber zu verkraften ist. Wären die Figuren noch aus Kunststoff und nicht aus Pappe, hätte ich nichts zu meckern.

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - Ausschnitt Hexenkönig auf der letzten Etappe - Foto von Kosmos

Spielerisch leider seicht

Dem entgegen steht der Anspruch. Zwar macht Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg Spaß. Aber der Ablauf ist eher eine Art „Automat“. Jede kleine Entscheidung wirkt zwangsläufig und führt nur im geringen Ausmaß zu einer spürbaren Änderung des Ablaufs. Selbst taktische Optionen wirken vom Mechanismus als Suche nach dem kleinsten Übel aufgezwungen.

Am Ende bleibt ein taktisches Laufspiel, bei dem jederzeit zwischen Pest und Cholera zu wählen ist. Fallen die Würfel nicht gut, bleiben anfangs die eingesammelten Karten (Freude) als Unterstützung. Aber die sind meistens recht schnell aufgebraucht. Wer dagegen gute Ergebnisse würfelt, kommt ohne große Probleme durch Mittelerde. Das ist ein Kritikpunkt, denn Autor Michael Rieneck hat mit Die Säulen der Erde gezeigt, dass Romanumsetzungen mehr Anspruch haben und dennoch massenkompatibel sein können.

Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg ist ein schönes Familienspiel mit Atmosphäre

Der Herr der Ringe - Gemeinsam zum Sschicksalsberg - Ausschnitt - Schachtel - Foto von Kosmos

Auch wenn der Anspruch nicht besonders groß ist, bleibt eine tolle Romanumsetzung. Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg ist ein erstklassiger Tipp für Fans und Familien. Es ist aber kein strategischer Anspruch enthalten, der erfahren Nerds länger bei der Stange hält.

Gegenüber den bisherigen Veröffentlichungen erinnert es etwas an Knizias Der Herr der Ringe. Es erreicht durchaus dessen Atmosphäre, bleibt jedoch spielerisch einen Tick hinter diesem zurück. Fans sollten sich beides zulegen, denn es sind sehr gute Romanumsetzungen. Wer sich nur ein einziges Tolkien-Spiel ins Haus holen möchte, wählt das Knizia-Spiel als Familienspiel oder bei genug Zeit und einer passenden Gruppe Der Ringkrieg als ganz harte Kost.

Infos zu Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg

  • Titel: Der Herr der Ringe: Gemeinsam zum Schicksalsberg
  • Verlag: Kosmos
  • Autor: Michael Rieneck
  • Spieleranzahl (von bis): 1-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 50
  • Jahrgang: 2023

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