Der Schweizer Spieleautor möchte „Freude in die Familien bringen“
Daniel Fehr ist Spieleautor und schreibt auch Bilderbücher. Mit uns hat sich der Schweizer über sein Spiel Woodlands (Ravensburger) unterhalten, das in diesem Jahr auf der Empfehlungsliste der Jury „Spiel des Jahres“ steht.
Herr Fehr, Woodlands ist ihr fünftes veröffentlichtes Spiel und es hat es auf die Empfehlungsliste zum “Spiel des Jahres 2018” geschafft und wurde in Österreich als “Spielehit für Familien” ausgezeichnet. Was bedeuten diese Erfolge für Sie?
“Dass mein erstes größeres Familienspiel, das auf dem Markt ist, bei den internationalen Experten so gut ankommt, freut mich riesig und zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin! Dass es das Spiel so weit schaffte, ist aber auch ein Lob an meine Testerinnen und Tester, denn ein Spiel entsteht nie alleine. Spiele zu entwickeln ist eine Teamarbeit. Ich habe zwar die Idee und baue einen ersten Prototyp, aber dann muss das Spiel rasch in den ersten Test. Ich habe eine kleine Runde mit anderen Spieleautoren, in der wir unsere Prototypen zeigen, spielen und kritisieren. Das ist die Grundlage für alles weitere.”
Inwiefern motiviert Sie das, auch in Zukunft Spiele zu erfinden?
“Auszeichnungen helfen, Spiele bekannter zu machen und sie sind ein wichtiges Lob von Spieleexpertinnen und -experten, die beurteilen können, ob ein Spiel innovative Aspekte enthält. Am meisten motiviert mich aber, wenn ich sehe, wie Kinder und Erwachsene meine Spiele spielen und damit gerne Zeit verbringen. Eine Mutter schrieb mir kürzlich, dass ihr zehnjähriger Sohn Woodlands jeden Tag spielen wolle. Er sei richtig verrückt nach dem Spiel! Solche Momente treiben mich an, denn darum geht es beim Spielemachen: Freude in die Familien zu bringen!”
Wie kommt man eigentlich dazu, Spiele zu erfinden? Und wie lange hat es gedauert, ein Spiel veröffentlicht zu bekommen?
“Lange waren Gesellschaftsspiele für mich nur ein Hobby, vor ein paar Jahren entdeckte ich die Freude am Selbermachen wieder – eine Freude, die ich schon als Kind hatte. Dazumal kannte ich nur die üblichen Verdächtigen wie beispielsweise Monopoly. Zusammen mit meinem Schulfreund erweiterte ich dieses Spiel kreativ. Wir erfanden Zusatzaufgaben und Abzweigungen und stellten unser eigenes Spielmaterial her. Vor ein paar Jahren begann ich eigenständige Ideen zu entwickeln mit dem Ziel, diese auch zu veröffentlichen. Bis dann die ersten beiden Spiele auf dem Markt waren, dauerte es rund drei Jahre.”
Woodlands erschien gleich bei Ravensburger, dem größten deutschen Spieleverlag. Wie haben Sie das denn hinbekommen?
“Meine ersten Kontakte zu Ravensburger knüpfte ich beim Spieleautorentreffen in Göttingen. Dort war ich für den Nachwuchs-Förderpreis von ‚Spiel des Jahres‘ nominiert und konnte dem Verlag erste Spiele zeigen. Veröffentlicht wurden diese zwar nicht, aber ich war motiviert, es besser zu machen. Als ich Woodlands entwickelt hatte und zu testen begann, sah ich schnell, dass das Spiel hervorragend ankommt und ich hoffte, es bei einem großen Spieleverlag unterbringen zu können. Dass dies klappte, freut mich immer noch.”
Woodlands ist ein ungewöhnliches Spiel mit Erzähl-Elementen und einem innovativen Spielmechanismus, bei dem alle gleichzeitig spielen und nachher ihre Ergebnisse vergleichen. Wie würden Sie das Spiel jemandem beschreiben, der es noch nicht kennt?
“Die Spieler tauchen in Woodlands in Märchenwelten ein. Zuerst entscheiden sie sich für eine Welt: Mit Rotkäppchen, Robin Hood, Artus und Dracula stehen vier spannende Geschichten zur Auswahl. Danach müssen die Spieler in den Geschichten Aufgaben erfüllen, die von Kapitel zu Kapitel kniffliger werden.
Die Geschichten sind jeweils auf einer transparenten Folie abgedruckt, die in der Spieltischmitte liegt. Alle Spieler versuchen gleichzeitig, ihre Wegekarten so zu platzieren, dass die Figur die gestellten Aufgaben erfüllen kann. Nicht so einfach, denn die Wegekarten zeigen Wege und Wald. Die Märchenfiguren dürfen aber nur Wege beschreiten. Zudem bauen die Spieler unter Zeitdruck. Am Ende legen die Spieler die Folie auf ihre Lösung und überprüfen, welche Aufgaben sie erreicht haben.”
Wie sind Sie auf die Idee zu dem Spiel gekommen?
“Ich wollte ein Spiel machen, bei dem man sich wie bei einem Videospiel durch verschiedene Levels bewegt. Früh kam ich darauf, dass man Wegekarten zusammenpuzzelt und Dinge einsammelt. Auch die Idee mit der transparenten Folie, die am Ende auf die zusammengepuzzelten Wegekarten gelegt wird, hatte ich zu Beginn des Entwicklungsprozesses. Die Geschichten kamen später dazu, sind aber ein sehr wichtiges Element bei Woodlands. Sie machen das Spiel zu einem Abenteuer. Man schlüpft zum Beispiel in die Rolle von Robin Hood und kämpft sich mit ihm durch den Wald, schleicht sich an bösen Wächtern vorbei und besiegt am Ende den Sheriff.”
Sie sind Spieleautor und arbeiten zudem als Bilderbuchautor. Was davon macht Ihnen mehr Spaß?
“Im Moment liegt mein Fokus sogar auf drei Bereichen: Ich arbeite als Bilderbuchautor, ich entwickle Gesellschaftsspiele und ich verantworte beim Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien den Schweizer Vorlesetag. Es ist für mich nicht ein Entweder-oder. Die Freude liegt in der Kombination, denn das eine inspiriert das andere. Zum Beispiel hat das Spiel Woodlands erzählerische Aspekte. Umgekehrt haben Bilderbücher von mir, etwa das diesen Sommer neu erschienene Wie man ein Buch liest, spielerisches Aspekte.”
Glauben Sie, dass Ihr Background als Fotograf, Germanist, Erzähler und Spieleerfinder Sie prädestiniert, ungewöhnliche und neuartige Spiele zu erfinden? Es gibt ja momentan eine Entwicklung hin zu Spielen mit mehr Erzähl-Elementen, das müsste Ihnen doch entgegenkommen?
“Mein kreativer und wissenschaftlicher Hintergrund hilft mir bei meiner Arbeit als Spieleautor tatsächlich manchmal – doch ‚prädestiniert‘, wie Sie sagen, bin ich deswegen noch lange nicht. Spieleerfinden ist nichts, das ich einfach kann. Ich beginne bei jedem Spiel von neuem, gerade weil ich den Anspruch habe, mich nicht selbst zu wiederholen. Trotzdem gibt es Ansätze, die mich nicht loslassen, wie etwa die Verbindung von Spiel und Geschichten. Spannend sind für mich Spiele, bei denen das Thema nicht einfach übergestülpt ist, sondern die mich in eine fremde Welt entführen. Vor drei Jahren habe ich mit einem Spiel begonnen, das noch stärker als Woodlands auf erzählende Aspekte setzt und ich verfolge mit Interesse, dass die Freude an solchen Ideen in der Spieleszene ebenfalls spürbar ist.”
Was planen Sie als Nächstes bzw. sind weitere Spiele in der Pipeline?
“Neben dem Familienspiel Woodlands, das sich übrigens auch sehr gut für reine Erwachsenengruppen eignet, erschien von mir dieses Jahr zudem beim Noris Verlag das Wimmelspiel für Kinder. Weitere Spiele sind für nächstes Jahr geplant oder liegen noch bei Verlagen. Bilderbücher konnte ich dieses Jahr auf Deutsch zwei herausbringen: Wie man ein Buch liest und Hannas Hosentasche. Und diesen Frühling, das ist etwas ganz Besonderes für mich, erschien mein erster Reiseführer: Alle Städte der Welt, ein spielerischer Reiseführer, der sich in jeder Stadt, sogar der eigenen, einsetzen lässt.“
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