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Rudi Biber über unerwartete Erfolge

Rudi Biber sitzt am von Biber abgenagten Baumstamm

„Das hat mich damals echt umgehauen!“

Von ihm stammen Gesellschaftsspiele wie Armadillo (Amigo Spiele), Ligretto – Das Brettspiel (Schmidt Spiele) oder Löschtrupp Schwuppdiwupp (Haba): Rudi Biber. Wer einen solchen Namen hat, weckt Misstrauen. Fallen bei einem Interview plötzlich Bäume um einen herum auf den Boden? Vielleicht nur, um als Material für die nächsten Kleinstauflagen im Eigenverlag Biber Spiele zu dienen? Wer ist dieser Mann, dessen Portfolio klein und überschaubar wirkt, der aber doch überraschend erfolgreich ist? Wir haben uns einfach getraut und Rudi Biber über seine Arbeit als Spieleerfinder befragt. Beißt er sich an unseren Fragen die Zähne aus?blank

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Rudi, vorab die Frage nach deinem Namen: Du heißt wirklich so? Rudi Biber klingt wie ein Künstlername.

„Ja, mein Name ist wirklich Rudi (eigentlich Rudolf) Biber. Wenn man nach Rudi Biber im Internet sucht findet man interessanterweise auch noch einen Wiener Blues-Musiker, der ebenfalls Rudi Biber heißt! Also bitte nicht verwechseln, auch wenn wir beide lange Haare haben.“

Spieleerfinder Rudi Biber
Rudi Biber – Spieleautor und Inhaber von Biber Spiele

Erzähl uns bitte kurz, wie Du zum Spielerfinden gekommen bist.

„Meine Frau und ich spielen nahezu täglich. Mit unseren 3 Kindern hatten wir dann lange Zeit verlässliche Spielgefährten an unserer Seite. Diese sind mittlerweile alle erwachsen und nur noch der jüngste wohnt zu Hause. Wenn man so viel spielt, wie wir, dann kommen einem eben manchmal auch Ideen, wie man es vielleicht besser machen könnte und irgendwann hat man dann eine Idee für ein neues Spiel.  Auch mein jüngster Sohn Alex hat sich, als er so etwa 11 Jahre alt war, Spiele ausgedacht. Von seinen Ideen habe ich mir dann die ein oder andere Anregung auch für meine Spiele geholt.“

Beachtliche Verkaufszahlen

Bevor wir auf Biber Spiele eingehen: Bisher hast du bei namhaften Verlagen drei Titel veröffentlicht: Armadillo, Ligretto – Das Brettspiel und Löschtrupp Schwuppdiwupp. Wie laufen die Spiele im Verkauf. Welcher ist dein persönlicher Liebling und warum?

„Der Verkaufserfolg der Spiele, die ich bei den großen Verlagen habe, hat mich echt überrascht. Als Neuling hatte ich damit gerechnet, dass es wohl 2-3 Jahre dauert, bis die erste Auflage verkauft ist. Doch sowohl bei Ligretto – Das Brettspiel als auch bei Löschtrupp Schwuppdiwupp war die Erstauflage binnen weniger Monate weg. Armadillo ist im Herbst ebenfalls sehr gut gestartet. Löschtrupp Schwuppdiwupp war bei Amazon in Frankreich für kurze Zeit sogar mal auf Verkaufsrang 2 bei den Brettspielen und im kompletten Spielwarensortiment auf Platz 6! Das hat mich damals echt umgehauen! Nun gibt es auch eine eigene Version für den japanischen Markt! Darauf bin ich besonders stolz, dass es den Löschtrupp Schwuppdiwupp mit japanischen Schriftzeichen zu kaufen gibt.

Insgesamt wurden von meinen 3 Titeln schon über 75.000 Spiele verkauft!

Einen persönlichen Favoriten von den dreien habe ich nicht. Uns machen alle drei Spiele Spaß und sie kommen auch immer wieder auf den Tisch. Meine Frau würde sich wohl am ehesten für Armadillo entscheiden, denn das würde, wenn’s nach ihr geht, täglich gespielt.“

Schachtel: Würfel- und Kartemspiel Armadillo - Foto Amigo Spiele
Schachtel: Würfel- und Kartemspiel Armadillo – Foto Amigo Spiele

Löschtrupp Schwuppdiwupp war die erste Veröffentlichung

In der Szene „fliegst“ du etwas unter dem Radar. Wie schwer war es für Dich als Neuling, bei den Verlagen die Titel zu veröffentlichen?

„Es war auf alle Fälle wesentlich schwerer, als ich mir das im Jahr 2010 vorgestellt hatte. Zu dieser Zeit habe ich mir zum Ersten Mal ein eigenes Spiel ausgedacht. Ich hätte mir damals auch nicht vorstellen können, wie viele kreative Köpfe es gibt, die sich Spiele ausdenken. Bis zum Jahr 2012 sind dann noch weitere Ideen dazugekommen. Da habe ich dann begonnen Verlage per E-Mail zu kontaktieren. Ein Prototyp zum Testen wurde auf meine Mailanfragen leider nie angefordert. Schwung aufgenommen hat die Sache dann 2015. Damals habe ich angefangen persönliche Kontakte zu den Redaktionen auf der Nürnberger Spielwarenmesse zu knüpfen. Ohne das Feedback von den Redakteuren, die wirklich alle sehr sympathisch sind, wäre es sicher ein längerer Weg gewesen. Aber ich habe die Rückmeldungen zu meinen Ideen immer sehr ernst genommen und stetig Verbesserungen mit einfließen lassen, so dass 2019 dann der langersehnte Moment kam, dass ich für Löschtrupp Schwuppdiwupp bei Haba meinen ersten Lizenzvertrag bekommen habe.“

Die Sache mit Ligretto – Das Brettspiel

Ich habe eine besondere Frage zu Ligretto – Das Brettspiel: Dieses wirkt unruhig im Design und hat eine suboptimale Anleitung. Das drückt sich auch in verschiedenen Rezensionen aus. Teilst du diese Meinung? Wie zufrieden bist du mit dem Endprodukt und warum ist speziell dieses Spiel nicht besser gestaltet?

„Bei Ligretto – Das Brettspiel sollte das Design auf die bestehenden Ligretto-Versionen abgestimmt sein. Es war also eine gewisse Linie vorgegeben, so dass man nicht großartig mit der Grafik variieren konnte. So ist es zu diesem für dich als unruhig empfundenem Spielbrett gekommen. Wenn ich das Spiel mit Freunden gespielt habe, hat dies aber keinen gestört. Ich kann mir aber vorstellen, dass die vielen bunten Felder auf dem Spielbrett für manche Leute auf den ersten Blick abschreckend wirken. Zudem muss ich zugeben: Als ich das Spiel das erste Mal in der veröffentlichten Version gespielt hab, war ich auch etwas erschlagen. Das hat sich im Laufe des ersten Spiels dann zum Glück aber gelegt und ist auch nicht mehr aufgetaucht, so dass wir es sehr gerne spielen!

Die Anleitung wurde übrigens in späteren Auflagen überarbeitet und ist jetzt besser verständlich, als in der ersten Version.

Es gibt auch sehr positive Rezensionen zu Ligretto – Das Brettspiel. Zudem wurde es unter dem internationalen Titel Ligretto Domino in Norwegen sogar zum Årets Spill 2021/22 nominiert, was das norwegische Pendant zum deutschen Spiel des Jahres ist!“

Ligretto - Das Brettspiel - Ausschnitt - Foto von Schmidt Spiele

Der Biber sammelt Ideen im Alltag

Die Titel sind zwar alle recht zugänglich, aber unterscheiden sich doch recht stark. Wie würdest Du deine typische Biber-Herangehensweise beschreiben? Wie kommst du auf deine Ideen, welche Zielgruppe hast du im Blick und wie entscheidest du, wo du welchen Titel anbietest?

„Eine typische Herangehensweise gibt es nicht. Irgendwie ergeben sich viele Ideen auch aus Situationen im Alltag. Eine Art mit der ich schon auf die ein oder andere Idee gekommen bin, ist diese: Wenn ich mir ein Spiel und sein Material anschaue, welches ich noch nicht kenne, mache ich mir Gedanken, wie das Spiel wohl funktioniert. Zum Glück funktioniert es oft ganz anders, als ich mir das gedacht habe und schon gibt es wieder eine neue Idee, da mein Gedanke ja auch funktionieren könnte. Meist ist zuerst der Spielmechanismus vorhanden und das Thema entwickelt sich.

Eigentlich habe ich alle Zielgruppen im Blick. Ein Spiel entwickelt sich in der Testphase dann in die ein oder andere Richtung, so dass es mehr zum Kinder- oder Familienspiel wird.

Im Laufe der Jahre, in denen ich schon mit den Redaktionen in Kontakt bin, habe ich auch ein gewisses Gefühl entwickelt, welchem Verlag ich welche Spiele zeige. Man kann eher einschätzen, was man dem Verlag X gar nicht erst zeigen muss, da man weiß, dass es da sowieso nicht passt.“

Die Schatzinsel der Piratenopas - Detailaufnahme des Materials
Die Schatzinsel der Piratenopas mit viel Holzmaterial

Kann man dich dennoch als so etwas wie einen Erfinder der einfachen Gesellschaftsspiele bezeichnen?

„Zweifelsohne sind meine bereits veröffentlichten Spiele allesamt welche mit einfachen Regeln. Aber ich denke das ist die Kunst mit einfachem Regelwerk ein tolles Spielerlebnis zu zaubern. Das sehen auch die Verlage so. Ich habe aber auch ein paar Spielideen, an denen ich seit Jahren arbeite, die ich den gehobenen Familienspielen bzw. sogar dem Bereich der Kennerspiele zuordnen würde. Vielleicht gibt es in Zukunft also auch mal ein Spiel von mir, das auch den Vielspieler fordert.“

Klein, aber oho: die eigene Spielekollektion bei Biber-Spiele

„Holzspiele mit Biss“ – das ist das Motto deiner Holzspiele, die du bei Biber Spiele veröffentlichst. Steckt da mehr hinter als nur ein Wortspiel mit Biberbezug?

„Sicher ist es auch ein Wortspiel. Jedes meiner Holzspiele hat als Erkennungsmerkmal aber auch wirklich einen individuellen Biberbiss. Was optisch wie ein Manko aussieht, ist in Wahrheit aber eine Qualitätskontrolle: Nur was dem Biber schmeckt landet im Spiel.“

Beschreibe uns bitte, um welche Art von Spielen es sich bei den Holzspielen handelt.

„Bei Biber Spiele habe ich bislang 3 Titel veröffentlicht.

  • Die Schatzinsel der Piratenopas ist ein Spiel für Familien mit Kindern ab 5 Jahren. Neben etwas Glück ist vor allem ein gutes Merkvermögen gefragt, denn wer sich gut merkt an welchem Ort welche Schatzarten versteckt sind, hat gute Chancen das Spiel zu gewinnen.
  • Farbiossis Vernissage ist ein Familienspiel ab 10 Jahren. Hier gewinnt, wer es am besten schafft, durch geschicktes Sammeln und Tauschen von Bilderkombinationen die meisten Punkte zu erreichen.
  • Die Dohlen vom Dohlenfelsen ist ein Familienspiel ab 5 Jahren. Das Spiel hat einen 3D-Aufbau, der den in meiner Heimatgemeinde befindlichen Dohlenfelsen zeigt. In dem Aufbau sind farbig markierte Höhlen verborgen, in denen sich im Spielverlauf Kieselsteine sammeln. Im Spiel muss man immer im Auge behalten, welche Farbe oft gewürfelt wird und welche Höhle schon lange nicht mehr ausgeräumt wurde.

Videos zu meinen Spielen findet man auf meinem Youtube-Kanal @biber-spiele.“

Farbiossis Vernissage - Material in einer Art im Bilderrahmen
Farbiossis Vernissage fällt durch das ungewöhnliche Material auf

Holz passt perfekt zu Biber Spiele

Du achtest auf Holz als natürliches Material und eine reduzierte Verpackung. Welche Rolle spielt dabei deine Partnerin, die Holzwerkstatt VAH?

„Ich bin mit dem Besitzer der Spielzeugmanufaktur VAH befreundet. Dominik Vah stellt in seiner Manufaktur vor allem Ritterspielzeug aus regionalem Holz her. Er hat die passenden Maschinen und viel Know How in der Herstellung von Holzspielsachen, was mir zugutekommt. In der Produktion wird das ein oder andere Teil aussortiert, weil gewisse Schönheitsfehler auf dem Holz sind. Dieses aussortierte Material hole ich mir aus seinem Lager und verwende es wo immer möglich für meine Holzspiele. Das macht meine Spiele zu einem sehr nachhaltigen Produkt, da diese Reste sonst nur noch als Heizmaterial genutzt worden wären. Ich schenke also Holzresten ein zweites Leben, in dem sie Spielern Freude bereiten können.

Viele Spieleschachteln, die in den Regalen stehen, beinhalten wenig Material und viel Luft, die der Konsument gern bereit ist mit zu bezahlen. Je größer die Schachtel umso teurer darf das Spiel sein. Ich möchte einen anderen Weg gehen.

Meine Spiele Farbiossis Vernissage und Die Dohlen vom Dohlenfelsen sind im Grunde Unverpackt-Spiele, da ich den Bilderrahmen, in dem Farbiossis Vernissage aufbewahrt wird, mit in den Spielablauf integriere. Bei Die Dohlen vom Dohlenfelsen dient die Baumwolltasche, in der das Spiel aufbewahrt wird, als Unterlage und verhindert, dass die Spielsteine, die unten aus dem Spielaufbau purzeln nicht zu weit über den Tisch rollen.“

Die Dohlen vom Dohlenfelsen - Spiel von Rudi Biber
Die Dohlen vom Dohlenfelsen ist eines der Spiele von Biber Spiele

Miniauflagen mit dem besonderen Etwas

Es handelt sich um Kleinstauflagen. Wie kommen Interessierte an diese Holzspiele?

„Die Auflagen meiner Spiele liegen zwischen 20 und 30 Stück. Jedes Spiel wird mit einer Seriennummer und einem vom Käufer wählbaren Wunschnamen versehen. Das ist einer der Gründe, warum es die Spiele nur direkt bei mir gibt. Der andere ist, dass man bei einem Verkauf über den Handel den Verkaufspreis für meine handgemachten Holzspiele so hoch ansetzen müsste, dass wohl die wenigsten bereit wären, solche Preise zu bezahlen. Auf meiner Homepage www.biber-spiele.de kann man sich über die Spiele informieren und bei Interesse schreibt man eine Mail an mich. Auch biete ich meine Holzspiele über Ebay an.“

Farbiossis Vernissage punktet mit tollem Material
Farbiossis Vernissage von Biber Spiele bietet ordentlich dicke Holztäfelchen

„UiUiUi, das hätte ich nicht gedacht …“

Einen ganz anderen Weg bist du mit der App „Normalo“ gegangen. Dahinter versteckt sich ein Partyspiel, bei dem es um Übereinstimmungen geht. Warum hast du dich für eine App entschieden und die Idee nicht als „analoges“ Gesellschaftsspiel umgesetzt?

„Zum einen hat es mich gereizt einmal selbst eine App zu programmieren. Zum anderen hat mir der Gedanke gefallen, dass man das Spiel immer mit dabeihaben kann. In einer geselligen Runde muss nur einer ein Smartphone mit der App dabeihaben und schon gibt es eine Menge Spaß bei der man immer wieder erstaunt ist, dass bei den Mitspielern einer dabei ist, der schon mal… UiUiUi – das hätte ich nicht gedacht. Wer das wohl war? Man wird es nicht erfahren, aber spekulieren ist natürlich erlaubt.

Die App gibt es bei Google Play und Amazon kostenlos für Android-Geräte. Ich verdiene damit also nichts. Aber ich freue mich, wenn andere damit Spaß haben. Also gerne installieren und ausprobieren.

Die Spielidee gibt es übrigens auch analog als Brettspielprototyp. Wenn das also jemand liest, der es gerne verlegen möchte, darf er sich gern bei mir melden!“

Du hast sicher noch einige weitere Ideen im Kopf. Was können wir von dir zukünftig noch erwarten?

„Einige meiner Spielideen sind im Moment bei verschiedenen Verlagen beim Testen. Auch für Biber Spiele habe ich noch was in petto, das ich umsetzen möchte. Man darf also gespannt sein, was noch kommt. Vielleicht tue ich es aber auch mal meinem Namensvetter aus Wien gleich und mache Musik, was auch eine große Leidenschaft von mir ist!“

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2 Kommentare

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Sascha 6. März 2023 at 21:25

Das Foto ist ja der Hammer! Ich habe gelacht. Danke für die interessanten Einblicke. Das ist mal was Anderes als das Abfeiern von Hype-Eurogames. Ich mag auch diese Herangehensweise mit Mini-Auflagen aus Holz. Wieder was neues in unserer Bubble gefunden oder eher außerhalb …

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Claudi A 22. März 2023 at 13:40

Lustig, ohne das Photo hätte ich das nicht gesehen und gelesen. Den Autor kenne ich noch gar nicht. Aber das hole ich bald nach. Die Holzspiele sehen wirklich gut aus. Danke, dass ihr mal Leute abseits der Szene in den Focus rückt.

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