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Escape Experience – Time Rogue: Das Escape-Room-Kartenspiel

Escape Expericene - Time Rogue: Das Escape-Room-Kartenspiel - Ausschnitt - Foto von frechverlag

KI ist zurzeit in aller Munde. In Time Rogue, dem Escapespiel aus dem Frechverlag, schlüpfen wir selbst in die Rolle einer künstlichen Intelligenz und geraten dabei in eine Zeitschleife. Spieleautor Sebastian Frenzel konzipiert auch „echte“ Escape-Rooms in ganz Deutschland, also solche, die nicht auf dem Brettspieltisch, sondern in ganzen Räumen stattfinden. Lukas Fritsch und Lion Krause komplettieren das Spieleautorenteam.

Aber wie ist es denn nun so in der Zeitschleife? Wir befinden uns auf der Kolumbus, einem Forschungsschiff auf dem Weg zu Solis 7.39. Plötzlich greifen Weltraumpiraten an, aber die Crew ist noch im künstlichen Schlaf – und jetzt? Zu allem Überfluss ist gleich darauf auch noch das Raumschiff beschädigt und ein Monster wandert frei umher … Schaffen wir es, zu entkommen?

Gefangen in der Zeitschleife bei Time Rogue: Kurze Spielübersicht

Nur gut, dass wir als KI unterschiedliche Simulationen durchspielen können.

Dementsprechend besteht das Spielprinzip aus Wiederholungsschleifen.

In den Simulationen schlüpfen wir in die Haut dreier verschiedener Charaktere, die wir teils erst freispielen müssen. Pro Versuch können wir nur eine Figur verwenden. Immer wieder müssen wir entscheiden, wie es weitergehen soll: Wollen wir lieber in den Lüftungsschacht oder in den Lagerraum?

Unterwegs müssen wir Rätsel lösen, die jeweils einen Nummerncode ergeben. Außerdem bekommen wir Gegenstände und Infos (oft als Logbuch oder persönliche Nachrichten). Manche davon sind dauerhaft, andere müssen wir wieder abgeben, wenn wir neu starten. Und das ist schneller der Fall, als uns lieb ist, denn: Jede Aktion kostet Zeit. Haben wir alle Zeitmarker verbraucht, müssen wir einen Reset machen.

Gewonnen haben wir, wenn wir eine Lösung für das Problem mit den Piraten (und natürlich auch für das beschädigte Schiff und das Monster) gefunden haben. Dann sind wir der Zeitschleife entkommen.

Time Rogue: Abenteuer im Weltraum

Im Lauf der Zeit decken wir verschiedene Umgebungskarten auf, die für eine tolle Atmosphäre sorgen. Nach und nach erkunden wir so das Raumschiff. Spielerisch war uns das aber deutlich zu wenig eingebunden. Nur an wenigen Stellen haben wir diese Karten wirklich gebraucht, meist sind sie nur Beiwerk – und dann stellt sich doch ein wenig die Frage, warum sie überhaupt da sind. Zudem sind sie recht klein, sodass Details schwer zu erkennen sind. Dass das besser geht, zeigen Spiele wie Escape Tales: Low Memory, bei denen die Raumkarten nicht nur größer, sondern grundlegend in den Spielmechanismus und die Rätsel eingebunden sind.

Die Story dagegen ist – anders als etwa bei vielen Exit-Spielen wie Die vergessene Insel – alles andere als Beiwerk, sondern Bestandteil des Spiels. Das ist positiv hervorzuheben, auch wenn es inzwischen viele Escape-Spiele mit eingebundener Story gibt. Bei Time Rogue ist die Geschichte wunderbar humorvoll und unterhaltsam, nicht zuletzt durch die witzigen Details. Und doch gibt es da ein Aber: Gerade im Zusammenhang mit den Spielelementen und dem grundsätzlichen Hintergrund ist nämlich so manches unlogisch. Spielmechanik und Story greifen an vielen Stellen nicht nahtlos ineinander. Allein schon die Zeitmarker wollen sich nicht so recht einfügen: Es bleibt unklar, woher genau die zeitliche Begrenzung kommt. Oft würden wir angesichts der Story auch gerne andere Dinge tun als die, die das Spiel uns zur Auswahl gibt.

Back to Reset – again and again

Bei jedem Durchgang spielen wir neue Karten frei, die uns im nächsten Durchgang weiterhelfen. So kommen wir der Gesamtlösung Schritt für Schritt näher. Allerdings geraten wir auch immer wieder in Sackgassen: Mal gehen uns die Zeitmarker aus, mal ist die Lage aussichtslos (zum Beispiel wenn wir zum Überleben einen Gegenstand bräuchten, den wir aber gerade nicht haben) und wir haben eine Art vorübergehendes „Game Over“.

Manchmal zwingt das Spiel uns aber auch dazu, einen Reset zu machen, ohne ersichtlichen Grund, storybasierte Erklärung oder Entscheidungsmöglichkeit. Der Handlungsstrang ist dann eben einfach abrupt zu Ende: Gehe zurück auf Los. Meist passiert das dann, wenn wir gerade einen später wichtigen Gegenstand bekommen haben. Da fühlen sich die Vorgaben des Spiels dann doch etwas zu eng an.

Gerade anfangs, aber teils auch später fühlt sich die Story denn auch repetitiv an. Einige Karten lesen wir mehrmals. Echtes Zeitschleifen-Feeling. Im Grunde gehen wir alle Optionen nacheinander durch, bis wir bei der richtigen herauskommen.

Überraschende Pause nach zwei Dritteln

Nach etwa zwei Dritteln des Spiels stoßen wir auf eine Pausenkarte, mit der wir den Spielstand speichern und später weiterspielen können. Eine schöne Option, die aber fast etwas spät im Spielgeschehen ist – zumal die Spieldauer mit „2 x 60 min“ angegeben ist. Demnach müsste die Pausenkarte also eigentlich nach der Hälfte auftauchen. Und wer den dezenten Hinweis auf der Schachtel (eben die Angabe der Spieldauer) übersieht, weiß vorher gar nicht, dass es überhaupt eine Speichermöglichkeit geben wird. So etwas sollte zumindest in der Anleitung kurz erwähnt werden.

Ein wenig unglücklich ist dabei auch, dass wir den Zeitpunkt nicht selbst wählen können. Stattdessen müssen wir warten, bis das Spiel uns zur Pausenkarte führt. Das ist zwar dem Spielverlauf geschuldet und grundsätzlich ist der Bruchpunkt auch gut gewählt, aber auch hier steckt das Spiel einen engen Rahmen.

Schön ist, dass das Spiel nach dem Durchspielen nicht kaputt ist, man kann es also weitergeben oder selbst nach längerer Zeit nochmals spielen.

Wie schwierig ist das Escape-Spiel Time Rogue?

Einen Highscore oder ähnliches gibt es nicht, es geht nur darum, das Piratenproblem zu lösen. Eine Tabelle mit der Anzahl der Resets oder ähnliches wäre denkbar, aber wir haben das nicht vermisst. Bei Time Rogue geht es um das spielerische Erleben der Geschichte und die Rätsel.

Die sind gut machbar und Escape-Spiel-Experten vielleicht schon zu einfach. Daher eignet sich Time Rogue durchaus auch als Einstieg in die Welt der Escape-Spiele, auch wenn der grundlegende Ablauf dann doch etwas komplizierter ist als zum Beispiel bei den Exit-Spielen (die man dann aber natürlich in der Einstiegsvariante spielen sollte). Zumal es entsprechende Hilfestellungen bietet: bei den Rätseln mit einem dreistufigen Hinweissystem. Und wer wirklich gar nicht mehr weiterkommt, kann die Gesamtauflösung nachlesen. Die beschreibt zwar nicht jeden Einzelschritt, sie verrät aber, welche Karten/Gegenstände notwendig sind und welche Schritte wir am Ende des Spiels nacheinander machen müssen, um zu gewinnen. Ansehen sollte man sie sich aber wirklich nur im Notfall.

Die Art der Rätsel entspricht den typischen Escape-Spiel-Logikrätseln, wobei viele zahlenbasiert bis mathematisch sind, sprachbezogene finden sich kaum, schon gar nicht solche, die viele Sinneswahrnehmungen ansprechen (wie z.B. in Die Psychiatrie des Schreckens). Das passt ein Stück weit zum Science-Fiction-Setting, trotzdem wären ein breiteres Spektrum oder etwas innovativere Rätsel schön gewesen. Eben einfach etwas, das anders ist als das, was man so oder ähnlich schon oft gesehen hat. Die Rätsel sind aber handwerklich gut gemacht und schlüssig.blank

Das Spiel selbst macht es uns aber auch nicht gerade einfach …

„Mit Losspielanleitung sofort durchstarten!“, verspricht das Backcover. Tatsächlich kann man mit dieser ohne (vorheriges) Regellesen starten, aber einfacher oder schneller wird es dadurch gefühlt nicht wirklich. Parallel zu den Karten lesen wir die zugehörigen Regeln in der Losspielanleitung – kartenweise, aber nicht bei allen Karten. Orientierung bietet dabei ein Symbol (in Form eines aufgeschlagenen Buches). An sich gut gemacht. Doch schon gleich zu Beginn tauchen Unstimmigkeiten auf: Die Nummern der Karten sind in der Anleitung teils falsch angegeben. Wenn man dann noch wie wir mehr auf die Kartennummern und weniger auf das Symbol achtet, entsteht schnell Verwirrung. Zum Glück sind in der Losspielanleitung die Karten grafisch abgebildet, sodass sich diese Stolperstelle gut nehmen ließ.

Komplexes Überprüfen der Antworten

Nachdem wir zum ersten Rätsel vorgedrungen sind, bekommen wir eine Gegenstandskarte zum Code überprüfen. Eigentlich nur eine Erklärkarte dazu, wie wir unser Rätselergebnis eingeben. Liegen wir richtig, kommen wir im Spiel weiter, liegen wir falsch, merken wir das beim Codeprüfen. So weit, so typisch Escape-Spiel. Nur wirkt diese Erklärkarte auf den ersten Blick selbst wie ein Rätsel; der Prüfmechanismus ist unnötig kompliziert. Immerhin: Hat man das Prinzip einmal verstanden, geht es später leicht von der Hand.

Fehler und Ungenauigkeiten auf den Karten

Leider setzt sich die Problematik aus der Anleitung auch auf den Karten fort. Immerhin betraf das (in unserer Spielrunde) eine Karte, deren Nummer es gar nicht gab, sodass wir keine falsche Karte gelesen haben. Wir mussten allerdings herausfinden, welche Karte denn nun eigentlich gemeint war. Ein kleines Zusatzrätsel im Rätselspiel …

Mehrfach sollten wir außerdem Karten aufdecken, die wir bereits – durch Kartenanweisungen – aus dem Spiel genommen hatten, die es also gar nicht mehr gab. Das lässt sich spielerisch lösen (indem man die Anweisung ignoriert), irritiert aber und reißt aus der Story. Sicher hängt das auch mit den Wiederholungen zusammen, und vielleicht passiert das auch nicht, wenn man schneller oder zielgerichteter auf die Lösung kommt, aber dennoch: Das ließe sich besser lösen.

Mit wie vielen Abenteuerlustigen geht es in die Zeitschleife?

Time Rogue hat dasselbe Problem wie viele Escape-Spiele: So richtig gut spielt es sich zu mehreren nicht. Das liegt vor allem daran, dass wir immer nur ein Rätsel zur selben Zeit lösen, parallel an verschiedenen Rätseln tüfteln geht also nicht. Relevante Details sind aber oft zu klein abgebildet, als dass wir gleichzeitig draufschauen könnten. Selbst zu zweit klappt das je nach Rätsel nur bedingt, besonders wenn es um Farbnuancen oder ähnliches geht und man die Karte eigentlich am besten in der Hand halten sollte, damit kein Lichteinfall stört. Downtime ist damit vorprogrammiert.

Am besten spielt sich Time Rogue daher zu zweit oder solo.

Das gilt auch für Elemente, die nicht spielrelevant sind, aber eben doch irgendwie dazugehören: Die farbigen Illustrationen auf den Simulationskarten unterstützen die Story eigentlich wunderbar und könnten für schöne Atmosphäre sorgen. So richtig sieht sie aber meist nur die Person, die gerade vorliest. Das ist schade.

Ist Time Rogue ein gutes Escape-Spiel?

Escape Expericene - Time Rogue: Das Escape-Room-Kartenspiel - Schachtel-Grafik - Foto von frechverlag

Time Rogue punktet durch die humorvolle Geschichte und durch das storybasierte Entscheidungssystem. Gleichzeitig leidet die Storylogik aber im Zusammenhang mit den Spielmechanismen und das Spiel macht teils recht enge Vorgaben. Redaktionell ist noch Luft nach oben: Umgebungs- und Rätselkarten sind zu klein, Anweisungen können nicht ausgeführt werden (weil die genannten Karten schon nicht mehr im Spiel sind) und falsche Zahlenangaben irritieren. Das alles sind Kleinigkeiten (die Zahlenfehler mal ausgenommen), die aber die eigentlich schöne Atmosphäre reduzieren. In Summe sorgt das dafür, dass man sich nicht wirklich ins Spielgeschehen hineingezogen fühlt. Und auch spielerisch stört es.

Auch wenn das Verfolgen der Geschichte, das Hineinschlüpfen in unterschiedliche Figuren und der Entscheidungsmechanismus spielerisch ansprechen, bietet Time Rogue nicht allzu viel Neues, zumal auch die Rätsel im Bereich des Gewohnten bleiben. Time Rogue macht Spaß. Über ein „ganz gut“ kommt es aber nicht hinaus.

 

Infos zu Escape Experience – Time Rogue: Das Escape-Room-Kartenspiel

  • Titel: Escape Expericene - Time Rogue: Das Escape-Room-Kartenspiel
  • Untertitel: Entkomme der Zeitschleife in 100 Karten
  • Verlag: frechverlag
  • Autor: Sebastian Frenzel, Lukas Fritsch, Lion Krause
  • Spieleranzahl (von bis): 1-4
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
  • Dauer in Minuten: 60-120
  • Jahrgang: 2022

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