Escape-Spiele erfreuen sich im Herbst 2016 größter Beliebtheit. Kosmos hat mit den beiden Autoren Inka und Markus Brand gleich drei solcher Spiele aufgelegt. Eins davon ist Exit – Das Spiel: Die Verlassene Hütte. Damit betritt der Verlag Neuland, denn wie die Spiele aus den anderen Verlagen (Escape The Room: Das Geheimnis der Sternwarte von ThinkFun/HCM Kinzel und Escape Room – Das Spiel von Noris Spiele) dürfen die Spieler Material zerstören und bekritzeln und vor allem das Spiel nur einmal spielen. Logisch, denn danach kennen die Spieler die Rätsel.
Worum geht es bei Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte?
Escape-Spiele stellen den Spielern eine Aufgabe. Diese ist innerhalb einer gewissen Zeit – meistens 60 Minuten – zu lösen. Gelingt es, kommen sie „frei“, gelingt es nicht, haben sie verloren. Ähnlich wie echte Escape-Spiele, bei denen sich Menschen ganz gruppendynamisch eine Stunde einsperren lassen, um einen geheimen Code zu knacken oder Schlüssel zu finden, funktioniert auch Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte. Nur eben mit Spielmaterial statt einem Raum.
Die Story ist ein bisschen banal: Abends, dunkel, Regen, Autopanne, Hütte, rein da, Schloss fällt zu, gefangen. Fehlt nur noch ein Geist, der „hui“ oder „buh“ ruft. Immerhin der fehlt … Damit beginnt das Rätselspiel. Banal, nein, fast ein bisschen ideenlos. Aber okay. Leider krankt Die verlassene Hütte auch im Folgenden stark an fehlender Atmosphäre. Das haben die beiden aktuellen Konkurrenzprodukte sehr viel besser hinbekommen. Während des gesamten Spiels kommt kein richtiger Druck auf, das Rätsel lösen zu müssen. Das ist beim Countdown des Noris-Spiels oder durch die besonders gelungene storylastige Atmosphäre bei der Escape-Story HCM Kinzel deutlich besser gelungen. Hinzu kommt, dass die Spieler sich eine Zeit vorgeben können, was aber im Endeffekt keine Relevanz hat. Lediglich das gelungene Ergebnis lässt sich mit einer Urkunde festhalten, bei der Zeit und benötige Lösungskarten aufgelistet werden. Und schon sind wir mitten im Spiel.
Wie funktioniert Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte?
Der eine oder die andere wird sich schon gefragt haben: Rätsel lösen? Und wie wissen die Spieler, ob alles richtig ist? Genau das macht das Spiel aus. Und so funktioniert es: Die Spieler beginnen mit einer Rätsel-Karte. Darauf ist ein Hinweis auf die zu lösende Aufgabe enthalten. Nicht immer sind diese Aufgaben sofort schlüssig. Aber grundsätzlich allein mit dem gesamten Spiel lösbar. Teilweise müssen die Spieler dazu Seiten aus dem Regelheft nutzen (und verunstalten!). Teilweise weitere Rätsel-Karten nutzen oder drei „seltsame Teile“ richtig anwenden. Grundsätzlich ergibt sich aus der Lösung ein dreistelliger Zahlen- oder Farbcode. Diesen wiederum müssen die Spieler auf der beiliegenden Decodierscheibe einstellen. Welche Markierung der Ausgangspunkt ist, lässt sich auf der Rätsel-Karte ablesen. Wissen die Spieler nicht weiter, können sie zwei Hinweiskarten und eine Lösungskarte befragen. Die ersten geben vorsichtige bzw. konkretere Hinweise und die letzte – na klar – die Lösung an. Stimmt alles, sind Lösungs-Karten aufzudecken, auf denen ggf. erst ein Hinweis auf die konkrete Lösungs-Karte enthalten ist.
So kommen immer heue Aufgaben ins Spiel, die zu lösen sind. Am Ende wartet der letzte Code und mit Glück die Freiheit. Oder eben nicht. Leider fehlt eine abschließende Textpassage, was mit den Spielern bei Misserfolg passiert …
Kartenirrsinn hemmt den Spielfluss
Diese Funktionsweise ist bei allen Exit-Spielen gleich. Leider ist das Hantieren mit den Karten ein Negativpunkt. Klar, funktioniert. Als System ist es auch toll. Aber ständig müssen immer wieder Karten aufgedeckt und gelesen werden. Wer die genannten Konkurrenzspiele kennt, wird das als nachteilig empfinden. So hat es den Charme von Solo-Abenteuern aus dem Buchbereich, bei denen der Leser zwischen Textabschnitten hin- und herspringen muss. Zumindest macht es die Produktion der gesamten Spiele-Serie einfacher, denn dieser eine Mechanismus kehrt in allen Spielen wieder. So müssen Autoren und Verlage nur noch Story und Rätsel austauschen. Für mich war dieser Ablauf aber nach den beiden anderen Spielen ein klarer Nachteil. Dennoch: Funktioniert und ist durchdacht.
Wie schwer sind die Rätsel bei Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte?
Bleibt die Frage: Wie schwer sind die Rätsel? Zunächst einmal sind sie erfrischend abwechslungsreich. Mal gibt es Buchstaben- oder Zahlenrätsel, mal Bilderrätsel, mal Logikrätsel und mal puzzleartige Aufgaben. Viel um die Ecke müssen die Spieler nicht denken, sodass die Altersempfehlung „ab 12 Jahre“ etwas zu hoch gegriffen ist. In unserer Runde konnte ein spielerfahrener 10-Jähriger wunderbar mithalten. Ich denke, zusammen mit Erwachsenen ist das eine gute Altersuntergrenze.
Die Rätsel selbst haben einen soliden Anspruch. Einiges erschließt sich sofort, andere Aufgaben lassen die Spieler erst im Dunkeln und dann lange auf dem Schlauch stehen. Aber genau dafür gibt es ja die Lösungs-Karten (warum schreibt die Kosmos eigentlich mit Bindestrich?). Insgesamt ist der Anspruch auf Niveau eines Familienspiels und etwa gleich oder knapp über dem bei Escape The Room: Das Geheimnis der Sternwarte. Gegenüber Escape Room – Das Spiel ist Die verlassene Hütte spürbar leichter.
Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte – die optimale Spielerzahl
So abwechslungsreich die Rätsel sind, so wenig Spieler können sich damit wirklich beschäftigen. Wie bei vielen kooperativen Spielen ist die Gruppe angehalten, wirklich gemeinsam zu spielen. Durch das eher kleinteilige Material und wenig parallel laufende Rätsel ist das aber nicht immer leicht. Diskutieren die Spieler nicht über jeden Schritt, sind selbst Vierer-Runden etwas zu groß. Ich empfehle Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte zu zweit oder zu dritt. In größeren Runden besteht einfach die Gefahr, dass einige Mitspieler „Leerlauf“ haben.
Lohnt sich Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte?
Bleibt am Ende die Frage: Lohnt sich das Escape-Spiel Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte? Die Antwort ist zweischneidig. Zum einen tragen die kleinen Kritikpunkte dazu bei, dass ein harmonisches und spannendes Spielgefühl nur schwer aufkommt. Es fehlen Atmosphäre, ein roter Storyfaden und mehr parallele Rätsel. Das Material ist okay, aber auch etwas fitzelig. Im Rahmen des Preis-Leistungs-Verhältnisses ist daran dennoch nicht viel auszusetzen.
Im Mittelpunkt des Spielspaßes stehen bei Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte die Rätsel und diese sind durchaus fordernd und sehr abwechslungsreich. Hier kann das Escape-Spiel auf Niveau eines Familienspiels punkten, bei dem ältere Kinder und Erwachsene gut miteinander spielen können. Wenn es mal hakt, retten die Hilfe-Karten. So bleiben keine Spielrunden auf der Strecke.
Auch wenn ich mich daran gewöhnen muss, Spielmaterial zu beschreiben, zerreißen oder zu zerschneiden, es zu knicken oder zu falten – dieses Spielprinzip zum Einmalgebrauch hat was. Die Exit-Reihe ist daher ein wunderbarer Einstieg in die Welt von Escape- und Rätsel-Spielen. So ist Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte ein sehr schönes Spiel. Die Kleinigkeiten machen es für mich im Vergleich mit den genannten Konkurrenzprodukten aber nicht zu einem uneingeschränkten Spieletipp. Aber als Escape-Spiel-Fast-Food ist es top.
Spielanletung zu Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte
Infos zu Exit – Das Spiel: Die verlassene Hütte
- Titel: Exit - Das Spiel: Die verlassene Hütte
- Verlag: Kosmos
- Autor: Inka Brand, Markus Brand
- Spieleranzahl (von bis): 1-6
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
- Dauer in Minuten: 45-90
- Jahrgang: 2016
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Spiele-Offensive
3 Kommentare
Also ich muss schon sagen… Der Preis ist viel zu hoch!!! Für das Geld bekommt man zwei gute Kartenspiele und muss sie hinterher nicht wegschmeißen. Das Spiel selbst ist grade so okay, aber nicht fesselnd. Keine Ahnung, warum das so viele loben. Das Spiel von Noris ist deutlich besser.
Klappt das wirklich mit Kindern? Unsere Söhne sind 9 und 11. Können die das alleine spielen? Wäre ein super Nicolausgeschenk!
Ich würde das Alter als okay bestätigen, wenn Erwachsene dabei sind. Allein scheint mir die Herauforderung zu groß. Findige Kinder können das ggf. schaffen, aber einige Rätsel sind für das Alter vielleicht doch zu schwer. Insgesamt ist die Frustgefahr für ein nur einmal spielbares Abenteuer dann einfach zu groß.