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SPIEL.digital 2020

SPIEL.digital 2020

Die Herbstmesse im neuen Gewand

Wenn in diesen Tagen jemand von steigenden Fieberkurven berichtet, hat man dabei selten ein gutes Gefühl. In den letzten Jahrzehnten war das anders, Anfang September. Da war es der Ausblick auf die bevorstehende Spielmesse in Essen 2020, der die Temperaturkurve ansteigen ließ. Gleichermaßen bei den Initiatoren wie beim Publikum.

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Aber wir befinden uns im Jahre 2020 n.Chr. Die ganz Spielewelt ist von Corona paralysiert … Die ganze Spielewelt? Nein! Ein von unbeugsamen Bonnern bevölkerter Verlag hört nicht auf, gegen den Spielverderber Corona Widerstand zu leisten.

Aus der SPIEL wird SPIEL.digital

Der Friedhelm Merz Verlag hat das getan, wozu viele Unternehmer unter dem Schock der Krise nicht in der Lage waren: Sie haben sich ein Konzept überlegt, wie sie ihr Produkt, das Event Spielmesse, digitalisieren können. Ein Unterfangen, das auf Anhieb kaum möglich erscheint. Kann man eine dreidimensionale Messe mit zuletzt fast 200.000 Besuchern, Ausstellern mit Spielen, die man sehen, anfassen, ausprobieren will, diversen Live-Acts und einem bunten Rahmenprogramm in ein virtuelles, zweidimensionales Multichannelmeeting verwandeln?

Man kann. Das Ganze wird SPIEL.digital heißen und findet vom 22.-25.10.2020 statt. „Unser Konzept für die SPIEL.digital sah von Anfang an vor, alle mit ins Boot zu nehmen: Verlage, Besucher, Läden, Brettspielcafés und Medienschaffende“, sagt Maximilian Metzler vom Merz Verlag. Allem Anschein nach hat der Veranstalter der größten Spielmesse der Welt nach der erzwungenen Absage im Frühjahr des Jahres bei den potenziellen Teilnehmern offene Türen eingerannt. Die weltweite Resonanz, aber auch die Hilfsbereitschaft in der Spielebranche war jedenfalls so überwältigend, dass nun offenbar etwas entsteht, das der gewohnten SPIEL sehr nahekommen soll.

Virtuelle Messe zum Mitspielen

Brettspielverlage aus 36 Nationen, darunter alle namhaften Player und unzählige mittelgroße und kleinere Spieleverlage werden an der SPIEL.digital teilnehmen und ihre Herbstneuheiten nicht nur vorstellen, sondern auch spielbar machen. Die Besucher werden also am virtuellen Tisch sitzen und miteinander spielen. Dazu kann man sich via Chat mit den Mitspielern austauschen. Selbst auf die Spielerklärer sollen die digitalen Besucher nicht verzichten müssen. Laut Maximilian Metzler hatten eine gute Usability und der Unterhaltungswert bei der Planung oberste Priorität, damit das Messegefühl so echt wie möglich erzeugt wird.

Möglich werden soll das alles durch Online-Plattformen wie Board Game Arena und Tabletopia, auf denen es für die Besucher der SPIEL.digital kostenlose Zugänge geben wird. Und weil das Publikum der SPIEL international ist, wird auch die SPIEL.digital international. Die Live-Streams werden (außer in Deutsch) in vier Sprachen übermittelt. Wer dann kurzentschlossen das gespielte Spiel kaufen möchte, wird sogar das tun können.

Rahmenprogramm auf der SPIEL.digital

Vergleichsweise banal klingt es dagegen fast, dass es ein umfangreiches Rahmenprogramm geben wird. Interviews mit Spieleautoren und Verlagen, Panels und Seminare und sogar der 2019 erstmals durchgeführte Educators‘ Day für Pädagogen, Lehrende und Interessierte, die in ihren Bildungsorganisationen Brettspiele einsetzen möchten, werden ihren Part haben. Um den Überblick über alle Events (on- und offline) nicht zu verlieren, wird ein Media-Hub aufrufbar sein, in dem auf einen Blick alle Mediabeiträge zu finden sind.

Im Gegensatz zur echten SPIEL wird es in vielen Ländern Spieleläden geben, die parallel zur SPIEl.digital kleinere Spieleevents ausrichten und damit Neuheiten auch live erlebbar machen. So soll sozusagen ein Austausch zwischen Spieleläden und SPIEL.digital stattfinden.

Virtuelle Analogie

Das sind hehre Ziele, die der Merz Verlag da verfolgt. Es klingt geradezu ein wenig fantastisch, aber dem Vernehmen nach ist vieles davon schon keine Fiktion mehr. Auch wenn der Ausrichter auf seine jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen kann, wurde hier noch sicher eine Menge Pionier- zumindest aber Entwicklungsarbeit geleistet. Fast absurd klingt es ja, dass eine analoge Veranstaltung digitalisiert wird, um sie so analog erlebbar wie möglich zu machen. Aber so ist es, und man spürt eine Menge Begeisterung bei den Verantwortlichen. (s. Videolink)

Worauf dürfen sich Spielbegeisterte in der Welt denn nun freuen? Es klingt fast so, als hätte man alles, was irgendwie zur SPIEL gehört, in ein großes Sieb geworfen, und alles Überflüssige ist hängengeblieben: langes Schlangestehen, Eintrittspreise, Parkplatzsuche, Gedränge, Mief, überfüllte Klos, überteuerte Essens- und Getränkepreise. Übrig bleibt, was für die Mehrheit der Messebesucher schon immer im Vordergrund gestanden hat: hunderte von Neuheiten, virtuelle Spieltische, Einkaufsmöglichkeiten.

Was macht eine Messe aus?

Vieles, was man nur auf der Messe erleben kann, ist virtuell kaum zu ersetzen. Imposante Messestände von Großverlagen, die unzähligen Kleinstverlage mit ihren ambitionierten Einzelkämpfern und exotischen Spielen, die bunten Stände mit außergewöhnlichem Spielmaterial, das Geschrei von Animatoren – kurz die Atmosphäre, die die SPIEL aus sich heraus erzeugt, kann keiner ersetzen. Aber was wäre ein Jahr so ganz ohne die SPIEL, ohne Neuheiten, die man als einer der Ersten spielen kann? Diese elementaren Inhalte der Messe scheint der Merz Verlag in atemberaubender Zeit in einer Weise reanimiert zu haben, die sehr neugierig macht.

Es dürfte allen Beteiligten klar gewesen sein: Eine digitale Spielmesse, die ein reines Streaming-Programm und Podcasts bietet und nur daraus besteht, sich Spiele auf einem Bildschirm anzusehen, sich die Regeln erklären zu lassen, aber nicht in irgendeiner Form spielen zu können, würde keine zehntausende von Interessierten an die Bildschirme locken. Das macht die Aufgabe umso herausfordernder. Noch dazu wird der digitale Messebesucher keinen Eintritt o. ä. zahlen müssen. Das ist für sich gesehen schon bemerkenswert.

Der Spieleadvent hat begonnen

Nun hat der Veranstalter die Latte der Erwartungen selbst sehr hochgelegt. In den nächsten Wochen werden wir mehr Erkenntnisse darüber haben, welche davon in Erfüllung gehen. Aber wie auch immer es am Ende aussehen mag: Wir Medienschaffende, Spieler, Verlage und Autoren – die Community hat etwas, auf das sie sich freuen kann! Und das ist angesichts der vielen Restriktionen und Verzichte fast wie Weihnachten.blank

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