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Ein flotter Ritt zwischen Weltspieltag und Produktempfehlung

Pimpf - Michael Weber bloggt

Warum bessere Empfehlungen für Kinderspiele erforderlich sind

blankSchon gewusst? Am 28.05. war internationaler Weltspieltag. Ein Datum, das vor einigen Jahren einige aus der Gesellschaftsspieleszene eifrig begrüßt haben. Hätten sie doch nur das Kleingedruckte gelesen. Denn es handelt sich um einen weltweiten Aktionstag zum Thema Spielen. Richtig. Spielen. Aber wieso das Kleingedruckte? Ganz einfach: Spielen im ganz breiten, allgemeinen Sinn. Von Gesellschaftsspielen war so herausgehoben gar keine Rede. Die gehören ohne Zweifel dazu. Aber eben nur als eine von vielen Möglichkeiten, die Freizeit spielend zu verbringen. Und eine, die mehr Orientierungshilfe bedarf. Und jetzt aufgepasst, es wird ein harter Ritte durch die wilde Prärie. Ohne Sattel und Zaumzeug.

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Weltspieltag ist ein wichtiges Zeichen

Das Bündnis Recht auf Spiel und das Deutsche Kinderhilfswerk stehen in Deutchland hinter dem Weltspieltag. Im ganzen Land fanden verschiedene Aktionen statt, bei denen Kinder einfach mal spielen konnten. Denn genau dieses Spielen, das Herumtoben, Ausprobieren und Konkurrieren (sic) fehlt so manchem Kleinen. Es ist nicht nur immer weniger Zeit. Die Tagespläne der Kinder sind durchstrukturierter als die von Überstunden kloppenden Vollzeitbeschäftigten. Es fehlen auch Eltern, die mit den Kindern spielen, und vor allem Raum im Sinne von Plätzen zum Spielen. Daher ist der Weltspieltag ein wichtiges Zeichen. Ein Zeichen, dass in letzter Konsequenz sogar auf Missstände hinweist. Denn er wäre nahezu überflüssig, wenn Kinder ausreichend spielen könnten und wollten. Von pädagogischen und sozialpsychologischen Effekten mal ganz abgesehen.

Die Verlage liefern einen Dschungel und die Jury empfiehlt

Bis hierhin haben alle Spielecowboys noch den Hut auf und sitzen aufrecht. Weiter geht’s. Jetzt wäre es doch wunderbar, wenn wenigsten in unserem kleinen, beschaulichen Hobbybereich die Kinder ausreichend spielen würden. Aber von Eltern, die keine Anleitungen lesen wollen, über kaum informierende Online-Shops bis hin zu einer meistens desolaten „Verkaufsberatungen“ in Einzelhandelsketten ist es sehr schwer, das richtige Spiel unter den ungefähr rund 1.000 Neuheiten pro Jahr zu finden. An der Stelle der kleine Einschub, dass der gut sortierte Fachhandel häufig ausgenommen ist, denn hier sind Menschen mit Feuer und Flamme, voller Leidenschaft und häufig auch enormer Kompetenz tätig. Das alles noch eingeschränkt auf Spiele für Kinder macht es nur bedingt leichter, denn auch hier gibt es zumindest gefühlt mehr als 100 – 200 Neuheiten im Jahr. Dummerweise sind die meisten irgendwie alle zumindest interessant, schön, ansprechend oder …

Kurz: Kinderspiele sind in der Breite unserer Erfahrung nach häufig verdammt gut gemacht. Das liegt zum Teil an den sehr gut besetzten Redaktionen und den Testrunden in Kindergärten. Kinder sind hart im Urteil. Die sagen, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Das ist bei Testrunden im Freundeskreis von Machern einiger Erwachsenenspiele nicht immer der Fall. Nicht nur per Crowdfunding gelangen dann wenig ausgefeilte Ideen in den Handel. Sitzen alle noch bei vollem Galopp?

Um wenigstens etwas Orientierung bei den Kinderspielen zu bieten, hat die Jury Kinderspiel des Jahres vor wenigen Tagen nicht nur drei Nominierte zum Hauptpreis 2016 herausgegriffen. Sie hat parallel auch eine Empfehlungsliste veröffentlicht. Eine Empfehlungsliste, die nicht flächendeckend alle Eltern und Pädagogen auf der Suche nach geeigneten Kinderspielen erreichen kann. Leider. Denn unabhängig von den darauf geführten Spiele, die nach Meinung der Jury dieses Jahr neben den Nominierten besonders herausragen, bietet diese Zusammenstellung tatsächlich so etwas wie Orientierung. Orientierung, die dem Spielehandel häufig fehlt. Übrigens haben wir an dieser Stelle unsere Hunderte Kinderspielrezensionen aufgelistet, hier die Preisträger Kinderspiel des Jahres zusammengefasst und empfehlen bei uns an dieser Stelle einige besondere Kinderspiele als Geschenktipps. Wir sind also durchaus dabei, aus der breiten Masse einige Kinderspiele herauszuheben. Die ersten Leser sind wohl spätestens jetzt vom Pferd gefallen.

Ohne Empfehlungen kein Spiel(en)?

Es ist natürlich nicht ganz richtig, dass eine Empfehlung für eine gelungene Spielauswahl zwingend erforderlich ist. Aber … Eltern, die keinen Plan davon haben, welches Kinderspiel sie kaufen sollen, scheitern häufig schon bei der Altersangabe. Ist ein Fünfjähriger mit einem Spiel ab vier Jahren schon unterfordert? Was macht die Sechsjährige, wenn Sie ein Spiel ab sieben Jahre bekommt? Wirft sie das virtuelle Handtuch?

Gerade deshalb, weil eben die meisten Kinderspiele handwerklich gut gemacht sind, ist eine Orientierungshilfe wichtig. Natürlich können sich alle freuen, dass alle Spiele irgendwie toll sind. Aber nicht jedes toll gemachte Spiel spricht jedes Kind gleichermaßen an. Daher fehlt speziell bei Kinderspielen einfach Expertise. Neben Online-Magazinen wie zum Beispiel unseren gibt es nicht viele Anlaufstellen für Eltern (jedenfalls sehr wenige, die vorausschauend Tipps und Empfehlungen geben). Da fliegen noch ein paar Hüte unter die Hufe …

Online-Shops: Geführte Datenbankabfragen sind nur ein erster richtiger Schritt

Dabei wäre es ganz einfach. Völlig simpel geben Kunden Anlass, Kategorie und Preis ein. Dann bekommen sie passende Produkte angezeigt. So etwas ist richtig umgesetzt eine genial einfache Möglichkeit, Empfehlungen auszusprechen. Ein ähnliches Konzept verfolgen mehrere andere Shops wie beispielsweise unsere Partner von Spiele-Offensive. Bei der Spiele-Offensive kommt es anders als bei Baby-Walz auf die Eingabe von ähnlichen Spielen sowie die Spielart und das Geschlecht des Käufers (!?!) an. In beiden Fällen sind die Ergebnisse jeweils recht ordentlich, aber nicht zwingend optimal. Speziell bei Kinderspielen ist eine solche technische Lösung jedoch schwierig, weil das Alter und die Interessen der Kinder sowie Material und Spielsspaß gleichermaßen maßgebend sind. Das gilt übrigens trotz aller Nutzerfreundlichkeit auch für Amazon und weitere Shops.

Im Hintergrund steht jeweils eine Datenbank mit im Prinzip relativ einfacher Kategorisierung. Genau das ist toll, ersetzt aber noch lange keine echte Beratung. Und daher sind Tools im Internet noch immer eher eine Spielerei. Ein wichtiger, aber nicht ausreichender Schritt zu mehr „Beratung“. Wenn sich einfach mal jemand die Mühe machen würde, die Eingaben per Programmierungscode nicht nur wunschgemäß filtern zu lassen, sondern echte redaktionelle Tipps zu geben! Wir brauchen mehr und vor allem bessere Empfehlungen! Allein, das bleibt bisher der Juryliste und Empfehlungslisten wie unseren vorbehalten …

Handel und Verlage sind gefordert

So gibt es eine Menge Verbesserungspotenzial für den Handel (und auch Experten-Medien wie uns). Denn was empfiehlt denn der Handel, wenn nächstes Jahr zum Weltspieltag jemand fragt: „Haben Sie auch ein Kinderspiel, das für Dreijährige so spannend ist wie für Sechsjährige, auch draußen spielbar ist und mit zehn Kindern funktioniert?“ Sollen am Ende doch alle „Verstecken“ oder „Ich sehe was, was du nicht siehst“ spielen? Ich weiß, das war jetzt ein harter Ritt. Aber ohne gute Empfehlungen abseits von Handelsaktionen (bei denen es meistens nur um den Preis geht), wird der familiäre (all)tägliche (!) Weltspieltag kaum zum Weltspieltag mit Gesellschaftsspielen. Und hier haben Verlage, Handel und Medien gleichermaßen noch viel Arbeit vor sich. Denn Kinderspiele sind ein Bereich der Gesellschaftsspiele, in denen die gute alte Beratung noch wirklich wichtig ist. Gerade, weil es so viele gute Kinderspiele gibt, und gerade, weil einmal im Jahr der Weltspieltag das Recht auf Spielen anmahnt.

In dem Sinne: Lasst uns den Weltspieltag zum Anlass nehmen, etwas mehr Struktur in die Spieleflut, speziell bei den Kinderspielen zu bringen. Vom Handel wünsche ich mir klarere Empfehlung, welche Spiele für wen passen. Die ersten Ansätze sind zumindest mal nicht verkehrt. Von den Verlagen wünsche ich die erforderliche Basis: Mehr Zielgruppenhinweise auf den Schachteln (ähnlich wie es einige Hersteller für Lerneffekte bereits machen). Und von uns und unseren Kollegen erwarte ich weniger „Sieht toll aus“ und mehr „Klappt oder klappt nicht bei … im Alter von … Jahren, weil das und das“. Denn das sind die wirklich wichtigen und leider häufig vergeblich gesuchten Hinweise, die wir alle an die Käufer (von Kinderspielen) bringen sollten. Kinderspielpräsentationen sollten ganz am Ende mehr Empfehlungscharakter haben, als eine coole Präsentation zu sein. Und wenn jetzt noch jemand auf seinem Gaul sitzt, bricht vielleicht das Pferd im vollem Galopp noch nicht ganz zusammen. Und dann, wenn das bei Kinderspielen klappt, dann können wir als nächstes Ziel vielleicht noch mehr Orientierung für unbedarfte Käufer der Familienspiele in Angriff nehmen … Yee-haw!

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1 Kommentar

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Philipp Ehrbar 30. Mai 2016 at 09:13

Gut gebrüllt, Löwe!

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