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Yunnan

Strategiespiel Yunnan - Foto von Argentum Verlag

Teetrinkern ist der Name der chinesischen Provinz Yunnan geläufig, weil es der nach der Stadt Pu’er benannte Pu-Erh-Tee bis in europäische Tassen geschafft hat. So ist das Thema des Brettspiels Yunnan (Argentum Verlag) denn auch: Tee. Genauer gesagt sollen zwei (besser drei) bis fünf Spieler die angrenzenden Gebiete mit Tee versorgen.

Dies besorgen Händler, die von Pu’er aus ihren Weg in die Regionen suchen, um den Tee dort gewinnbringend zu verkaufen. Je weiter entfernt sich die Regionen von Pu’er befinden, desto schwieriger wird es für die Händler, eine möglichst durchgehende Verbindung zum Markt in Pu’er herzustellen, doch desto einträglicher sind auch die Verkäufe. Dabei findet der Verkauf eher virtuell statt, denn Ziel der Spieler ist es, in die Regionen zu reisen und sich dort am Ende der Reisephase aller Spieler noch zu befinden. In dem Fall geht man einfach davon aus, dass der Handel stattfindet.

So wird Yunnan gespielt

Jeder Spieler verfügt anfangs über drei, später über bis zu sieben Händlerfiguren. Außerdem kann er sich Teehäuser, Handelsposten und Brücken verschaffen, die ihm den Weg und den Bau einer Handelsroute in die entlegenen Regionen erleichtern sollen. Außerdem bahnt sich (und den Händlern) ein Pferd den Weg. Dieses trabt möglichst stets voraus und ermöglicht es den Händlern überhaupt erst, neue Regionen zu betreten.

Alles, was ein Spieler braucht, erhält er in der ersten Spielphase jeder Runde in bester Worker-Placement-Manier in verschiedenen Häusern. Gute Variante: Mit ein bisschen Glück erhält man auch für wenig Geld den gewünschten Fortschritt.

In der zweiten Spielphase einer Runde reisen die Händler bei Yunnan in die Regionen. Besondere Beachtung findet hierbei die Reihenfolge, in der gereist wird. Denn wer später reist und zudem über mehr Einfluss verfügt als seine Gegenspieler, kann andere Händler aus ihren Standorten verdrängen. Dadurch können zunächst mühsam errichtete, ununterbrochene Handelsrouten zerstückelt werden, was den Ertrag unter Umständen empfindlich schmälert. Zu allem Überfluss besucht zum Abschluss der Reisephase noch ein Provinzkommissar die Region, in der am meisten Ertrag ausgeschüttet wird und verbannt denjenigen, der den größten Einfluss hat und sich nicht mit einem selbstgebauten Teehaus gegen den Kommissar wehren kann. Auch das verhagelt einem zuweilen das Geschäft.

Wer aber alle gegenseitigen und Einflüsse von Dritten übersteht, kann mit seinen Händlern und Handelsposten Geld einnehmen, das er sofort in Siegpunkte umwandeln kann. Sobald ein Spieler bei Yunnan die 80-Punkte-Marke erreicht, wird das Ende der Partie eingeleitet und es kommt zur Schlussabrechnung. Derjenige mit den meisten Siegpunkten gewinnt.

Yunnan – Brettspiel mit Worker-Placement

Yunnan ist zunächst mal ein typisches Worker-Placement-Spiel. In der ersten Phase einer Runde (Bietphase) geht alles seinen gewohnten Gang. Man setzt Händler in Häuser, holt sich, was man braucht und sich leisten kann. Geld ist dabei zwar nicht im Überfluss vorhanden, aber wer nicht zu sehr damit um sich schmeißt und vielleicht lieber mal einen Fortschritt der zweiten Wahl holt, der dafür aber grade als Schnäppchen zu haben ist, kommt ganz gut aus. Überflüssig ist nichts von dem, was im Angebot ist. Wichtig ist, immer so viele Händler reisen zu lassen, dass diese genug Ertrag erwirtschaften, damit man sich das Geld möglichst nicht aus der Bank holen muss. Der Konflikt liegt dabei in der Entscheidung zwischen reisen lassen oder Fortschritt holen, denn ein Händler, der für den Erhalt eines Fortschritts eingesetzt wird, kann danach nicht noch reisen. Also sollte man seinen Händlervorrat zügig aufstocken, um von beiden etwas ausführen zu können.

Die zweite Phase einer Runde – das Reisen – ist fraglos die anspruchsvollere. Um reisen zu können, brauchen die Händler das Pferd, das immer vorauszieht, sofern man neue Provinzen betreten möchte, und Passierscheine (beides in Phase eins erhältlich). Passierscheine hat man zwar dauerhaft, jedoch werden davon immer mehr benötigt, je mehr und je weiter Händler reisen sollen. Die Planung für die Reisephase beginnt somit bereits in der Bietphase.

Schwierig wird es, sobald ein oder mehrere Spieler ihren Einfluss steigern, denn Einfluss heißt verdrängen. Wer mehr Einfluss hat als andere, kann fremde Händler verdrängen und damit deren Handelsrouten unterbrechen. Er ist aber dafür vermehrt den „Angriffen“ des Provinzkommissars ausgesetzt und läuft somit selbst Gefahr, verbannt zu werden und zwar zurück nach Pu‘er. Dem kann man entgegenwirken, indem man versucht, seine Händler nicht dort zu platzieren, wo voraussichtlich das meiste Geld ausgeschüttet wird. Das Blöde ist nur, dass, wer zuerst reist, nur ungefähr abschätzen kann, wohin seine Gegenspieler ziehen werden. Ob die Region, die man anpeilt, hinterher wirklich das abwirft, was man errechnet hat oder die Gegenspieler vielleicht aus genau denselben Erwägungen heraus ihre Pläne kurzfristig ändern, ist ein bisschen Kaffeesatzleserei. Da wird es dann auf der einen Seite sehr mathematisch aber gleichzeitig auch hypothetisch, was den Spielfluss nicht eben beschleunigt. An der Stelle widerspreche ich auch Aussagen, Yunnan sei ein schnelles Spiel. In unseren Runden zu dritt (und zu fünft erst recht) sind wir nie unter eindreiviertel Stunden geblieben.

Selbst der letzte Spieler, der in einer Runde reist, und damit einen Vorteil haben kann, kann sich nicht sicher sein, dass er seinen Spielzug so ausführen kann, wie er es ursprünglich geplant hat. Dagegen hilft nur, sich so schnell wie möglich so viel Einfluss zu verschaffen, dass man von niemandem mehr verdrängt werden kann. Das geht, hemmt aber anfangs etwas den eigenen Fortschritt. Dennoch kann diese Strategie zum (überlegenen) Sieg bei Yunnan führen, weil man sich im letzten Spielabschnitt frei bewegen kann. Aber das ist nur eine Strategie, die zum Sieg führen kann. Yunnan bietet da reichlich Platz, sich auszuprobieren, was für den Spielreiz spricht.

Wie gut ist das Brettspiel Yunnan?

Während die Siegpunksteine anfangs noch sehr gemächlich dahindümpeln, beschleunigt sich die Ausbeute ab dem Zeitpunkt, wenn die Erträge steigen. Da kann das Ende einer Partie sehr überraschend eingeläutet werden. Wenn nämlich ein Spieler mit einem Schlag sehr viel Geld macht, dieses komplett in Siegpunkte umwandelt und damit die 80-Punkte-Marke erreicht, kommt es zur Endabrechnung. Wer das nicht erkennt, bleibt auf der Strecke.

Indes sind Fehler durchaus verzeihlich, allerdings ist es sehr wichtig, die Gegner zu beobachten. Aus dem Bauch heraus spielt man Yunnan demnach nicht. Dazu ist die strategische Verknüpfung zwischen den beiden Spielphasen zu gewichtig. Der Glücksfaktor ist gleich Null. Nicht zuletzt deswegen sprechen Autor Aaron Haag und der Argentum Verlag mit Yunnan eher Vielspieler an. Es ist kein Spiel für zwischendurch. Das Material ist durchweg sehr gut und auch die Grafik des Spielplans ist einladend hübsch. Zwei kleine Mankos betreffen zum einen die Punktetafeln zwischen den Fortschrittsleisten für Passierscheine und Einfluss, welche verwirren, da man immer genau hingucken muss, wie viele Siegpunkte man erreicht hat. Zum anderen ist die Grafik auf den beiden Bankfeldern unverständlich. Dafür ist die Ablaufskala in der Mitte des Spielfeldes hilfreich und gut – wenn man sie mal als solche erkannt hat.

Die Spielregel ist jedenfalls verständlich, vollständig und ausreichend mit Beispielen versehen. Das hilft beim Einstieg, der nicht in jedem Punkt einfach ist. Insbesondere das Vorgehen des Kommissars wird anfangs immer wieder falsch verstanden. Zu zweit kommt mit Yunnan nicht so richtig Freude auf. Da fehlt es an Interaktion, die jedoch ab einem Spieler mehr schon in ausreichenden Maße vorhanden ist. Zu fünft ist es dann, was Interaktion angeht, schon fast des Guten zu viel, weil kaum etwas planbar ist. Ich würde aber wieder mit einsteigen, wenn es heißt: It’s tea time.

Infos zu Yunnan

  • Titel: Yunnan
  • Verlag: Argentum Verlag
  • Autor: Aaron Haag
  • Spieleranzahl (von bis): 2-5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 90
  • Jahrgang: 2013

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