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Nightfall

Nightfall von Reich der Spiele

Die ewige Nacht ist über die Erde hereingebrochen. Der Nightfall. Im Schutze der Dunkelheit haben sich die Kreaturen der Finsternis erhoben: Vampire, Werwölfe, Untote. Für sie zählt der Mensch nur als Nahrungsquelle oder Sklave. Doch die Menschheit ist nicht bereit, sich unterjochen zu lassen. Jäger streifen durch die Nacht. Bereit, alles zu töten, was ihnen vor die Flinte kommt und nicht menschlich wirkt …

Nightfall gehört zur Familie der Deck-Building-Games. Eine Form der Kartenspiele, bei dem man sein Kartenkontingent sukzessive erweitern muss, um mehr Handlungsmöglichkeiten zu erhalten, sich Vorteile zu verschaffen und schließlich den Sieg davon zu tragen.

In Nightfall regiert die Gewalt. Es gilt, Kreaturen anzuwerben, diese auf die Mitspieler zu hetzen und möglichst viel Schaden zu verursachen. Wer am Ende des Spieles mit den wenigsten Wunden davon gekommen ist, ist Sieger.

Zu Beginn des Spieles hat jeder Spieler ein Starter-Set mit zwölf Kreaturen. Davon nimmt er fünf zufällig auf die Hand. Der Rest bildet den Nachziehstapel. Die Starterkarten besitzen ungewöhnlich starke Fähigkeiten – haben aber einen entscheidenden Nachteil: Sie können nur ein einziges Mal eingesetzt werden und kommen dann aus dem Spiel! D. h., der Kartenvorrat der Spieler schrumpft in den ersten Runden zunächst drastisch zusammen.

Ein Spielzug ist in vier Phasen unterteilt. In der ersten Phase muss der Spieler mit all seinen in der Auslage liegenden Kreaturen angreifen. Ein Angegriffener darf seinerseits ausliegende Kreaturen benutzen, um den Angriff zu blocken. Dabei werden seine Kreaturen verletzt oder sogar getötet. Jeglichen Schaden, der nicht blockiert wird, erhält der Angegriffene in Form von Wundenkarten, die er auf seinen Ablagestapel legen muss. Die Kreaturen des Angreifers erleiden bei einem Angriff niemals Schaden, gehen aber nach getaner Arbeit erst mal einen Trinken und wandern alle auf den Ablagestapel. Am Ende dieser Phase steht der Angreifer also ohne Kreaturen da, die ihn vor den Angriffen seiner Mitspieler schützen könnten …

In Phase zwei kann der Spieler aktiv etwas gegen diesen gefährlichen Zustand unternehmen. Hier kann er seine Handkarten ausspielen, um neue Kreaturen ins Spiel zu bringen oder Aktionen gegen seine Mitspieler durchzuführen. Dabei spielen die Farben seiner Handkarten eine wichtige Rolle.

Jede Karte in Nightfall ist einer von sechs Farben zugeordnet. Auf jeder Karte ist zudem angegeben, welche Farben nach dieser Karte gespielt werden dürfen und, um es so richtig kompliziert zu machen, haben die Karten auch noch eine Sonderfunktion, den sog. „Kicker“, die nur dann ausgeführt werden darf, wenn die vorher gespielte Karte eine ganz bestimmte Farbe hatte. Ein Beispiel:  Die Karte „Lilith Lawrence“ ist lila. Nach ihr darf nur eine gelbe oder eine rote Karte ausgespielt werden und ihr Kicker wird nur aktiviert, wenn direkt vor ihr eine blaue Karte gespielt wurde.

Nach diesem Reglement darf der aktive Spieler nun seine Karten ausspielen. Sie werden aber noch nicht ausgeführt, sondern bilden eine sog. „Kette“. Wenn der aktive Spieler keine weiteren Karten mehr ausspielen will oder kann, darf der nächste Spieler in der Reihe seine Handkarten nach den gleichen Regeln an diese Kette anlegen usw. Erst wenn jeder Spieler die Gelegenheit hatte, Karten an die Kette anzulegen, wird diese abgearbeitet – und zwar in umgekehrter Reihenfolge! Die zuletzt gespielte Karte wird zuerst ausgeführt, dann die Vorletzte etc. Die Karten des aktiven Spielers kommen erst zum Schluss. Dadurch können die Mitspieler Präventivmaßnahmen ergreifen.

In Phase drei können neue Karten hinzugekauft werden. Hierzu stehen dem Spieler acht allgemeine und zwei private Kaufstapel, auf die nur er Zugriff hat, zur Verfügung. Diese „Archive“ genannten Stapel werden zu Beginn des Spieles mittels eines reglementierten Auswahlverfahrens bestimmt.

Bezahlt wird in Nightfall mittels „Einfluss“. Davon hat man per se zwei. Das reicht zwar für den Erwerb der meisten Aktionen, aber fast alle Kreaturen kosten mindestens drei. Also muss mehr Einfluss her. Für jede jetzt abgeworfene Handkarte bekommt der Spieler einen weiteren Einflusspunkt. Zudem gibt es unter den Startkarten eine Kreatur, die zwei Einfluss erzeugt und es existiert eine Aktion, die ebenfalls zwei Einfluss generiert – andere Möglichkeiten an Einfluss zu gelangen gibt es nicht. Daher reicht der Einfluss meist nur für den Erwerb einer oder zweier Karten. Neue Karten kommen zunächst auf den Ablagestapel und somit erst später ins Spiel.

In Phase vier schließlich, werden die Handkarten wieder auf fünf ergänzt. Hat man jetzt Wundenkarten auf der Hand, darf man einen ihrer „Wundeneffekte“ nutzen. Die Wunden des Basis-Sets haben allerdings alle den Gleichen: Am Ende von Phase vier darf man alle Wunden abwerfen und für jede abgeworfene Karte zwei neue von seinem Zugstapel ziehen. Zieht man dabei wieder Wunden, dürfen diese nicht mehr abgelegt werden. So kann es passieren, dass man dank seiner erlittenen Wunden seinen Zug mit mehr als fünf Handkarten beendet. Ein paar Wunden zu kassieren ist also gar nicht mal schlecht – es sollten nur nicht zu viele werden.

Nun ist der nächste Spieler an der Reihe und das geht solange weiter, wie es noch Karten auf dem Wundenstapel gibt. Davon gibt es immer genau zehnmal so viele, wie es Spieler gibt. Wird die letzte Wunde vom Stapel genommen, ist das Spiel vorbei.  Muss ein Spieler mehr Wunden ziehen, als noch da sind, erhält er zusätzliche aus dem Schachtelvorrat.

Nightfall hat bei uns eine Menge unterschiedlicher Eindrücke hinterlassen: Zunächst einmal ist das Horror-Thema völlig aufgesetzt. Das Spiel könnte auch im Streetgang- oder Mafia-Milieu spielen ohne das man was ändern müsste. Auch das Setting wird nicht durchgehalten: Es ist völlig egal, dass in der Auslage Jäger neben Werwölfen und Zombies liegen – es hat keinerlei Auswirkung. Zudem gibt es fast nur Vampire. Die anderen Gruppen sind arg unterrepräsentiert.

Das Nightfall Basis-Set vermittelt das Gefühl eines beschnittenen Spieles. Wie ein Ausschnitt aus etwas viel Größerem. So wird von verschiedenen Wundeffekten geredet, es gibt aber nur einen. Es gibt drei verschiedene Arten von Wunden, doch keine Karte geht speziell auf eine Wundenart ein. Es gibt verschiedene Kreaturen, jedoch keine Karten, die nur auf bestimmte Kreaturen wirken würden etc. Das alles kommt erst mit den Erweiterungssets. Und da auch erst so richtig mit der dritten oder vierten Erweiterung.

Im Endeffekt besteht Nightfall nur aus dem Ketten-Mechanismus der zweiten Phase. Der Rest ist notwendige Beigabe. Die Kette gibt dem Spiel einen Hauch von Interaktion, aber das täuscht. Wenn man die letzte Karte des Vorgängers nicht mit den passenden Farben fortsetzen kann, schaut man in die Röhre. Ganz arg wird es beim Kicker-Effekt. Je nachdem welche Karten im Spiel sind, kann es von vornherein unmöglich sein, einen bestimmten Kicker auszulösen. Und vor allem im Spiel zu viert oder fünft muss man sich gut überlegen, ob man überhaupt an einer Kette teilnehmen will. Jede Karte, die man früher ausspielt, fehlt im eigenen Zug um z. B. die Kreaturen-Deckung zu erneuern oder mehr Einfluss zu erhalten.

Bei Nightfall muss man ganz genau auf die Kartentexte achten. Es gibt viele Begrifflichkeiten, die im Prinzip zur selben Handlung führen, jedoch spieltechnisch unterschiedlich behandelt werden. So werden Karten zerstört, abgelegt, zur Einflussgewinnung genutzt (in allen Fällen landen die Karten auf den Ablagestapel) oder verbannt (kommt aus dem Spiel). Es gibt Schaden der geblockt oder nicht geblockt werden kann, der Kreaturen oder den Spieler trifft, der von Kreaturen übernommen oder nicht übernommen werden kann, oder der direkt Wunden erzeugt.

Die privaten Archive sind (noch?) zu mächtig, denn es gibt fast keine Karten, mit denen man sie angreifen könnte. Wenn man zu Beginn des Spieles etwas Glück beim Auswahlverfahren hat, kann man sich spielentscheidende Vorteile sichern. Die in der Anleitung empfohlene Aufteilung für das erste Spiel ist zum Kennenlernen denkbar ungeeignet. Hier wandern vor allem die starken Karten in die privaten Archive. Wenn man ein Neuling ist, kann man den Nutzen dieser Karten aber nicht ermessen. Daher sollten gerade die starken Karten in den ersten Spielen allen Spielern zur Verfügung stehen.

Nightfall ist gnadenlos. Wer einmal ohne Deckung dasteht, der ist Freiwild. Dann hagelt es so viele Wunden, dass Derjenige keine Siegeschance mehr hat. Wunden wird man nur ganz schlecht wieder los. Dafür muss man in der Regel Kicker-Effekte nutzen.

Zu Fünft spielt sich Nightfall zäh wie Kaugummi. Fünf Handkarten sind einfach zu wenig, um sich großartig an den Ketten der Mitspieler zu beteiligen. Wenn man es trotzdem tut, kommt man schnell in Kartennot, da die Startkarten schon bald aufgebraucht sind und man einfach nicht genug nachkaufen konnte. Zu Dritt hat Nightfall am besten funktioniert. Auch zu Zweit macht es eine gute Figur, jedoch sollte man mit mehr als 20 Wunden spielen, sonst ist das Spiel nach zwei oder drei Schlagabtauschen bereits vorbei.

Bei aller Kritik – Nightfall funktioniert gut und macht in der kleinen Runde sogar Spaß. Es ist schade, dass das Basis-Set einen beschnittenen Eindruck hinterlässt und sich der Kauf der Erweiterungen förmlich aufdrängt. Hier wäre evtl. eine Verschmelzung mit der ersten und/oder zweiten Erweiterung besser gewesen. Wer sich Nightfall kauft, wird den Kauf zwar nicht bereuen, er sollte aber auch direkt zu den beiden Erweiterungen greifen.

Infos zu Nightfall

  • Titel: Nightfall
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor: David Gregg
  • Spieleranzahl (von bis): 2 - 5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 14
  • Dauer in Minuten: 60
  • Jahrgang: 2011

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