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Klaus und Benjamin Teuber über A Game Of Thrones – Catan

A Game Of Thrones - Catan - Foto von Kosmos

Die Bruderschaft der Nachtwache als streng literarisch aufgebohrter Spieleklassiker

Klaus Teuber ist Vater von Catan, einem der einflussreichtsen modernen Spieleklassiker. Das Spiel hat viele Ableger, Varianten und Szenarien vorgebracht. Nun erscheint A Game Of Thrones – Catan: Die Bruderschaft der Nachtwache. Hier hat er mit seinem Sohn Benjamin Catan mit dem Mega-Erfolg des Romans (und nicht der Serie!) von George R. R. Martin verknüpft. Zu dieser Veröffentlichung standen uns beide Rede und Antwort.

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Kosmos veröffentlicht kurz vor der Spielemesse 2017 in Essen A Game Of Thrones – Catan. Da kommen zwei regelrechte Schwergewichte zusammen. Eines der erfolgreichsten Spiele der letzten 20 Jahre und eine der erfolgreichsten TV-Serien bzw. Romanzyklen. Wie aber kam es zu dieser Symbiose?
„Es ist wichtig zu betonen, dass es sich bei A Game of Thrones – Catan nicht um die Rechte zur Serie, sondern zur Buchreihe von George R.R. Martin handelt. Die Leute von Fantasy Flight Games stehen in direktem Kontakt zu George R.R. Martin und haben auch in der Vergangenheit schon Spiele zur Buchreihe veröffentlicht. Ein Redakteur aus dem Catan Studio, welches wie FFG nun ebenfalls zu Asmodee gehört, kam eines Tages auf uns zu und fragte, ob wir es für möglich hielten, ein ‚A Game of Thrones-Catan‘ zu entwickeln.“

Catan: A Game Of Thrones habt ihr erneut als Vater-Sohn-Projekt gestaltet. Wie leicht fiel euch die Adaption des Themas. Auf dem ersten Blick haben Catan und A Game Of Thrones nur bedingt Anknüpfungspunkte.
„Anfangs waren wir auch tatsächlich etwas skeptisch: Passt ‚A Game of Thrones‘ zu Catan? Gibt es eine ausreichend große Überschneidung der beiden Marken in ihren Werten und Inhalten? Wir waren hin- und hergerissen. Wie wir alle wissen, geht es in ‚A Game Of Thrones‘ nicht gerade zimperlich zur Sache, um es harmlos auszudrücken. Catan hingegen basiert auf dem friedlichen Miteinander. Natürlich gibt es Konflikte, aber sie werden gewaltfrei ausgetragen.

Auf den ersten Blick ist das eine große Diskrepanz. Wenn man aber noch einmal genauer hinschaut,  haben wir südlich der Mauer, im Bereich der Schenkung das catanische Prinzip, sich möglichst erfolgreich und dabei friedlich auszubreiten. Schließlich ist die Bruderschaft der Nachtwache auf die Versorgung mit Nahrung und Gütern aus dem Gebiet der Schenkung angewiesen. Sie können sich dort nicht gegenseitig an den Hals gehen, selbst wenn sie die Macht erlangen und Lord Kommandant werden wollen. Dafür ist die Gefahr von außen einfach zu groß. Diese Gefahr von außen ist eine Bedrohung, gegen die die Spieler gemeinsam und kooperativ vorgehen müssen. Nur zusammen können sie der Gefahr aus dem Norden trotzen.

Während also die erzählerischen Elemente aus ‚A Game Of Thrones‘ in das Spiel eingeflossen sind, wird dennoch an den spielmechanischen Grundpfeilern Catans festgehalten. Diese interessante Mischung aus den beiden Welten hat uns letztlich überzeugt, weswegen wir das Projekt als A-Game-Of-Thrones-Fans nach der Überwindung der anfänglichen Skepsis mit viel Begeisterung angegangen sind.“

Enthalten ist mit Die Nachtwache auch ein Szenario. Dabei müssen die Spieler helfen, die Mauer zu verteidigen. Das klingt nicht mehr nach einem typischen Catan. Wie verändert dieses Szenario das bekannte Spiel um Straßen, Dörfer und Rohstoffe? Welche neuen Mechanismen sind enthalten? Welche Mechanismen musstet ihr wie für das Basisspiel verändern, damit Catan Catan bleibt und zugleich das Spiel dem neuen Thema gerecht wird?
„Eingefleischte Catan-Fans werden sich sofort erinnert haben, dass vor fast 20 Jahren ein historisches Szenario mit dem Titel Die große Mauer erschienen ist. Jenes Szenario behandelte thematisch die Errichtung der Großen Mauer in China und die Abwehr der Reitervölker aus dem Norden. Das Grundprinzip dieses Szenarios passte thematisch wie die Faust aufs Auge, wenn man an die ‚Große Mauer‘ im Norden von Westeros denkt.
Insofern sind wir mit diesem Szenario tatsächlich sehr nahe am „typischen“ Catan, mit dem ich schon zuvor Begebenheiten aus der Geschichte aufgegriffen und spielerisch erlebbar gemacht habe. Dieses Mal ist es nur eben keine historische, sondern eine fiktive Geschichte.

Darüber hinaus ist A Game of Thrones – Catan kein müder Abklatsch des historischen Szenarios Die große Mauer. Wir haben das Szenario innerhalb eines guten Jahres zusammen mit den Mitarbeitern des Catan Studios und Kosmos von Grund auf neu entwickelt und an die besonderen Erfordernisse der Geschichte von ‚A Game of Thrones‘ angepasst.

In Bezug auf die Spielmechanik sind die catanischen Grundprinzipien ‚Ernten, Handeln, Bauen‘ natürlich der zentrale Punkt des Spieles, sonst wäre es kein Catan-Spiel mehr. So wie bei anderen Catan-Szenarien gibt es auch hier in diesem vertrauten Kanon einige Neuerungen, die den Umgang mit den Grundprinzipien beeinflussen. So ernte und handle ich unter dem ständigen Druck, dass meine Felder schon bald von Wildlingen besetzt sein könnten. Ich handle unter dem (vermeintlich?) kooperativen Aspekt, einem Mitspieler beim Schutz der Mauer zu helfen, habe dabei jedoch auch meine eigenen Interessen. Zuletzt baue ich keine Mauer wie im historischen Szenario sondern rüste Wächter aus, die ich an beliebige Stellen der bereits existierenden Mauer schicke, um diese gemeinsam mit den Wächtern meiner Mitspieler zu verteidigen.

Mit dem kompletten Regelsatz zu A Game of Thrones – Catan wäre ein Catan-Neuling überfordert. Für Anfänger ist es daher wichtig, erst einmal die Grundregeln des Basisspiels kennen und beherrschen zu lernen. Aus diesem Grund haben wir es Neulingen, die noch nie Catan gespielt haben, ermöglicht, mit sehr wenigen Abstrichen – sozusagen als Vorspiel – auch das gewohnte Catan-Basisspiel spielen zu können. Danach wird es ihnen leichter fallen, die zusätzlichen Regeln für das Hauptspiel A Game of Thrones – Catan zu bewältigen.“

Habt ihr einen Tipp für Spieler, die auf der Messe, im Laden oder in der Spielerunde A Game Of Thrones – Catan kurz anspielen möchten? Worauf sollten sie achten, um nicht durch Fehler oder Unaufmerksamkeiten den Spielspaß zu verlieren?
„Wir  empfinden es sehr spannend, dass man über die gesamte Spieldauer sehr dynamisch taktiert. Die Stärke der Wildlinge vor der Mauer wächst mit der Stärke der Spieler in der Schenkung. Permanent fragt man sich: ‚Sende ich den nächsten Wächter auf die Mauer? Oder baue ich doch noch schnell die nächste Siedlung? Oh je, vor einem für mich wichtigen Mauerabschnitt hat sich eine Horde von Wildlingen versammelt. Gleich könnten sie durchbrechen. Da sende ich doch lieber einen Wächter zur Mauer …‘

Das Ziel des Spieles ist es, Lord Kommandant zu werden. Das kann man auf zwei Weisen erreichen. Zum einen, indem man zehn Siegpunkte erreicht – also den normalen Weg bescheitet. Zum anderen, wenn die Wildlinge die Mauer dreimal überwinden konnten, und sozusagen ‚Notstand‘ herrscht. Dann wird als neuer Lord Kommandant der Nachtwache jener Spieler gewählt, der aktuell die Mauer mit den meisten Wachen schützt, also am stärksten Präsenz zeigt. Auch das kann eine interessante Taktik sein: Im richtigen Moment, wenn man die meisten Wachen auf der Mauer hat, den dritten Einfall der Wildlinge zu provozieren. Das ist natürlich nicht ganz sauber – jedoch thematisch sehr passend zu ‚A Game Of Thrones‘ 😉

Um auf die Frage zurück zu kommen: Ein Fehler oder eine Unaufmerksamkeit wäre es, diese Balance aus den Augen zu verlieren. Jedoch kann sich dieser Fehler nicht beim kurzen Anspielen auswirken. Man muss das Rennen um die Wahl zum neuen Lord Kommandanten schon zu Ende spielen.“

Wie verändert das Thema Catan hinsichtlich der Zielgruppe? Ist diese Ausgabe schwieriger oder leichter für „Normalspieler“? Lässt sich vielleicht sogar sagen, ob Catan-Fans oder Buch.- bzw. Serien-Fans mehr Spaß haben werden?
„Erfahrener Catan-Spieler sollten keine Probleme mit den zusätzlichen Regeln von A Game Of Thrones – Catan haben. Und für diejenigen, die Catan noch nicht kennen, haben wir – wie weiter oben beschrieben – ein vorgeschaltetes Basisspiel ermöglicht.

Zur zweiten Frage: Wie ebenfalls weiter oben beschrieben, sind die catanischen Grundprinzipien ‚Ernten, Handeln, Bauen‘ natürlich weiterhin der zentrale Punkt des Spieles, jedoch ausgerichtet an den thematischen Erfordernissen von ‚A Game of Thrones‘. Wir erzählen die Geschichte der Verteidigung der Mauer, jedoch haben wir darauf geachtet, dass die Spielmechaniken und somit auch das Spielgefühl, catanisch geblieben sind.
Insofern spricht es beide Fan-Gruppen an: Ein A-Game-Of-Thrones-Fan wird Freude haben, einen Aspekt der Erzählung von R.R. Martin spielerisch zu erleben, während ein Catan-Fan ein neues, aber gleichzeitig vertrautes Catan-Spielgefühl erleben kann.

Für sehr komplex halten wir das Szenario übrigens nicht. Bedingt durch die zusätzlichen Regeln und die höhere Auswahl an strategischen und taktischen Möglichkeiten ist es aber anspruchsvoller als das reine Basisspiel.“

Catan ist eine extrem erfolgreiche Spielemarke. Ihr haltet dabei als „Familienbetrieb“ alle Fäden in der Hand. Wie wichtig ist für euch, eine Lizenzausgabe zu einer solchen Serie? Welche Rolle spielt die damit verbundene potenzielle Aufmerksamkeit in neuen Zielgruppen für euch?
„Wir würden nur dann der Kombination einer Lizenz mit Catan zustimmen, wenn wir das Gefühl hätten, die Kombination ist stimmig und beide Marken ergänzen sich. Wie weiter oben erwähnt, waren wir bei ‚A Game of Thrones‘ erst einmal skeptisch. Nach einigem Nachdenken haben wir aber erkannt, dass die Mischung aus kompetitivem, jedoch gewaltfreiem Machtstreben innerhalb der Schenkung, gepaart mit dem kooperativen Ansatz, sich vor der Bedrohung von außen zu schützen, sehr zum catanischen Markenkern passt. Wäre das nicht der Fall gewesen, wäre die Anfrage beispielsweise in eine Richtung gegangen, in der die ‚Königshäuser‘ Catans sich untereinander bekriegen und gegnerische Siedlungen oder Städte erobern müssten und somit Figuren vom Plan verschwinden würden, so wäre diese Lizenz für uns nicht in Frage gekommen. Es gibt andere Spiele, zu denen ein kriegerisches Thema sehr viel besser passt.

So fragen wir uns bei allen Angeboten, die auf uns zukommen: Passen die Markenkerne thematisch zueinander und passen sie außerdem so zueinander, dass für beide Marken ein Mehrwert entsteht und keine Marke sich der anderen anpassen oder unterordnen muss? Nur wenn wir diese Fragen mit einem eindeutigen ‚ja‘ beantworten können, sind wir offen für eine Kooperation. Wenn eine gelungene Kooperation dabei neue Zielgruppen erschließt, ist das natürlich ein willkommener Effekt.“

Gibt es für euch Lizenzen, die an euch herangetragen werden, die ihr definitiv nicht veröffentlichen würdet? Wo habt ihr thematische Grenzen?
„Wir haben tatsächlich schon einige Kooperations-Anfragen für Produkte bekommen, deren Philosophie jedoch nicht zum Kern Catans gepasst haben. Wie weiter oben beschrieben, ist eine klare Grenze beispielsweise jene, in der die Spieler ihre Konflikte im Spiel nicht mehr gewaltfrei lösen könnten, sondern in den Krieg gegeneinander ziehen müssten. Hier haben und werden wir auch weiterhin immer klar eine Grenze ziehen.

Ansonsten muss es einfach allgemein passen. Wenn man versucht, ein Thema auf ein Spielprinzip aufzusetzen und zwei Markenkerne zu vereinen, die nicht miteinander harmonisieren, so ist das schädlich für beide Marken.

Zuletzt ist es auch gar nicht unser Anliegen, viele solcher Lizenzprodukte zu veröffentlichen. Da sowohl Sohn als auch Vater große Fans von ‚A Game of Thrones‘ sind, hat uns dieses Projekt einfach Spaß gemacht. Grundsätzlich haben wir aber noch viele Ideen auf Lager, um Geschichten aus dem Catan-Universum zu erzählen, bei denen eine Lizenz eher stören würde.“

Gibt es vielleicht noch einen Wunsch von dir, eine bisher nicht realisierte Themenausgabe zu veröffentlichen? Welcher Catan-Traum bleibt nach so langer Zeit und nach so vielen verschiedenen Ausgaben noch unerfüllt?
Klaus: „Die Wünsche stellen sich jedes Jahr aufs Neue bei mir und inzwischen auch bei uns beiden ein. Nach wie vor bereitet es mir sehr viel Freude, Begebenheiten aus der Geschichte spielerisch mit den Grundregeln von Catan zu erzählen oder geographische Szenarien zu erstellen. Die Catan-Fangemeinde diesseits und jenseits des großen Teiches ist glücklicherweise groß genug, dass ich mir diese Wünsche auch erfüllen kann. Dafür bin ich sehr dankbar.

Im nächsten Jahr wird ein neues Catan-Spiel mit historischem Hintergrund erscheinen. Es geht um die Entwicklung eines Volkes in Südamerika. Anders als Das alte Ägypten, dessen Vorgänger – im Gegensatz zu Deutschland – in den englischsprachigen Ländern unbekannt war und daher auch besser ankam, hat das neue historische Spiel einen völlig neuen, bisher unbekannten Ansatz. Und wenn die Tests auch weiterhin gut verlaufen, werden Benjamin und ich uns im nächsten Jahr einen weiteren Wunsch erfüllen und nach Die Legende der Seeräuber eine weitere spannende Legende veröffentlichen.“blank

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