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Spielgefühl: Kommt gut

Kommt gut - Schriftzug des Untertitels ohne Cover-Motiv - Foto EMF

Mehr Oohs und Aahs oder eher Uuhs und Iihs?

Jüne Plã ist so etwas wie eine Influencerin für das intime Zwischenmenschliche. Die Französin hat ein Buch veröffentlicht, das in Deutschland unter „Kommt gut“ erschienen ist. Der Titel ist klar, oder?blank

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Zu diesem Werk gibt es nun ein Kartenspiel von EMF. Wobei der Begriff Kartenspiel hier schon sehr weit gefasst ist. Denn so spielerisch der Umgang mit dem ist, was üblicherweise Paare miteinander treiben, ist hier sehr explizit und ratgebermäßig umgesetzt. Ein klassisches Gesellschaftsspiel ist das Kartenspiel Kommt gut jedenfalls nicht. Zugleich gibt es ein Interesse an dieser Art von „Spielen“. Daher gibt es zwar keine Rezension, aber immerhin ein Spielgefühl oder eben Ersteindruck.

Was bietet das Kartenspiel Kommt gut?

Kartenspiel Kommt gut - die Karten für mehr oder weniger - Foto von Michael Weber
Kartenspiel Kommt gut – die Karten für mehr oder weniger – Foto von Michael Weber

Wir haben inzwischen eine kleine Sammlung von Gesellschaftsspielen (ha!) für Erwachsene. Mit denen meine ich nicht blutrünstige oder kriegstreiberische Brettspiele ab 18. Vielmehr geht es um die Spielchen mit und ohne Klamotten, die das Zwischenmenschliche in den Vordergrund rücken. Ihr wisst schon, was ich meine. Eben das Mittel für etwas mehr Intimität.

Direkt zur Sache, Liebling!

Genau an der Stelle wird es interessant. Denn die meisten Gesellschaftsspiele mit – ich nenne es mal so – Erotikthema, setzen beim Spiel auf Interaktionen, um zur Sache zu kommen. Aber irgendwie ist es immer gerade noch so Spiel. Das gilt sogar für besonders „harte“ Herangehensweisen wie bei Lovegame – Love Edition oder das bei aller Behutsamkeit doch eher plumpe Knisterkiste. Deutlich mehr Spiel sind Titel wie Privacy – Scharf wie Chili oder das fast schon harmlose Traumpaar gesucht.

Hart ohne herzlich

Kartenspiel Kommt gut - zwei Gesprächskarten - Foto von Michael Weber
Kartenspiel Kommt gut – zwei eher harmlose Gesprächskarten – Foto von Michael Weber

In diese Reihe will sich Kommt gut gar nicht so richtig einfügen. Denn es geht um Ideentransfer und Anleitungen. Die Autorin gibt zwar als spielerisches Mittel das gemeinsame Erleben und viele Gespräche darüber vor. Aber das ist nur ein Vehikel, um die recht direkten und klaren Infos auf die Liebenden loszulassen. Hier wird nicht gespielt. Bei Kommt gut werden Karten zum reinen Anheizer in einer zwar gewollt „behutsamen“, aber in der Sache extrem direkten Art.

Zwar gibt es verschiedene Karten und ein empfohlenes Vorgehen, aber ein Spiel entsteht daraus zumindest im klasssichen Sinn nicht. Es gibt Gesprächskarten, die zum Austausch anregen. Mit Veto und eine Karte für „Erzähl mir mehr“. Es gibt Ideenkarten, die zum Erkunden der gemeinsamen Lust auffordern. Diese liegen zwischen banal und extrem experimentierfreudig. Und es gibt Tipp-Karten, die eher Beschreibungen der Vorgehensweise (mit expliziter Illustration) sind. Das alles ist wenig Spiel und zielt eher auf die „Ab-18-Ecke“.

Das Kartenspiel Kommt gut hat den Charme einer Aufbauanleitung

Kartenspiel Kommt gut - Ideenkarten - Foto von Michael Weber
Kartenspiel Kommt gut – nicht alle Ideenkarten sind so „zugänglich“ wie diese – Foto von Michael Weber

So erscheinen die ausschweifenden und langatmigen Ausführungen in der „Anleitung“ dann leider auch etwas sehr gewollt. Das spielerische und prickelnde Erkunden, das Fühlen von Berührungen und das liebevolle Miteinander finden so gut wie gar nicht statt. Kommt gut ist nichts anderes als eine direkte Aufforderung, alle möglichen und für einige möglicherweise auch unmöglichen Stellungen und Techniken oder Lustvarianten auszuprobieren. Teilweise werden dabei Abbildungen genutzt, die den Charme einer Aufbauanleitung von Schränken haben, bei der man das Fehlen wichtiger Schrauben feststellen muss. Übrigens habe ich ganz bewusst die Tippkarten und auch die Schachtelillustration nicht in diesen Ersteindruck eingebaut …

Kommt gut – mechanisch vielleicht …

Die unnötig lange Anleitung hätte man übrigens auf zwei Sätze reduzieren können: „Nutzt die Karten, um Spaß zu haben. Macht nichts, was ihr nicht wollt.“ An der Stelle stellt sich aber eine Frage: Wer zum Teufel soll so etwas anregend finden? Die einen werden sich von den meisten Karten nicht angemacht fühlen. Die anderen werden sagen: „Kennen wir doch eh fast schon alles.“ Selbst für Neuverliebte und Experimentierfreudige sehe ich hier keinen allzu großen Nutzen. Da bringen die anderen „Erwachsenspiele“ deutlich mehr, da sie den spielerischen Umgang mit dem Thema zumindest halbwegs auch genau so verpacken. Vielleicht ist es etwas für Jugendliche? Aber für die finde ich einen relevanten Teil der Karten fast schon zu hart …

Kommt gut ist nichts anderes als ein Dampfhammer, der wie ein Aufklärungsbuch für Fortgeschrittene oder zumindest Willige wirkt. Obwohl Jüne Plã es in Worten gern anders vermittelt, fehlt ihrem Kartenspiel für mehr Oohs und Aahs einfach etwas, das gerade in der Zweisamkeit und selbst bei größter körperlicher Lust ein wichtiger Bestandteil des Erlebens ist: das Gefühl.

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