Infos zum Spiel Arctic Scavengers
- Titel: Arctic Scavengers
- Verlag: Rio Grande Games
- Autor: Robert Kyle Gabhart
- Spieleranzahl (von bis): 2-5
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 13
- Dauer in Minuten: 45-60
- Jahrgang: 2019
Überleben im Jahr 2097
Eine Art interaktives Katastrophen-Dominion im düsteren Endzeit-Look nach einem kapitalen Klimaumschwung und dem Anbruch einer neuen Eiszeit im Jahre 2097, so lässt sich ungefähr der erste Eindruck von Arctic Scavengers nach einem raschen Blick in die Anleitung und auf die Schachtel zusammenfassen. Und wie schon Blackout Hong Kong hat auch Arctic Scavengers durch den momentanen Kampf gegen die Corona-Pandemie eine Aktualität erhalten, die sicher niemand wollte oder auch nur mit Bestimmtheit voraussagen konnte. Und dennoch ist es so, dass momentan die Realität auf beklemmende Weise der Fiktion der Spielgestalter zu folgen scheint …
Wie funktioniert eine Partie?
Denn tatsächlich entführt uns Arctic Scavengers in ein Szenario, das in den letzten Wochen und Monaten in ganz unschöner Weise konkreter und besser vorstellbar geworden ist: Fast das gesamte tägliche Leben ist verschwunden, die Menschen schließen sich zu kleinen Schicksalsgemeinschaften zusammen, um gemeinsam nach dem Nötigsten für das nackte Überleben zu suchen. Arctic Scavengers versetzt uns dabei zwar ins ewige Eis, was angesichts der zunehmenden Überhitzung der Erdatmosphäre nicht besonders realitätsnah erscheint. An der bedrückenden Grundstimmung des Ganzen ändert das jedoch nicht das Geringste.
Wenigstens verschafft uns die Spielanlage von Arctic Scavengers wieder mehr Geborgenheit im Altbekannten. Große Analogien zu Dominion sind jedenfalls nicht zu verbergen und allgegenwärtig. Wie dort erhalten die Spieler alle ein identisches Set von zehn Spielkarten, von denen jeweils fünf auf die Hand kommen. In der Tischmitte liegen unterschiedlichste Karten aus, die erworben werden können und Vorteile für den Rest der Partie verschaffen. Nur heißen sie bei Arctic Scavengers Plünderer, Jäger oder Saboteur, es gibt einen Schrottplatz und verschiedene umkämpfte Ressourcen wie Werkzeuge und Waffen sowie Verbandskästen, die ebenso wichtig und entsprechend umkämpft sind.
Allerdings wird dabei nicht reihum Spielzug um Spielzug abgewickelt. Stattdessen verläuft jede Runde in mehreren Phasen, die nacheinander durchlaufen werden. Die Sammelphase bleibt dabei konventionell, indem alle in bekannter Weise reihum Handkarten ablegen, um anschließend bestimmte Aktionen auszuführen. Sie erlauben beispielsweise das Nachziehen weiterer Karten. Mit anderen kann der Schrottplatz durchsucht werden, um dort möglicherweise Interessantes zu finden, während Jagd- und Medizinsymbole in bestimmten Mengen benötigt werden, um in der Tischmitte ausgewählte Helfer, im Spiel Söldner und anschließend dann Stammesmitglieder genannt, anzuheuern.
Wie bei Dominion bleiben dabei alle abgelegten Karten im Spiel und werden zum neuen persönlichen Nachziehstapel gemischt, wenn dieser zur Neige gegangen ist. Und wie bei Dominion können bestimmte Effekte genutzt werden, um unerwünscht gewordene Karten abzulegen, um so den eigenen Nachziehstapel schlanker und umso stärker zu machen. Das alles bildet die Grundlage, um hoffentlich zusätzliche, wertvollere Karten zu ergattern, die einem in späteren Spielzügen Vorteile verschaffen.
Auf diese Sammelphase folgt dann ab der dritten Spielrunde eine Gefechtsphase, in der um die oberste Karte des Stapels mit den umkämpften Ressourcen gestritten wird. Diese Karte durfte vom jeweils aktiven Spieler zu Beginn der neuen Runde angeschaut werden. Er kennt danach als einziger die Trophäe der laufenden Gefechtsphase, während alle anderen im Ungewissen bleiben. Aber grundsätzlich sind alle umkämpften Ressourcen hilfreich und wichtig, sodass man beim Mitmachen im Kampf um die Trophäe grundsätzlich nichts falsch machen kann. Außer man hat die vorangehende Sammelphase primär zum Erwerb neuer Karten genutzt und entsprechend wenig oder gar keine Mittel für den Kampf um die umkämpften Ressourcen reserviert. Aber vielleicht können die Gegner ja über die eigene (Nicht-) Stärke in der laufenden Runde getäuscht und ein Angriff auf die Trophäe trotzdem probiert werden?
Zu Beginn jeder Runde gilt es jedenfalls zu entscheiden, welche der Karten und Symbole man in der folgenden Sammel- bzw. Gefechtsphase einsetzen will. Dabei drohen beiderorts üble Rückschläge, besonders in der Gefechtsphase, wenn mehrere Spieler Karten mit vielen Kampfsymbolen ins Feld führen, jedoch nur der Stärkste die umkämpfte Ressource kriegt und alle anderen leer ausgehen. Oder wenn dieses Objekt der Begierden in den Stapel der Schrottplatzkarten eingemischt werden muss, weil der Kampf darum unentschieden ausgegangen ist. Andererseits kommen in den Schrottplatzstapel auch alle zuvor ausgesonderten Handkarten der Spieler, was dessen Attraktivität im Lauf der Partie stetig schmälert.
Am Ende entscheidet dann wie bei Dominion ein einziges Element, nämlich die Stammesmitglieder-Symbole auf den eigenen Spielkarten, über den Sieg, nachdem es zuvor im ganzen Verlauf des Spiels keine Rolle gespielt hatte. Denn diese Stammesmitglieder-Symbole finden sich gehäuft auf Karten, die dafür kaum Jagd-, Kampf- oder andere Symbole aufweisen. Und so gibt es wie bei Dominion irgendwann im Verlauf jeder Partie den Moment, in dem die eigene Spielweise plötzlich zu kippen beginnt und andere Karten und Interessen in den Vordergrund treten. Die spannende Frage ist einfach, wann dieser Moment gekommen ist und ob ich ihn besser treffe als meine Gegner.
Lohnt sich das Gesellschaftsspiel Arctic Scavengers?
Arctic Scavengers könnte so als eine Art interaktives Dominion im Düsterlook bezeichnet werden, ohne allerdings dessen schlichte Gradlinigkeit und Eleganz zu erreichen. Die Aktionsmöglichkeiten scheinen zwar vielfältiger als beim großen Bruder zu sein, was jedoch täuscht. Es resultiert daraus einzig ein deutlich größerer Verwaltungs- und Bearbeitungsaufwand, bis die Ergebnisse der einzelnen Spielzüge und -phasen ermittelt sind. Und wenn dann noch primär das reine Glück über den Erfolg bestimmter Aktionen entscheidet, wie beispielsweise bei den Kämpfen oder beim Durchwühlen des Schrottplatzes auf der Suche nach Wertvollem, wirkt das eher ärgerlich, als dass dadurch der Spielreiz erhöht würde. Und auch die zwei Erweiterungen mit diversen Zusatzmodule und zusätzlichen Spielkarten und -zielen, die Arctic Scavengers beiliegen, vermögen am durchzogenen Gesamteindruck leider wenig zu ändern.
So bleiben wir letztlich lieber beim Original mit seiner faszinierenden, bis zum heutigen Tag sprühenden Vielfalt und Vitalität und überlassen das in der Zukunft angesiedelte Arctic Scavengers lieber dem ewigen Eis der Zeiten, die hoffentlich trotz allem nicht in der gezeigten unschönen und brutalen Weise über uns hereinbrechen werden.
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