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Reinhard Staupe über Qwinto

Qwinto - Foto von NSV

Glücksfall in Zahlenreihe

blankReinhard, du hast als Redakteur das Spiel Qwinto bearbeitet, dass NSV zur Spielemesse 2015 in Essen vorstellt. Um was geht es im Spiel?
Qwinto ist ein Würfelspiel ohne Wartezeiten. Der aktive Spieler würfelt und ALLE können das Ergebnis nutzen. Ahaaa… 🙂
Jeder bekommt einen Zettel vom Block. Jeder Block zeigt drei Farbreihen (orange, gelb, lila). Außerdem gibt’s drei Würfel, ebenfalls orange, gelb, lila.
Im Spielverlauf trägt jeder Spieler Zahlen in seine drei Farbreihen ein. Wohlgemerkt: Zahlen – keine Kreuze! Die Eintragreihenfolge steht jedem völlig frei, Lücken sind erlaubt und können nachträglich gefüllt werden. Es müssen nur zwei Regeln befolgt werden: Erstens: Die Zahlen müssen von links nach rechts größer werden. Zweitens: In den senkrechten Spalten darf keine Zahl doppelt vorkommen.
Der aktive Spieler entscheidet sich völlig frei, wie viele Würfel er verwenden möchte: 1, 2 oder 3. Auch die Würfelfarben kann er frei wählen. Die gewürfelte Summe gilt dann für alle. Besonders lukrativ ist es, wenn man eine Farbreihe komplett füllt. Außerdem gibt es fette Bonuspunkte, wenn man eine senkrechte Dreier-Spalte komplett füllt.
Das Spiel endet, wenn jemand zwei Farbreihen komplett gefüllt oder seinen vierten Fehlwurf erhalten hat. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.“

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Das klingt sehr vertraut. Wie eng ist Qwinto mit Qwixx verwandt? Autoren sind ja  Bernhard Lach und Uwe Rapp, nicht Steffen Benndorf.
Qwinto ist wirklich ein Glücksfall. Nach dem gigantischen Erfolg von Qwixx haben wir natürlich intensiv nach einem weiteren Würfelspiel gesucht, das ähnlich angelegt ist, genauso einfach, genauso spannend, genauso fluffig, ohne jede Downtime, aber trotzdem innovativ und anders. Ich habe schon nicht mehr dran geglaubt, denn die Prämisse war, dass es qualitativ absolut auf Augenhöhe mit Qwixx sein muss – und dann kam der Prototyp von Bernhard Lach und Uwe Rapp. Ich wäre fast aus den Latschen gekippt vor Freude. Es fehlte zwar noch einiges, aber ich war sofort sicher: das wird es!
Das Großartige an Qwinto ist, dass es punktgenau die optimale Distanz zu Qwixx hat, dass es ‚dicht dran – weit weg‘ ist. Also so nah dran, dass man sich angenehm an Qwixx erinnert fühlt. Aber gleichzeitig so weit weg, dass es komplett eigenständig ist, eben ein völlig anderes Spiel.“

Welche Hauptmechanismen unterscheidet Qwinto von anderen Spielen, was ist prägend für den Spielspaß?
„Der Clou von Qwinto liegt darin, dass jedem Spieler im Spielverlauf exakt die selben Zahlen zur Verfügung stehen. Also gleiche Chancen für alle. Allerdings ist das, was die Spieler daraus machen, völlig verschieden. Denn: Wie trägt man die Zahlen am Besten ein? Hier können kleine Unterschiede wirklich große Auswirkungen haben. Aber glücklicherweise gilt, wie so oft: Übung macht den Meister, und nach und nach bekommt man ein Gespür dafür, wo eine Zahl idealerweise hingehört. Während einer Partie sollte man stets die Zettel der Mitspieler im Auge behalten, denn auch wenn jeder nur bei sich selbst eintragen darf – durch die Auswahl der richtigen Würfel(farben) kann man entscheidend Einfluss auf die Anderen nehmen.
An dieser Stelle schlägt Qwinto perfekt die Brücke zu Qwixx. Das Glück spielt wieder eine große Geige – ist halt ein Würfelspiel. Aber das eigene Vorgehen (‚Strategie‘ wäre vielleicht schon zu hoch gegriffen) ist entscheidend. Und da man als aktiver Spieler durch das gezielte Aussuchen von Würfelanzahl und Würfelfarbe die Anderen ein wenig ‚aushebeln‘ kann, kommt noch eine kleine, interessante Komponente hinzu.Ich glaube, einen besseren Bruder konnte Qwixx nicht bekommen.“

Zahlenreihe bei Qwinto - Foto von NSV

An welche Zielgruppe richtet ihr euch mit dem Spiel? Wer wird mit Qwinto am meisten Spaß haben?
„Es ist ganz klar wieder ein Spiel für jedermann. Die Regeln passen erneut auf unseren mini Qwixx-Streifen, sind in zwei Minuten erklärt. Das Einzigartige an Qwixx ist seine enorme Breitenakzeptanz, die größer ist als bei jedem anderen Spiel – nahezu jeder mag es. Ob Qwinto einen ähnlich breiten Schuh ausfüllen kann, ist eine spannende Frage. Man kann es sich eigentlich kaum vorstellen und erwarten schon gar nicht, aber unsere Testergebnisse war verheißungsvoll. Schaun mer ma, wie der Kaiser zu sagen pflegt.“

Kannst du bitte Spielern einen Tipp geben, worauf sie in der ersten Partie besonders achten sollten? Was ist der Trick, um nicht hoffnungslos zu verlieren?
„Man sollte möglichst nicht darauf spekulieren, dass die ganz hohen Zahlen kommen. Mit drei Würfeln kann man theoretisch eine 18 erzielen, aber die kommt fast nie, schon gar nicht, wenn man sie braucht. Gilt auch für die 17. Das ist eher etwas für Träumer oder Sonntagskinder! Selbst die 16 ward nur selten gesehen. Hier vertun sich viele.
Ferner sollte man die Zettel der Mitspieler im Blick behalten. Denn wenn jemand gegen Ende z. B. dringend noch eine ganz kleine gelbe Zahl braucht, dann wird er als aktiver Spieler garantiert nur einen oder zwei Würfel verwenden, und Gelb wird gewiss dabei sein.“

Du hast als Redakteur bei NSV dazu beigetragen, dass sich der Verlag noch stärker als Anbieter von typischen Familienspielen positioniert hat. Markenzeichen scheint eine kurze Spieldauer und leicht zu verinnerlichende Spielregeln zu sein. Nach welchen Kriterien wählst du Spiele für das Programm aus?
„Zunächst mal nach genau den von Dir beschriebenen: insbesondere einfach und mit wenig Regeln! Das ist Grundvoraussetzung. Eben Spiele, die wirklich jeder verstehen und spielen kann. Gleichzeitig aber auch innovativ, spannend und unterhaltsam – in jeder Hinsicht qualitativ hochwertig. Das ist eine enorm hohe selbstgesetzte Hürde, aber nur so kann es für uns gehen. Die Regale sind übervoll, die Konkurrenz ist riesig und die Großen haben ganz andere Vertriebsmöglichkeiten. Deshalb: Ganz wenig. Top. Und auf den Punkt ausgearbeitet.
Den Ansatz, dass ein NSV-Spiel wirklich super einfach sein muss, sieht man übrigens sehr schön an dem Kartenspiel Drei sind eine zu viel, das ich gemeinsam mit Christoph Behre entwickelt habe und das jetzt bei Amigo Spiele erscheint. Das hatte ich sehr lange bei mir im NSV-Test. Die Ergebnisse waren immer gut, ein echt schönes Spiel, aber letztlich war es mir regeltechnisch schon eine Spur too much für das, was ich für die Nürnberger suche – und musste mich schweren Herzens dagegen entscheiden. Ich frage mich manchmal, ob ich etwa ein Abluxxen gemacht hätte. Finde ich fantastisch, mein persönliches Spiel des Jahres 2014, aber wäre es nicht schon drüber für uns gewesen? Tja. Love Letter wäre perfekt. Oder Sushi Go (bei dem ich nicht verstehe, warum es so untergegangen ist, ein großartiges Spiel).“

Wo siehst du spielerische Grenzen für eine Veröffentlichung bei NSV? Wäre ein abendfüllendes Strategiespiel denkbar?
„Nein, das ist in der Tat undenkbar. So sehr ich persönlich etwa ein Auf den Spuren von Marco Polo oder Istanbul liebe und immer und immer wieder spiele – das ist eine Baustelle für andere Kräne. Und die machen das ja auch hervorragend. Wir bleiben definitiv bei der Familie. Die Regeln eines potentiellen NSV-Spiels müssen auf den kleinen Qwixx-Streifen passen, oder nur ganz wenig darüber hinausgehen. Das ist das Limit.“

Wie verändern die Nominierungen zum Spiel des Jahres in den letzten Jahren deine Arbeit? Gibt es mehr eingereichte Ideen? Oder gar mehr Druck, wieder einen Erfolg zu landen?
„Die Nominierungen waren für uns kleinen Player natürlich eine Sensation, absolut großartig. Für meine Arbeit sind sie vor allem eine Bestätigung, genau so weiterzumachen wie bisher, weniges ganz gezielt auszuwählen und so lange daran zu feilen, bis ich das Gefühl habe: jetzt ist es perfekt. Wie etwa an dem Kartenspiel, das nächstes Jahr in Nürnberg erscheinen wird. Da habe ich inhaltlich 18 Monate dran gearbeitet. Uff. Aber es hat sich gelohnt. Letztlich ist es so geworden, wie ich es von Anfang an im Kopf hatte.
Natürlich bekommen wir jetzt mehr Spiele vorgestellt als zu Beginn, aber es hält sich noch im Rahmen (geniale Ideen bitte jederzeit an: redaktion ät nsv Punkt de).
Einen größeren Erfolgsdruck verspüre ich überhaupt nicht. Den größten Druck mache ich mir ja ohnehin dadurch selbst, dass ich nur Top-Spiele möchte, denn die sind extrem rar und bedürfen intensiver Feinarbeit (und manchmal auch ein bisschen Hackebeil). Die letzten zehn Prozent, die in einem Prototyp stecken, die möchte ich haben, da kann ich einfach nicht von lassen. Ein bisschen kribbelig wird es am Ende natürlich dadurch, dass wir nur ganz wenige Spiele veröffentlichen. Da ist dann sozusagen gespannter Druck im Kessel, ob dieses eine Pferdchen auch tatsächlich in die gewünschte Bahn galoppiert.
Eine große Aufgabe besteht für uns natürlich darin, die neuen Möglichkeiten nicht verstreichen zu lassen, die sich nicht zuletzt durch die beiden Nominierungen ergeben haben, sprich: unsere Spiele in die Spielerhaushalte zu bringen. Da ist das ganze Team gefordert. Aber da wir in jeder Hinsicht Hand in Hand arbeiten und die Chemie zu 100 % stimmt, bin ich guter Dinge, dass wir weiter voran kommen. Wir geben unser Bestes.“

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1 Kommentar

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Hendrik Breuer 30. Oktober 2015 at 16:49

….wie gut Qwinto ist. Tatsächlich ein perfekter Qwixx-Nachfolger. 3 sind eine zu viel ist übrigens auch ziemlich gut.

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