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Andreas Odendahl und Michael Keller über La Granja

Brettspiel La Granja - Foto von PD Verlag

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Andreas (Ode) und Michael (Mike), in Essen auf der Spiel 2015 stellt der PD Verlag euer Spiel La Granja als Neuauflage vor. Erklärt bitte kurz, was der Titel bedeutet und um was es thematisch geht.
Ode: „‚La Granja‘ ist spanisch und bedeutet ‚Der Bauernhof‘. Gleichzeitig ist es der Name eines alten, wunderschönen Landgutes auf Mallorca. Um eben jenes Landgut dreht sich das Spiel. Historisch ist es aus kleinen Bauernhöfen entstanden, die sich um einen Weiler an einer Quelle angesiedelt haben. Aus vielen kleinen Höfen wurde im Laufe der Jahrhunderte ein großes Landgut. Und genau das spielen die Spieler nach. Jeder hat einen kleinen Bauernhof und baut ihn mit Karten aus. Durch bäuerliches Wirtschaften müssen die Spieler punkten. Am Ende wachsen die Bauernhöfe zusammen und wer die meisten Punkte hat wird Besitzer des nun großen und ruhmreichen Landgutes ‚La Granja‘.

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Was genau ist Aufgabe der Spieler bei La Granja?
Mike: Jeder Spieler muss seine Farm auf Mallorca ‚managen‘. Statt 4X sind es hier die 4As: Anlegen – Anbauen – Ausliefern – Ausruhen. Karten werden angelegt, Erntegüter angebaut und Schweine gehalten.
Was man nicht am eigenen Hof angebaut hat, bekommt man oftmals über die sogenannten Ertrags-Würfel. All die schönen Sachen auf seinem Hof muss man auch versuchen loszuwerden. Da heißt es, den Esel packen und in die Stadt fahren zum Ausliefern, denn das gibt hauptsächlich die Punkte, die es braucht, um die Nase vorne zu haben. Neben all dem Arbeiten muss man auch mal Siesta machen und ausruhen. Dies führt dazu, dass man besten ausgeruht ist, und wer am besten ausgeruht ist, kann als erster in die neue Runde starten.
Um das ganze auf den Punkt zu bringen: La Granja ist eine Art Wirtschaftsspiel, verpackt in ein Landwirtschaftsthema, in dem das Timing vom Produzieren und Liefern von Gütern wichtig ist. Was bringt dir eine hohe Produktion, wenn du die Sachen nicht los wirst? An dieser Stelle eine Balance zu finden und flexibel auf alle Faktoren zu reagieren, ist das A und O um in dem Spiel erfolgreich zu sein.“

Mit welchen wesentlichen Mechanismen setzt ihr dieses Thema um. Welche sind das Besondere, das La Granja den eigenen Pfiff geben?
Ode: „Wie bekannt haben wir uns von anderen tollen Ideen inspirieren lassen und einige bekannte Elemente in ein eigenes Design verwoben.
Besonders interessant aus unserer Sicht sind die multifunktionalen Karten. Sie können auf vier verschiedene Weisen unter das eigene Tableau geschoben werden. Von oben, unten, links oder rechts und dann übernehmen sie unterschiedliche Aufgaben am eigenen Bauernhof. Diese Art der Kartennutzung ermöglicht es, dem Spieler besonders interessante Entscheidungen abzuverlangen. Denn jede Karte, die ja vier verschiedene Funktionen hat, kann nur auf eine Weise verwendet werden. Man entscheidet sich also sowohl für eine Verwendungsmöglichkeit – aber eben auch gegen drei andere. So hat jeder Spieler am eigenen Hof viel zu gestalten.
Der zentrale Aktionswahlmechanismus ist eine Art Würfel-Draft. Es steht eine bestimmte Anzahl Aktionswürfel zur Verfügung und die Spieler müssen nacheinander aus dem Pool Würfel wählen, um die angezeigten Aktionen durchzuführen. Der Pool wird dadurch natürlich immer leerer und die Optionen geringer. An dieser Stelle ist die Spielreihenfolge wichtig, auf die man auch im Laufe des Spiels Einfluss nehmen kann.
Das letzte Element, dass ich gern erwähnen würde, ist der Markt auf dem Spielplan. Hier gibt es ein sehr interaktives Element, bei dem die Spieler sich auch gegenseitig verdrängen können. Hier kommt es zu Positionskämpfen zwischen den Spielern um den größten Einfluss am mittelalterlichen Markt von Esporles, einer kleinen Stadt in der Nähe von La Granja. Wichtig war mir an der Stelle, dass dem solitären Charakter, den das Spiel durch die Spielertableaus durchaus hat, ein interaktiver Mechanismus in der Mitte entgegen steht.“

An wen richtet sich La Granja? Wer wird den meisten Spaß mit dem Spiel haben, wer sollte die Finger davon lassen?
Mike:La Granja ist eher ein komplexes Spiel. Die Regeln zu verinnerlichen, ist durchaus anspruchsvoll. Allerdings gibt es eine klare Rundenstruktur und mit Spielhilfe, die dem Spiel beiliegt, kann man sich gut durch die Runde hangeln. Nach unserer Erfahrung braucht man als Neuling zwei bis drei Runden für den Einstieg und kann dann in weiteren Partien die Möglichkeiten ausloten.
Ich kann nur dazu raten, sich einfach mal auf das Spiel einzulassen und aus dem Bauch heraus zu spielen. Der geübte Spieler sollte seine wahre Freude an dem Spiel haben, da er es mit all seinen Nuancen entdecken und erleben kann.
Es ist eher ein Spiel für geübte Spieler, für einen langen Spieleabend. Aber trotzdem sollte man sich nicht abschrecken lassen.“

Habt ihr für die erste Tunde einen Tipp, wie interessierte Spieler an das Spiel herangehen sollten? Was ist zu beachten, was zu vermeiden?
Ode: „Ich tue mich schwer mit einer solchen Frage. Was mir an Spielen gefällt ist, sie zu entdecken. Wiederspielreiz ist für mich sehr wichtig. Ich möchte, dass die Spieler sich mit dem Spiel auseinandersetzen und auch mal scheitern in den ersten paar Partien, bzw. ein Ergebnis erzielen, bei dem sie wissen, dass es auch noch besser ginge. Und dann den Wunsch haben, es in weiteren Partien tatsächlich besser zu machen. Aber ich will auch kein Spielverderber sein: Was man wissen sollte ist, dass La Granja im Kern ein wirtschaftliches Spiel ist, wie Mike ja schon erwähnt hat. Es geht nicht nur darum etwas aufzubauen, sondern eben die Früchte der Arbeit auch schon während des Spiels in Punkte umzusetzen. Es gibt keine Schlusswertung – alle Punkte in La Granja werden während des Spiels vergeben. Wenn man die Möglichkeit hat, Punkte zu machen, dann sollte man sie auch schon früh im Spiel nutzen. Ein Berg Erntegüter am Schluss des Spiels ist wertlos.“

Es handelt sich um eine Neuauflage. Bisher ist La Granja bei Spielworxx erschienen. Wieso kam es zu diesem Wechsel, warum der PD Verlag und was hat sich bei den Spielregeln und beim Material verändert?
Ode: „Spielworxx ist ein Verlag, der kleine, limitierte Auflagen von Spielen macht. Bei Spielworxx hätte es keinen Nachdruck gegeben – und schon gar nicht in vielen verschiedenen Sprachen. Aber die Lizenz des Spiels liegt immer noch in den Händen von Spielworxx und es ist ja heute nicht mehr ungewöhnlich, dass Verlage ihre Spiele an andere Verlage weiterlizensieren. Spielworxx hatte viele Anfragen für Auflagen in anderen Sprachen. In Absprache mit uns Autoren hat Spielworxx also das Spiel weiterlizensiert – aber wollte selbst keine weiteren Auflagen stemmen. In der zweiten Auflage gab es dann auch noch mehrere Verlage, die sich für eine rein deutsche Version interessiert haben. Die Entscheidungen, mit wem dann zusammengearbeitet wird, hat am Ende Uli Blennemann von Spielworxx getroffen. Insgesamt ist das Spiel nun in fünf Sprachen erschienen.
Geändert hat sich nicht so viel. Eher kleine Details. Der ein oder andere Kartentext oder eine Regelformulierung. Ein paar Symbole auf den Handwerksmarkern. Nur Feinheiten. Ansonsten ist es exakt das Spiel, das es vorher war. Und das war uns auch sehr wichtig, besonders im Hinblick auf die Gestaltung des Spiels. An dieser Stelle möchte ich Uli zitieren und den ‚stets erstaunlichen‚ Harald Lieske erwähnen, der aus meiner Sicht eine ganz wunderbare Arbeit abgeliefert hat.“

La Granja ist euer erstes veröffentlichtes Spiel. Wie kam es zu dieser Gemeinschaftsentwicklung?
Mike: „Ich wurde vor einigen Jahren auf Andreas aufmerksam. Ich war sehr angetan von Uwe Rosenberg Vor den Toren von Loyang und habe den Verleger kontaktiert. Und so hab ich dann ein paar Leute kennengelernt, die mit dem Verlag zu tun hatten. Neben Ralph Bruhn waren das eben auch Uwe Rosenberg und Andreas, der in Essen Vor den Toren von Loyang am Verlagsstand erklärt hat. Schlussendlich haben wir über Chat angefangen, uns über unsere Spielideen und Entwicklungen auszutauschen. Dann kam das Eine zum Anderen und mittlerweile sind wir ‚Spielefreunde‘, auch privat. Da ich in der Schweiz lebe und Ode in Norddeutschland, sehen wir uns nicht sehr oft und kommunizieren fast ausschließlich über das Internet. Der Ideenaustausch und die Entwicklung über die Distanz sind in der Tat nicht immer einfach: Man kann sich zwar über alles austauschen per Chat oder Videotelefonie, es benötigt aber viel mehr Zeit, als wenn man eben zusammensitzen und darüber reden könnte.“

Gab es bei der Entwicklung eine Aufteilung, wer für was zuständig war? Gab es Konflikte und wie haben diese sich ausgewirkt?
Ode: „Mike war eher für den kreativen Teil der Spieleentwicklung zuständig. Und ich selbst habe mich um den handwerklichen Aspekt gekümmert. Das bedeutet, dass Mike viele tollen Ideen hatte und ich sie in ein Spiel gegossen habe. Leider bedeutet das auch, dass ich viel von den tollen Ideen von Mike habe fallen lassen müssen, da ich das große Ganze im Auge hatte. Natürlich gab es da mal die ein oder andere Diskussion, was denn nun im Spiel sein soll und was nicht. Das ist dann auch nicht leicht, wenn man so viele tolle Ideen und jemanden vor der Nase sitzen hat, der sich nur das ein oder andere da herauspickt, um es schlussendlich einzubauen. Am Ende waren wir uns aber einig, dass wir es geschafft haben, ein für uns beide zufriedenstellendes Spiel designed zu haben.“

La Granja hat bereits viel Lob eingefahren. Können wir zukünftig weitere Gemeinschaftsentwicklungen erwarten?
Mike: „Das nächste Spiel von uns ist ja bereits bei Spielworxx angekündigt und erscheint 2016. Dabei ist Solar 3X eigentlich der gedankliche Vorgänger von La Granja. Daher finden sich in beide Spielen Würfel als Aktionsmechanik. Nachdem La Granja sich ’selbständig‘ gemacht hat, habe ich die Idee mit dem Weltraumwürfelaufbauspiel wieder aufgegriffen. Es spielt in einer fiktiven Zukunft (Vergangenheit?) im Retro Sci-fi-Stil. Solar 3X ist dabei nur ein Arbeitstitel und spielt an auf sogenannte 4X-Spiele. Nur fehlt in unserem Spiel eben das eine ‚X‘ und zwar ‚exterminate‘. Es werden wieder einige bekannte, aber auch neue Elemente im Spiel sein. Wer weiß, vielleicht entspringen aus dieser Grundidee noch weitere Spiele? Ode und ich haben aber keine gemeinsamen Projekte auf ‚Vorrat‘: Wir sind momentan mit Solar 3X beschäftigt und wenn dies das Licht der Welt erblickt, sehen wir weiter.“

Ihr seid in der Szene als erfahrene Spieler bekannt. Hat sich durch die Entwicklung eines eigenen Spiels der Blick auf andere Gesellschaftsspiele verändert?
Ode: „Mir ist aufgefallen, dass mir ein wenig die allgemeine Begeisterung für viele Spiele abhanden gekommen ist. Ich bewerte Spiele auf eine ganz andere Art und Weise. Ich bin viel kritischer und hege besondere Ansprüche. Ich glaube mittlerweile, dass es eine Intensivierung meines persönlichen Spielegeschmacks ist. Das ist nicht  die Schuld der jeweiligen Spiele. Eher ist entscheidend, dass ich mich sehr intensiv damit beschäftigt habe, was ich in Spielen gut finde und was ich selber designen will. Spiele, die dem nicht so genau entsprechen, haben bei mir weniger Chancen. Ich habe gehört, dass es vielen Spieleautoren so geht. Im Grunde bedauere ich diese Entwicklung selber, kann sie nun aber leider nicht mehr umkehren.“

Wenn ihr nicht an eigenen Spielen arbeitet: Was spielt ihr am liebsten?
Ode: „La Granja entspricht im Großen und Ganzen ziemlich genau meinem Spielegeschmack. Spiele dieser Kategorie sind also genau mein Ding. Um mal ein paar Namen zu nennen – meine liebsten Spiele der letzten Jahre waren Patchistory, Ruhrschifffahrt, Amerigo, Key Harvest und Vor den Toren von Loyang. Besonders den Einfluss des letztgenannten Spiels spürt man bei La Granja deutlich. Neben den typischen ‚Euros‘ spiele ich auch gern kleine, simple Würfelspiele wie Qwixx oder pfiffige Kartenspiele wie The City und Händler der Karibik. Aber nicht, wenn Zeit für komplexere Spiele ist.“
Mike: „Für mich hat Spielen einen sehr hohen Stellenwert bei der Familie und Freunden. Leider haben nicht alle immer Zeit oder Lust zu spielen. So spiele ich dann angepasst ans Niveau der lieben Mitspieler: Mit meinen Kindern spiele ich Kinderspiele, mit Freunden Familienspiele und eher leichte Kost und mit den Cracks (regelmässige Spielerunden) die anspruchsvollen Sachen (auch die Protos). Am liebsten Spiele ich aber auch die anspruchsvolleren Dinger, was man vielleicht auch an der Art Spiele die ich entwickle ansieht. Leichtere (Würfel-)spiele mit Pepp finde ich auch super, da man halt meistens schön Zocken kann dabei.
Momentan spiele ich gerne Imperial Settlers, Star Realms, Orleans, Broom Service, Dead man’s Draw, Deus, und noch den einen oder anderen spielbaren Prototyp von mir.“

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