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Wolfgang Kramer über das Brettspiel Reworld

Spiel Reworld von Kramer und Kiesling - Foto von eggertspiele

Zukunftsträchtige Spieleentwicklung

Herr Kramer, bei eggertspiele erscheint zur Spielemesse 2017 in Essen Ihr Spiel Reworld, das Sie gemeinsam mit Michael Kiesling entwickelt haben. Das Thema ist Terraforming und Weltraum. Das ist – bisher – kein besonderes „Kramer-Thema“. Wie sind Sie auf diesen Hintergrund gekommen?  
„Das Thema Weltraum hat eggertspiele vorgeschlagen. Wir hatten in der Entwicklung des Spiels verschiedene Themen. Dies zeigt, dass das Spiel ausgehend vom Mechanismus entwickelt wurde. Die Themen haben gewechselt, aber der Grundmechanismus ist der gleiche geblieben.“

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Gibt es einen persönlichen Bezug zur Science-Fiction?
„Früher habe ich öfters und gerne Science-Fiction Bücher gelesen. Heute lese ich eher ein populärwissenschaftliches Buch über Science-Fiction-Themen.

Der Weltraum hat mich schon immer fasziniert. Er ist unvorstellbar groß. Unser Sonnensystem ist schon riesig. Voyager 1 ist das am weitesten von der Erde entfernte von Menschen gebaute Objekt. Die Sonde ist jetzt etwa 21 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt und die Entfernung nimmt jährlich um 540 Mio. km zu. Im August 2012 trat die Sonde in den interstellaren Raum ein. Der Start der Sonde erfolgte am 05.09.1977, und sie sendet noch heute Daten an die Erde zurück.

In unserer Galaxie gibt es über 100 Milliarden Sonnensysteme und im beobachtbaren Universum hat man bereits in den Neunzigerjahren die Zahl der Galaxien auf etwa 100 Milliarden geschätzt. Wir wissen bereits sehr viel über den Weltraum, aber dies ist trotzdem unendlich wenig. Der Weltraum steckt voller Rätsel:

  • Warum gibt es etwas und nicht nichts?
  • Was war vor dem Urknall, und wie wurde er ausgelöst?
  • Was sind Schwarze Löcher?
  • Was ist Schwarze Materie?
  • Was ist Schwarze Energie?
  • Woher kommen wir und warum sind wir hier? Usw., usw.“

Reworld spielt im Weltraum. Können Sie unseren Lesern bitte kurz beschreiben, was Aufgabe der Spieler ist?
„Die Menschheit muss die Erde verlassen und auf einem fremden Planten neu siedeln. Die Spieler sind Admirale, die einer Weltraumflotte vorstehen. Sie beladen auf der Erde ein Raumschiff mit Objekten (Modulen), transportieren die Objekte zu dem neuen Planeten und bauen dort fünf Städte in fünf Klimazonen auf, sorgen für einen Verteidigungsring und überwachen das Ganze mit Satelliten. Das Beladen des Raumschiffs erfolgt in fünf getrennten Frachträumen.“

Mit welchen Mechanismen haben Michael Kiesling und Sie dies Thema umgesetzt. Welche sind prägend für den Spielspaß bei Reworld?
„Beim Aufbau der fünf Städte auf dem neuen Planeten muss man die richtige Reihenfolge einhalten. Zuerst benötigt man Shuttles, um die Bautrupps zu den Orten zu bringen, wo die Städte aufgebaut werden. Bevor man aber eine Stadt aufbauen kann, muss man sie zuerst gründen. Dies erfolgt mit Terrabots. Das Ausladen der Module vollzieht sich in der Reihenfolge ‚last in, first out‘. Das heißt, die Module, die zuletzt in das Raumschiff eingeladen wurden, müssen zuerst ausgeladen und sofort eingesetzt werden. Wurde ein Bautrupp als letztes Modul in einen Frachtraum eingeladen, sollte man in einem anderen Frachtraum zuletzt ein Shuttle geladen haben. Dann kann man zuerst das Shuttle ausladen und erst dann den Bautrupp. Wird jedoch ein Bautrupp ausgeladen, ohne dass ein Shuttle zur Verfügung steht, dann kann man mit ihm nichts anfangen und er scheidet aus.“

Es zählt häufig der erste Eindruck: Können Sie vielleicht Messebesuchern und Interessierten einen Tipp geben, was Sie beim ersten Anspielen beachten und was vermeiden sollten?
„Ideal wäre es, man hätte in einem Frachtraum Bautrupps, in einem anderen Shuttles, in einem dritten Satelliten und in einem vierten Terrabots. Dies wird aber kaum gelingen. Denn so einfach machen wir es den Spielern nicht: Die Module werden auf der Erde zufällig zur Raumstation gebracht, und die Terrabots und Bautrupps können nur für bestimmte Städte verwendet werden.“

Reworld ist als „Kennerspiel“ angekündigt. Wer wird mit dem Brettspiel Spaß haben und warum?
Reworld richtet sich nicht an Gelegenheitsspieler, sondern an erfahrene Spieler, die gerne planen und vorausdenken. Das Beladen der Raumschiffe vollzieht sich in mehreren Durchgängen, bei denen jeweils 20 Module zur Verfügung stehen, die im Wettbewerb genommen werden müssen. Schon hier muss man sich entscheiden, welche Art von Modulen man erwerben soll: Terrabots zum Gründen, Shuttles, Bautrupps oder Satelliten, mit denen man Punkte machen kann. Shuttles und Satelliten können alternativ auch für eine Verteidigungsreihe verwendet werden.“

Gibt es eigentlich aus Ihrer langjährigen Erfahrung heraus Unterschiede bei der Entwicklung von „Expertenspielen“ und „Familienspielen“? Ist eine andere Herangehensweise erforderlich?
„Ideal ist es, wenn es gelingt, ein Spiel zu kreieren, das sowohl für die Experten als auch für die Familie geeignet ist. Solche Spiele sind extrem selten. Wenn dies aber gelingt, dann handelt es sich um einen Best- und Longseller. Catan und Carcassonne sind solche Spiele. Evtl. gelingt es Zug um Zug, Qwixx und Kingdomino auch in diese Kategorie vorzudringen. Mir ist dies, wenn überhaupt, nur einmal mit 6 nimmt! gelungen.

Wenn wir aber von diesen Highlights absehen, ist die Herangehensweise an ein Expertenspiel extrem unterschiedlich von einem Familienspiel. Ein Expertenspiel zeichnet sich dadurch aus, dass es mindestens einen originellen Spielmechanismus, komplexe Regeln, mehrere Siegstrategien und eine enorme Spieltiefe hat. Selbst nach vielen Spielen, entdeckt man immer noch etwas Neues. In den letzten Jahren sind sehr viele und sehr gute Expertenspiele entwickelt worden. Die Zielgruppe für solche Spiele ist sehr klein, aber weltweit verbreitet, sodass es mit ausländischen Partnern gelingen kann, insgesamt in höhere Stückzahlen von etwa 100.000 Stück vorzudringen. Dies gilt aber nur für sehr wenige Spiele. In der Regel erzielt ein gutes Expertenspiel weltweit eine Stückzahl von etwas mehr als 10.000 Stück. Die Laufzeit eines Expertenspiels ist meist sehr kurz, weil die Experten immer an den Neuheiten interessiert sind. Nur die allerbesten werden älter als zehn Jahre.

Familienspiele müssen sehr einfach und lustig sein, eine kurze Spieldauer und einen hohen Spielreiz haben. Die Zielgruppe ist sehr hoch und liegt weltweit über einer Million. Das Problem bei dieser Zielgruppe ist, dass sie sich nicht über Spiele informiert. Man muss ein Familienspiel ‚in die Zielgruppe bringen‘ und ‚einen langen Atem haben‘. Bei vielen Spielen, die in diese Zielgruppe passen würden, gelingt es nicht, die Zielgruppe auf das Spiel aufmerksam zu machen. Die Folge ist, dass das Spiel schon bald wieder vom Markt verschwindet.“

Setzt sich das auch bei Themen fort? Gibt es typische „Familienthemen“ oder Themen, die für ein Familienspiel erfahrungsgemäß nicht gut funktionieren?
„Ja, auch beim Thema unterscheiden sich Familienspiele von Expertenspiele. Familienspiele haben meist schlichtere Themen: Tiere, Märchen, Sagen, Quizz, Abenteuer, Comic. Das, was im Fernsehen gut ankommt, wird auch im Spiel akzeptiert. Eine Ausnahme bilden Sport und Science-Fiction-Spiele, die es als Familienspiel extrem schwer haben, wahrgenommen zu werden. Einfache, abstrakte Spiele werden dagegen gerne von Familien, Erwachsenen und Senioren gespielt: Rommee, Rummikub, Qwirkle, Phase 10, Uno, Triominos, Elfer raus, Skat, Bridge usw. Bei den Expertenspielen sind Themen wichtiger. Sich in eine neue Welt zu vertiefen, ist beliebt. Phantasie, Science-Fiction, Mittelalter und die Antike kommen gut an.“blank

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