Ein fantastisches Land voller Grafikzauber
Michael, du bist als Spiele-Illustrator bekannt. Mit Die Legenden von Andor veröffentlichst du dein erstes Spiel. Wie kam es dazu, den Illustratorpfad dafür zu verlassen und selbst ein Brettspiel zu enwickeln?
„Das war keine Absicht 🙂 Mein Sohn und ich haben nach einem Fantasy-Spiel gesucht, dass nicht so komplex sein sollte aber gleichzeitig auch nicht so abstrakt. Weil wir das nicht fanden, haben wir im Urlaub angefangen, unseren eigenen Spielplan zu malen und mit Figuren und Würfeln aus anderen Spielen was eigenes nach unseren Wünschen zu basteln. Dass diese Spielerei mal veröffentlicht werden würde, hätten wir nie gedacht.“
Sind die Illustrationen von Die Legenden von Andor von dir, das Brettspiel also komplett „aus einer Hand“?
„Ja. Es stand glücklicherweise nie zur Diskussion, ob ein anderer Illustrator diese Spielidee umsetzen sollte. Da es so viele tolle Fantasy-Illustratoren gibt war das für mich keine Selbstverständlichkeit.“
Ist es etwas Besonderes, ein eigenes Spiel zu illustrieren? Gibt es einen Unterschied zu Auftragsarbeiten?
„Der große Unterschied ist, dass man das Spiel so gut kennt wie niemand sonst. In der Regel versuche ich alle Spiele, die ich illustriere, vorher zu spielen, damit ich weiß, worauf es ankommt und was dem Autoren und der Redaktion besonders wichtig ist. Aber da reden wir von Erfahrungen aus einer oder zwei Partien. Die Legenden von Andor habe natürlich ich sehr viel mehr gespielt.“
Viele Spieler haben inzwischen eine Vorstellung, dass eine Spielentwicklung sehr lange dauert. Wie steht es abedr mit den Illustrationen? Die vielen Details in Die Legenden von Andor summieren die Arbeitszeit doch sicher auch ganz beachtlich auf?
„Ja. Der Aufwand war enorm groß. Aber als Illustrator weiß ich, dass die Brettspielszene besondere Ausstattung zu würdigen weiß. Ich finde, wenn man ein Brettspiel kauft, und die sind ja nicht gerade billig, sollte man ein bißchen verwöhnt und vielleicht auch überrascht werden. Bei Die Legenden von Andor fängt die Überraschung schon mit dem Gewicht der Schachtel an :-)“
Dass du als Illustrator der Grafik eines Spiels generell einen großen Wert beimisst, ist selbstverständlich. Welche genaue Bedeutung und Aufgabe hat die Spielegrafik aber für dich als Autor von Die Legenden von Andor und allgemein als Illustrator?
„Allgemein sollte die Gestaltung von Brettspielen 1. gut funktionieren; 2. gut zum Spiel passen und das Spielgefühl unterstreichen und 3. durch gute Gestaltung Abläufe eingängiger machen und vielleicht sogar das Spiel noch ein bißchen besser machen, als es vorher war.
Die Grafik in Die Legenden von Andor ist untrennbar mit der Mechanik verknüpft. Ein Beispiel ist der Schild. Er kann zweimal eingesetzt werden. Wenn ich damit einmal einen Schlag abgewehrt habe, wird der Schild auf die Rückseite gedreht. Da sieht er schon ziemlich angeschlagen aus. Wenn ich den Schild noch einmal benutze ist er verbraucht. Das heißt, der Grund dafür, dass man den Schild nur zweimal und nicht beispielsweise fünfmal einsetzen kann, liegt in der Gestaltung.“
Die Legenden von Andor wurde mit einem ARG (Alternate Reality Game) gestartet, bei dem Personen aus der Spieleszene mit mysteriösen Hinweisen zu Detektivarberit ermutigt wurden, bis sie an das Rätselende gelangten. Wie sehr hat die Geschichte des ARG mit dem Brettspiel Die Legenden von Andor zu tun und wie kam es zu dieser Idee, das Spiel so zu promoten?
„Das vielgelobte ARG ist durch die Initiative der Kosmos-Marketingabteilung in Verbindung mit Soma Labs entstanden. Ich bin den Verantwortlichen sehr dankbar, dass sie Die Legenden von Andor damit so sehr in den Fokus gerückt haben. Darüber hinaus hat das ARG auch über die Grenzen der Spielewelt hinaus Interesse geweckt und damit das Hobby ‚Brettspiele‘ an sich gestärkt.
Es gibt viele lose Enden des ARGs, die in das Spiel münden. So wird die Hexe Reka, deren Hinweisen viele ARG-Spieler gefolgt sind, ihnen in Legende 2 wieder begegnen.“
Die Legenden von Andor ist ein kooperatives Abenteuer-/Rollenspiel. In aller Kürze: Um was geht es im Brettspiel thematisch, was ist Aufgabe der Spieler?
„Die Helden von Andor verteidigen gemeinsam das Land Andor vor dem Ansturm böser Kreaturen. Neben dieser Hauptaufgabe gilt es eine Vielzahl von zusätzlichen Aufgaben zu bewältigen. So müssen in einer Legende zwei Brautleute sicher durch ein Gebiet voller Gefahren zum Baum der Lieder eskortiert werden. Ein anderes Mal gilt es, wertvolle Edelsteine aus der Mine der Schildzwerge zu bergen. Das gemeinsame Erleben von Abenteuern ist der wesentliche Charakterzug des Spiels.“
Der Spielspaß solcher kooperativen Spiele steht und fällt mit der „Intelligenz“ des Spiels. Wie stark müssen die Spieler wirklich kooperieren, wie viel Freiraum haben sie? Wie schwer wird es sein, eine Partie zu gewinnen, wie stark ist also der Spielegegner?
„Die Legenden von Andor wird in fünf für sich abgeschlossenen Abenteuern gespielt, deren Schwierigkeitsgrad stetig ansteigt. Das heißt, dass eine geübte Spielergruppe durchaus mit einem Erfolgserlebnis beginnen kann, in dem sie Legende 1 im ersten Versuch besteht. Weniger erfahrene Gruppen brauchen sicher mehrere Anläufe. Mit jeder Legende stehen den Helden mehr Optionen zu Verfügung und gleichzeitig steigen die Anforderungen.“
Das Thema ist in einer Fantasy-Welt angelegt. Was reizt dich daran besonders, die Grundmechanismen könnten ja beispielsweise auch für ein Science-Fiction-Spiel oder ein historisches Thema genutzt werden.
„Das Spiel wurde aus diesem Fantasy-Thema heraus entwickelt und zwar einfach aus einer persönlichen Vorliebe von mir und meinem Sohn. Bestimmt lässt sich der Mechanismus aber auch auf andere Themen anwenden.“
Wie heiß ist der Spiele-Illustrator nach diesem Werk nun, weitere Spiele zu entwickeln? Gibt es vielleicht sogar schon Pläne oder Prototypen? Welchen Stellenwert wird diese Tätigkeit zukünftig haben?
„Eigentlich bin ich sehr zufrieden, wie alles gelaufen ist und verspüre überhaupt keinen Drang, etwas neues zu entwickeln. Die Legenden von Andor ist genau das Spiel geworden, das ich mir gewünscht habe.“
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