Ich liebe Schätzspiele. Wirklich. Die Reihe Schätzen Sie mal zum Beispiel oder Ausgerechnet Buxtehude. Oder auch das tierisch gute Fauna sind für mich ein Vergnügen. Übrigens alles Titel, die bisher bei allen meiner Mitspielenden erstklassig ankamen. Und nun All About Animals.
Die Vorfreude war groß. Zumal Autor Peer Sylvester immer mal wieder für kleine Überraschungen gut ist. Der Titel von Moses ist übrigens für zwei bis fünf Personen ab 12 Jahren geeignet. Um es gleich ganz deutlich zu sagen: Die Altersangabe ist ebenso fragwürdig wie die Hoffnung auf Spaß. Denn All About Animals ist nicht nur schon für deutlich jüngere Kinder geeignet, sondern für mich eine große Enttäuschung.
Worum geht es?
Enthalten sind unter anderem 200 Tierkarten. Auf diesen befinden sich zu einem Tier zwölf Kategorien. Das Tier selbst ist winzig klein abgebildet. Allein dafür gibt es so deftigen Punktabzug, dass eine Wertung kaum noch gut sein kann. Ich meine: Hey, Tiereigenschaften einschätzen, wenn man nicht einmal erkennen kann, wie das Vieh aussieht? Mensch, das geht nicht nur besser, es muss besser gemacht werden.
Die Eigenschaften sind meistens von der Kategorie Ja/Nein, teilweise auch etwas detaillierter. So werden Dinge behandelt wie Fleischfresser, Gewicht, Lebenserwartung, Nachtaktivität, Hörner und Kontinent. Soweit so gut. Leider beschränken sich die Tierbeschreibungen auch auf die entsprechend rudimentären Aussagen. Ein gutes Schätzspiel hätte hier schon einmal mehr Informationen geboten.
Das magische Schätzraster
Mit diesen Eigenschaften ist nun umzugehen. Und zwar sind die Tierkarten einer Anordnung aus Eigenschaftstipps zuzuordnen. Dazu liegen vier Eigenschaftskarten aus, die den Tiereigenschaften entsprechen. Auf jeder Karte sind zwei Ja-Plätze und zwei Nein-Plätze. Jeweils mit sechs und drei Punkten dotiert. Im Laufe der Partie können alle ihre jeweils aktuelle Tierkarte auf eines der Felder setzen. Damit zeigen sie an, ob die Eigenschaft für ihr Tier zutrifft oder nicht.
Zwischen den Viererraster der Karten liegt noch je eine Risikokarten für Ja und Nein. Diese bringen mehr Punkte ein, kosten aber bei falscher Zuordnung Punkte. Die Herausforderung: Wer hier etwas ablegt, behaupte, dass beide angrenzenden Eigenschaften zutreffen oder falsch sind.
Punkte für richtiges Zuordnen
Wozu das alles? Na, um Punkte zu holen! Denn liegt eine Karte richtig, gibt es dafür früher oder später Punkte. Liegt sie falsch, passiert nichts. Eigentlich. Denn der Ablauf bedingt noch ein Anzweifeln, das an Anno Domini erinnert.
Grundsätzlich läuft eine Runde so ab: Wer am Zug ist, ordnet eine Tierkarte ohne Kenntnis der Eigenschaften einem Platz auf einer oder neben zwei Eigenschaftskarten zu. Dafür gibt es die aufgedruckten Punkte, wenn niemand widerspricht. Dann ist die nächste Person am Zug.
Spielverderber zweifeln an
Aber: Wenn irgendwer meint, dass dieses Tier nun falsch liegt, darf anzweifeln und dazu ein Veto-Marker legen. Erst jetzt wird geprüft, ob die Tierkarte passt.
Ist der Zweifel berechtigt, erhält diese Person drei Punkte. Wer das Tier gelegt hat, erhält nichts oder muss bei Risikokarten sogar zurück. Ist die Zuordnung aber korrekt gewesen, muss die zweifelnde Person drei Punkte abgeben. Wer das Tier gelegt hat, erhält sofort die Punkte des Platzierungsfeldes.
Die Not macht erfinderisch – bis zum Abräumen
Da jedes Eigenschaftskärtchen vier Felder hat, können ohne Zweifel nach und nach einige Karten auf den Punktefeldern liegen. Abgeräumt wird erst, wenn drei Tiere auf einer Karte liegen. Dann kommt eine neue Eigenschaftskarte auf den Tisch. Das hat den Effekt, dass bis dahin der Platz zum Ablegen etwas knapper wird. Dadurch reduziert sich nicht nur die potenzielle Punkteausbeute, sondern es liegen auch Tiere aus der Not heraus schneller mal an der falschen Stelle.
Vier aus Zwölf ist zu banal
An dieser Stelle wird aber auch die Schwäche von All About Animals offensichtlich. Zwar wird der Platz enger und die sicher bekannten Eigenschaften sind vielleicht belegt. Aber zwölf Eigenschaften und vier Karten bieten auch abseits des Bluffs viele Optionen, Karten richtig zu legen. Wer sich mit Tieren auch nur ein bisschen auskennt, hat daher selten genug Probleme, Punkte zu kassieren.
Spannend wird es erst, wenn jemand auf hohe Punkte zockt und die sicheren Plätze belegt sind. Dann muss diese Person raten. Aber das war es auch schon. Im Prinzip ist es schon Pech, an ein schwieriges Tier zu kommen, von dem nicht wenigstens die meisten der Eigenschaften offensichtlich sind. Daher kommt es bei Gruppen mit etwas Allgemeinbildung selten zum Zweifeln, weil einfach meistens alles stimmt. Der eigentlich eingebaute Bluff-Faktor fällt damit komplett hintenrunter.
Bekannte und unbekannte Tiere
Nun wäre das alles gar nicht so schlimm, wenn zumindest die Tierkarten spannend wären. Aber die Mini-Kärtchen sind nicht nur völlig unansprechend illustriert und die Symbole etwas zu klein. Nein, die Tiere selbst sind fast schon langweilig. Zumindest die „leichte“ Hälfte der Karten. Grüne Meeresschildkröte, Feuersalamander, Flusspferd, Gnu – die meisten der Eigenschaften sind sofort offensichtlich. Immerhin ist die Hälfte der Karten als „schwer“ gekennzeichnet. Dort warten dann Gewöhnliche Languste, Gemeiner Vampir, Fingertier und Axolotl. Das ist dann schon deutlich anspruchsvoller, aber durch die Eigenschaften eben auch halbwegs vorhersagbar. Eine echte Herausforderung bahnt sich hier nur bedingt an.
Nein, das ist nichts
Mir macht das keinen Spaß. Gegenüber Anno Domini, Schätzen Sie mal und vor allem Fauna bleibt All About Animals deutlich zurück. Das Raster der Schätzfelder ist zwar interessant, aber zugleich das Hemmnis für den Spaß. Solche Felder funktionieren halt überwiegend als Ja-/Nein-Felder. Geht ja kaum anders. Genau das macht es aber zu leicht, die Tiere zuzuordnen. Wären wenigstens die Kategorien etwas spannender, die Karten schöner oder käme noch ein Pfiff hinzu … Dass ein Poster beiligt und die Zählleiste auf dem Schachtelrand sitzt, – nett, aber geschenkt!
So ist All About Animals meine ganz persönliche Enttäuschung des Jahres. Denn ich habe auf einen Fauna-Konkurrenten gehofft und wurde mit unleidlichen Mitspielenden bestraft. Und selbst hatte ich auch keinen großen Bedarf auf mehr. Es mag Menschen geben, die mehr Spaß an diesem Schätzspiel haben. Aber ich bleibe bei den genannten Alternativen. Die sind für mich klar besser.
Infos zu All About Animals
- Titel: All About Animals
- Verlag: moses.Verlag
- Autor: Peer Sylvester
- Spieleranzahl (von bis): 2-5
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
- Dauer in Minuten: 30
- Jahrgang: 2022
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