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Wer ist hier ein Nerd?

Axel Bungart

Außen- und Innenleben eines Spielebegeisterten

blankWas musste ich da kürzlich im Editorial meiner Lieblings-Spielezeitschrift lesen? Jemand bezeichnete mich als Nerd. Also, nicht mich persönlich, sondern Spieler. Genauer gesagt Vielspieler. Noch genauer gesagt Vielspieler, die ihre Spiele lieben und pflegen und daher das Spielmaterial in Tütchen, Schächtelchen und Säckchen einbetten, damit es lange nach Spielmaterial und nicht schon bald nach gespieltem Material aussieht.

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Was ist ein Nerd?

Ganz schön frech! Was ist überhaupt ein Nerd? Kein Mensch weiß so genau, woher der Begriff wirklich entstammt und was er bedeutet. Aber alle haben ein Bild vor sich, wenn sie an Nerds denken: Hornbrille und fettige Haare. Außerdem müsste er enthusiastisch sein, stereotyp aber durchaus intelligent und außerdem „unattraktiv und neurotisch“ wie einst Peter Glaser im Stern schrieb.

Stop! So nicht!

Also, jetzt mal langsam. Man mag mir ja viel nachsagen, aber unattraktiv und neurotisch? Nur weil ich kleine Pappplättchen nach Farbe sortiert in Döschen und Tütchen fülle und das auch nach dem Spiel bitteschön wieder so aussehen soll wie vorher, damit jeder bei Spielbeginn auf Anhieb sein Material zusammen hat? Nur weil ich Karten in Kartenhüllen attraktiver finde als ungeschützt? Nur weil ich einzelne, fehlende Teile beim Verlag nachbestelle, auch wenn man sie eigentlich gar nicht braucht? Oder etwa, weil ich akribisch aufschreibe, wer, wann, was mit mir gespielt hat, wer gewonnen und wie viele Punkte er oder sie dabei erzielt hat? Hey, damit habe ich schon (ohne es zu wissen) Alibis besorgt! Von der – ganz nebenbei – aufgezeichneten Historie meiner Ex-Freundinnen ganz zu schweigen. (Das kann übrigens auch nach hinten losgehen.)

Ich glaube, es hackt! Da versucht man, gut zu sein und seine Kinderchen so zu behandeln, dass sie auch das Erwachsenenalter noch erreichen und nicht vorher schon abgenudelt und angeknötet ein Schattendasein führen müssen und zack – ist man ein Nerd.

Ich bin Nerd! Und jetzt?

Was mach‘ ich denn jetzt? Muss ich mit dem Makel weiterleben, als Nerd angesehen zu werden, auch wenn die sekundären Typenmerkmale – wenn überhaupt – nur latent vorhanden sind? Soll ich mich dagegen entrüsten oder gar zur Wehr setzen? Und wenn ja, wie? Eine Gegendarstellung wäre wohl ein probates Mittel, aber da müsste ich erst mal zugeben, dass ich mich überhaupt angesprochen fühle.

Am unauffälligsten wäre wohl, ich würde einfach so tun, als hätte ich den Artikel nicht gelesen. Genau.

So. Und jetzt pöppel‘ ich erst mal in Ruhe mein neues Spiel aus, und dann tüftele ich weiter an der Solovariante für Diplomacy. Gott, das wird wieder eine lange Nacht …

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2 Kommentare

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Frank Riemenschneider 25. Juli 2014 at 12:27

Tja Axel. Ich sehe dich jetzt eher als Spielediva an. 😉 🙂 Wie wäre es denn mit einer Lebensakte für Spiele? In „Erste Funken“ von 2-F ist eine schöne.  

Ich mag es ja eher bespielt. Mein Wizard kannst du zum Beispiel fast nicht mehr anpacken. Jede einzelne Partie hat ihre Spuren hinterlassen. Nur so entwickeln Spiele eine Seele. 

Aber, und das ist das schöne an unserem Hobby, jeder kann es halten wie er will. Du die Diva. Ich der Punk.

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Käptn Butterbrot 18. August 2014 at 09:33

Ich denke das Wort Nerd hat heute eine ganz andere Bedeutung als noch vor 30 Jahren. Sehr schön hat es Wil Wheaton gesagt als er auf einer großen Con einem ungeborenen Mädchen mit auf den Weg gab „why it is awesome to be a nerd“

Wil Wheaton – Why it’s awesome to be a nerd: http://youtu.be/H_BtmV4JRSc

Deswegen bin ich immer froh wenn jemand mich NERD nennt, denn damit stehe ich Abseits vom Stumpfsinn und der Oberflächlichkeit, die der Mainstream leider als sein Leitmotiv gewählt hat.

Achso: für meine Sehschwäche kann ich nichts und meine Haare sind auch nicht fettig.

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