Als ich die bunten, detailliert bemalten Holzelefanten sehe, bin ich begeistert. Sicher liegt das daran, dass sie mich an ein taktisches Familienspiel aus meiner Kindheit erinnern, das ich heiß und innig geliebt habe: Die Elefantenparade von Ravensburger (nicht zu verwechseln mit dem Kinderspiel Elefantenparade neueren Datums aus demselben Verlag). Tatsächlich sind die Figuren im selben orientalisch anmutenden Stil gehalten und liegen ebenso angenehm in der Hand. Ansonsten ist Kerala von Kirsten Hiese (Kosmos) allerdings eine völlig andere, dafür umso faszinierendere Art von Spiel. Ein Legespiel, das die Spieler mit seinen bunten Plättchen und den erwähnten Figuren in den Zauber eines indischen Elefanten-Festivals entführt.
So wird Kerala gespielt
Anders als in den klassischen Legespielen wie Carcassonne oder Qwirkle legt jeder Spieler seinen eigenen Festplatz aus – ohne Verbindungen zu denen der Mitspieler. Insofern erinnert es an Cities, entwickelt jedoch aufgrund der sonstigen Regeln ein völlig anderes Spielgefühl. Reihum wählen die Spieler ein Plättchen aus der Tischmitte aus und verbauen es in ihrem Festplatz. Anschließend bewegen sie einen ihrer beiden Elefanten innerhalb des Platzes, immer zu dem neu gesetzten Plättchen hin – wenn das nicht geht, darf das Plättchen so nicht gelegt werden. Die Elefanten sind also quasi die Baumeister und bestimmen, wo neue Ergänzungen überhaupt möglich sind. Es dürfen zwar auch Plättchen überbaut werden, dies kann jedoch nicht rückgängig gemacht werden. Die Legeregeln sind in sich simpel, öffnen aber eine intensive taktische Spieltiefe. Der Festplatz soll natürlich bunt sein, es müssen also alle fünf Farben genutzt werden. Gleichzeitig soll er aber auch Struktur haben, das heißt, die Farbflächen dürfen nicht beliebig gemischt werden, sondern jede Farbe soll eine zusammenhängende Fläche ergeben. Einige weitere Regeln und Sonderaktionen wie Elefanten- oder Plättchentausch (innerhalb des eigenen Festplatzes) bringen Abwechslung ins Spiel und reizen die taktischen Möglichkeiten aus.
Für wen ist das Legespiel Kerala geeignet?
Simple Regeln und taktische Tiefe: Kerala befolgt den Grundsatz jedes guten Familienspieles und setzt diesen auf erfrischend neue Weise um. Der Einstieg ist sehr einfach, dennoch kommt auch bei Gelegenheitsspielern keine Überforderung auf – vielmehr der Reiz, der Taktikfuchs der Runde zu werden. Und auch Vielspieler werden dieses bunte, andere Legespiel in seiner taktischen Vielfalt lieben. Nicht zuletzt, weil sie endlich mal ihre weniger spielfreudigen Freunde für ein anspruchsvolles Spiel begeistern können.
Wie gut ist das Legespiel Kerala?
Obwohl die Spieler nacheinander an der Reihe sind und jeder seinen eigenen, abgegrenzten Festplatz hat, mangelt es Kerala – im Gegensatz zu Cities und ähnlichen Legespielen mit separaten Feldern – nicht an Interaktion. Auch ohne direktes Eingreifen in einen fremden Festplatz gelingt es, den Mitspielern die Suppe zu versalzen – oder, um in der Thematik des Spiels zu bleiben, die gegnerischen Elefanten scheu zu machen. Bei der Auswahl der Plättchen lassen sich hervorragend taktische Fallstricke auslösen – einfach dadurch, dass man mit der Wahl des eigenen Plättchens Einfluss auf die Auswahl für den Gegner hat. Was tun, wenn das einzige Plättchen, das ich legen kann, eines ist, das mir meine mühsam aufgebaute Struktur zerstört oder mit dem ich wertvolle, hart erkämpfte Punkte wieder abdecke? Da trompetet – pardon, triumphiert – der Gegner lautstark. Und so manch einer ist froh, sich eine dicke Elefantenhaut zugelegt zu haben. Neben diesem typischen Konkurrenzspielgefühl, wie wir es aus Klassikern wie Mensch, ärgere dich nicht oder Malefiz kennen, schafft Kerala aber auch etwas, das wohl die wenigsten nicht-kooperativen Spiele vermitteln: Die Spielgruppe entwickelt ein Wir-Gefühl, und obwohl jeder gewinnen will, ertappt man sich des Öfteren beim gemeinsamen Diskutieren möglicher Legetaktiken.
Durch diese sehr reizvolle Divergenz zwischen Gewinnen-Wollen und gemeinsamem Spielerlebnis fasziniert Kerala die unterschiedlichsten Gruppen und wird sicher immer wieder auf dem Spieletisch landen. Allein das schöne Spielmaterial wirkt anziehend und auch wenn anders als bei der Elefantenparade aus meiner Kindheit keine Baumstämme transportiert und Wasserläufe überwunden werden müssen, finde ich doch eben diese Begeisterung wieder: bei Weitem nicht nur wegen der zauberhaften Elefantenfiguren. Es ist die Kombination aus taktischer Vielfalt und einfachem Spielprinzip, die beide Spiele auszeichnet und die gerade zusammen mit dem besonderen Material einen hohen Wiederspielwert mit sich bringt. Elefantensuperstark!
Spielanleitung zum Brettspiel Kerala
Infos zu Kerala
- Titel: Kerala
- Verlag: Kosmos
- Autor: Kirsten Hiese
- Spieleranzahl (von bis): 2-5
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8-
- Dauer in Minuten: 30
- Jahrgang: 2016
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