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Mac Gerdts über sein Strategiespiel TransAtlantic

Strategiespiel TransAtltnatic - Foto von PD Verlag

Schifffahrt im stetigen Wandel

Mac, zur Spiel 17 in Essen erscheint bei deinem langjährigen Verlagspartner PD Spiele dein neues Brettspiel TransAtlantic. Erklär bitte kurz, was sich hinter diesem Thema versteckt.
TransAtlantic führt uns in die große Zeit der Ozeandampfer um 1900, als immer größere, modernere und schnellere Dampfschiffe vom Stapel liefen. Sie verdrängten zunächst die traditionellen Segelschiffe von den Meeren, und lieferten sich anschließend einen erbitterten Wettbewerb um Fracht, Passagiere und den Posttransport. Das prestigeträchtige Blaue Band des Atlantiks, das vom schnellsten Schiff auf der Route nach New York gewonnen wurde, befeuerte zusätzlich den Wettstreit der führenden Schifffahrtslinien ihrer Zeit. Als Spieler bauen wir jeder eine Flotte auf und konkurrieren in verschiedenen Fahrtgebieten miteinander. Ein besonderer Reiz sind die 50 individuellen historischen Schiffe im Spiel, beginnend mit bekannten Segelschiffen wie der Cutty Sark, und endend mit Giganten der Meere wie der Mauretania, Olympic oder Titanic“

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Was reizt dich an diesem Hintergrund besonders?
„Als Hamburger hatte ich schon immer ein Faible für die Schifffahrt, und auch meine erste Station in der Hamburger Verwaltung führte mich 1989 zu Strom- und Hafenbau. Hamburgs Geschichte ist zudem in besonderer Weise mit der HAPAG verbunden, die vor dem ersten Weltkrieg von ihrem Generaldirektor Albert Ballin zur damals größten Reederei der Welt aufgebaut worden war. Mit dem Strategiespiel TransAtlantic habe ich versucht, dieses faszinierende Kapitel der Wirtschafts- und Technikgeschichte einzufangen.“

Welche Aufgaben genau haben die Spieler? Es wird ja nicht nur um Schiffbau gehen, sondern um mehr …?
„Wie es sich für ein reizvolles Strategiespiel gehört, haben die Spieler beim Aufbau ihrer Flotte anspruchsvolle Managementaufgaben zu erfüllen. Das beginnt schon bei der Auswahl der gekauften Schiffe mit ihren unterschiedlichen technischen Eigenschaften wie Geschwindigkeit, Tonnage und Passagierkapazität sowie deren Einsatz in bestimmten Fahrtgebieten. Versuche ich, auf der Strecke nach New York mit einem neuen Geschwindigkeitsrekord das Blaue Band zu gewinnen, oder setze ich auf hohe Passagierzahlen für den Einsatz bei Kreuzfahrten? Brauche ich mehr Kohlenbunker, um meine Schiffe besser mit Kohle zu versorgen, oder mehr Handelshäuser, und wenn ja, in welchen Fahrtgebieten soll ich sie bauen? Setze ich auf die neuesten Schiffe, um erfolgreich im Nordatlantik mitzumischen, oder versuche ich, mit älteren Dampfern im Indischen oder Pazifischen Ozean gutes Geld zu verdienen? In welchen Fahrtgebieten sind meine Konkurrenten besonders aktiv, und wie kann ich sie dort vielleicht verdrängen? Welche Schiffe drohen als nächste verschrottet zu werden, und welche neuen Schiffe kommen zuerst in Fahrt? Bei TransAtlantic müssen ständig Entscheidungen getroffen werden.“

Mit welchen Mechanismen bringst du den besonderen Reiz in das Spiel. Was prägt den Spielspaß? Wird es wieder wie ein Aktionsrondell geben?
„Nicht nur das erfolgreiche Management von Flotte und Finanzen sind wichtig, sondern auch die Optimierung der eigenen Kartenhand, mit der – ähnlich wie bei Concordia – die eigenen Spielzüge gesteuert werden. In jedem Spielzug wird eine Karte ausgespielt und die zugehörige Aktion ausgeführt. Es gibt aber viele spannende neue Karten, die völlig neue oder erheblich verbesserte Aktionen erlauben. Welche neuen Karten wähle ich, und droht mir dort vielleicht jemand zuvorzukommen? Die neuen Karten kommen auch sofort in dem Moment zum Einsatz, in dem ich mich für sie entscheide, und werden nicht erst vorher auf die Hand genommen. Dabei muss auch der richtige Rhythmus gefunden werden, also, ob ich öfter neue und bessere Karten nehmen will und dabei auf Handelshäuser und ihre potenziellen Siegpunkte verzichte, oder eher seltener neue Karten nehme und deshalb mit einer tendenziell schlechteren Kartenhand spielen muss. Hierdurch erzeugt TransAtlantic eine ganz besondere Spieldynamik. Anders als bei Concordia sind es aber nicht die Spielkarten, die mir Siegpunkte bringen, sondern die Dampfschiffe selbst, die ich im Laufe des Spiels erwerbe. Die neu ins Spiel kommenden Spielkarten erlauben bei TransAtlantic wirklich ’nur‘ neue Aktionen, sind aber wesentlich abwechslungsreicher als bei Concordia.

Gesunde Finanzen sind zwar wichtig, um sich die besten Schiffe leisten zu könne, aber letztlich entscheidet nicht das Geld über den Sieger, sondern vor allem die geschickte Zusammensetzung der eigenen Flotte. Jedes Dampfschiff ist einer von fünf Flaggen zugeordnet, und in jeder dieser fünf Flaggen lassen sich die Siegpunkte separat steuern. Sowohl die Konzentration auf bestimmte Flaggen, als auch deren breite Streuung können erfolgreich sein. Bei TransAtlantic gibt es viele Wege zum Sieg!“

Bisher hast du klare Strategiespiele veröffentlicht. Es heißt, die Spieler müssen auf die sich bei TransAtlantic ergebenden Situationen immer wieder neu reagieren? Wie strategisch lässt sich TransAtlantic vor diesem Hintergrund spielen? Welche Kniffe sollten Spieler verstehen, wenn Sie erfolgreich sein wollen?
„Bei der Reihenfolge der auf den Markt kommenden Dampfschiffe und der Auswahl der neuen Spielkarten gibt es Zufälligkeiten, durch die TransAtlantic jedes Mal anders verläuft. Auf diese wechselnden Umstände, die ja für alle Spieler gleich sind, müssen sie reagieren und dabei auch die Möglichkeiten ihrer Mitspieler im Auge behalten. Wer sich dabei verzettelt und hinsichtlich seiner Siegpunkte keine klare Strategie entwickelt, wird TransAtlantic kaum gewinnen können. Die doppelte Herausforderung besteht sowohl auf der taktischen als auch der strategischen Ebene. Und es ist immer wichtig, einen ‚Plan B‘ im Hinterkopf zu haben, falls ein Mitspieler überraschenderweise anders spielt als erwartet. Die Interaktion zwischen den Spielern führt bei TransAtlantic zu ständiger Spannung: Schnappt mir ein anderer Spieler das gewünschte Schiff oder die gewünschte Karte vor der Nase weg? Lässt ein Mitspieler eine Region ausgerechnet dann transportieren, wenn mein Dampfschiff dort keine Kohle hat und daher nicht fahren kann? Setzt der Mitspieler sein neues Schiff so ein, dass ausgerechnet mein altes Schiff sofort verschrottet werden muss? Habe ich noch einen Schiffsagenten auf der Hand, um die gute Aktion des Mitspielers kopieren zu können? TransAtlantic hat so viele mögliche Spielverläufe, dass es ein Patentrezept einfach nicht geben kann.“

Gibt es richtige Fettnäpfchen, die es zu vermeiden gilt? Können Spieler sich versehentlich um eine gute Wertung bringen?
„Wer bei TransAtlantic erfolgreich sein will, braucht einen guten Plan und ein gutes Gespür für die Pläne der anderen Mitspieler. Wenn ich einen generellen Rat gegen Fettnäpfchen geben müsste, dann den, seine Einnahmen nicht zu vernachlässigen. Wer finanziell ins Hintertreffen gerät, wird irgendwann bei den neuesten Schiffen nicht mehr mithalten können und verfügt dann später über eine kleine und veraltete Flotte, die nicht mehr genug Geld einfährt und von der baldigen Verschrottung bedroht ist. Genauso erging es ja damals vielen Schifffahrtslinien, die letztlich vom Markt verschwunden sind. Zwar gibt es bei TransAtlantic z. B. über Handelshäuser Möglichkeiten, auch mit relativ wenigen und alten Schiffen noch mitzuhalten, aber Anfängern würde ich das nicht empfehlen wollen. Wer zwischenzeitlich zurückzuliegen meint, sollte jedoch auch nicht verzagen: Es gibt immer wieder Wendungen und gute Karten, die das Spiel noch drehen können, und es bleibt immer spannend bis zum Schluss.“

TransAtlantic hast du als Steam Ship Company über mehrere Jahre entwickelt. Wie kam es zum Namenswechsel und wie hat sich das Spiel über die Jahre verändert?
„Mit dem alten Namen waren wir nie so recht warm geworden. Er erschien uns immer zu lang, zu technisch und wohl auch für viele internationale Märkte zu englisch. Ich finde, da ist TransAtlantic die weit bessere Wahl! Der neue Name greift auch die Tatsache auf, dass der Nordatlantik zu damaliger Zeit das mit Abstand wichtigste Fahrtgebiet war, in dem stets die modernsten und größten Schiffe eingesetzt wurden. Mit dem Blauen Band wurde ein eleganter spielerischer Anreiz geschaffen, dass das auch in unserem Spiel so passiert.

Veränderungen hatte es über die Jahre immer wieder gegeben. Ursprünglich standen mehrere Schifffahrtslinien im Mittelpunkt, an denen sich die Spieler als Aktionäre beteiligten (daher auch der alte Titel ‚Company‘). Letztlich war der Anspruch aber wohl zu hoch, ein spannendes Investitionsspiel um Aktienmehrheiten mit der kommerziellen Schifffahrt jener Zeit und der technischen Entwicklung der Dampfschifffahrt in einem einzigen Spiel zu verbinden. Zugunsten einer vertretbaren Spielzeit hätten dabei einfach zu viele thematische Abstriche und Kompromisse gemacht werden müssen, was angesichts des schönen Themas sehr schade gewesen wäre. Der Knoten wurde im letzten Jahr durchgeschlagen, als wir endlich das thematische Objekt – 50 besondere historische Schiffe jener Zeit – auch spielerisch in den Mittelpunkt stellten und auf Aktien gänzlich verzichteten. Außer bei Hapag-Lloyd, die uns übrigens mit ihrem Firmenarchiv ganz großartig unterstützt haben, war es bis dahin auch noch nicht gelungen, von anderen Linien die Zustimmung zur spielerischen Verwendung ihrer alten Firmennamen zu erhalten.

Bei den Mechanismen wurde verschiedenes probiert, unter anderem auch das altbekannte Rondell. Schließlich hat aber ein Kartenmechanismus ähnlich wie bei Concordia das Rennen gemacht, einfach weil er die besten Möglichkeiten für viele unterschiedliche und abwechslungsreiche Spielzüge bietet.

TransAtlantic kann jetzt auch mit verschiedenen Varianten gespielt werden. In der fortgeschrittenen Variante ‚Präsident‘ kommen als zusätzliches Element Kontrakte ins Spiel, die immer dann vergeben werden, wenn ein Schiff in seinem Fahrtgebiet einen neuen Rekord bei Tonnage, Knotenzahl oder Passagieren aufstellen konnte. Diese Kontrakte werden dann in Handelshäuser, Kohlenbunker oder Bargeld umgetauscht. Dadurch erhalten die individuellen Eigenschaften der verschiedenen Schiffe eine noch größere Bedeutung. Eine weitere Variationsmöglichkeit besteht darin, neue Schiffe entweder unterschiedlich mit Kohle auszustatten, oder alternativ mit unterschiedlichen Zusatzkosten zu versehen. Ob schließlich entweder mit Atlantikhäfen oder mit Weltmeeren gespielt werden soll, ist dann letztlich eine Geschmacksfrage, denn spielerisch macht die Geografie keinen Unterschied.

Bei der Spieldauer sind wir mit vier erfahrenen Spielern bei etwa 75 Minuten angekommen. Bei weniger als vier Spielern ist das Spiel dann etwas kürzer, in der Variante ‚Präsident‘ etwas länger.“

Es heißt, ihr bringt TransAtlantic in der quadratischen Schachtel. Bisher habt ihr das Längsformat gewählt. Wie kam es dazu und ist das Schachtelformat für sich als Autor von Bedeutung? Hat das quadratische Format für dich Vorteile?
„An dem alten Schachtelformat des PD-Verlags hatte es ja immer wieder Kritik von Leuten gegeben, deren Regale andere Formate gewöhnt waren. Darauf hat der Verlag jetzt reagiert. Es gibt auch keinen großen Spielplan mehr, sondern stattdessen ein modulares Format, das bei weniger Spielern auf dem Tisch kleiner ist als bei voller Spielerzahl. Das ließ sich in der quadratischen Schachtel im Siedler-Format auch gut umsetzen.“

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Welche Spiele aus den letzten zwei, drei Jahren haben dich am meisten überrascht? Welche neuen Trends verfolgst du mit Spannung?
„Mein persönlicher Favorit der letzten Jahre war Great Western Trail von Alexander Pfister. Ansonsten bin ich jedes Jahr auf der Spielemesse in Essen aufs Neue überrascht, wie viele neue Spiele, Verlage und Autoren es überhaupt gibt, von denen ich vorher noch nie gehört hatte. In diesem Sinne freue ich mich auch schon auf Essen 2017 und bin gespannt, welche Überraschungen diesmal auf mich warten!“blank

Liste der historischen Schiffe bei TransAtlantic

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