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e-Mission

E-MIssion - Ausschnitt aus der Titelillustration - Foto von Schmidt Spiele

Mit E-Mission von Matt Leacock und Mateo Menapace wagt Schmidt Spiele etwas. Anstatt auf ausgetretenen Pfaden zu latschen und sich thematisch erneut in Sci-Fi und Fantasy Welten zu begeben, widmet man sich mit e-Mission einem brandaktuellen Thema, nämlich der Erderwärmung und ihren Folgen. Um dem gesamten Projekt Glaubwürdigkeit zu geben, wurde das Spiel ohne Kunststoff und CO²-neutral in Deutschland produziert. Und bringt damit beim Material, wenn man es euphemistisch beschreiben will, viel Retro-Charme mit. Mehr dazu im Interview an anderer Stelle.blank

Der Gottvater der kooperativen Spiele

Mit Matt Leacock hat man einen großen Namen auf der Schachtel. Der Mensch hat sich vor allem durch das Entwickeln von kooperativen Brettspielen einen Namen gemacht, insbesondere durch das Spiel Pandemie (Pandemic) und all seinen Abwandlungen (u. a. Pandemic Legacy, Pandemic Hot Zone Europe). Aber auch Spiele wie Chariot Race: das große Wagenrennen, Forbidden Sky oder Forbidden Jungle stammen aus seinem Ideenfundus. Zuletzt hat er mit Alan R. Moon und Rob Daviau gemeinsam Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens entwickelt. Matt Leacock ist also eine Art Gottvater, was kooperative Spiele und Legacy-Spiele angeht.

Spiel 23 in Essen: e-Mission - Foto von Riemi
Spiel 23 in Essen: e-Mission – Foto von Riemi

Das Spielkonzept von e-Mission

Diese Stärke spielt er auch bei E-Mission aus. Bis zu 4 Spieler versuchen gemeinsam, globale und nationale Projekte zu realisieren, um die Erderwärmung und ihre Auswirkungen zu stoppen und weltweite Krisen und Unruhen zu vermeiden. Hierbei gilt es, weniger CO² zu produzieren, als die Erde aufnehmen kann, bevor die Temperatur so weit steigt, dass es kein Zurück mehr gibt.

Die Welt wird hierbei auf einem zentralen Spielbrett dargestellt mit Skalen für globale Folgen der Erderwärmung: Wüstenbildung, Sterben des Amazonas-Regenwald, Versauerung der Meere, Tauen des Permafrostbodens und Wetterextreme. Weiterhin ist auf dem Spielbrett ein Thermometer abgebildet, mit dessen Hilfe jede Runde die zunehmende Erwärmung angezeigt wird. Außerdem werden auf dem Spielbrett Marker für Bäume, Meere und Luftfilter abgelegt, die CO² binden.

Jeder Spieler übernimmt bei e-Mission nun die Rolle einer Weltmacht (China, Europa, USA oder Globaler Süden). Die einzelnen Mächte unterscheiden sich im Spiel lediglich durch die Startbedingungen und den Startprojekten. Die Startbedingungen werden auf dem persönlichen Spielertableau mittels Energie-, Emissions- und Stabilitätsplättchen vermerkt.

Während die USA einen recht niedrigen Energiebedarf haben, ist dieser in China recht hoch. Der globale Süden produziert viele Emissionen über Landwirtschaft, während es in Europa vor allem Verkehr, Industrie und Gebäude sind.

Ein bisschen wie auf der Erde

Spielaufbau von e-Mission - Foto von Schmidt Spiele
Spielaufbau von e-Mission – Foto von Schmidt Spiele

Während Energiebedarf und Emissionen ein negativer Aspekt sind, stellen die Stabilitätsplättchen die Stabilität der Infrastruktur, Natur und Gesellschaft dar. Diese helfen einem, die Auswirkungen von Krisen aufzufangen.

Krisen wiederum sind in e-Mission, wie in echt, die Folgen der Erderwärmung und werden in jeder Runde über teils offene, teils verdeckte Karten dargestellt. Während man bei offenen Karten präventive Maßnahmen zur Vermeidung der Krisen ergreifen kann, kann man bei verdeckten Karten nur noch reagieren und hoffen, dass die Stabilität oder andere Effekte Krisen vermeiden oder zumindest die Auswirkungen von Krisen verringert werden.

Die Spieler selbst können über die gemeinsamen globalen Projekte und über nationale Projekte den Ausstoß von Emissionen verringern, die Produktion von schmutziger Energie auf saubere Energie umstellen und für Stabilität sorgen. Dazu setzen sie entweder Projekte um, bauen Projekte aus oder nutzen die Effekte bestehender Projekte.

Projekte haben hierbei immer Symbole auf den Karten, die für gewisse Kategorien wie bspw. Solar, Windkraft, Zusammenhalt, Geld oder Innovation stehen. Die Effekte von Projekten lassen sich nur nutzen, wenn sie in der eigenen Auslage liegen und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Und das sind meistens andere Projektkarten mit gewissen Symbolen, die unter dem Projekt liegen. Wobei die Symbole der obersten Projektkarte mitzählen.

Beispielhafte Projekte in e-Mission

Das Thermometer bei e-Mission - Ausschnitt - Foto von Schmidt Spiele
Das Thermometer bei e-Mission – Ausschnitt – Foto von Schmidt Spiele

Wenn ich den Effekt des Projekts „Offshore-Windparks“ nutzen will, müssen mindestens drei Karten mit dem Symbol “Stromnetz” im Projekt liegen. Dann kann ich eine Karte abwerfen und produziere 2 saubere Energie pro Windkraft-Symbol, das auf den Karten im Projekt abgebildet ist.

Mit dem Projekt „CO²-Speicher“ kann ich 1 x pro Runde Emissionen in der Emissionsphase vermeiden, wenn ich dafür zwei Karten abwerfe. Die Anzahl der Emissionen wird hierbei von der Anzahl der Karten mit Innovationssymbol im Projekt bestimmt.

Karten wie “Entwicklungshilfe” oder “Ressourcen-Umverteilung” spielen eine wichtige Rolle bei der Interaktion zwischen den Spielern, da ich über beide Projekte eigene Karten an Mitspieler weitergeben kann. Zusammen mit einer Karte wie “Solarenergie-Forschung”, die es einem einmal pro Runde ermöglicht, 8 Karten nachzuziehen und hierbei alle Karten mit den Symbolen “Solar” und “Innovation” zu behalten, kann man wichtige Ressourcen (nichts anderes stellen die Karten neben ihren Aktionen dar), an seine Mitspieler weiterreichen.

Zu dieser Kategorie von Karten, die das Kooperative im Spiel stärken, gehört auch die Karte “Klimaflüchtlinge aufnehmen”. Hier kann ich “Notstandsplättchen” vom Tableau eines anderen Spielers nehmen. Notstandsplättchen erhält man zum einen durch nicht bewältigte Krisen, zum anderen durch zu wenig produzierte Energie. Nostandsplättchen auf dem eigenen Tabelau führen dazu, dass man weniger Karten erhält. Und man verliert das Spiel, wenn man 12 oder mehr Notstandsplättchen besitzt.

Krisen in e-Mission

Während die Projekte einem das Leben in e-Mission leichter machen und dazu beitragen, die Erderwärmung zu stoppen, zielen die Krisenkarten genau zwischen die Augen. Jede Runde wird hierbei eine bestimmte Anzahl an Krisenkarten abhängig von der aktuellen Temperatur ausgelegt. Am Ende einer Runde werden die Krisen ausgewertet und abgehandelt. Wie erwähnt, lassen sich Krisen präventiv behandeln. Oder man hat einfach Glück, weil die Voraussetzungen für eine Krise nicht gegeben sind. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Krise meistens eintritt.

Beispielhafte Krisen in e-Mission

Die “Demokratie in der Krise” sorgt beispielsweise dafür, dass alle Spieler jeweils ein Gesellschafts-Stabilitätsplättchen verlieren. Abmildern kann man den Effekt, wenn man Projektkarten unter die Krisenkarte geschoben hat. Dies funktioniert natürlich nur, wenn die Krisenkarte offen auslag.

Bei der “Abholzung” verliert jeder Spieler, der Emissionen durch Landwirtschaft produziert, einen Baum vom zentralen Spielbrett. Wie erwähnt, reduzieren Bäume Emissionen und verhindern somit einen rasanten Anstieg der Temperatur. Fallen Bäume weg, werden weniger Emissionen gebunden, es steigt die Temperatur und mit steigender Temperatur kommt es zu mehr Krisen. Teufelskreislauf.

Beim “Hochwasser” verlieren alle Spieler, abhängig von der aktuellen Temperatur, Karten von der Hand und/oder aus der Auslage. Abgeschwächt wird die Krise durch Infrastruktur-Stabilitätsplättchen.

e-Mission: Das Material sieht gut aus - Foto von Schmidt Spiele
e-Mission: Das Material sieht gut aus – Foto von Schmidt Spiele

e-Mission beackert ein wichtiges, aber unbequemes Thema

Wie die Beispiele zeigen, ist e-Mission thematisch sehr dicht. Die Kartentitel und die dazugehörigen Illustrationen schaffen zusammen mit Effekten, egal ob positiv oder negativ, eine starke Immersion. Und dies bei einem so wichtigen Thema wie dem Klimawandel. Auf jeder Karte ist außerdem ein QR-Code abgebildet, den man scannen kann und der einem weitere Informationen sowohl zum Einsatz als auch zum Thema der Karte bietet.

Klimawandel ist aber auch ein unbequemes Thema. Gesellschaftsspiele sind gerne eine Komfortzone, in der man sich vom Alltag und dem Allgegenwärtigen erholt, eine Fluchtmöglichkeit vor der Realität. Selbst wenn die Flucht einen in düstere Welten führt. Die dann aber nicht real sind. Das Thema bei e-Mission ist sehr real und zeigt einem auf, was uns in den kommenden Jahren erwarten wird bzw. erwarten kann. Wobei einiges davon auch schon heute real ist. Wer e-Mission spielt, sollte dies bedenken. Thematisch ist es daher nicht für jeden geeignet.

e-Mission: auch spielerisch herausfordernd

Spielerisch ist E-Mission auch eine Nummer. Es ist gerade zu Beginn nicht einfach, den Wendepunkt zu erreichen, bei dem man mehr CO² bindet als produziert. Und somit das Spiel zu gewinnen. Vielmehr fliegt einem bereits in den ersten der 6 Runden alles um die Ohren. Man kommt mit dem Produzieren von Energie nicht hinterher, die Emissionen kriegt man auch nicht in den Griff und die Temperatur steigt rasant. Es entstehen Wetterextreme und die Meere versauern. Und zu allem Überfluss kommt es zu einer globalen Finanzkrise und es stehen in der nächsten Runde weniger Ressourcen zur Verfügung, um das Unmögliche möglich zu machen.

e-Mission kann und ist in den meisten Fällen äußerst frustrierend. Und führt nicht selten zu einem frühen Ende. Da eine Partie aber selten lange dauert, wird das Material zurückgesetzt und eine weitere Partie gestartet. Die häufig aber ebenso wie die vorige endet. Das liegt vor allem daran, dass der Erfolg bei e-Mission abhängig vom Kartenglück ist. Wenn die Kombination der zur Verfügung stehenden Karten partout nicht zum angestrebten Ziel passen will, schmelzen die Polkappen und Städte saufen ab.

Kooperation und Interaktion halten sich hierbei auch in Grenzen. Wie gezeigt, gibt es Karten, die eine Interaktion ermöglichen, aber die meiste Zeit ist jeder damit beschäftigt, das Optimum aus seiner Kartenhand herauszuholen. Absprachen sind weniger zielführend als gewünscht. Spieler, die von e-Mission ein Pandemie-Gefühl erwarten, könnten diesbezüglich enttäuscht werden.

Das Spielmaterial

UVP für e-Mission liegt bei 80 Euro, das Spielmaterial ist aber nicht unbedingt aktueller Status Quo. Spielkarten, Spielertableaus und zum Teil auch die Marker sind recht dünn. Das Inlay bietet nicht wirklich die Möglichkeit, das Spielmaterial ordentlich zu verstauen. Schlimmstenfalls greift man als Besitzer des Spiels nun doch wieder zu Plastiktüten, damit nicht alles wild im Karton umher fliegt.

Die Optik hat etwas von Zeichentrick aus den 80er- oder 90er-Jahren, der zur Aufklärung in Schulen eingesetzt wurde. Auf der einen Seite trägt dies durchaus zur Immersion bei, weil es die Message von e-Mission unterstreicht, zum anderen catcht es einen auf den ersten Blick nicht wirklich. Für 80 Euro strahlt einen auch der Karton im Regal des Spielehändlers des Vertrauens nicht unbedingt verführerisch an. Blindkauf dürfte bei e-Mission eher selten der Fall sein.

Allerdings finde ich das Material und die Optik nicht so schlimm, wie sie in zahlreichen Bewertungen dargestellt wird.

Lobenswert ist aber der Service von Schmidt Spiele. Bei mir fehlte ein Marker zum Anzeigen des Energiebedarfs. Hier wurde großzügig und umgehend Ersatz geliefert.

Mein Fazit zum Spiel e-Mission

Ich habe e-Mission schon im Dezember einige Male sowohl alleine als auch kooperativ gespielt. Das schlanke Regelwerk macht den Einstieg in das Spiel hierbei leicht, es lässt sich auch wunderbar anderen Personen in kurzer Zeit erklären. Allerdings ist es eine große Herausforderung, das Spiel zu meistern. Der Glücksfaktor kann hier schnell zum Ärgerfaktor werden. Besonders wenn die Immersion so gut funktioniert, dass man sich mehr als ärgert, weil man den Klimawandel nicht aufhalten konnte. Hier hilft es vielleicht, mehr auf die Symbole als auf die Kartentexte zu achten und die Immersion zu verlassen.

Die Schachtel von e-Mission - Foto von Schmidt Spiele
Die Schachtel von e-Mission – Foto von Schmidt Spiele

Das Thema hat bei mir aber auch dazu geführt (neben all den anderen Spielen, die gespielt werden wollen), dass ich e-Mission nach den ersten Partien lange links liegen gelassen habe. Es ist kein Spiel, was einem hilft, Abstand vom Alltag zu gewinnen. Und es ist weit von einem Wohlfühlspiel entfernt. Hat man es dann aber wieder auf den Tisch gepackt, ist man ruckzuck drin und “quält” sich durch Partie um Partie. Ein Sieg ist beinahe wie ein 6er im Lotto. Wer den Dreh raus hat und wem gleichzeitig das Glück hold ist, kann einfach am Schwierigkeitsgrad schrauben. Dafür gibt es auch noch spezielle Herausforderungskarten, die das Gruppen- oder Solospiel schwerer oder einfacher machen.

Summa summarum macht dies e-Mission schon zu einem besonderen Spiel.

Es steckt einges vom Autor Matt Leacock drin, es iat aber nicht unbedingt für jeden Pandemie-Fan etwas. Da das Thema in dieser Form ein Alleinstellungsmerkmal ist und e-Mission auch sowohl Solo als auch kooperativ ein “besonderes” Spielerlebnis ist, darf die Kiste hier in meiner Sammlung dauerhaft bleiben.

Infos zu e-Mission

  • Titel: e-Mission
  • Untertitel: Die Zukunft liegt in Eurer Hand
  • Verlag: Schmidt Spiele
  • Autor: Matt Leacock, Mateo Menapace
  • Spieleranzahl (von bis): 1-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 120
  • Jahrgang: 2023
  • Video:
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