Zug um Zug um Zug um Zug um Zug … Man möchte den Überblick verlieren infolge der vielen verschiedenen Varianten, die unausweichlich erfolgreichen Spielen nachgeschoben werden. Ob das aufgrund der Nachfrage der Spielerfangemeinde erfolgt oder um das letzte Quäntchen Gewinn aus einer erfolgreichen Idee zu pressen, bleibt einer Einzelfallprüfung überlassen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Auszeichnung "Spiel des Jahres", wo immer möglich, eine Kartenspielversion nach sich zieht. So auch für Alan R. Moons Erfolgstitel Zug um Zug.
Immerhin verspricht eine Kartenspiel-Variante den Verzicht auf die unsäglichen Kunststoff-Spielfigurenwaggons. Die ganz im Stil des Originals gehaltene Schachtel enthält damit auch nur Karten, aber dafür 148 Stück und eine Spielregel. Von der Möglichkeit, Karten unterschiedlich groß zu gestalten, um das Sortieren zu Spielbeginn zu vereinfachen, scheint der Verlag noch nichts gehört zu haben. Schade. Das Spielprinzip wurde beibehalten, es gibt Eisenbahnstrecken in den USA, die mit den entsprechenden Waggons bedient werden müssen. Die Karten werden aus der Auslage gewählt oder vom Stapel gezogen. Lokomotiven sind Joker. Die Grafik wurde gegenüber dem Brettspiel noch gefälliger, aber bleibt insbesondere bei schummriger Beleuchtung oder mit Farbsehschwächen weiterhin unklar.
Sortiert werden müssen die Karten in 96 Zugkarten, 46 Zielkarten und sechs Bonuskarten. Aus den Zugkarten wird für jeden Mitspieler erstmal eine Lokomotivenkarte herausgesucht. Weiterhin erhält er sieben Zugkarten zufällig auf die Hand. Fünf Zugkarten werden offen ausgelegt, der Rest ergibt den Talon. Nun muss sich jeder aus sechs Zielkarten mindestens eine heraussuchen. Im Unterschied zum Brettspiel werden hier für die Strecke zwischen zwei Städten unterschiedliche Waggonfarben verlangt. Mit der Streckenlänge korrespondiert dagegen – wie bisher – der Punktewert der Strecke.
Eine weitere Neuerung ist der „Verschiebebahnhof“, die eigene Auslage vor jedem Spieler. Hier müssen alle Zugkarten hin, bevor sie dann in den sicheren Unterwegsstapel wandern. Hier böte sich an, bei einer Neuauflage, den wesentlich gängigeren Begriff „Rangierbahnhof“ zu verwenden, mal abgesehen von einer mehr als nötigen weiteren Überarbeitung der Spielregel, die sich Fragenden gegenüber sehr sperrig gibt.
Haben nun alle ihre Handkarten und die Regel verstanden, kann es losgehen. Die Startspielerin beginnt, gespielt wird im Uhrzeigersinn. Der Ablauf jeder Spieleraktion ist gleich. Liegen Zugkarten im eigenem Verschiebebahnhof, werden jetzt Waggons auf die Reise geschickt. Die oberste Karte jeder ausliegenden Farbe wandert verdeckt in den Unterwegs-Stapel. Damit sind diese Karten zwar sicher, aber nachdem niemand mehr in diesen Stapel schauen darf, rechnen sich mnemonische Fähigkeiten. Danach besteht die Wahl, neue Zugkarten auf die Hand zu nehmen, neue Zielkarten auszuwählen oder den Rangierbahnhof zu bestücken. Neue Zugkarten erhält man aus der Auslage oder verdeckt vom Stapel. Nimmt man eine Lokomotive, kann man keine zweite Karte mehr nehmen. Zielkarten erhält man vier, von denen man eine beliebige Anzahl behalten kann. Zum Auslegen im Verschiebebahnhof bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder drei verschiedene Waggons, wobei keine schon ausliegende Farbe gelegt werden darf; oder das Legen von zwei oder mehr Karten einer Farbe, darunter auch Joker-Lokomotiven. Hier dürfen bereites ausliegende Farben nur dann ablegt werden, wenn man mehr Karten zu bieten hat, als in dieser Farbe bereits ausliegen. Gelingt das, wandern die unterlegenen Waggons auf den Ablagestapel. Danach ist der nächste Spieler an der Reihe.
Das läuft so lange, bis der Zugstapel aufgebraucht ist, dann wird nach einer weiteren Runde abgerechnet. Nun muss jeder Spieler versuchen, seine Zielkarten mit seinem „Unterwegs“-Stapel zu erfüllen. Verwendete Karten werden abgelegt. Für erfüllte Zielkarten gibt es die aufgedruckten Punkte, nicht erfüllte zählen Minus. Zum Schluss werden noch die Bonuskarten verteilt. Wer die meisten Zielkarten mit einer der Bonusstädte erfüllt hat, erhält zusätzliche Punkte. Bei vier Spielern wird der Stapel noch einmal gemischt und erneut durchgespielt. Alle anderen hören gleich auf. Gewonnen hat der Spieler mit den meisten Punkten.
Man kann mit dem Spielansatz gute Spiele machen, alle anderen Spiele zu Zug um Zug sind dafür Beweis. Man kann auch Spiele mit großer Gedächtnisleistung auflegen, Zicke Zacke Hühnerkacke, Dicke Luft in der Gruft und Meisterdiebe treten den Beweis an. Aber dieses Spiel hinterlässt bestenfalls einen schalen Geschmack im Mund. Entweder man ist Gedächtnismeister, dann ist das Spiel zu profan, oder man spielt blind vor sich hin und hofft, dass schon was passt, wenn man nur genug Karten sammelt. Der Mechanismus mit Handkarten, Auslage und verdecktem Stichstapel ist schon oft und besser in anderen Spielen umgesetzt worden. Wer Zug um Zug mag, sollte besser zum Originalspiel greifen. Ansonsten gibt es auch kleine, bessere Eisenbahnspiele zuhauf. Ich bin eigentlich ein großer Fan von Alan R. Moons Spielen, aber dieses gehört lange nicht zu seinen besten.
Infos zu Zug um Zug – Das Kartenspiel
- Verlag: Days Of Wonder
- Autor: Alan R. Moon
- Spieleranzahl (von bis): 2 - 4
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
- Dauer in Minuten: 30
- Jahrgang: 2008
Werbung
Nach neuen Spielen schauen bei:
Amazon
Spiele-Offensive