Brennen! Aber nicht die Hexe!
The Mind war ruckzuck in aller Munde. Zum Hype beigetragen hat sicherlich die Beschreibung des Spiels von NSV: „The Mind ist mehr als nur ein Spiel. Es ist ein Experiment, ein Reise, total einfach, die genialste Team- Erfahrung…“ Klingt ein wenig wie RTL: „Die härteste Casting-Show aller Zeiten“, „Die größten Talente der Welt“ und „Nie hat ein Mensch mehr gegessen, ohne zu platzen!“ Und so geizt man auch bei der Spielbeschreibung nicht mit weiteren Superlativen: „Wenn ihr das letzte Level gemeinsam besiegt, werdet ihr auf Wolke Sieben schweben.“ Siegen könnt Ihr übrigens ganz leicht, nämlich nur „… mit Hilfe eurer Gedanken …“ Das erinnert mich ein wenig an die Werbung zu den Sea Monkeys, die einem als Kind aus jedem Comicheftchen ansprang. Die Sea Monkeys entpuppten sich schließlich als Salzkrebse, die Fischfans schon seit jeher als Lebensfutter heranzüchteten. Trotzdem haben wir sie als Kinder in unseren Einmachgläsern bestaunt. Bis man nichts mehr vor grünem Algenwuchs sehen konnte.
The Mind: 120 Karten statt Hokuspokus
Wäre ich ein Kind, würde The Mind von Wolfgang Warsch mich aufgrund des Verpackungstextes enttäuschen. Nach dem Auspacken hält man nämlich nur 120 Spielkarten in der Hand, von denen 100 Karten lediglich mit einer Zahl von 1-100 bedruckt sind. Wer The Game kennt, wird ein vertrautes Gefühl empfinden. Dann gibt es noch zwölf Levelkarten mit hübschen Hasenmotiven, fünf Lebenkarten und drei Wurfstenkarten. Die Anleitung „Wie werde ich über Nacht zum Mentalisten“ sucht man hingegen vergeblich. Lediglich eine kurze Spielanleitung weist einen unkompliziert in das Spiel ein.
Kartenkloppen statt Hexerei bei The Mind
The Mind ist schnell erklärt: Das Spiel geht über 12 Runden. In einer Runde bekommt jeder Spieler eine Anzahl an Karten entsprechend der Rundenanzahl, d.h. in Runde 1 jeder eine Karte, in Runde 2 jeder zwei Karte, usw. Dann legen die Spieler die Hände auf den Tisch, konzentrieren sich und sobald alle Spieler die Hände gehoben haben, geht das Spiel los. Nun geht es darum, dass die Karten in aufsteigender Reihenfolge abgelegt werden. Knackpunkt ist, dass die Spieler nicht miteinander kommunizieren dürfen. Durch die gemeinschaftliche Konzentration soll es den Spielern möglich sein, zum richtigen Zeitpunkt die richtige Karte abzulegen.
Das klingt nach esoterischem Quatsch. Und ist es natürlich auch. Wer auf seine Intuition vertraut, wird bei The Mind nicht weit kommen. Daher gibt es in der Spielanleitung auch eine Spielhilfe, die frustrierte Spieler, die nicht selbst auf die Lösung kommen, nutzen sollen. Aber auch dann ist The Mind kein Selbstläufer.
Spielgefühl: Es braucht kein Hex-Hex! The Mind „burnt“!
Gespielt haben wir es sowohl zu zweit als auch zu viert. Über das Level 8 sind wir bisher trotz Spielhilfe nicht hinausgekommen. Dabei entpuppt sich The Mind trotz seiner simplen Regeln als ziemlich packende Geschichte. Nicht selten liegen die Kartenwerte der zu spielenden Karte nah beieinander und exaktes Timing ist gefragt. Gerade kann man noch seine 39 auf den Tisch kloppen, bevor der Nachbar seine 40 ausspielt, wobei der Spieler gegenüber die Augen aufreißt, weil er noch eine 36 auf der Hand hat. Mit steigender Kartenzahl wächst auch die Konzentration: Liegen alle Spieler noch auf einer Wellenlänge oder ist ein Spieler schon enteilt? Sinnvoll kann es dann sein, einen Wurfstern einzusetzen, sodass alle Spieler ihre niedrigsten Karten abwerfen. Und dann konzentriert man sich erneut gemeinsam.
Vielleicht schafft man es mit einer gut eingestimmten Gruppe sogar bis zum Ende. Dann wartet die Anleitung sogleich mit einem Fortgeschrittenen-Modus auf: Die Karten werden erst am Ende der Runde umgedreht und geschaut, ob die Reihenfolge stimmt. Wer auch dies problemlos schafft, für den habe ich die nächste Herausforderung: Das Spiel einfach mal an einem belebten Ort ausprobieren wie z. B. im Schwimmbad, im Fußballstadion oder einfach bei einem Grindcore-Konzert. Wer es nicht eilig hat, kann aber auch einfach bis zur nächsten Messe in Essen warten!
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