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Uli Blennemann gründet den Kleinverlag Spielworxx

Uli Blennemann von Reich der Spiele

Vassal, Alternativen, Kriegsspiele und kleine Auflagen

Uli, du hast vor wenigen Monaten Spielworxx gegründet. Wie verträgt sich das mit deiner Arbeit als Brand Manager für Phalanx Games (NL)? Gibt es nicht Überschneidungen?
„Zunächst sollte ich anmerken, dass mein Arbeitsaufwand bei Phalanx NL stark zurückgegangen ist. Wir haben die Situation über einen längeren Zeitraum beobachtet und sind zu dem Schluss gekommen, dass es momentan keinen Sinn macht, ein neues, internationales Phalanx-Spiel herauszugeben. Ein Blick auf den übervollen deutschen Markt dürfte genügen. Nicht gerade hilfreich ist zudem, dass es keinen funktionierenden Vertrieb (mit Ausnahme der großen Verlage, die es selbst in die Hand nehmen) gibt. Außerdem fehlen uns wirklich potente internationale Partner.
Überschneidungen gibt es aber auch inhaltlich nicht. Spielworxx macht Spiele, die in Europa praktisch niemand sonst macht. Dies verschafft uns das gewünschte Alleinstellungsmerkmal.“

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Welche Ziele verfolgst du mit Spielworxx? Gibt es thematische Schwerpunkte? Und wie kamst du auf den Namen?
„Mit Spielworrx möchte ich Spiele machen, die mich persönlich faszinieren. Spiele, die eine große Tiefe haben und eine Geschichte erzählen. Da ich Historiker bin, dürfte es nicht überraschen, dass diese Spiele überwiegend historisch sind. Ich möchte mich hier jedoch nicht einschränken – außergewöhnliche Spiele im Fantasy-, Sci-Fi-, Horror, politischen oder kooperativen -Bereich finde ich ebenfalls spannend.
Wie kam ich zu dem Namen? Zum Einen finde ich, dass sich Spielworxx ‚cool‘ anhört, zum anderen möchte ich ausdrücken, dass Autor, Entwickler, Tester und Hersteller intensiv an einem Spiel ‚gewerkelt‘ haben, um ein besonderes Spielerlebnis zu bieten.“

Diese Art von Brettspielen (Kriegsspiele, Co-Sims und Ähnliches) ist sicher kein Kassenschlager. Ist es nicht mutig, bei einem relativ kleinen potenziellen Kundenkreis ins Verlagsgeschäft einzusteigen? Wie organisiert du den Vertrieb von Spielworxx?
„Jede sehr anspruchsvolle Art der Unterhaltung hat es schwer, ein Kassenschlager zu werden. Dies ist aber auch nicht Ziel von Spielworxx. Ich bemerke aber nicht nur bei mir selbst, dass ich mit dem in Deutschland vorhandenen Angebot an Brettspielen nicht zufrieden bin. Einen Teil der ähnlich denkenden Käufer möchte ich gerne von Spielworxx überzeugen.
Es mag mutig erscheinen – man muss jedoch auch sehen, dass mein Risiko überschaubar ist. Sollte ich irgendwann feststellen, dass Spielworxx so nicht funktioniert, kann ich den Kleinverlag einfach schließen. Dies ist aber gewiss nicht das Ziel!
Der Vertrieb ruht auf zwei Säulen: Für Ladenverkäufe sind Headquarter in Moers und Brave New World in Köln nebst Vertriebspartnern zuständig. Direktverkäufe laufen über mich und meine Webseite.“

Du giltst als ein Kritiker der aktuellen Veröffentlichungs- und Preispolitik in Deutschland. Wie teuer werden die Spiele deines Kleinverlags sein? Wirst du dich in Deutschland mit Spielworxx den niedrigem Preisniveau anpassen bzw. anpassen müssen?
„Meine Spiele werden nicht so preiswert sein, wie die meisten anderen in Deutschland erhältlichen Spiele sein. Die Auflage beträgt aber auch nur jeweils 500 Stück. Außerdem denke ich, dass man an Spielworxx-Produkten mehrere Hundert Stunden Spaß haben kann. Schließlich bin ich dabei, als ‚Mehrwert‘ eine ‚Community‘ aufzubauen.“

Du wirst einen Teil der Spiele von Spielworxx auch über die Plattform Vassal anbieten. Kannst du unseren Lesern bitte erklären, was das für eine Technik ist?
„Gerne. Ich halte dieses Zusatzmerkmal gerade unter dem Stichwort ‚Aufbau einer Community‘ in Deutschland für unerlässlich. Wer sich von der entsprechenden Webseite die kostenlose Vassal-Engine (für Windows, Mac oder Linux) herunterlädt, kann, so es ein Modul zum Spiel gibt, das Brett- oder Kartenspiel mit einem Partner irgendwo auf unserem Planeten spielen – entweder in Echtzeit (gerade zusammen mit Skype sehr interessant) oder als ‚play by e-mail‘.
Spielworxx wird zu allen Spielen kostenlose Vassal-Module anbieten, die die Originalgraphiken des Spiels verwenden. Die Regeln des Brettspiels werden aber noch benötigt.
Vassal hebelt folgende Probleme aus: 1. Ich finde keinen lokalen Spielpartner. 2. Ich kann meinen engen Terminkalender nicht mit Freunden synchronisieren (hier helfen gerade pbem-Partien). 3. Ich kann ein Spiel nicht über einen längeren Zeitraum aufgebaut lassen, da mir der Platz fehlt.“

Welchen Vorteil siehst du da für dich als Verleger? Ist eine Veröffentlichung auf Vassal nicht kontraproduktiv, weil die Spieler deine Spiele gar nicht mehr kaufen müssten?
„Die Vorteile von Vassal habe ich oben bereits angesprochen. Mit diesem ‚Mehrwert‘ versetze ich meine Kunden in die Lage, jederzeit meine Spiele spielen zu können – auch mit dem Laptop auf Reisen in der Bahn oder im Flugzeug.
Selbstverständlich lassen sich Spielregeln kopieren und so wird es auch Spieler geben, die das Brettspiel gar nicht kaufen. Ich behaupte aber – und meine Gespräche und Beobachtungen in den USA bestätigen dies – dass für jeden Käufer, den ich so ‚verliere‘, mindestens drei erst durch das Vassal-Angebot zugreifen.
Schließlich darf man nicht verkennen, dass auch bei Brettspielen nicht jeder Mitspieler Besitzer des Produktes sein muss. Wenn wir morgen planen, ‚Siedler von Carcassonne: Das Würfelkartenspiel‘ zu spielen, muss nur einer der Spieler im Besitz eines Exemplars sein.“

Mit welchen Brettspielen bist du ins Verlegergeschäft gestartet? Kannst du diese bitte in zwei, drei Sätzen beschreiben?
„Das erste Spielworxx-Spiel war Washington´s War, ein Card-driven Game zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg für zwei Personen, das sich in 90-120 Minuten spielen lässt. Darauf folgte White Star Rising, das sich mit taktischen Gefechten im Westen des Zweiten Weltkriegs in Belgien, Frankreich und Deutschland befasst. Das Spiel weist 16 unterschiedliche Szenarien auf.“

Hast du schon Pläne, wie es mit Spielworxx weitergeht? Welche Spiele sind geplant? Wie viele Veröffentlichungen peilst du jährlich an?
„Ich hoffe, dass Ende Januar Das Boot erscheint, die definitive U-Boot-Simulation. Das Spiel beinhaltet 1344 Spielsteine und umfasst die Schlacht im Atlantik und im Mittelmeer bis Mitte 1943. Zudem ist das Spiel als reines Solitärspiel ausgelegt.
Es wäre wundervoll, wenn ich sechs Spiele pro Jahr machen könnte – 2011 werden es aber eher vier sein. Im Mittelpunkt steht nämlich der bereits angepeilte Aufbau einer Community. Dabei werden regelmäßige Live-Erklärungen über einen Ventrilo-Server eine Rolle spielen.
Glück auf!“

Webseite von Spielworxx

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